500 Jahre Bauernkrieg: Klöster, Kapellen, kämpfende Bauern

Im Jahre 2025 wird an die Ereignisse rund um „500 Jahre Bauernkrieg“ gedacht. Im Allgäu und Oberschwaben kann man den Spuren eines Konfliktes folgen, der als erster großer Aufstand für Menschenrechte in Europa gewertet wird.

Die Landschaften im Westallgäu sind sanft und leicht hügelig.

Das Allgäu ist ein Reiseziel im Herzen der bayerischen Alpen, das ganzjährig zu Deutschlands beliebtesten alpinen Urlaubsregionen zählt. Das vielfältige Landschaftsbild reicht westwärts bis nach Lindau am Bodensee, geprägt von einem milden Klima, Obstplantagen und Weinstöcken. Im Norden wird es durch sanfte Täler und saftig grüne Wiesen gebildet. Dazwischen verstecken sich historische Städtchen voller Kunstschätze und Kirchen. Das Schloss Neuschwanstein glänzt im östlichen Allgäu. Südlich wiederum locken wilde Bergpanoramen, anspruchsvolle Gipfelziele und blühende Bergwiesen sowie unzählige gemütliche Alphütten.

Seine landschaftliche Vielfalt hat das Allgäu der Eiszeit zu verdanken, denn damals bedeckten drei große Gletscherdecken die alpine Region fast vollständig: der Illergletscher, der Lechgletscher und der Rheingletscher. Lange Zeit ruhte das Land unter der eiskalten Decke und schien in tiefem Winterschlaf versunken. Als jedoch die Tage wärmer wurden und das Eis zu schmelzen begann, zogen sich die Gletscherzungen allmählich zurück und offenbarten ein einzigartiges Landschaftsbild, das auch heute noch typisch für das Allgäu ist. Flüsse und Moore, Toteislöcher, Moränen, Drumlins und eiszeitliche Seen waren entstanden, die heute noch die Basis sind für diese wunderbaren Erholungslandschaften.

Der Geist der Freiheit im Bauernkrieg

Am Gebäude der Kammerzunft in Memmingen wird an die 12 Artikel der Bauern erinnert.

Doch es ging hier nicht immer so friedlich zu, im Jahre 1525 zogen Rebellenheere wie der „Baltringer Haufen“, der „Bodenseer Haufen“ und der „Allgäuer Haufen“ im Bauernkrieg durch die Lande und hinterließen nicht selten Verwüstungen und Plünderungen. An die 2000.000 Bauern und Bürger zogen durch die Lande, es gab 70.000 Tote in zahlreichen Schlachten und eine vier- bis fünfstellige Anzahl an Hinrichtungen.

Im Juni 1524 beginnt mit der Stühlinger Erhebung der Bauernkrieg, am 4. April 1525 schlägt Georg Truchsess von Waldburg die erste Schlacht im Bauernkrieg bei Leipheim, in der Tausende sterben. Am 22. April 1525 wird der Vertrag von Weingarten geschlossen, eine friedliche Übereinkunft zwischen den Haufen in Oberschwaben und Georg Truchsess. Der Bauernkrieg breitet sich nach Franken, Thüringen und Sachsen aus.

Am 5. Dezember 1525 kapituliert mit Waldshut das letzte Widerstandsnest, der Bauernkrieg endet dort, wo er begann. „Den Bauernkrieg von 1525 hätte es in dieser Art ohne die Zwölf Artikel nicht gegeben“, sagte einmal der Historiker Peter Blickle. So gilt die Verfassung der „12 Artikel von Memmingen“ als erste Menschenrechtserklärung in Europa und der Bauernkrieg als größter Aufstand vor der Französischen Revolution. Es war die Zeit, als der Geist der Freiheit das Allgäu erfasste und tausendfach erwidert wurde.

Auf den Spuren des Aufstands im Bauernkrieg

Seit 1462 gibt es die Bücherstube in der Sakristei der Nikolaikirche in Isny.

Noch heute kann man an Originalschauplätzen an diesem Streben nach Freiheit im Bauernkrieg teilhaben, dabei ergibt sich eine spannende wie attraktive Reiseroute durch Oberschwaben und das Allgäu, die einem auf äußerst bewegende Art die Ereignisse vor 500 Jahren näher bringt. Memmingen ist dafür ein geeigneter Ausgangspunkt. Am 6. März 1525 wurden hier die Zwölf Artikel verfasst. Unter anderem wurden die Abschaffung der Leibeigenschaft, der überzogenen Abgaben und ein freies Heiratswahlrecht gefordert. Am 19. März 1525 geben die Bauern die Zwölf Artikel dann in Augsburg in Druck, binnen zwei Monaten werden sie in 14 weiteren Städten in einer Auflage von rund 25.000 Exemplaren in Umlauf gebracht. Das neue Massenmedium Flugschrift wirkt, die Idee der Menschenrechte breitet sich mit den Bauernkriegen erfolgreich aus.

In der Nikolaikirche in Isny ist die Predigerbibliothek untergebracht.

Wie es der Wissenschaftsjournalist Dr. Christian Pantle deutet, „ist es eine Tragödie des Bauernkrieges, dass ihre Zwölf Artikel nicht zu den Meilensteinen der deutschen Geistesgeschichte zählen, sondern weitgehend vergessen wurden, ignoriert von den damaligen Gelehrten wie vom späteren Bildungsbürgertum.“ Unter anderem werden die Feldherren Truchsess Georg aus Waldburg und Georg von Frundsberg aus Mindelheim vom Schwäbischen Bund eingesetzt, die rebellierenden Bauernheere zu bekämpfen.

Nahe Kempten im Allgäu endet weitgehend der Bauernkrieg auf dem Gebiet Deutschlands. Man kann noch heute die Originalschauplätze, die sich zudem noch aus dieser Zeit teils komplett erhalten haben, im Süden Deutschlands besuchen. Außerdem bietet es sich an, die Reise auf den Spuren des Bauernkrieges in Süddeutschland mit den benachbarten Regionen Vorarlberg, Oberschwaben, dem fränkischen Rothenburg ob der Tauber und Würzburg bis nach Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt zu verknüpfen, denn der Bauernkrieg von 1525 war, wenn auch von relativ kurzer Dauer, ein länderübergreifendes Ereignis, das im Jahre 2025 völlig zu Recht eine große Aufmerksamkeit bekommen wird.

Isny und die Waldburg

Diese Seite wurde als Titelblatt der 12 Artikel von Memmingen benutzt.

Ein geeigneter Startpunkt einer Reise zu den Orten des Bauernkrieges im Allgäu ist Isny und die Prediger-Bibliothek aus dem Jahr 1462. Hier zeigt sich eindrucksvoll in einem kleinen Raum, der wie aus der Zeit gefallen erscheint, mit unschätzbar wertvollen Buchkunstwerken, wie die Unzufriedenheit unter den Bauern wächst, die Leibeigenschaft kombiniert mit der Willkür der Herrschenden und immer größer werdenden Abgaben sie in den Ruin treibt. Ihren Versuch, diese entwürdigenden Lebensbedingungen zu verändern, zeigt die Prädikantenbibliothek. In ihr ist die Zeit seit mehr als 500 Jahren stehen geblieben. Der Besuch ist ein unvergessliches Erlebnis.

Max Haller betreibt die Burg Waldburg mit großem persönlichen Engagement.

Das gilt auch für die Waldburg, das Stammhaus von Georg Truchsess von Waldburg, genannt der „Bauernjörg“. Die mächtige Burg, die übrigens niemals zerstört wurde, beherbergte heute ein interaktives Museum und ist zu einem Erlebniszentrum mit Festen und Feiern für Familien und Gruppen aller Art geworden, die das ganze Jahr hindurch das Mittelalter hautnah erleben können.

Die Waldburg besitzt ein sehenswertes interaktives Museum.

Das Museum auf der Waldburg zeigt die Reichskleinodien des Heiligen Römischen Reiches, natürlich wird auch der Bauernkrieg thematisiert und ein Faksimile der Amerikakarte von Martin Waldseemüller ist in der Dauerausstellung zu sehen, das zum Weltdokumentenerbe gehört.

Vom Turm der Waldburg kann man bei klarem Wetter bis zu den Alpen blicken.

Kempten und das Zumsteinhaus

Imposante 2000 Jahre Stadtgeschichte kann man in Kempten ganz modern erkunden: Auf den Spuren der Römer, Allgäuer Kulinarik und die Allgäuer Alpen zum Greifen nah heißen die Angebote, mit denen man die historische Doppelstadt und ihre Umgebung erkunden kann. Als älteste Stadt Deutschlands ist Kempten die ideale Stadt für Kultur- und Geschichtsinteressierte. Besonders lohnt sich ein Ausflug zum Archäologischen Park Cambodunum, der am Originalschauplatz Einblicke in die Römerzeit gibt.

Nicht nur an Markttagen zeigt sich Kempten von seiner strahlenden Seite.

Ebenso sehenswert sind die Prunkräume der Residenz und auch das neue Kempten-Museum im Zumsteinhaus, das man übrigens gratis und barrierefrei besuchen kann. Kempten zeigt bis heute sich als  auffällige Doppelstadt: als katholische Residenzstadt und evangelische Reichsstadt. Der Stadtrat tagt übrigens immer noch in Räumen, wie sie vor 500 Jahren genutzt wurden. Auch empfehlenswert ist ein Stadtbummel durch die Innenstadt oder das Genießen der Allgäuer Küche. Für Radler oder Wanderer bietet Kempten eine zentrale Lage: Radeln am Iller- oder Allgäu-Radweg, hinauf zu Kemptens Hausberg oder zu größeren Touren in die Allgäuer Alpen. Ob man in Kempten Hotel, Pension oder Ferienwohnung als Unterkunft bucht, hier sind die Weg kurz, meistens ist die historische Innenstadt fußläufig zu erreichen.

Kaufbeuren und die Blasiuskapelle

Der Fünfknopfturm ist zum Wahrzeichen Kaufbeurens geworden.

Auf der Fahrt nach Kaufbeuren kommt man an Leubas/Haldenwang vorbei, dem letzten großen Schlachtfeld des Bauernkrieges und wird so eingestimmt auf den Besuch der Blasius-Kapelle im Kaufbeuren, der einzig erhaltene Kirchenraum aus dieser Zeit steht stellvertretend für die Burgenregion Allgäu.

Von der Stadtmauer aus kann man ganz Kaufbeuren überschauen.

Die Blasius-Kapelle schmiegt sich eng an die historische Stadtmauer, von der aus man einen schönen Rundblick über die Dächer der Stadt bekommt. Die Katholische St. Blasius-Kirche überrascht mit einer außergewöhnlichen Stilreinheit von Gebäude und Innenausstattung der Spätgotik des 15. und 16. Jahrhundert. Der Turm der Blasius-Kirche wurde als Wehrturm um 1420 erbaut. Durch sein unteres Geschoß führt die Stadtmauer. 

Im Mittelalter ging es oft grausam zu, das zeigen die Bildtafeln der Blasiuskapelle in Kaufbeuren.

Der Altar von Jörg Lederer aus dem Jahre 1518, das Kruzifixus an einem Baumkreuz aus dem 14. Jahrhundert, Reliquien-Altärchen aus dem 15. Jahrhundert und 66 faszinierende, teilweise mit grausamen Szenen bewegende Bildtafeln aus dem 15. Jahrhundert, machen den Besuch unvergesslich. Nicht weniger beeindruckend ist der weithin sichtbare Fünfknopfturm, der zum Wahrzeichen der Stadt geworden ist. Der Turm ist 33 Meter hoch, aus Ziegelsteinen erbaut und wurde um 1420 errichtet. Zur Türmerstube im fünften Stock führen 92 Stufen.

Ausflug zum Kloster Irsee

Die Geschichte von Kloster Irsee im Ostallgäu reicht bis ins 12. Jahrhundert zurück.

Nur drei Vertragspartner haben nach dem Ende des Bauernkrieges den zwischen Truchsess Georg von Waldburg, auch der „Bauernjörg“ genannt, und den Aufständischen abgeschlossenen Vertrag von Weingarten erfüllt: das Fürststift Kempten, das Kloster Irsee und Georg Truchsess selbst. Eine Ironie der Geschichte, denn einer der gefürchtetsten Feldherren und Schlächter des Bauernkrieges wurde zum Friedensstifter.

Im Gasthof der Klosterbrauerei Irsee kann man vorzüglich essen und trinken.

Von der Reichsabtei zum Bildungszentrum, wohl kein anderes Kloster wie in Irsee zeigt bis in die jüngste Vergangenheit eine solch bewegt Geschichte. In jeden Besuch sollte man die Klosterbrauerei Irsee mit einbeziehen, nicht nur wegen der Biere und Kräuterliköre. Auch die Küche bietet  ausgezeichnete Gerichte zu vertretbaren Preisen.

Memmingen und die Zwölf Artikel

In Memmingen gibt es so manche geschichtsträchtige Ecken wie hier am Hexenturm.

Ein historisches Datum: Am 6. März 1525 wurden in Memmingen die Zwölf Artikel verfasst. Warum die Bauern sich ausgerechnet in Memmingen einfanden und wie der Geist der Freiheit heute gelebt wird, zeigt Memmingen mit hochkarätigen Veranstaltungen im Jahr 2025. Im Zentrum des Gedenkjahrs steht eine vom Haus der bayerischen Geschichte konzipierte interaktive Ausstellung mit dem Titel „Projekt Freiheit – Memmingen 1525“. Die Sonderausstellung ist jederzeit und kostenfrei, wie alle Memminger Museen, zugänglich. Zu den weiteren Höhepunkten in Memmingen zählen die Kramerzunft, der Ort, an dem die Zwölf Artikel verfasst wurden und ein Besuch der Martinskirche, dem Wirkungsort des Prediger Schappeler, der sich für die Bauern einsetzte und sich mit seiner Obrigkeit anlegte. Am Ende des Krieges konnte er sich gerade noch, versteckt in einem Heuwagen, vor dem Zugriff retten.

In Memmingen tun die Bauern noch heute ihre Meinung deutlich kund.

Memmingen ist auch thematischer Schwerpunkt des Gedenkjahres 1525 – 2025 in Bayern mit vielen Veranstaltungen und Sonderausstellungen. Aufgrund ihrer Historie vergibt die Stadt alle drei Jahre den Memminger Freiheitspreis, 2025 erhält ihn der langjährige Profifußballer und Fußballtrainer Christian Streich für sein Eintreten für die Grundrechte und seine klare Haltung gegen Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierung.

Auf der Waldburg hängt natürlich auch ein Portrait des gefürchteten Bauernjörgs.

Vielfältige Naturlandschaften

Mit seinen intakten Naturlandschaften, von den geschützten Moorgebieten im Nordwesten und Nordosten des Allgäus über die Voralpen bis zu den Alpen im Süden, bietet das Allgäu ideale Erholungsmöglichkeiten das ganze Jahr hindurch für Jung und Alt. Für aktive Urlauber  gibt es die „Wandertrilogie Allgäu“ sowie die „Radrunde Allgäu“, für Kultur- und Genussreisende stehen die Städte Kempten, Kaufbeuren, Memmingen und Isny im Blickfeld. So lässt sich das Allgäu in seiner ganzen Vielfalt entdecken. Und keine Sorge, aufrührerische Bauernhorden ziehen heute auch nicht mehr durch die Lande.

Die untergehende Sonne taucht Region um die Waldburg in ein magisches Licht.

Weitere Informationen:

www.allgaeu.de

www.schlosswaldburg.de

www.kloster-irsee.de

www.isny.de

www.kempten-tourismus.de

www.kaufbeuren-tourismus.de

www.tourismus-memmingen.de

Projekt: Courage – Streben nach Freiheit

Weil sich die Aufstände vor 500 Jahren im Allgäu, dem angrenzenden Oberschwaben und Vorarlberg abspielten, hat der Heimatbund Allgäu federführend alle Orte zusammengebracht und einen Dokumentarfilm gedreht. Es wird ein umfangreiches Programm mit Dokumentar-Film, Erinnerungsorten und Vortragsreihen zum 500-jährigen Jubiläum des Bauernkriegs geben. https://500jahrebauernkrieg.de/ und www.regio-v.at/projekte/courage/

Übernachten/Essen/Trinken:

Memmingen, Weber am Bach, ein Haus mit mehr als 600jähriger Geschichte und ausgezeichneter Küche, www.weber-am-bach.de

Leutkirch, historischer Dorfgasthof Hirsch in Urlau, https://dorfgasthof-hirsch.de

Klosterbrauerei Irsee, himmlisch Essen und Trinken,

www.irsee.com/klosterbraeu-gastronomie

Literaturtipps:

Christian Pantle, Der Bauernkrieg, Propyläen Verlag, ISBN 978-3-549-10051-6, www.ullstein.de

Max Haller, Schatzmeister der Kaiser – Waldburg die Drei-Kaiser-Burg … , ISBN 978-3-89089-282-5

Stefan Fischer, Aufruhr im Allgäu (978-3-7917-3519-1 € 16,95) www.verlag-pustet.de

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Jörg Berghoff

Autor Kurzvorstellung:

Jörg Berghoff führt als freier Autor und Journalist seit 1998 ein Pressebüro für Tourismus, Kultur und Sport. Als Reisejournalist spezialisiert auf Irland, Großbritannien, Europa und Australien. Studium der Kunstgeschichte und Ethnologie, Winzermeister und Buchhändler.

Hinweis: Dieser Beitrag wird regelmäßig von Mitgliedern der Reise-Stories Redaktion wie Heiner Sieger, Gerhard Fuhrmann und Jupp Suttner auf Richtigkeit und Vollständigkeit geprüft. Falls Sie Anmerkungen zu diesem Beitrag haben, kontaktieren Sie bitte direkt hier die Redaktion.

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