ABGEFAHREN: Rolex-Schmuggel und Dirndl-Girls in Ischgl

VON JUPP SUTTNER    ////    Die beiden Herren tragen einen unauffälligen Skianzug. Als seien sie Beamte. Nun – es sind Beamte. Doch sie haben heute ihren Job in den Schnee verlegt. „Könnten wir bitte mal Ihre Uhr sehen?“, treten sie an einen Skifahrer in weitaus eleganterem Outfit heran. Und zücken ihre Ausweise. Österreichischer Zoll. In Zivil. Genau auf der Höhe des Berges, wo die Grenze zwischen dem Tiroler Jetset-Ort Ischgl und der Schweizer Gemeinde Samnaun verläuft. Der verdutzte Skifahrer trägt eine harmlose Swatch. Und keine Breitling, Ebel oder Rolex, für 8 000 Euro in Samnaun gekauft und sie nun über die weiße Grenze heimlich nach Tirol transportierend. Glück gehabt. Sonst hätte die Staatsgewalt zugeschlagen. Schließlich kosten 8 000-Euro-Uhren außerhalb von Samnaun garantiert 10 000 Euro. Denn Samnaun ist eine zollfreie Schweizer Enklave. Und Schmuck, Parfüms, Zigaretten, Alkohol – um die üblichen Klassiker zu nennen – sind dort wesentlich günstiger als anderswo zu erwerben.

Die berühmteste après-ski-Kneipe in Samnaun mit seinen fünfzig (!) Zollfrei-Shops heißt nicht umsonst „Schmuggler Alm“. Und diese Schmuggler-Alm ist heute unser Halbzeit-Ziel. Denn wir absolvieren, im chicen Designer-Hotel Madlein in Ischgl stationiert, von eben dort aus die „Schmuggler-Runde“ in Silber: 24,7 Pisten-km bei 4.745 m Höhendifferenz. Es gibt sie auch noch in Bronze (19,5 km/3.191 Höhenmeter) und Gold (35,7 km/6.463 HM).

Wer eine davon schafft und dies mittels der i iSki Ischgl App beweisen kann, erhält ein Zertifikat und nimmt an verschiedenen Verlosungen teil. Wir jedoch jagen heute keine Urkunden, sondern fahren auf der Runde einfach Ski. Denn: Es ist ein MegaGiga-Tag ohnegleichen, der keine anderen Gedanken zulässt, als immer wieder: Traumschnee! Traumwetter!! Kaum Leute auf den Pisten!!! Zwickts mi!!!! I glaab, i draam…

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ABGEFAHREN! Die Ski-Reporter von Reise-Stories.de unterwegs im Schnee. Jede Woche wieder! Um aktuell zu schildern, wie es auf den Pisten von ……. gerade aus sieht.  Dieses Mal: So war es am Donnerstag/Freitag, 7./8. Dezember 2017, in der Silvretta Ski Arena von Ischgl/Tirol und Samnaun/Graubünden.

Foto oben:

Wer am Ende des Tages mit seinem Schmuggel-Trip zufrieden ist, kann sich dann in Ischgl mit Dirndl-Girls im Pacha vergnügen. Bitte das Pacha AUF KEINEN FALL verwechseln mit den Etablissements namens Pascha in Köln, Salzburg, Linz und Graz

Fotocredit & Copyright aller Fotos dieses Reports:

Jupp Suttner. Sämtliche Bilder wurden aufgenommen am 7./8. Dezember 2017 in der Silvretta Ski Arena Ischgl/Samnaun.

Text:

Jupp Suttner

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Früher wagten es ja nur die Schmuggler: Mit den Skiern an den Beinen und der Ware im Rucksack den Berg hinauf zu stapfen, illegal die Grenze am Grat oder im Wald oder sonst wo zu überqueren, im anderen Land ins Tal zu schwingen, die Ware zu liefern, das Geld zu kassieren, neue Schmuggel-Ware ein zu packen – und auf genau dem gleichen Weg in die Heimat zurückzukehren. Heute jedoch begeben auch nichtschmuggelnde Ski-Touristen sich nur zu gerne von einem Land ins andere. Wir zum Beispiel heute von Tirol nach Graubünden, von Österreich in die Schweiz also, sowie natürlich retour.

Wobei „Runden“ ja grundsätzlich elektrisieren: Frühmorgens auf Ski los ziehen in unbekanntes Terrain, sich den gesamten Tag auf bislang fremden Pisten vergnügen und abends am offenen Kamin dann dieses kleine Expeditions-Abenteuer nach wirken lassen – was für ein Genuss!

Vor allem unsere besagte Schmuggler-Runde birgt höchstes Genuss-Potential – und erscheint zudem ideal für Vergessliche. Denn es düst ja mancher nach Ischgl in Urlaub – und hat blöderweise seine Rolex vergessen. Ist jedoch kein welteinstürzendes Problem, denn der Vergesser kann sich ja denken: Na ja – ich pendle dann halt einfach auf Ski nach Samnaun

hinüber und lege mir in der Schweizer Zoll-Enklave eine neue zu! Doch Pech gehabt: Die Zöllner, die zwischen Tirol und der Schweiz wedeln, freuen sich immer wieder auf derlei Kundschaft… Also, wurde uns von unseren Kumpeln eingeschärft: Bitte die Rolex von zu Hause NICHT vergessen! Und die Schmuggler-Runde (wo deren Name wohl herrührt?) völlig legal genießen – sie ist auch dann ein Traum.

Nicht nur heute. Denn sie offeriert die schönsten Aussichtspunkte der

Silvretta Arena Ischgl Samnaun – eine 360°-Rundreise durch eines der faszinierendsten Skigebiete der Alpen (Tagesskipass 49 bis 53 Euro je nach Saison) mit 169 Pisten-Kilometern auf österreichischer und 69 Pisten-Kilometern auf Schweizer Seite.

Man muss halt nur immer mal wieder, um rechtzeitig in Ischgl zurück zu sein, auf die Uhr gucken. Die bitte selbstmitgebrachte.

Dass es eine Schmuggler-Runde auf Ski gibt, ist schlichtweg der tatsache zu verdanken, dass das Paznaun in Notzeiten ja auch schon früher eine beliebte Region für Heimlichkeiten dieser Art war. „Die ortskundigen Schmuggler trugen“, heißt es in einem Ischgler Geschichtswerk, „vor allem Butter, Käse und Felle ins benachbarte Samnaun und holten von dort alles, was fehlte oder gerade gefragt war: Kaffee, Reis, Mehl, Tabak, Gewürze, Saccharin etc.“ Ein gefüllter Rucksack wog rund 40 bis 50 Kilogramm.

Was ist in diesem Rucksack drin?

Bei unserem heutigen Trip von einer Welt in die andere (hie das fetzige tirolerische Ischgl, da das beschaulich-sanft-schweizerische Samnaun) bedauern wir sehr, nicht mit ausgehöhlten Skiern unterwegs zu sein – sonst hätten wir sie in Samnaun volltanken können (etwa 97 Schweizer Rappen der Liter Benzin, also etwa 83 Cent). Das mit entkernten Ski als Schnuggelbehälter wurde übrigens bereits vor mehreren Jahrzehnten erprobt: ein deutscher Freestyle-Crack hatte damals zwar nicht Crack, aber anderes Zeug dieser Art in Südamerika in die hohlen Ski gefüllt. Was ihn nach der Ankunft in Frankfurt bzw. im Anschluss daran etliche Monate in den Bau brachte.

Benzin also, stellen wir bei unserem Aufenthalt in Samnaun fest, ist ausgesprochen günstig. Auch Zigaretten. Die 200er-Stange kostet im Mittelwert 41 Schweizer Franken, also 35 Euro.

„Und auf wieviel kommt die teuerste Uhr?“, fragen wir die Chefin eines Zegg-Shops. Etwas indigniert zieht die ältere Lady die rechte Augenbraue hoch: „Da gibt es keine Grenze – nach oben.“

Die setzt nur das Gesetz. Denn wer aus Samnaun mehr

Egal ob Almrausch oder Whisky-Bar: In Samnaun offeriert jeder Laden zollfreie Waren

als die erlaubten Höchstwerte in die EU mitbringt (beispielsweise mehr als 1 Stange Zigaretten), muss sie verzollen. Die meisten sagen jedoch „müsste“ und empfinden ihre Skifahrt von der Schweiz nach Österreich hinab als einen Schmuggel-Psycho-Thrill, gegen den die Absolvierung der Kitzbüheler Streif ein winzigster Nerven-Klacks ist. Doch gelegentlich werden am Gesetz vorbei wedelnde Ski-Freaks eben erwischt. Ein Rucksack voller Rolex – kann zur Schussfahrt hinter Gittern werden. „Normalerweise“, verrät uns ein Schweizer Skilehrer, „liegen die österreichischen Zöllner nur in der Sonne und lassen es sich gut gehen. Aber wenn der Chef vorbeischaut, dann werden sie immer eifrig…“

Eifrig bemühte man sich auch in den siebziger Jahren – als die schweizerischen Samnauner gedachten, ihre Berge mit Skiliften für den Tourismus zu erschließen. Doch die eidgenössischen Banken gewährten keine Kredite – sie sahen keine Chance für den auf 1 800 Metern Höhe abgelegenen Ort. So wandten die Samnauner sich an die Ischgler drüberhalb des Berges – und die schlauen Tiroler erkannten sofort, welches Potenzial ihnen da offeriert wurde. Und gaben das Geld. Bedingung des Deals: 51 % der Samnauner Bergbahnen gehören Ischgl – sie haben bis heute das Sagen. „Aber damit“, sagen sie in Samnaun, „sind wir prima gefahren – es hat noch niemals Ärger gegeben.“

Auch heute nicht – wir bringen unsere in der Schweiz erworbene dreikantige Riesen-Toblerone (3,50 CHF, 3 Euro) mühelos nach Ischgl durch. Gekauft haben wir sie beim berühmtesten Skifahrer von Samnaun, Erwin Hangl. Er wurde 1989 in Vail Super-G-Weltmeister und gehört zum „Hangl-Clan“. Es gibt in der Gemeinde auch noch den „Zegg-Clan“. Die beiden Familien beherrschen im Grunde ganz Samnaun.

So wie andere Familien auf der Tiroler Seite Ischgl ihren Stempel aufdrücken. Doch das ist eine längere Geschichte. Die wir bei Gelegenheit natürlich jedoch auch erzählen werden. Zuerst jedoch wollen wir einen Witz zum Besten geben:

Ein österreichischer Zöllner kontrolliert an der Grenze von Ischgl und Samnaun täglich den Rucksack eines aus der Schweiz kommenden Skifahrers.

Wochenlang. Monatelang. Jeden Tag.

Doch er findet nichts. Niemals.

Als der Beamte längst pensioniert ist, trifft er den Skifahrer wieder:

„Ich bin nicht mehr im Dienst – jetzt kannst Du es mir ja sagen, was Du jeden Tag geschmuggelt hast!“

Der Skifahrer: „Ski“…

Jupp Suttner

Das alte Zolllhaus an der Grenze Ischgl/Samnaun

 

Infos über die Orte: www.ischgl.com , www.samnaun-engadin.ch

Infos über die Schmugglerrunde: https://www.ischgl.com/de/active/ski-winter/schmugglerrunde

Infos über das Hotel: www.madlein.com  

Infos über die Regionen: www.paznaun-ischgl.com , www.tirol.at , www.graubuenden.ch/de

Infos über die Länder: www.austria.info , www.MySwitzerland.com

 

 

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Hinweis: Dieser Beitrag wird regelmäßig von Mitgliedern der Reise-Stories Redaktion wie Heiner Sieger, Gerhard Fuhrmann und Jupp Suttner auf Richtigkeit und Vollständigkeit geprüft. Falls Sie Anmerkungen zu diesem Beitrag haben, kontaktieren Sie bitte direkt hier die Redaktion.

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