Ausflugsschloss vor den Toren Berlins

Heute ist Schloss Marquardt ein Feierschloss Foto: Weirauch

Potsdam ist mehr als Sanssouci. Preußische Prinzen, Könige und ihre Generäle fühlten sich auch im Umland der heutigen Landeshauptstadt wohl. Die Schlösser Caputh, Cecilienhof, Babelsberg, Marmorpalais, Oranienburg, Paretz  und Rheinsberg sind berühmt. Kaum einer weiß, dass auch im Schloss Marquardt am Rande von Potsdam (das Dorf Marquardt wurde vor 10 Jahren eingemeindet) Geschichte geschrieben wurde.

Peter Joseph Lennè schuf den Park

Der Park Marquardt ist ein wahres Kunstwerk. Und das zu jeder Jahreszeit. Seit den Lobpreisungen des märkischen Wandereres Theodor Fontanes, der 1869 den kleinen Ort am Schlänitzsee besuchte, haben Park und Schloss nur wenig an an Attraktivität eingebüßt. „Mit der Schönheit seiner Lage am sonnenbeschienen Schlänitzsee wetteifert die Schönheit der Bäume, Akazien und Linden, Platanen und Ahorn, zwischen die sich grüne Rasenflächen und Gruppen von Tannen und Weymouthskiefern einschieben …“  So schwärmte Fontane. Der Park ist auch heute noch sehenswert, er wird gepflegt und gehegt.

Der Ort liegt an der Regionalbahnstrecke RB 21 und hat mehrere Busverbindungen, stündlich verkehren Regiobahnen nach Potsdam beziehungsweise auch bis Berlin Zentrum. Rad- und Wanderwege (wie der 66-Seen-Wanderweg) kreuzen den Ort. Es gibt ein Landgasthof, Pension sowie ein Cafe und den mittlerweile in brandenburgischen Gefilden selten gewordenen “Tante-Emma-Laden”.

Spuren der „Blauen Grotte“ im Gutspark

Ein Blick in die Historie. 1795 bis 1803 gehörten Gut und Herrenhaus Marquardt Johann Rudolf von Bischoffwerder, einem Günstling von Preußenkönig Friedrich Wilhelm II. Damals soll der dem Geheimbund der Rosenkreuzer angehörende Monarch des Öfteren an spiritistischen Sitzungen der „Blauen Grotte“ des Schlossparks teilgenommen haben, von der auch der märkische Wanderer Fontane berichtet. Viele haben bislang erfolglos nach ihr gesucht. Der Ortschronist Wolfgang Grittner zeigt bei seinen Führungen heute noch einige blaue Lasursteine der geheimnisvollen Grotte, die sogar doppelwandig gebaut gewesen sein soll.

Blick von der Schlossterrasse auf den Schlänitzsee
Blick von der Schlossterrasse auf den Schlänitzsee

Geschichtsinteressierte geben die Hoffnung nicht auf, dass der Hügel, unter dem sich die Grotte einst befunden haben soll, im Rahmen einer archäologischen Suchgrabung in den nächsten Jahren zumindest Teile seines Geheimnisses preisgeben wird. Der König kam über den sogenannten Königsweg aus seinem Potsdamer Schloss herüber. Auch Königin Luise, die mit ihrem Mann Friedrich Wilhelm II. Jahre zuvor von Potsdam aus über die Bornimer Feldflur regelmäßig ins benachbarte Dorf Paretz fuhr, benutzte den auch als Königsdamm bezeichneten Weg, der noch heute im Park erkennbar ist. 2019 wurde das einstige Fährhaus an der Wublitz (die durch die BAB 10 getrennt wurde) restauriert. hier mehr dazu.

„Landschaftsbild von seltener Ruhe und Schönheit“

Skurrile Geschichten ranken sich um Schloss Marquardt, das mehrmals seinen Besitzer wechselte. So soll Bischoffwerders Witwe noch heute als „Weiße Frau“ durch die Gemächer spuken. „Wie auf großen Socken schlurrt es durch alle unteren Räume des Schlosses; man hört die Türen gehen; dann so bezaubernden Park 1823 nach Plänen von Peter Joseph Lenné gestalten. 1892 machte der Berliner Eisengroßhändler Louis Ravené Marquardt zu seinem Sommersitz. 1912 wurde das Schloss aufgestockt und der Westflügel mit dem Tanzsaal angebaut.

Kempinskis Schlosshotel

Nach 1932 pilgerte alles, was in Berlin Rang und Namen hatte, hinaus nach Marquardt. Das Schloss avancierte als Kempinski-Restaurant zum Ausflugsziel. Das Hotelunternehmen warb offensiv für sportliche Wochenenden mit Segeln, Reiten oder Velofreuden in der geschichtsträchtigen Luxus-Herberge im Nordwesen Potsdams. „In der Tat ist das Schloß eines der bestgelegenen in der Umgebung Berlins“, heißt es in einer alten Annonce. Und weiter: „Sie erleben ein Landschaftsbild von seltener Ruhe und Schönheit.“

Postkarte aus Kempinskis Zeiten Foto: Archiv Weirauch
Postkarte aus Kempinskis Zeiten Foto: Archiv Weirauch
Zu jeder Jahreszeit ein Ziel
Zu jeder Jahreszeit ein Ziel

Wechselvolle Nutzung des Schlosses

Als jüdischer Unternehmer wurde die Firma Kempinski in der Folgezeit enteignet. Im Zweiten Weltkrieg diente das Schloss als Lazarett. Später zogen Flüchtlinge ein, das Haus wurde als Kindererholungsheim und Gehörlosenschule genutzt. Bis 1993 war es Sitz des Instituts für Obstbau und Obstzüchtung der Berliner Humboldt Universität. Oftmals schien es in den vergangenen Jahren, als ob ein Traumprinz das mittlerweile im Dornröschenschlaf liegende Gebäude wach küssen wollte. Pläne gab es viele: Hotel, Wellness-Oase und Tagungszentrum. Es gehört der Münchener Penelope Immobilien GmbH, die vor allem Dach und die Schlossräume restaurieren ließ. Schlossmanager Christian Schulze führt auf Voranmeldung gern Gäste durch das Schloss. Ramona Kleber vom Lavendelhof weiß wie auch der im Park wohnende Ortschronist Wolfgang Grittner viele Geschichten zu berichten.

Angesagtes Hochzeitsschloss

Weddingplaner Christian Schulze versteht sein Geschäft

Im Sommer schwingen Hochzeitspaare  (u.a. Florentine Jopp) und deren Gäste im ovalen Schloss ihre Tanzbeine.

Kulisse für monuments man und Grizmek – Film

Gelegentlich dient das Schloss auch als Filmkulisse, beispielsweise für Max Färberbröcks „Aimée und Jaguar“, Hans Christian Andersens „My Life as a Fairy Tale“, TV-Produktionen wie „Löwenzahn“, den Film, „Der Butler und die Prinzessin“ oder die Serie „SOKO Wismar“. Auch Tom Hanks, Steven Spielberg (Brdige of Spices) und Ulrich Tukur  (Film über Bernhard Grzimek) waren im Schloss am Set.

Das Schloss dient häufig als Filmkulisse
Das Schloss dient häufig als Filmkulisse
Walter Schott schuf die Plastik “Silen mit Nymphen” Foto: Weirauch

Einkehr im „Zum Alten Krug“ oder „Lavendelhof“

Naturliebhaber finden derweil Entspannung im einzigartigen Park. Und im Sommer lädt der flache Schlänitzse zum Baden ein. Bereits zum wiederholten Mal brüteten Störche in ihrem Nest gegenüber dem urigen Landgasthof „Zum Alten Krug“.

Die Störche von Marquardt sorgen für Idylle
Die Störche von Marquardt sorgen für Idylle

An schönen Wochenenden sind dann die Plätze im Biergarten davor sowie im „Lavendelhof“ der Familie Kleber gegenüber übervoll – fast wie zu Kempinskis Zeiten. Denn im Schloss gibt es keine reguläre Gastronomie. Ideen für ein temporäres Cafe schlugen leider fehl.

Anfahrt:

Bus 614 und 650 ab Potsdam Hauptbahnhof bis Haltestelle Schloss Marquardt, Regionalbahn RB21 (stündlich)

Anschrift:
Christian Schulze: Schloss Marquardt – Eventlocation, Hauptstraße 14, 14476 Marquardt oder www.eventinc.de/eventlocation/potsdam/schloss-marquardt

Landgasthof „Zum Alten Krug“, Hauptstraße 14, 14476 Marquardt,
krug-marquardt.de/

hinter dem Krug befindet sich auch Potsdams angesagtester Wohnmobilstellplatz

Cafe: „Lavendelhof“, Hauptstraße 3, 14476 Marquardt,
www.lavendelhof-marquardt.de/

 

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Dieter Weirauch

Autor Kurzvorstellung:

Seit über 30 Jahren als Journalist in Deutschland und in verschiedenen Regionen der Welt unterwegs. U.a. tätig für Berliner Morgenpost, die Welt, my-entdecker und LANDSICHT.

Hinweis: Dieser Beitrag wird regelmäßig von Mitgliedern der Reise-Stories Redaktion wie Heiner Sieger, Gerhard Fuhrmann und Jupp Suttner auf Richtigkeit und Vollständigkeit geprüft. Falls Sie Anmerkungen zu diesem Beitrag haben, kontaktieren Sie bitte direkt hier die Redaktion.

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