von Udo Haafke
Niedersachsen positioniert sich mit gesundem Tourismus am Meer
Das Baumhaus, der Traum vom Abenteuer aus der Kinderzeit, in Bad Zwischenahn ist er Wirklichkeit. Nicht ganz wie in jugendlicher Fantasie, also hoch oben in schwankender Baumkrone und nur über ein Seil erklimmbar, sondern schon etwas gediegener. Der Aufstieg erfolgt mittels Stahltreppe auf die Veranda. Im Innern erfreuen alle Annehmlichkeiten eines Ferienhauses: Perfekt ausgestattete Wohnküche, Fußbodenheizung im gefliesten Bad im Marmorlook und Platz für vier Personen. Lediglich auf moderne Kommunikationsmittel muss der Gast verzichten. Fernseher, Radio, Internet – Fehlanzeige. „Aber wenn Sie die Vorhänge aufziehen, blicken Sie hinaus in die Natur, in den Wald, zwischen die Bäume, unverstellt und unverfälscht.“ erklärt Insa Otteken das Konzept ihrer vier Unterkünfte in luftiger Höhe. „Das ist Wellness auf natürliche Art, hier findet man Ruhe und zu sich selbst.“
Unbehandeltes Lärchenholz beherrscht den 40 qm großen Innenraum. Der Geruch des Holzes allein schon wirkt Wunder, ergänzt die Magie des sanft wogenden Blattwerks ringsum. Die Ruhe überträgt sich unmittelbar auf Geist und Gast, während Reh und Hase genussvoll im Grün darunter dinieren. Wer nun meint, das Bauwerk auf Stelzen schwankt und wackelt permanent, liegt falsch. Selbst schwere Stürme über dem Ammerland bleiben unbemerkt. Im Übernachtungspreis eingeschlossen ist das Frühstück mit selbstgemachtem Backwerk – vom ofenfrischen Quarkbrötchen bis zum Schwarzbrot. Serviert vom Vermieter in luftiger Stube kann der Tag kaum besser beginnen.
Zwischenahner Meer nennen die Bad Zwischenahner die riesige Seefläche, die sich von der Ortsmitte gen Norden erstreckt. So verspricht die moderne Kurklinik im Stile eines römischen Bades denn auch vollmundig »Wellness am Meer«. Unterschiedlichste Anwendungen können gebucht werden. Im Raum der Schönheit steht eine freistehende kupferne Badewanne, bereit für ein Bad in Eselsmilch oder etwas Ähnlichem, eventuell leichter Verfügbaren. Die Thailänderin Thyppowan massiert gekonnt mit kräftigem Schwung die verspannte Rückenmuskulatur und erzählt von der typischsten Anwendung Bad Zwischenahns, dem Moorbad: „Das Moor liegt nicht weit von hier. Dort abgebaut, nutzen wir es für unser Rasul-Bad.“ Beim E-Bike Ausflug ins Moorgebiet, das die letzte bekannte Moorleiche erst vor zehn Jahren sah, als Corpus Delicti eines hier abgedrehten Tatorts, lässt sich die düstere, aus Detektivgeschichten bekannte Mystik nur erahnen.
„Man sollte große Füße haben, dann kann nichts passieren“, erklärt augenzwinkernd Ulli Lührs, Zwischenahner Urgestein des Moores, als seine Gruppe ihm zögerlich auf die dunkle Fläche folgt. Er demonstriert mit unterschiedlichen Spaten das traditionelle Moorstechen. Ist das ziegelförmige Stück Torf im Trockenen, wird es in kleinen Ringen zum Lüften auf- und später dann nochmals umgeschichtet. Dabei entstehen kleine Türmchen, die wie Bienenstöcke aussehen. „Das Material für die Moorbäder wird eher rustikal abgebaut und für die jeweiligen Anwendungen aufbereitet. Verbrauchte Moorbäder lagern wir wieder an, das kann dann so in 10 bis 20 Jahren erneut für Moorpackungen verwendet werden.“
Was dem Zwischenahner sein Moor am Meer, ist dem Sieler sein Schlick am Watt – so klingt Wellness auf plattdeutsche Art. Der Sieler, das ist der Einwohner des ostfriesischen Neuharlingersiel, dem 1000 Seelen-Dorf direkt hinter dem Deich. Ursprünglich nur Hafen für Krabbenfischer und Fähren nach Spiekeroog, entwickelte sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein zaghafter Tourismus. Das besondere Klima am Wattenmeer mit der salzhaltigen Luft eignete sich aus medizinischer Sicht für gute Behandlungserfolge bei Lungenkrankheiten und so entstand die erste Kurklinik. Doch der Sieler Naturschlick im Badewerk, das neue Heilbad und Kurzentrum, kommt freilich nicht aus dem Watt, denn das steht unter Schutz als UNESCO Weltnaturerbe.
Das schlammige Material voller vitaler Mineralien und Inhaltsstoffe wird weiter südlich abgebaut. Frisch auf dem Körper verteilt, dringt es unter Wärme in die geöffneten Hautporen ein. Und entschlickt unser größtes Organ. Der Raum für diese Anwendung nach Razulprinzip ist der Schlick-Dampfer. Treffende maritime Begriffe prägen die weiteren Wellnessbereiche der hochmodernen Anlage, die als erste in Niedersachsen mit fünf Wellness-Sternen ausgezeichnet wurde. So ankert der Sauna-Kutter »Heimat« in der Aussenanlage, die 100 Grad Deichsauna liegt unter einem kleinen, deichartigen Wall. Strandkörbe, Liegen und Hängematten dienen der Erholung. Doch selbst die Wanderung über das Watt kann zu einem echten Entspannungserlebnis werden, wenn Wanderführer Bernd Koopmann im Rahmen des Ausflugs zu Meditationsübungen in Gummistiefeln, aber mit geschlossenen Augen und der Nase im salzhaltigen Wind bittet. Dies kann eigentlich nur Starkregen verhindern, der im Sieler Mikroklima, einem ostfriesischen Phänomen, mitunter vorkommen soll.
Allgemeine Informationen: www.reiseland-niedersachsen.de
Information Bad Zwischenahn: www.bad-zwischenahn-touristik.de
Information Neuharlingersiel: www.neuharlingersiel.de
Anreise:
Ins Ammerland und nach Ostfriesland gelangt man mit dem PKW von Süden über die Autobahnen A1 und A29 Richtung Oldenburg und Wilhelmshaven bzw. A28 Richtung Emden oder alternativ aus dem westlichen Ruhrgebiet über die A31. Fernzüge der Bahn bis Emden oder Bremen, hier umsteigen in Regionalzüge nach Wilhelmshaven, Esens oder Norden. Bad Zwischenahn besitzt einen eigenen Bahnhof.
Unterkunft:
Das Baumhaus-Resort Baumgeflüster von Bad Zwischenahn liegt etwas östlich des Stadtzentrums und etwa 3 km vom Zwischenahner Meer entfernt inmitten der Ammerländer Parklandschaft www.baumgefluester.de.
In Neuharlingersiel empfiehlt sich das direkt am Hafen gelegene traditionsreiche, fast 200 Jahre alte Hotel Mingers mit Blick auf Krabbenkutter, Hafenbecken und Deich hghanl.com/mingers-hotel/index.php.
Essen und Trinken:
Die Spieker Gaststätte Ammerländer Bauernhaus befindet sich innerhalb des Zwischenahner Freilichtmuseums und bietet durch kleine bunte Bleiglasfenster Ausblicke aufs Meer. Die Speisekarte ist geprägt von lokalen Spezialitäten rund um den Smoortaal, der direkt aus dem Zwischenahner Meer kommt. Die Atmosphäre ist ausgesprochen zünftig und freundlich rustikal www.spieker-gaststaette.de.
Traditionell geprägt ist auch das beinahe täglich wechselnde Menü im Restaurant Poggenstool von Neuharlingersiel, das sich nach dem aktuellen Fang der Fischer richtet. Die Krabben werden noch von Hand gepult, hervorragend aber auch die Seezunge www.poggenstool.com.
Teezeremonien lassen sich am Besten und sehr stilvoll im alten Sielhof, einem ehemaligen Herrenhaus aus dem 18. Jahrhundert, genießen. Das Gebäude wurde aufwändig restauriert und verfügt über zauberhafte Salons und Räumlichkeiten für jegliche Festivitäten.
Im Café gibt es eine durchgehend Fliesenwand von 1756 mit biblischen Motiven www.sielhof-neuharlingersiel.de.
Wellness:
Direkt am Zwischenahner Meer befindet sich die Therme Wellness am Meer, die mit vier Wellness-Sternen ausgezeichnet ist. Zu den umfangreichen Angeboten der an ein römisches Bad erinnernden Anlage gehören ein Wellenbad, ein Soleaußenbecken, diverse Saunabereich und unterschiedlichste Massagen, Therapien und Anwendungen www.wellness-am-meer.de.
Das Badewerk Neuharlingersiel liegt unmittelbar hinter dem Deich und bekam Ende 2011 als erste Wellness-Einrichtung Niedersachsen das Qualitätssiegel von fünf Medical Wellness Sternen. Das Credo im Badewerk richtet sich ganz aus auf ein entspanntes Wohlfühlerlebnis. Hierzu tragen die unterschiedlichen Saunen, die teilweise im Außenbereich liegen, das Meerwasserschwimmbad und die diversen Thalasso-Anwendungen bei www.badewerk.de.