Es sind die wohl werthaltigsten Gemäuer der Region Burgund: Die Weinkeller führender Weingüter verströmen nicht nur das Flair mehrhundertjähriger Geschichte. Hier lagern auch die Perlen der weltberühmten Burgundertropfen.
Auf den ersten Blick wirkt das Weingut Patriarche Père et Fils in Beaune eher wie ein Kloster. Wären da nicht der Parkplatz mit den vielen Fahrzeugen und den Menschen, die fleißig Weinkartons in den Kofferraum hieven. Schließlich ist Beaune so etwas wie die inoffizielle Hauptstadt des Burgunderweines. Hundertausende Besucher aus aller Welt kommen Jahr für Jahr hierher, um das besondere Ambiente Burgunds zu erleben und Weine zu verkosten und zu kaufen, die zu den besten der Welt gehören.

Beaune liegt im Herzen des Burgunds, genauer gesagt im südlichen Teil der Côte d’Or, die auch als Côte de Beaune bekannt ist. Die Stadt befindet sich etwa 45 Kilometer südlich von Dijon und ist eingerahmt von Weinbergen, die sich über eine Länge von etwa 30 Kilometern erstrecken. Bereits in keltischer und römischer Zeit war Beaune besiedelt, Julius Cäsar gründete hier ein römisches Lager. Im Mittelalter fungierte die Stadt zeitweise als Sitz der Könige von Burgund und später neben Dijon als Wohnsitz der Herzöge von Burgund.


Herausragende Bedeutung erlangte Beaune im 15. Jahrhundert, als Nicolas Rolin 1443 das berühmte Hôtel-Dieu (Hospices de Beaune) gründete, das bis 1971 als Hospital diente und heute Kulturdenkmal und Touristenmagnet ist. Die Stadt spielt schon lange eine zentrale Rolle in der Entwicklung des burgundischen Weinhandels: Im 18. Jahrhundert entstanden hier die ersten großen Weinhandelshäuser, die den Ruf der burgundischen Weine in die Welt trugen. Hier findet auch die jährliche Weinversteigerung der Hospices de Beaune statt, die als wichtiges Ereignis in der Weinwelt gilt und die Weinpreise für die gesamte Region beeinflusst.

Weinkeller unter dem Kopfsteinpflaster
Die Ländereien und Weinberge rund um Beaune gehörten damals zu großen Teilen verschiedenen Klöstern und kirchlichen Orden, darunter die Benediktiner und die Zisterzienser, die maßgeblich zur Entwicklung und Kultivierung des Weinbaus in Burgund beitrugen. Seit dem 10. Jahrhundert legten Mönche aus den großen Abteien – wie Cluny und später Cîteaux – Weinberge an und verbesserten kontinuierlich die Weinbaupraktiken. Die Mönche führten Techniken ein, die die Qualität der Weine erhöhten, und erkannten früh die Bedeutung des Terroirs. Sie unterteilten die Weingärten in Parzellen, um den Einfluss des Bodens und des Mikroklimas auf die Weine besser zu verstehen. Viele der berühmten Weinlagen und Terroirs im Burgund stammen aus dieser klösterlichen Tradition.






Die Weinkeller aus dieser Zeit liegen heute direkt unter dem Kopfsteinpflaster von Beaune. Einen Zugang dazu gewinnen Besucher heute über einen Besuch beim Weingut Patriarche Père et Fils. Denn das befindet sich tatsächlich in einem ehemaligen Klostergebäude, das ursprünglich als „Visitandines-Kloster“ bekannt war. Die Ordensgemeinschaft der Visitantinnen, gegründet von Franz von Sales und Johanna Franziska von Chantal, kam 1632 nach Beaune und ließ sich dort nieder. Im Zuge der Säkularisierung rund um die Französische Revolution erwarb Jean-Baptiste Patriarche gegen Ende des 18. Jahrhunderts das ehemalige Klostergebäude und gründete dort das Weingut Patriarche Père et Fils.
Einer der größten Weinkeller Frankreichs
Die unterirdischen Gewölbe und Keller, die ursprünglich von den Nonnen genutzt wurden, bieten auch heute noch ideale Bedingungen für die Lagerung und Reifung von Weinen. Nicht nur das: Sie sind auch schlicht der der Superlativ unter den Weinkellern der Region und Frankreich-weit. Die Gänge erstrecken sich Labyrinth-artig über fünf Kilometer und sind die Heimat von rund drei Millionen von Flaschen, darunter einige der besten Grand Crus und Premier Crus aus den renommiertesten Appellationen der Region. Beim Hinabsteigen über die steinernen Stufen in die Caves Patriarche umweht einen sofort der kühle, feuchte Duft von Jahrhunderten der Weinherstellung. Bei der Kellerführung erzählt Sommelier Pierre Borsato, dass sich jedes Jahr rund 45.000 Besucher für eine sinnliche Reise in das Land der Grands Crus in die Tunnels und Säle des Weinkellers begeben.



Das Weingut Patriarche Père et Fils bietet eine breite Palette an Weinen an, darunter vor allem klassische Burgunder wie Pinot Noir und Chardonnay, die im Burgund als die vorherrschenden Rebsorten gelten. Die Weine des Hauses werden aus verschiedenen Appellationen im Burgund vinifiziert, darunter renommierte Lagen wie Pommard, Meursault, Gevrey-Chambertin und Chablis. „Patriarche spielt eine wichtige Rolle in der Weingeschichte Beaunes. Das Unternehmen war eines der ersten, das Weine in Flaschen abfüllte und direkt an Privatkunden verkaufte, was damals revolutionär war“, erzählt Pierre während der Entdeckungsreise durch die spärlich beleuchteten Gewölbe.


Die Tour endet mit einer Verkostung einiger Weine aus dem Patriarche-Sortiment. Mit einem Tastevin (traditioneller Verkostungsbecher) in der Hand spaziert man zu drei verschiedene Verkostungsstation: Eine für Weißwein, eine für Rotwein und eine für Schaumwein. An jedem Stand erklärt ein anderer Sommelier die Charakteristika der Weine, und wie sie die Einzigartigkeit ihrer jeweiligen Herkunft widerspiegeln. Wer noch mehr wissen will, kann an verschiedenen Stationen per Audio-Video-Guide noch tiefer in die regionale Geschichte der Weinherstellung und des Hauses Patriarche vordringen.

Weinkeller vor den Toren der Stadt
Nur rund 15 Minuten Autofahrt vor den Toren der Stadt Beaune liegt eines der Top Weingüter der Region: das Château de Meursault. Es ist nicht nur eines der größten Weingüter Burgunds mit rund 35 Appellationen, sondern auch eines der Besten. Denn darunter sind 18 Premiers Crus und drei Grands Crus, also mehr als die Hälfte. Zum Vergleich: In Burgund sind insgesamt zehn Prozent der Lagen Crus. „Cru“ bedeutet wörtlich „Gewächs“. Der Begriff wird in Frankreich im Sinne von „Weingebiet“ oder „Weinlage“ verwendet und ist eine Qualitäts- bzw. Prädikatsbezeichnung für höher klassifizierte Regionen und deren Weine.

Das auf 110 Parzellen verteilte Weinbaugebiet mit 67 Hektar Anbaufläche erstreckt sich vom Corton-Hügel über Savigny-Lès- Beaune, Beaune, Pommard, Volnay und natürlich Meursault bis nach Puligny-Montrachet. Mit seiner außergewöhnlichen Umgebung hat das Domaine du Château de Meursault in den vergangenen Jahren auch eine sehr dynamische Aktivität im Bereich des Weintourismus entwickelt. Es bietet Weinfans exklusive und personalisierte Premiumbesuche in den runderneuerten Räumen des Schlosses und empfängt rund 15.000 Besucher pro Jahr.

Beim Spaziergang durch die Weinberge steigt die Lernkurve
Die Tour beginnt mit einem Spaziergang durch die direkt das Weingut umgebenden Weinberge rund um das Château, wo Guide und Sommelier Pierre Roussel erste Einblicke in und Informationen über die Climats (spezifische Weinbergsparzellen) und den Anbau von Chardonnay und Pinot Noir vermittelt. „Wir möchten, dass die Menschen auch das Wesen von Burgund gut verstehen bei unseren Führungen und präsentieren daher auch die Komplexität der Landschaft und seiner Böden“, sagt er. „Die Ernte auf den mehr als 60 Hektar dauerte früher einen Monat. Mit dem Klimawandel bleiben uns jetzt dafür nur noch zehn bis vierzehn Tage Zeit. Angesichts der mehr als 100 verschiedenen Weinparzellen, spielt die Logistik gerade während der Ernte eine große Rolle. Von der Verarbeitung über Abfüllung bis zum Labeling wird bei alles bei uns gemacht und zwar für 300.000 Weinflaschen, je zur Hälfte Chardonnay und Pinot Noir.“

Die Geschichte des Ortes Meursault geht zurück bis ins elfte Jahrhundert, ursprünglich war er bekannt als eine Wassermühle. Der Weinkeller des Chateaus stammt noch original aus dem 14. Jahrhundert und erstreckt sich über 3500 Quadratmeter aus imposanten Galerien und Sälen mit Zisterzienser-Gewölben und mächtigen Säulen.




Entlang der Wände lagern unzählige Eichenfässer dicht an dicht, in denen die edlen Weine berühmter Appellationen wie Aloxe-Corton, Beaune, Volnay und Pommard reifen. „Die Wände haben die gleichen Eigenschaften wie die Kalkböden der Weinberge und sind daher bestens geeignet, um den Wein lange zu lagern“, erzählt Pierre. „Die Führungen werden immer von einem Sommelier durchgeführt, so dass man immer etwas lernen kann, egal ob man ein blutiger Wein-Anfänger ist und zum ersten Mal in einem Weinkeller hinabgestiegen ist oder als Wein-Enthusiast 2000 Flaschen Burgunder zu Hause lagert.“


Im Besitz des Supermarkt-Erben
Das Weingut gehört seit 2012 Olivier Halley, einem Erben der Carrefour Familie, der Frankreichs größte Supermärkte gehören. Unter Halley wurde der Fokus auf organischen Weinbau und minimale Intervention bei der Weinherstellung gelegt. Seit 2022 ist das Weingut auch BIO-zertifiziert. 100 Prozent der Weine reifen im Eichenfass. Die Weine zeichnen sich durch einen samtigen Charakter bei den Rotweinen und eine mineralische Reinheit bei den Weißweinen aus. „Wir waren schon vier Jahre vorher ökofreundlich und haben auf Pestizide verzichtet“, berichtet Pierre. „Das ist sehr teurer und auch die Produktion verringert sich. Aber für uns ist es eine Frage der Qualität und der Nachhaltigkeit.“ Zudem wurde das Chateau innen komplett modernisiert, viele Räume dazu für Weinproben unterschiedlicher Preisniveaus ausgebaut.




Zum Ausschank bei der Weinprobe kommen sechs Weine, je drei weiße und rote aus verschiedenen Appellationen und Jahrgängen, darunter auch zwei Premier Crus. Das bauchige Design der Weinflaschen ist unverkennbar und erinnert an die Flasche, die vom Weingut Chateau Meursault schon im 18. Jahrhundert verwendet wurde. Und einen Extra-Tipp zum Weingenuss hat Pierre auch noch parat: „Burgunder-Weine müssen nicht unbedingt dekantiert werden, da sie schon so eine sanfte Anmutung haben. Ich empfehle ein „Shouldering“ des Weines, nämlich eine Stunde vor dem Genuss ein Glas herauszunehmen, so dass die Flasche bis zur Schulter noch gefüllt ist. Das führt dem Wein genügend Sauerstoff zu und macht eine Dekantierung überflüssig.“
Essenz der burgundischen Weinkultur
Die Kombination aus historischem Ambiente, fachkundiger Führung und exzellenten Weinen macht die Besuche im Weingut Patriarche Père et Fils sowie im Château de Meursault und zu einem unvergesslichen Erlebnis, das die Essenz der burgundischen Weinkultur vermittelt und lange in der Erinnerung nachhallt.
Wer neben den beiden Weinkellern noch mehr Zeit in Beaune verbringen möchte, findet im Hôtel de la Poste, eine gediegene und ruhige Herberge, samt stilvoller Bar, großen Zimmern und einem antiken Aufzug. Ende des 19. Jahrhunderts auf dem Gelände einer ehemaligen Poststation erbaut, ist es ein Haus mit Charakter, das in der großen Tradition der Gastfreundschaft und des burgundischen Savoir-vivre steht. Das leicht zugängliche Hôtel de la Poste liegt am Rande der Altstadt, nur 100 Meter vom Hôtel-Dieu de Beaune, den Markthallen und den denkmalgeschützten Häusern mit ihrer wunderschönen Architektur entfernt.

Weitere Informationen zum Thema Weinkeller und Beaune:
Weinkeller Caves Patriarche5 rue du Collège
21200 Beaune
Château de Meursault
Rue du Moulin Foulot
21190 MEURSAULT
Unterkunft in Beaune
Hôtel de la Poste Beaune****
1-5 Bd Clémenceau
21200 Beaune.