Wenn Brenninger irgend etwas liebte, dann waren es Silvester-Vorsätze. Er fasste sie stets bereits am 30. Dezember, so dass sich 24 Stunden später die Möglichkeit bot, das ins Auge gefasste Vorhaben noch zu ändern. Fünf Kilo abnehmen im nächsten Jahr! Am Silvesterabend, nach dem Fondue, dem Wein und der vollen Wampe, verschärfte er das ins Auge gefasste Soll voller Nonchalance: Fünf Kilo? Ach was – zehn! Er glühte geradezu vor Begeisterung im Gedanken an all’ das, was sich bei ihm ab 1. Januar ändern würde.
Wenn Brenninger irgend etwas hasste, dann waren es Silvester-Vorsätze. Und zwar Mitte Januar. Wenn er fest gestellt hatte, was aus den brennenden Ideen geworden war. Wie erbärmlich er wieder mal all’ den Verlockungen erlegen war. Wie schwach sein Fleisch angesichts duftender Braten geworden war. Wie er wieder mal auf der Gamskogelhütte in Zauchensee während der Ski-Mittagspause nicht den kleinen Salat geordert hatte, sondern das Gselchte mit Knödeln.
Er hatte, wie so oft beim Wedelspaß, guten Vorsatzes abgeschnallt, war zur SB-Theke gestapft, um sich das Salätchen zu genehmigen – doch kaum war er dort gestanden, hatte es ihn wie einen Rausch überfallen, als er „Gselchtes“ las. Alles um ihn herum reduzierte sich wie in Zeitlupe. Langsam schob er das Salat-Tellerchen zurück. Richtete seine Sinne und die Skischuhspitzen Richtung warme Gerichte. Ging den Weg, den ein Mann wie er gehen musste. Und fiel in den berühmten Flow, den er manchmal beim Tiefschneefahren empfand.
„Wer hätte das gedacht“, sinnierte er später, im Sessellift sitzend, „dass man auch durch ein Gselchtes in den Flow kommen kann!“. Und nahm sich vor: künftig nie mehr Silvester-Vorsätze zu fassen. Denn man vermieste sich mit ihnen nicht nur mittels Nichteinhaltung die Laune – sondern versäumte eventuell auch noch Flow-Erlebnisse der genussvollsten Art!
Für das bevorstehende Silvester hegt Brenninger deshalb nur einen einzigen Vorsatz: sich für 2015 nichts mehr vor zu nehmen! Außer dem Gselchten auf der Gamskogelhütte natürlich.
Der Brenninger ist ein typischer Freizeitsportler – und oftmals auf Reisen. Was er unterwegs und zu Hause erlebt, lesen Sie jeden Dienstag hier.
* Niedergeschrieben von Jupp Suttner.