Skilanglauf erlebt einen Boom. Veranstalter Sporting Women hat dieser Wintersportart Camps für Frauen gewidmet, die dort Skilanglauf erlernen können. Und nicht nur das: Anfängerinnen können hier in den Sport reinschnuppern, Fortgeschrittene an ihrer Technik feilen. Reise-Stories.de war beim Adidas Terrex Women’s Langlauf Camp im österreichischen Ötztal mit dabei.
Es ist wie verhext: Mir gelingen weder Pendelbewegung noch Stockeinsatz im richtigen Rhythmus und schon gar keine gescheiten Gleitbewegungen. Ich fühle mich, als hätte ich noch nie Skating gemacht. Jasmin Nunige korrigiert geduldig und ermutigt in ihrem sympathischen Schwytzerdütsch: „Probiere erst dreimal rechts, dann dreimal links. Schau dabei nach vorn, halte den Körper aufrecht, arbeite aus dem Becken heraus und sei kompakt auf den Ski.“ Wir stehen an einem leichten Anstieg der Horlachtalloipe im Langlaufzentrum Umhausen-Niederthai im österreichischen Ötztal. Meine beiden Mitstreiterinnen sind einige Meter vorausgeeilt. Sie pendeln vorbildlich den Hang hinauf.
Sporting Women Langlauf Camp: Frau unter Gleichgesinnten
Ich gehöre zur Gruppe „Fortgeschrittene Mixed – klassisch und Skating“ des Adidas Terrex Women’s Langlauf Camps. Drei Tage lang stehen professionelle Trainerinnen und Trainer Anfängerinnen und Fortgeschrittenen zur Seite, um sie in den verschiedenen Skilanglaufstilen zu unterrichten und zu fördern. Das Ganze passiert in kleinen Gruppen, die nach Können und Wunschstil ausgerichtet sind, sodass niemand auf der Strecke bleibt.
Es ist eine tolle Community, in der Frau sich unter Gleichgesinnten wohlfühlt. Da das Teilnehmerfeld ausschließlich aus Ladys besteht, herrscht hier kein testosterongesteuerter Wettkampfeifer, sondern ein herzliches Miteinander. Spaß an der Bewegung, die Lust auf Neues und Stunden der Erholung mit guten Gesprächen in der exklusiven Atmosphäre des Viersterne-Superior-Hotels Aqua Dome samt Tiroler Thermenwelt in Längenfeld lassen das Wochenende zum Genuss werden.
Sporting Women Langlauf Camp: Reine Kopfsache
Die Führarmtechnik beim Skating wird nicht auf Anhieb meine große Liebe. Ich denke zu viel über die Bewegungsabläufe nach und verhasple mich dadurch. Zur Erklärung: Es handelt sich dabei um eine asymmetrische Stockeinsatztechnik bei jedem zweiten Beinabstoß. Der Führarm hat beim Stockeinsatz die gleiche Richtung wie der Gleitski. „Den Stock setzt du nahe dem Schuh, den zweiten Stock tief schräg und eng am Oberkörper“, erklärt Jasmin Nunige und zeigt dies anschaulich. Und dann ist da die gleichzeitige Pendelbewegung des Körpers quer zur Bewegungsrichtung: abdrücken, aufrichten, das Körpergewicht auf den Gleitski „fallen“ lassen und den Schwung mitnehmen.
Die Führhand soll regelmäßig gewechselt werden, um eine einseitige Ermüdung zu vermeiden. Wieder komme ich durcheinander. Diese Variante mit einer guten Balance zwischen Kraftaufwand und Geschwindigkeit, mit der viele Geländeformen – auch Anstiege – gut bewältigt werden können, erweist sich bei mir als „Grübelkiste“. Trainerin Jasmin Nunige gibt nicht auf, das liegt in ihrer Natur. Sie läuft erst neben mir, dann vor mir, zählt, wechselt, ermutigt, gibt Tipps.
Kurz vor Ende des Anstiegs hab ich’s raus: Mir gelingen einigermaßen saubere Schritte in dieser Technik, eine von vier Stilen im Skating, die wir üben. Jasmin Nunige lobt, das geht runter wie Öl. Immerhin ist diese Frau Olympiateilnehmerin von 1994 in Lillehammer, Norwegen!
Sporting Women Langlauf Camp: Lernen geht immer
Als gebürtige Thüringerin, aufgewachsen vor den Toren des Wintersportmekkas Oberhof, bin ich, übertrieben ausgedrückt, auf Skilangläufern groß geworden. Der Vater, selbst einmal Wettkampfläufer, stellte mich als Knirps auf rote Holzbretter und los ging’s. Der Schulsportunterricht im Winter fand häufig in der Loipe statt, auch weil unser Bergdorf keine Sporthalle hatte.
Später, am Gymnasium, war die Mutter von Weltklassebiathlet Sven Fischer meine Sportlehrerin. Ja: Skilanglauf ist meine Leidenschaft. Obwohl ich seit Kindheitstagen auf den weniger als fünf Zentimeter breiten Latten stehe, wollte ich an meiner Technik mit Profis feilen. So kam ich via Internet auf das Adidas Terrex Women’s Langlauf Camp.
Sporting Women Langlauf Camp: Immer mehr Nachfrage
Um die 50 Frauen verschiedener Nationen frönen im Ötztal drei Tage lang dem dynamischen, ästhetischen und – wenn man es möchte – durchaus anstrengenden Wintersportvergnügen, das immer mehr Zulauf erfährt, wie Jessica Peter von der veranstaltenden Agentur fiedler & peter concepts GmbH erzählt.
Angefangen hatten die Sporting Women mit einem Camp, mittlerweile sind es drei pro Saison – und die sind meist ausgebucht. Es gibt verschiedene Gründe für die wachsende Nachfrage: Zum einen suchen Alpinskifahrerinnen aufgrund der in diesem Sektor steigenden Preise und zunehmenden Risiken (gerade im Alter) Alternativen im Wintersport, zum anderen finden immer mehr Gefallen am Skilanglauf aufgrund von dessen Unkompliziertheit. Für den Loipenspaß braucht’s nicht viel an Ausrüstung und Zeit. Dazu ist Skilanglauf ein gutes Ganzkörpertraining, bei dem jeder seinen Einsatz an Energie ganz individuell bestimmen kann.
Wissenswert: Skating fordert dabei mehr Kraft und Ausdauer als der klassische Stil, bei dem man konsequent in zwei parallel verlaufenden, extra präparierten Spuren läuft – quasi wie Nordic Walking mit Latten an den Füßen.
Sporting Women Langlauf Camp: Stimmiges Gesamtpaket
Apropos Ausrüstung: Die Initiatoren des Camps scharren spannende Partner um sich, sodass die Teilnehmerinnen im Ötztal zum Beispiel in den Genuss von gratis Testmaterial von Salomon kommen. Experten geben Einblicke in die Skiausrüstung („Kombi-Material ist immer ein Kompromiss“), für die durchaus etliche Euro ausgegeben werden können. So kann zum Beispiel ein klassischer Rennski, der von Profis genutzt wird, probiert werden – Kostenpunkt: 800 Euro, die passenden Schuhe dazu 650 Euro. An sich sind Langlaufausrüstungen auch günstig zu haben.
Gabi (66), eine Teilnehmerin aus München, erzählt zum Beispiel von ihrem Schnäppchen: Schuhe, Stöcke und Ski im Paket für 200 Euro aus zweiter Hand und nur eine Saison genutzt. Ideal für den Einstieg. Und den hat sie mit dem Langlauf-Camp geschafft. Auch Daniela aus Bad Schönborn: Sie wollte Langlauf einfach mal ausprobieren, fand es klasse, dass Adidas Terrex sogar Funktionskleidung für die Campteilnehmerinnen gratis zur Verfügung stellt, und ist nun begeistert vom Skating: „Das werde ich weiter machen.“ Kontakte zu Mitstreiterinnen hat sie geknüpft. Denn das Lernen fiel dank der Profitrainer geradezu spielerisch leicht.
Sporting Women Langlauf Camp: Spielerisches Lernen
Spielerisch – ein gutes Stichwort. Bevor es für Anfänger auf die schmalen Latten im Ötztal geht, wird zum Beispiel der klassische Langlaufstil ohne Ski und Stöcke geübt. Beim klassischen Stil stehen die Ski parallel zueinander, Arme und Beine werden diagonal zueinander nach vorne geführt. Man fährt in vorgespurten Loipen. Für diese Technik ist der Wechsel zwischen Abstoß und Gleitphase mit der dazugehörigen Gewichtsverlagerung charakteristisch. Hier gehört auch das Tiefgehen, also das Federn mit den Knien, dazu, um den richtigen Druckpunkt zu finden, damit die Gewichtsverlagerung auf das Abstoßbein und somit der Abstoß erfolgen kann.
Dafür wird dann auch schon mal mit nur einem Ski geübt wie beim Rollerfahren, wo man das Gewicht über das Standbein bringen muss. Der Körper bleibt dabei aufrecht. Man nennt dies Ballenstand: Kinn, Hüfte, Knie und Fuß bilden eine Linie. Um das zu üben, wird auch schon mal ein Tennisball auf einem Holzrührlöffel jongliert.
Die Trainingsschritte sind wie Puzzleteile: Doch am Ende geht’s gemeinsam in die Loipe, schön mit der Verlagerung des Körperschwerpunktes, einem explosiven Abstoß und einer hohen Hüftposition. Ein typischer Fehler, der nicht nur bei den Anfängern angemahnt wird, ist eine zu kurze oder auch gar nicht vorhandene Gleitphase. Hier filtern die Trainer klar die Ursachen heraus: Das Gewicht wird nicht ausreichend verlagert, das zieht Balanceprobleme mit sich. Der Körperschwerpunkt muss beim Abstoß eben genau über den Fuß sein.
Sporting Women Langlauf Camp: Auspowern beim Skating
Ähnlich beim Skating, das vom Bewegungsablauf an Inlineskaten oder Schlittschuhlaufen erinnert. Die Ski bilden eine V-Form und man drückt die Füße dabei seitlich weg. Hier sind noch mehr Balance und Koordination als beim klassischen Stil gefordert. Doch mit ordentlich Energie kommt man so viel schneller voran.
Das Adidas Terrex Women’s Langlauf Camp hält noch mehr bereit: Wachskurse werden angeboten, Sportkleidung – darunter spezielle Sport-BHs und -Leggins von „Anita“– können getestet werden, Pilates-Einheiten sorgen für Abwechslung und ein Kurz-Workshop vermittelt Einblicke zum Taping, also gezielte, auf die Haut aufgebrachte Klebebänder, die gesundheitsfördernde Wirkung erzielen.
Sporting Women Langlauf Camp: Sportlerin trotz MS-Erkrankung
Mentalcoaching gehört ebenfalls zum Camp. Beeindruckend im Ötztal ist der Vortrag von Jasmin Nunige. Die ehemalige Profiathletin aus der Schweiz gehört zu den vielen namhaften Botschafterinnen von Sporting Women. Gerade einmal 20 Jahre jung war sie, als sie 1994 bei den Olympischen Winterspielen ihre Heimat vertrat. Doch sie verstand schnell: Hier geht es nicht um Spaß, sondern um viel Geld. Um Leistungsdruck. Um öffentliche Präsenz. Es rieselte so viel auf die junge Frau ein, dass sie ihre Freude am Eigentlichen, dem Sport, verlor und sich dann auch im Zuge von Verletzungen zurückzog. Sie gründete eine Familie und machte eine Ausbildung zur medizinischen Masseurin.
Dann kam die Lust am Wettkampfsport zurück. Und 2011 die Schockdiagnose: Multiple Sklerose (MS). „Ich habe mich wie im luftleeren Raum gefühlt und alle Perspektiven verloren“, gesteht die zweifache Mutter, die mit ihrem Mann Guy in Davos ein Unternehmen in den Bereichen Sport und Gesundheit führt. Obwohl es ihr körperlich und seelisch nicht gut ging, verzichtete sie auf medizinische Hilfe. Das ist auch heute noch so. „Ich wollte mein Körpergefühl nicht verlieren“, so die Sportlerin. Sie setzt auf mentales Training. Das half und hilft ihr. Kommt ein Schub, bei dem Beine und Körper taub werden, „stelle ich mir immer das Bild vor, wie ich ohne Schmerzen um den Berg laufe“. Mittlerweile ist sie ausgebildeter Mentalcoach und hilft nicht nur Athleten.
Sporting Women Langlauf Camp: Deshalb ist Mentaltraining so wichtig
„Es ist wichtig, dass wir uns immer wieder reflektieren und Gedanken sammeln, um Gewohnheiten zu ändern“, verdeutlicht sie. „Man hat Charakterzüge, die sind angeboren, aber man kann viel dazulernen, man kann Verhalten erlernen“, erklärt die Schweizerin im Zusammenhang mit dem Thema „Erfolg haben“, bei dem der Wettkampf und Ziele eine zentrale Rolle spielen. So lebt sie auch mit MS. „Ich habe akzeptiert, mit der Krankheit zu leben und sie nicht als Gegnerin anzusehen.“
Das verleiht ihr die Kraft, um weiterzumachen, um ihren Weg zu gehen, selbst, wenn es immer wieder Rückschläge gibt. Hier schlägt sie die Brücke zum Langlauf-Camp und ermutigt Frauen, die sich jeden Tag ihren Herausforderungen stellen – sei es im Beruf, in der Familie oder eben beim Skilanglauf. Da ist es auch gar nicht so schlimm, wenn’s nicht gleich rund läuft. Wichtig ist, an sich zu glauben.
Und weiterzumachen.
Rund um die Erlebniswelt von Sporting Women
- Die Erlebniswelt von Sporting Women wird von den Powerfrauen um Monika Fiedler-Proksch und Jessica Peter seit etwa zwölf Jahren kreiert. Für sportbegeisterte Frauen jeden Alters steht der Name für das (Wieder-)Entdecken der eigenen Power und unvergessliche Momente mit Gleichgesinnten – ob auf dem Bike, der Piste, in der Loipe, im Schnee, am Berg oder auf der Yogamatte. Gleichzeitig ist es Netzwerken mit Sport- und Spaßfaktor. Neben hervorragend organisierten Sportcamps an tollen Orten werden Mutter-Kind-Events angeboten.
- Kontakt: fiedler & peter concepts GmbH, Roggenstraße 42, 86179 Augsburg, Telefon 0821/65 05 49 40, E-Mail an info@sporting-women.de, www.sporting-women.de
- Nächster Termin: Adidas Terrex Womens Langlauf Camp in Oberhof/Thüringen (23. bis 25. Februar 2024). Hier warten drei Tage Langlaufabenteuer mit professionellen Guides und Coaches, die sowohl Einsteiger als auch Fortgeschrittene begleiten. Es gibt eine Expo-Area mit Gratis-Testmaterial, Rahmenprogramm mit Vorträgen und mehr. Auch Biathlon kann ausprobiert werden (Aufpreis 110 Euro) – 429 Euro ohne Hotel, 699 Euro im Doppelzimmer, 829 Euro im Einzelzimmer des Vierstern-Berghotels Oberhof mit Halbpension. Buchung über www.sporting-women.de.
Zur Region Ötztal und der Unterkunft
- Das Ötztal ist Tirols längstes Seitental: Sechs Skigebiete mit über 350 Pistenkilometern versprechen Abwechslung und Schneesicherheit. Auf einer Gesamtlänge von 143 Kilometern erstreckt sich das Loipennetz im Ötztal. Vom Taleingang bis zum Talschluss finden sich einfache Übungsloipen, genussvolle Klassik- und Skating-Strecken, schneesichere Höhenloipen und die Gelegenheit, beim Schnupper-Biathlon die eigene Treffsicherheit unter Beweis zu stellen. Beleuchtete Nachtloipen runden das kostenlose Loipenangebot in der österreichischen Region ab.
- Die Orte Niederthai und Längenfeld im mittleren Ötztal beheimaten die zwei großen Langlaufzentren im Tal. Daneben finden sich über das ganze Tal verstreut viele weitere lohnende Langlaufstrecken. Langlaufkurse bietet unter anderem das Team Alpinzeit in Umhausen an, Telefon +43/676/94 84 286, ski@alpinzeit.tirol, www.alpinzeit.tirol
- Infos zum Urlaub im Ötztal gibt es unter dem Servicetelefon +43/57 20 00, unter info@oetztal.com und www.oetztal.com
- Hoteltipp: Das Vierstern-Superior-Hotel Aqua Dome, das mit der gigantischen Tirol Therme Längenfeld verbunden ist, lässt keine Wünsche offen. Die Therme versprechen unter anderem Wassergenuss auf 2000 Quadratmetern und sieben Saunen: www.aqua-dome.at/de