Brenninger hatte schon in etlichen Fußball-Mannschaften gekickt. Und fest gestellt: In fast jedem Team gab es einen Deppen. In jener Clique, mit der er jetzt im Winter in der Halle spielte, war es der Quirin. Denn der Quirin glühte geradezu für die Ideen von Pegida.
Seit Wochen bereits versuchte Brenninger, ihn im Laufe der dritten Halbzeit, in der Kneipe also, zu belehren. Doch Quirin blieb stur. Brenninger jedoch auch. „Weißt Du eigentlich Quirin, woher Dein Fremdenhass her kommt?“.
Quirin guckte von seinem Bier auf. „Der kommt daher“, sagte der Brenninger – weil Du Angst hast vor dem Fremden. Und die Angst hast Du seit Deiner Geburt. Vor der Geburt warst Du geborgen im Bauch drin. Aber im Moment, als Du ’raus gekommen bist, war es mit der Geborgenheit vorbei. Alles war plötzlich fremd! Und seitdem hast Du Angst vor allem Fremden.“
Quirin: „So a Schmarrn! Dann hätten ja alle Menschen Angst vor dem Fremden!“
Brenninger: „Haben sie auch. Bis auf jene, die in ihrer Kindheit von den Eltern oder sonst wo her gelernt haben, dass man vor fremden Menschen keine Angst haben muss. Aber wer nicht lernt, den Geburts-Schock mit dem Hinausgeworfensein in die Fremde zu überwinden – wird sein Leben lang Angst haben.“
Der Quirin trank ein paar Schlucke Helles. Er und ein Angsthase?!? Der Brenninger setzte gleich gnadenlos nach. Das, was er jetzt sagte, hatte nicht er gelesen, sondern sein Kumpel Martin hatte es gelesen. Und hatte es ihm vor einigen Monaten bei einer Golfrunde gesteckt. „Ich verstehe ja das mit der Sicherheit“, sagte der Brenninger, „die ihr Pegidaner so wünscht. Das ist ganz normal. Wenn man eine Frau fürs Leben gewinnen will, dann gibt es laut wissenschaftlicher Umfrage ein Zauberwort, mit dem man es schafft: Man muss der Frau SICHERHEIT bieten. DAS schätzen, so die Verhaltensforscher, Frauen am meisten, wenn sie sich für oder gegen eine Ehe entscheiden!“
Jetzt mischte sich der Christoph, Linksaußen des Teams, aber nur auf dem Spielfeld, ein: „Das würde ja bedeuten, Quirin, dass Du eine ängstliche Frau bist!“
Brenninger: „Genau, wenn man einerseits die Geburts-Angst und andererseits die Sicherheits-Sehnsucht des weblichen Geschlechts zusammen addiert – dann offenbaren der Quirin und alle Pegida-Anhänger das Verhalten einer ängstlichen Frau!“.
Der Quirin trank aus. Zahlte. Und ging. Christoph, erbamungslos: „Und wahrscheinlich weint er jetzt auch noch.“ Aber das war natürlich nur eine Hoffnung. Brenninger und er wussten ganz genau: dass Quirin nicht heulte über seine neu gewonnene Erkenntnis, sondern vielmehr unbelehrbar weiter so seltsam vor sich hin dumpfte wie bisher. Denn jene Gedanken, die der Brenninger ihm angetragen hatte, waren dem Quirin ja fremd gewesen. Und es waren somit Gedanken, die er fürchtete. Statt sie verinnerlichte.
Es nützte nichts. Sie würden weiterhin einen Deppen im Team haben.
Der Brenninger ist ein typischer Freizeitsportler – und oftmals auf Reisen. Was er unterwegs und zu Hause erlebt, lesen Sie jeden Dienstag hier.
* Niedergeschrieben von Jupp Suttner.
Der Brenninger war ja nicht so der Lyriker. Er hatte es eher mit den handfesten Romanen. Und liebte es, so ... Weiterlesen