Per SMS zum Nordlicht

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Wenn der Norden Europas im Winter in Dunkelheit versinkt, heißt es Bühne frei für ein fantastisches Spektakel: in grün und rot, manchmal auch in violett oder blau tanzt das Polarlicht über den Himmel.

Nicht jeder hat das Glück es zu sehen. Auf den norwegischen Lofoten hilft Rob Stammes gerne nach. Sein Büro ist vollgestopft mit technischen Geräten und Monitoren. Mehrere Drucker spucken lange Papierrollen mit Kurven aus und hier und da piept es sonderbar. „I am in contact with the sun“ – Ich bin in Kontakt mit der Sonne“ sagt der Holländer und lächelt hinter seinem langen weißen Bart hervor. Weil er die Sonne kennt und weiß, wann sie aktiv ist, weiß er auch, wann und wo sich das nächste Polarlicht zeigen wird.

Gemeinsam mit seiner Frau Theresa betreibt der 61-Jährige ein Polarlichtmuseum im 450-Seelenort Laukvik. Das Fischerdorf liegt im Norden der Lofoten-Insel Austvågøy und die Stammes haben hier vor fünf Jahren das ehemalige Gemeindehaus umfunktioniert. Seitdem empfangen sie den ganzen Winter über haufenweise Touristen. Sogar aus Dubai kommen die Menschen, weil sie von Rob alles über das Polarlicht wissen und vor allem, weil sie es sehen wollen. Rob ist nämlich nicht nur ein Experte, der sich seit vielen Jahren mit dem Himmelsleuchten beschäftigt, er bietet auch einen einmaligen Service an: per SMS informiert er seine Gäste während ihres Lofoten-Aufenthaltes, wenn sich am Himmel etwas zusammenbraut. „There is low activity as a bow to he north“, schwache Aktivität in nördlicher Richtung, hat er erst gestern Abend verbreitet. Seine Frau Theresa reicht Fotos herum, sie zeigen das Nachbarhaus mit einem gigantisch grünen Himmel darüber. „So farbig ist das Polarlicht für das menschliche Auge nicht wahrnehmbar, die Kamera kann das viel besser einfangen“, erklärt Profi Rob.

Aus wissenschaftlicher Sicht ist das Polarlicht, das am Nordpol als Nordlicht und am Südpol als Südlicht bezeichnet wird, eine Leuchterscheinung, genauer gesagt ein Elektrometer, die durch das Auftreffen geladener Teilchen des Sonnenwindes auf die Erdatmosphäre hervorgerufen wird. Nordlichter gibt es nicht nur im Winter, sie flackern genauso im Sommer herum, sind aber im Hellen logischerweise fast nicht sichtbar.

Auf den Lofoten ist von Mitte September bis Anfang April Polarlicht-Hauptzeit. In diesen Monaten haben Rob und Theresa in ihrem Museum und mit ihren zwei Ferienwohnungen alle Hände voll zu tun. Die Besucher geben sich die Klinke in die Hand und warten auf die richtige SMS.

(Kathrin Thoma-Bregar) Rob Stammes hat den direkten Draht zur Sonne und kann Nordlichter vorhersagen. Per SMS informiert er Touristen.
(Kathrin Thoma-Bregar) Rob Stammes hat den direkten Draht zur Sonne und kann Nordlichter vorhersagen. Per SMS informiert er Touristen.

Wo Geld nach Fisch stinkt

Im Museum und in ihrer Wohnung haben die Stammes Monitore, die Alarm schlagen, wenn es soweit ist. „Abendessen hin oder her, man sollte dann nicht lange warten sondern sofort raus gehen und schauen“, sagt Rob. Manchmal verschwindet das Licht wieder, kaum, dass es sich richtig ausgebreitet hat. Und manchmal dauert es minutenlang und flackert immer wieder auf. Wenn sich bis 22 Uhr nichts gerührt hat, passiert meistens auch die ganze Nacht nichts mehr, weiß der Spezialist, der seinen SMS-Service täglich bis 24 Uhr anbietet. Hört sich stressig an, aber im Sommer bekämen sie ja mehr Schlaf, sagt Rob, der für seinen Job lebt. Für das Nordlicht hat er die holländische Heimat verlassen und ist in den kalten Norden gezogen ist. Warum er das gemacht hat? „Weil es schön ist, den Menschen ihren Traum vom Polarlicht zu erfüllen“.

Am Ortsrand von Henningsvaer riecht es nach Fisch. Manche Nasen würden sagen: es stinkt. Für Wenche Lesniak ist es der Duft von Geld. Seit Wochen schon trocknet über riesigen Holzgestellen der Kabeljau. Stockfisch ist ein norwegischer Exportschlager und geht vor allem nach Italien, Spanien und Portugal. Dort kommt er als Baccalà oder Bacalao auf den Tisch. Es heißt, jede gute Köchin habe ihr ganz eigenes Rezept für dieses Nationalgericht. Bevor der steinharte Stockfisch verarbeitet werden kann, muss er allerdings lange im Wasser aufgeweicht werden. Im Dezember und Januar hängen Fische von minderer Qualität über den Gestellen, die zu Tierfutter verarbeitet werden. „Ich bin früher immer zu den Nachbarn gegangen und habe dort gegessen, wenn es bei uns Stockfisch gab. Ich mochte ihn nicht“, erzählt Wenche. Sie ist ein richtiges Lofoten Urgestein, etwa 20 Kilometer entfernt in Svolvaer geboren und aufgewachsen und nach dem Germanistikstudium in Deutschland schnell wieder auf die Inseln zurückgekehrt. Heute arbeitet die 55-Jährige bei einem Reiseveranstalter.

04bAls in den 80er Jahren die Fischbestände vor der norwegischen Küste rapide zurückgingen, traf es die Lofoten besonders hart. „Für uns ist es ein Alptraum, wenn es keinen Fisch mehr gibt. Dann haben die Menschen keine Arbeit mehr und müssen weg.“ Zungenmillionäre nennt man die Kinder, die aus den abgetrennten Fischköpfen die Zungen herausschneiden und verkaufen. Fünf Euro gibt es pro Kilo, gebraten gelten die Fischzungen als Delikatesse. „Es ist ein Teil unserer Kultur“, sagt Wenche und muss über die Schlagzeile einer ausländischen Tageszeitung lachen, die behauptet, in Norwegen würde Kinderarbeit geduldet werden.

 Das Licht in der Kunst

Die Inselgruppe der Lofoten liegt weit oben im Norden Norwegens zwischen dem 67. und 68. Breitengrad und rund 100 bis 300 Kilometer nördlich des Polarkreises. Dank des Golfstromes ist das Klima aber relativ mild. Die kältesten Monate sind Januar und Februar mit einer Durchschnittstemperatur von -1 Grad. Svolvaer ist mit 4.000 Einwohnern die größte Stadt. In der Zeit von Januar bis April, der Hauptfangzeit, werden hier bis zu 50.000 Tonnen Kabeljau gefischt. In den letzten Jahren hat der Tourismus immer mehr an Bedeutung gewonnen. Svolvaer ist Anlegestelle der Hurtigruten-Schiffe, rund 280.000 Besucher stürmen pro Jahr das kleine Städtchen. Beliebtes Ausflugsziel ist die kleine Galerie von Dagfinn Bakke. Früher einmal hat der 79-Jährige bei der einzigen Inselzeitung, der Lofotenpost, als Illustrator gearbeitet. Heute ist er für seine Bilder und Karikaturen bekannt. Eines seiner Hauptmotiv – wie könnte es anders sein – das Polarlicht.

(Kathrin Thoma-Bregar) Die Hafeneinfahrt von Henningsvaer.

Sein Atelier hat Dagfinn gleich über der Galerie und trotz seines Alters steht er noch jeden Tag an der Staffelei. Seine Tuschzeichnungen und Aquarelle zeigen die Welt, in der er aufwuchs und in der er sich heimisch fühlt. Sohn Einar hilft ihm in der Galerie, rahmt die Bilder des Vaters und ist zur Stelle, wenn der Gästeschwarm der Hurtigruten einfällt. Ob er woanders leben könnte? „Nein“, sagt Dagfinn, wieso auch.

 

Infobox
Lofoten – Reiseinfos

Anreise:
Ab München fliegt man mit SAS oder Lufthansa nach Oslo. Ab Oslo geht’s weiter mit Wideroe oder Norwegian nach Evenes. Von dort sind es noch etwa zweieinhalb Autostunden bis zur Lofoten Hauptstadt Svolvaer.

Infos unter:
www.visitnorway.com

Nordlicht: Infos zum Polarlichtmuseum in Laukvik gibt es unter www-polarlichtzenter.com

Währung: Das Königreich Norwegen ist nicht Mitglied in der EU. In Geschäften, Restaurants, Hotels und Museen muss in norwegischer Währung, der Krone, bezahlt werden. Für einen Euro bekommt man circa 8,1 Kronen.

Outdooraktivitäten: Von Wandern über Ponyreiten am Strand bis hin zu Kajakfahren bietet der zertifizierte Ökotourismusanbieter Lofoten Aktiv  ein breites Angebot. Besonders beliebt: Mitternachtsgolfen.

Infos unter
www.lofotenaktiv.no
www.lofoten-golf.no
www.lofoten.info
www.visitnorway.de

 

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Hinweis: Dieser Beitrag wird regelmäßig von Mitgliedern der Reise-Stories Redaktion wie Heiner Sieger, Gerhard Fuhrmann und Jupp Suttner auf Richtigkeit und Vollständigkeit geprüft. Falls Sie Anmerkungen zu diesem Beitrag haben, kontaktieren Sie bitte direkt hier die Redaktion.

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