Auf einer malerischen Waldlichtung oberhalb von Klobenstein am Südtiroler Ritten steht das Waldhotel Tann. Bald feiert es seinen hundertjährigen Geburtstag. Die hier gepflegte Küche ist alles andere als alt, sondern frisch und wild wie der angrenzende Wald.
Wenn Barbara Untermarzoner mit ihrem Korb aus dem Wald in ihr Hotel Tann zurückkehrt, können sich die Gäste auf feine Köstlichkeiten aus der Natur freuen. Denn überlieferte Rezepte aus Großmutters Fundus verfeinert die leidenschaftliche „Waldköchin“ mit allem, was Mutter Natur fußläufig bietet: Wildkräuter, Waldbeeren und Pilze, Wurzeln und Samen.
In Barbaras Waldküche finden unkonventionelle Gaumenkitzler wie Fichtennadeln, Baumsprossen und Latschenessenz ihren Weg auf die Teller – als wertvolle Vitaminspender, natürliche Superfoods und feinste Aromen aus der wilden Natur. Ihre Rezepte teilt sie jetzt auch in einem hochwertigen Kochbuch mit jedem, der sich für diese naturverbundene Art zu kochen interessiert: „Licht, luftig, gesund – Über den Tellerrand“ heißt das feine Werk. Es ist Nahrung für den Geist, aber bietet auch viele Geschichten über das Haus und seine Menschen. Und lädt zum Nachkochen vieler Gerichte ein, die im abendlichen Tann-Menü serviert werden.
Fichtenhonig und Hagebuttenmarmelade
Die Bäume des Waldes sind Barbaras „Alleskönner“. Die Fichte zum Beispiel verarbeitet sie zu Wildgewürz oder harzig-süßem Fichtenhonig für das Butterbrot am Morgen, zu Teeaufguss und sogar Grappa als Verdauungshilfe. Die Latsche entfaltet sich im köstlichen Risotto, in einem waldigen Sorbet oder in einer würzigen Sauce zum Wildfleisch.
Wer den Tag mit einer Gesundheitskur beginnen möchte, greift beim Frühstück zu Detox-Latschenwasser. Besonders beliebt bei den Gästen sind Latschenkiefer-Halbgefrorenes oder das Waldschaumsüppchen von der Fichte. Die Hagebutte kommt in Desserts, Marmeladen und delikaten Beilagen zur Geltung, die Wildkräuter in Aufstrichen und Schnäpsen. Der Volksmund sagt: Hagebutten, die um Weihnachten gegessen werden, halten Krankheiten fern. In der Tann-Küche bereichert der rote Vitaminspender das ganze Jahr über in Desserts, Marmeladen und delikaten Beilagen.
Barbara kombiniert kreativ und arrangiert raffiniert und hat ein überzeugendes Küchenkonzept für ihr Hotel kreiert, das schon in so mancher Munde ist. Die Schätze des Waldes rundet sie mit nachhaltig produzierten Lebensmitteln aus Südtirol zu stimmigen kulinarischen Erlebnissen ab. Gemüse und Kräuter kommen frisch aus dem eigenen Garten, das Fleisch vom benachbarten Bauernhof, Apfelsaft vom Hoterhof, Eier vom Buchhütterhof.
Dort, wo heute Genießer Sommer wie Winter erfrischende Auszeiten in luftiger Höhe auf 1500 m über dem Meeresspiegel verbringen, wurde 1924 das kleine Schutzhaus „Auf der Tann“ errichtet. Dabei steht „Tann“ aber nicht für den fast gleichnamigen Baum, sondern ist der südtirolerische Ausdruck für Lichtung. Denn das Hotel thront in Alleinlage auf einer großen Waldlichtung, die einen allgegenwärtigen, spektakulären Blick auf grandiose Dolomitengipfel wie Langkofel und Plattkofel, Schlern, Rosengarten und Latemar bietet. Schon früh hatten die Menschen erkannt, dass der Tann-Wald ein besonders schöner Platz ist. Nach 1946 wandelte sich das Schutzhaus Tann zu einer beliebten Einkehrstätte, in der die Gäste in ihrer Freizeit zusammenfanden. In den Folgejahren kam das Haus in den Besitz der heutigen Hoteliersfamilie Untermarzoner. Auch heute stellt sich bei den Gästen des inzwischen zum Viersterne-Hotel ausgebauten früheren Rifugio himmlische Erholung ein: Die Waldluft atmen, sich zwischen Kiefern, Latschen, Fichten und Zirben bewegen, Naturwellness erleben und nach der Heimkehr ins Hotel Barbaras Waldküche schmecken.
Spektakulärer Blick auf grandiose Dolomitengipfel
Vor allem aber kann man hier in aller Ruhe „auftannen“, wie die Gastgeber das Wohlgefühl an diesem Platz beschreiben. Ein besonders naturnahes Erlebnis ist ein Waldspaziergang mit Monika Pernter aus Klobenstein in den direkt an das Hotel angrenzenden Nadelwald mit Lärchen, Fichten, Föhren, Zirben und Latschen.
„Nicht von ungefähr wird Waldbaden in Japan als Therapie verschrieben“, sagt die Waldbademeisterin. „Das Ziel ist, Gesundheit und Wohlbefinden zu stärken sowie Achtsamkeit und Gelassenheit zu fördern. Und in einem Nadelwald gibt es noch mehr ätherische Öle als im Laubwald. Denn die Bäume kommunizieren neben den Wurzeln über die Duftstoffe Terbene, die man als Mensch nicht wahrnimmt, aber einnimmt. Die Pilze fungieren dabei als das Internet des Waldes, indem sie Informationen von Baum zu Baum weitergeben.“
Pilze als das Internet des Waldes
Für gesunde Aktivitäten bietet die Region um Klobenstein nahezu unbegrenzte Möglichkeiten, das gesamte Jahr über – Wandern, Biken, Skifahren, Langlaufen, Rodeln, Eislaufen. Aber auch im Hotel selber erwartet Menschen, die sich nachhaltig und tiefgehend erholen möchten, ein fast intimes Refugium, das die Sinne berührt. Zum Beispiel bei ein paar Schwimmzügen am Morgen im Sole-Wasser, wenn über dem Langkofel die ersten Sonnenstrahlen den jungen Tag wachkitzeln, beim Yoga auf der Tann-Wiese oder beim Naturkraft-Frühstück mit vielen selbst gemachtenen Köstlichkeiten wie Müsli, Broten, Marmeladen, Dips und Yoghurts.
Wenn die Dolomiten zart erröten
Mit etwas Glück erlebt man als Gast des Tann am Abend auf der Terrasse die „Enrosadira“, wenn die untergehende Sonne die gegenüberliegenden Dolomitengipfel rosa-rot erstrahlen lässt. Dann ist es auch nicht mehr weit bis zu Barbaras feinem Waldmenü. Zu dessen Highlights gehört im Herbst die Suppe aus frischen Steinpilzen. Serviert wird sie mit einem heißen Stein in der Suppe. „Steine“, erklärt die naturverbundene Küchenchefin, „waren früher ja auch mal flüssig und sind Teil der Mutter Erde. Sie sind also gebündelte Energie, vergleichbar Edelsteinen, die man ins Wasser gibt.“
Knackig frisch ist die Schüssel mit Wildkräutersalaten, zudem anregend für Leber und Niere. Mit dabei sind unter anderem Löwenzahn, Gundermann, wilder Rucola, wilder Majoran, Spitzwegerich, verschiedene Asiasalate sowie Artemisia, also Wermut und ein bitteres Barbarakraut für die Anregung der Gallenfunktion. Rein vegetarisch ist auch das Gerstenvollkorn-Risotto aus Regiokorn, mit Thymian, Karotte, Sellerie, Krautrübe, Sauerklee, Tagetes und Malvenblüten sowie Rotklee aus dem eigenen Kräutergarten. Verfeinert ist das Risotto mit einem frittierten Huflattichblatt, für Barbara Untermarzoner „das Wiener Schnitzel aus dem Wald.“
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Hotel Tann, Heiner Sieger