Es regnet fast nie beim Bergdoktor

Seit 2007 präsentiert sich die Region Wilder Kaiser postkartenschön und sonnig im Fernsehen und umrahmt den Bergdoktor, ein Format das locker 7 Millionen vor den Fernseher lockt! Gerade lief das Winterspecial, nun kommt die 11. Staffel!

Bild oben: Der Dorfplatz von Goling ist winzig

Dicke Schneeflocken fallen am Kirchplatz von Going. Eine romantische Puppenstube ist er, winzig eigentlich! Im Film ist er vom Weitwinkel aufgeblasen. Was im Film die Bäckerei ist, ist im wirklichen Leben eine Pension. Die filmische Sonnenapotheke ist eigentlich ein Pfarrhaus. Das Gemeindeamt ist wirklich Gemeindeamt, bloß residiert da nicht auch noch die Polizei. Fies verwirrend für den Fan ist es, wenn er das Grab von Anton Distelmeier sucht. Das wird als Filmgrab aufgebaut, aber außerhalb der Dreharbeiten ruht da kein Distelmeier!  Und Susannes Gasthof „Wilder Kaiser“ ist eben auch kein Gasthof, sondern das Heim von Johann Gschwendtner, der es inzwischen mit Fassung trägt, das dauernd jemand ein Bier bestellen will. Es sind nun mal Privaträume, denn die Innenaufnahmen dreht die Crew im Föhrenhof in Ellmau.

Auf der Terrasse frühstückt die Filmfamilie

Realität und Film verschwimmen allüberall, eine Tennishalle wird dann eben auch zum Krankenhaus und dem Reich von Dr. Kahnweiler! Und weil es so viele Innenlocations gibt, kann die Crew bei schlechtem Wetter drinnen drehen – drum regnet es fast nie beim Bergdoktor! Innen meint auch und vor allem den Gruberhof:  Süß die kleine Lilli – so ein netter Fratz. Umrahmt wird sie von ihren Eltern. Das Bild hängt im Gang des Gruberhofs. Zusammen mit anderen Familienbildern, hat die Filmcrew sie da hingehängt. Es sind die Bilder einer Filmfamilie! An den Bildern vorbei geht aber gerade die ganz reale Margit Ferdigg und hinter ihr ehrfürchtige Menschen. Margit führt Besucher gerade zur Frühstücksterrasse – wo übrigens die Frühstücksszenen immer abends gedreht werden, weil dann die Sonne richtig steht! Andächtig wie bei einer Kirchenführung steigen die Besucher die steile alte Holztreppe hoch, und da ist er dann, der Ort der Sehnsucht: Das (winzige) Zimmer des Bergdoktors. „Einmal auf dem Bett des Bergdoktors sitzen!“, flüstert eine Dame. Nun ja, sie sitzt auf einer grünen Plastikplane, außerhalb der Drehtage sind viele Objekte abgedeckt – und ist doch völlig verzückt. In der urigen Küche sind die Nudeln von 2007. „Es darf nichts verändert werden, wegen der Zwischenschnitte und Kameraschwenks“, erklärt Margit. Und enthüllt noch ein Geheimnis: Die Szenen, die Annes Schlafzimmer im Distelmeierhof darstellen, die werden auf dem Dachboden oben im Gruberhof hoch über Söll gedreht….

Volle Tribünen beim Fantag

Als das Heer der Bergdoktor Pilger immer mehr wurde, beschloss die Familie den Ansturm zu kanalisieren. Nun gibt es feste Besuchszeiten auf einem Hof, der seit 1974 der Familie Mayr gehört. Aloisia Mayr, das Familienoberhaupt, hat zwei Töchter. Margit und Ehemann Robert sowie deren Schwester Andrea und Ehemann Joseph kümmern sich um das Anwesen, das von ihnen allen aber nicht bewohnt wird. Sie sind nur oft heroben – und genießen bis heute den Weitblick. Joseph ist der einzige Landwirt in der Familie, der auf der anderen Bergseite noch einen Hof hat. Er bewirtschaftet den „Gruberhof“, der eigentlich offiziell Köpfinghof heißt. Die Mutterkuhhaltung umfasst 15 Grauviecher und deren Nachzucht – Touristen Kommentare inklusive. „Kürzlich hör ich wie Kinder ihren Vater fragen, was das für Tiere seien. Der Vater wusste das natürlich: Esel, die sind ja grau“, grinst Joseph. Er hat am meisten mit der Filmcrew zu tun, wenn er Heu macht, müssen die Dreharbeiten verschoben werden, oder aber der Regisseur baut Heumachen mit in die Folge ein. „Die bräuchten ab und zu mal eine Landwirtschaftsberatung, aber die wollen eben Alpenromantik und die hat mit einer Landwirtschaft, von der man leben will, wenig zu tun.“

Für die medizinische Seite des Bergdoktors gibt es sehr wohl ein Beratungsteam, und in der Praxis des Bergdoktors gehen die medizinischen Geräte alle! Draußen hängt das Schild von Dr. Roman Melchinger – weil das von Dr. Martin Gruber immer geklaut wurde! Allerdings ordiniert auch Dr. Melchinger hier nicht, sondern gar keiner! Der Hof Hinterschnabl stammt von 1694, sollte abgerissen werden, als er der Filmcrew auffiel. Dem Weitwinkel sei aller Dank, im TV scheint der Hof allein zu liegen und einen riesigen Vorplatz zu haben.

Genau wie im TV, die Praxis
Hans Sigl, der Bergdoktor

Als sich die Region Wilder Kaiser ab 2007 postkartenschön und sonnig im TV präsentierte, ahnte damals keiner, welcher Hype nun folgen sollte. Der Bergdoktor lief 1992–1997 als recht braves Heimatformat auf SAT 1, die Drehorte lagen am Mieminger Plateau. Die Neue Deutsche Filmgesellschaft wollte ab 2007 fürs ZDF mehr. Heimatfilm reloaded! Eine moderne Familie, medizinische Fälle, die brisant sind und die auch nicht immer gut ausgehen müssen. Mitten in einem alpinen Leben, wo nicht alle Bewohner unentwegt schuhplatten oder in einem Klettergurt hängen. „Die Actionszenen und die spektakulären Hubschrauber Szenen finden sich jetzt eher im Format Bergretter“, erklärt Hans Sigl und lacht. „Naja, man wird ja auch älter. Wenn aber Action, ich brenne echt gern!“ Die Fans lieben ihn in jeder Lebenslage. „Wenn die Leute Martin zu mir sagen oder Herr Bergdoktor oder auch mal Hans und gleich mit mir per Du sind, ist das alles okay, wenn überhaupt eine Begrüßung stattfindet, bevor der Selfiestick gezückt wird“, lächelt er. An den Fantagen macht er dann auch geduldig rund 1000 Selfies! Die Serie wird inzwischen in 12 Ländern ausgestrahlt, in der Slowakei ist sie ein Straßenfeger, und als Hans Sigl einmal zu einem Meet&Greet in ein slowakisches Shoppingcenter fuhr, war das in etwa so, als käme ein Popstar!
Spätestens seit es den Bergdoktor in Spielfilmlänge von 90 Minuten gibt, ist er zur abendfüllenden Unterhaltung gereift, die auch ernst sein kann: Die FSK liegt bei 12 Jahren, es sterben Menschen, das kann für kleine Kinder emotional zu belastend werden. Fans in allen Altersklassen leben jede Folge mit: Beim Sex mit der Ex Anne „sind die Foren explodiert“, lacht Sigl. Beim Fantreffen Ende Mai war die Hauptfrage. „Wann lässt du das endlich mir der Anne sein? Die tut eurer Familie nicht gut!“ Also der Filmfamilie – eigentlich……
Nesthäkchen dieser Familie ist Lilli. Bei einem Telefonat mit der Innsbruckerin ist sie grad in der Autowerkstatt, weil ihr Wagen zickt. Dort ist sie aber Ronja Forcher. „Ja, ich werde öfter als Lilli denn als Ronja angesprochen, aber das ist schon in Ordnung, weil es zeigt, wie lebensecht wir spielen.“ Ronja begann mit 5 Jahren zu schauspielern, stieg 2008 beim Bergdoktor ein. „Ich hatte Spaß, und ich habe erst mit etwa 16 realisiert, dass ich arbeite. Habe das hinterfragt und wusste: Schauspielerin ist mein Beruf! Und der Bergdoktor hat den Begriff Heimat entstaubt“, sagt die, die eben als Ronja Theater spielt und mit „ihren Mädels“ ein engagiertes Frauenensemble hat. Von Starallüren keine Spur. „Auch ich muss für eine Rolle ganz normal vorsprechen, da gibt es keinen Bonus wegen der 7 Millionen Einschaltquote.“

Zwei Ehepaare kümmern sich um den “Gruberhof”

Auch keinen wegen des Playboy-Shootings? Ronja lacht. „Ich habe wirklich ein halbes Jahr intensiv nachgedacht, ob ich der Einladung folgen soll. Und mich dafür entscheiden. Ich will zeigen: Mädels, auch mit unter 1.60 und Kleidergröße 38 kann man sexy sein. Ihr müsst euch nicht zerfleischen. Seid gesund und glücklich.“ Wenn sie das sagt, ist das keine Plattitüde. Es sind Worte einer klaren 21-jährigen. Die Medien überschlugen sich. „Lilli zieht blank“. „Was sagen ihre Väter dazu?“ Aber es war Ronja Forcher, die einen weiteren Schritt ins Erwachsensein getan hat, nicht Lilli Gruber. Aber beim Bergdoktor verschwimmt eben weiterhin der Filmzauber mit der Realität!“

Der Dreh
+ca. 16-17 Tage pro 90-Minüter, 19 Tage fürs Winterspecial
+ca. 240 Tage im Jahr ist in der Region irgendeine Präsenz des Filmteams, Hautdrehzeit Juni-Dez.
+bei den Castings in Kirchberg melden sich rund 1000 Leute, die oft extra Urlaub nehmen, um Komparsen beim Bergdoktor zu sein

Die Orte erleben

WINTERSPORT:
SkiWelt Wilder Kaiser-Brixental: 284 Pistenkilometer mit über 70 Hütten!; 70 km Langlaufloipen, oft mit spektakulärem Blick auf den Wilden Kaiser; 125 km Winterwanderwege

ESSEN UND SCHLAFEN:
Kaiser in Tirol, Scheffau am Wilden Kaiser, angenehmes 4 Sterne Hotel;
www.hotelkaiser.at

Brantlhof, direkt am Dorfplatz in Going;
www.brantlhof.at

Föhrenhof Ellmau, hier werden alle Gasthaus Szenen gedreht;
www.foehrenhof-ellmau.at

Seestüberl, am idyllischen Hintersteinersee wird auch gedreht
www.seestueberl.info

Außerhalb der Drehtage gibts immerhin den Pappkameraden

BERGDOKTOR TERMINE:
im Winter:  jeden Mittwoch und Freitag eine Pferdekutschenfahrt zum Thema „Der Bergdoktor“; immer Donnerstag Filmwanderung mit Filmexperten Peter Moser zu Schauplätzen; alle Highlights unter www.wilderkaiser.info/bergdoktor
Im Sommer: Bergdoktorwochen mit Programm rund um die Serie sowie Meet&Greet mit den Schauspielern; Ellmauer Filmwanderung mit Peter Moser im Juli/Aug/Sept; Pferdekutschfahrt zu Drehorten, nach Vereinbarung 0043 664 5305418; Geführte E-Bike Tour zu Drehorten
Traktorfahrt zum Bergdoktorhaus, immer Di 9.30 oder 13.30;

INFO:

www.wilderkaiser.info/bergdoktor
www.der-bergdoktor-fanclub.de

Der Bergdoktor muss nicht in die Golfclinic

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Hinweis: Dieser Beitrag wird regelmäßig von Mitgliedern der Reise-Stories Redaktion wie Heiner Sieger, Gerhard Fuhrmann und Jupp Suttner auf Richtigkeit und Vollständigkeit geprüft. Falls Sie Anmerkungen zu diesem Beitrag haben, kontaktieren Sie bitte direkt hier die Redaktion.

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