Urlaub im Bayerischen Wald – Erholung pur im größten Waldschutzgebiet Mitteleuropas
Bild oben: Auf dem Großen Arber
Ein Gespräch mit Robert Kürzinger, dem Sprecher der Ferienregion Nationalpark Bayerischer Wald
“Sie können unbesorgt sein, wenn Sie mit dem Auto zu uns kommen. Da passiert nichts. Die meisten schließen ihre Autos nicht mal ab.” Wer so spricht, ist entweder ein äußerst gutgläubiger Mensch oder er hat nicht alle Tassen im Schrank. Doch beides kann man von Christian Burger, Sohn des Journalisten und Schriftstellers Hannes Burger, nicht gerade sagen. Der Besitzer des Hotels “Landhaus zur Ohe” in Schönberg im Bayerischen Wald steht mit beiden Füßen fest auf dem Boden. Auch wenn sich die gesamte Ferienregion in den letzten Jahren erheblich verändert habe, könne jeder im Bayerischen Wald nach wie vor beruhigt und ohne Angst vor bösen Überraschungen seinen Urlaub verbringen, bestätigt Robert Kürzinger. Nicht zuletzt deshalb sei diese Landschaft, wie der Sprecher der Ferienregion Nationalpark Bayerischer Wald ergänzt, im Lauf der letzten Jahre eine der gefragtesten Urlaubsdestination Deutschlands geworden. Im Gespräch mit reise-stories.de erläutert Kürzinger die wesentlichen Gründe dieser Entwicklung und warum es sich lohnt, besonders diese Region im Bayerischen Wald als Urlaubsziel auszuwählen
Herr Kürzinger, was ist der Bayerische Wald?
Der Bayerische Wald ist ein etwa 100 km langes und bis 1456 m hohes Mittelgebirge an der Grenze
zwischen Bayern und Tschechien. Der größte Bereich liegt im Regierungsbezirk Niederbayern. Der Nordteil gehört zur Oberpfalz, im Süden reicht der Bayerwald bis zur Grenze Oberösterreichs.
Ein Teil ist Nationalpark.
Richtig. Zwischen dem Großen Falkenstein, dem Rachel und dem Lusen, drei markanten Gipfeln, erstrecken sich die Wälder zusammen mit dem benachbarten, tschechischen Nationalpark Šumava zum größte Waldschutzgebiet Mitteleuropas. Dort darf die Natur Natur sein nach ureigenen Gesetzen. Das “Grüne Dach Europas”, wie der Park auch genannt wird, wurde 1970 mit Unterstützung von Dr. Bernhard Grzimek ins Leben gerufen und ist somit der älteste Nationalpark Deutschlands.
Was heißt Nationalpark. Ist das Gebiet für Besucher tabu? Oder darf man es nur in Begleitung von Wanderführern betreten?
Nein, ganz so streng ist das nicht geregelt. Neben nicht zugänglichen, besonders schützenswerten Gebieten, in denen sich der dichte Bewuchs wirklich so allmählich zu einem Urwald entwickelt, legen wir großen Wert auf Besucher. Deshalb wurden von der Nationalparkverwaltung im Nationalparkgebiet drei Informationszentren eingerichtet.
Wo sind diese Informationszentren und was wird Besuchern dort geboten?
Da ist einmal das Nationalparkzentrum Falkenstein bei Ludwigsthal; dort steht die Entwicklung der Nationalparkwälder hin zur Wildnis im Mittelpunkt. Dann das Nationalparkzentrum Lusen im Süden bei Neuschönau – da möchte ich den Baumwipfelpfad erwähnen. Dieser 1300 Meter lange Steg in acht bis 25 Metern Höhe verspricht einen fantastischen, nahezu grenzenlosen Ausblick und endet ebenerdig am Café Eisenmann. Die dritte Besuchereinrichtung der Nationalparkverwaltung ist das Waldgeschichtliche Museum St. Oswald; es erzählt in spannenden, interaktiven Ausstellungen die Geschichte der Landschaft und der Entwicklung des Waldes seit der letzten Eiszeit.
Noch einmal zurück zu Ihrem Satz “Dort darf die Natur Natur sein”. Diese besonderen Waldschutzgebiete …..
…. werden von Nationalpark-Rangern, ich möchte mal sagen, beschützt. Diese Frauen und Männer in ihren olivgrün/braunen Uniformen passen auf, dass sich die Besucher an die Regeln halten; sie stehen jedoch auch für Fragen zur Verfügung. Jede Woche führen die Ranger die Gäste auf speziellen Wanderungen durch den Wald. Diese Touren sind sehr beliebt.
Und welche Angebote finden Gäste, die in erster Linie an einem Aktivurlaub mit sportlicher Bewegung interessiert sind?
Denen bietet der gesamte Bayerische Wald, ich meine damit nicht nur den Nationalpark,
sondern auch den Naturpark, der seit 1967 besteht und den Nationalpark umschließt, viele Möglichkeiten. Am besten wendet man sich an eine der zehn Touristik-Informationsstellen, die sich über die Region verteilen.
Können Sie uns kurz die wichtigsten Freizeitangebote nennen.
Dazu zählen in erster Linie Wandern und Radfahren. Das Wandernetz allein im Nationalpark umfasst viele hundert Kilometer bestens ausgeschilderter Rund- und Zielwanderwege. Wer wandert, erlebt die Natur bei uns hautnah. Jeder Besucher sollte einmal auf einem der bekannten Berge, dem Großen Falkenstein, dem Rachel oder dem Lusen gewesen sein. Allein schon wegen der fantastischen Aussicht.
Am bekanntesten ist aber doch der Arber…..
….. und eine besonders einladende Wanderregion. Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, den 1456 m hohen
Gipfel zu Fuß zu erreichen. Auch wenn es mit der Seilbahn bequemer ist, empfehle ich jedem Besucher eine Wanderung. Nur so bekommt man ein Gefühl für diese einmalige Naturlandschaft. Die einfachste dauert zweieinhalb Stunden.
Sehr beliebt ist das Radfahren. Wie steht es damit?
Egal ob sportliche Mountainbiker oder Genussradler – wir bieten jedem etwas. Die meisten Strecken sind mit ein wenig Kondition zu schaffen. Wer’s gemütlich will, kann sich vielerorts ein E-Bike ausleihen. Unser Sahnestück ist der Genussrundradweg. Die Tour ist knapp 140 km lang geht durch beide Nationalparks, den auf tschechischer und den auf deutscher Seite. Das sind zwei Parks mit zwei ganz unterschiedlichen Landschaften. Die Strecke ist hervorragend ausgebaut und somit auch für E-Bikes mit Kinderanhänger geeignet
Und für die sportlichen Gäste ….
… hat sich der Bayerische Wald im Lauf der Zeit mehr und mehr zu einem Geheimtipp für Mountainbiker entwickelt. Es gibt spezielle Downhill-Parcours. Zum einen in Spicak, dem tschechischen Spitzberg, sowie dem Geißkopf bei Bischofsmais. Dorthin kommen auch viele internationale Gäste, denn die Parks sind auf extrem hohen Niveau und europaweit bekannt. Und auch bei der Gemeinde Eppenschlag gibt es einen kleineren Parcours.
Und die zur Zeit hoch im Kurs stehenden Sportart mit dem kleinen weißen Ball …
…… dem Golfball, meinen Sie sicherlich. Ja natürlich, auch da sind wir auf der Höhe der Zeit. In der Ferienregion Nationalpark Bayerischer Wald gibt es zwei traumhafte 18-Loch Plätze. Einer befindet sich zwischen Zwiesel und Frauenau der andere in der Gemeinde Sankt Oswald/Riedlhütte. Aber auch im Umkreis gibt es noch einige tolle Plätze: Waldkirchen, Deggendorf, Lam, um nur einige zu nennen.
Viele Besucher verbinden mit dem Bayerischen Wald das Handwerk des Glasmachens, das dort eine sehr lange Tradition hat.
Ja, die Glasmacherkunst ist bei uns seit dem 14. Jahrhundert heimisch. Vor allem
wegen drei reichlich vorhandener Rohstoffe, dem großen Angebot an Holz, der aus Buchenholz gewonnenen Pottasche sowie dem Quarz. Heute gibt es bei uns noch einige namhafte Glashütten, beispielsweise in Zwiesel, Frauenau und Bodenmais. In meisten können die Besucher den Glasbläsern über die Schulter schauen. Übrigens – die Glasmanufaktur von Poschinger feiert in diesem Jahr ihr 450-jähriges Bestehen. Sie kennen sicherlich die rote Glaskugel des Fernsehsenders „Vox“; diese wird in der Glashütte von Poschinger in feinster Handarbeit produziert.
Der Bayerische Wald gehört ja auch zu den tierreichen Revieren. Tiere, die dort lange nicht lebten, sind zurückgekehrt. Wie beispielsweise der Elch.
Ja, in den großen, den natürlichen Lebensräumen der Tiere nachempfundenen Tierfreigehegen des Nationalparks lassen sich selten gewordene Tiere wie Wölfe, Luchs, Braunbären und auch Elche hautnah beobachten. Am besten mit einem Nationalparkführer oder einem Ranger. Da wird diese Wanderung zu einem faszinierenden Erlebnis. Ein ganz besonderes Highlight ist die Wanderung “Nachts im Reich der Tiere” im Nationalparkzentrum Lusen. Diese Führung dauert zwei bis drei Stunden und findet immer dienstags um 19 Uhr statt.
In solchen ausgedehnten Waldgebieten entstehen doch oft auch sagenhafte Geschichten.
Natürlich gibt es die auch bei uns. Am besten Bescheid weiß darüber unsere Heimatforscherin Marita Haller. Sie hat zu diesem Thema einige Bücher geschrieben. Gern führt sie die Urlauber an ganz besondere, spannende Orte, wie zum Beispiel in Zwiesel in den ehemaligen Bierkeller über dem heutigen Friedhof. Bei ihrer Gruselführung erzählt sie über die dämonisch-gespenstischen Sagengestalten der Perchten, Hexen und Dämonen, vor denen die Menschen damals große Angst hatten. Eine wichtige Rolle spielen die Rauhnächte.
Raunächte? Was heißt das?
Man vermutet, dass der Begriff Rauhnacht zurück geht auf das althochdeutsche Wort ruch, was soviel bedeutet wie rau oder haarig und sich auf die haarigen, bösen Geister bezieht, die insbesondere im Mittelalter nicht nur im Bayerischen Wald ihr Unwesen getrieben haben. Sie hausen in dunklen Höhlen zwischen Rachel und Lusen und erwachen zwischen 21. Dezember und 6. Januar, der Jahreszeit mit dem kürzesten Tage und der längsten Nächte, zum Leben. Damals wie heute geht es in der Rauhnacht darum, die bösen Geister des alten Jahres auszutreiben.
Wo können Besucher dieses Geisteraustreiben miterleben?
Zwischen Weihnachten und Heilig-Drei-König in verschiedenen Orten. Die beiden bekanntesten Veranstaltungen in unserer Region sind die Eisensteiner Rauhnacht Ende Dezember und die Koishüttler Lousnacht am 5. Januar in Neuschönau. Dort steigt nachts der Woidhaus Mich, ein sagenumwobener
Waldhirte, vom Lusengipfel herab, um mit Wecklin, Doda-Ma, Durandl und vielen anderen Waldgeistern sein Unwesen im Nationalpark zu treiben.
Wecklin, Doda-Ma und Durandl – das sind wohl alles ganz spezielle Sagengestalten?
In Neuschönau bei der Koishüttler Lousnacht erzählt der Doda-Ma, eine Vogelscheuche, die das ganze Jahr über auf dem Feld steht, von vielen unheimlichen Begebenheiten. Über 50 Akteure lassen in der Rauhnacht die Sagengestalten der Region aufleben. Nicht nur das wilde Treiben mit lauter Trommelmusik ist ein Erlebnis. Sehenswert sind auch die wertvollen, handgeschnitzten Masken, mit denen die Darsteller die einzelnen Sagengestalten verkörpern.
Und danach wird wahrscheinlich gefeiert ?
Ganz genau. Jeder, der die Koishüttler Lousnacht schon einmal erlebt hat, der weiß, wie angenehm es anschließend ist, in einem gemütlichen Lokal mit Rauhnudeln und Glühwein zu feiern. Die Rauhnacht ist für viele unserer Gäste zu einem festen Termin geworden. Aber nicht nur deshalb kommen die Besucher zu uns.
Ja, das ist erstaunlich. Vor noch gar nicht so langer Zeit, es mögen vielleicht zehn Jahre sein, galt der Bayerische Wald nicht gerade als besonders attraktives Ferienziel.
Das hat sich sehr geändert. Das hängt vor allem mit dem verbesserten Angebot zusammen. Die Hoteliers und die Vermieter von Ferienhäusern mussten mit den gestiegenen Ansprüchen unserer Gäste Schritt halten. Viele Häuser richten ihr Angebot mittlerweile gezielt aus. Beispielsweise auf Familien. Ein Beispiel ist das eingangs erwähnte Hotel “Landhaus zur Ohe” in Schönberg. Auf dem Ferienwohnungssektor gilt im übrigen das Gleiche.
Das ist sicher mit ein Grund, wieso die Buchungszahlen immer weiter in die Höhe geklettert sind. Können Sie uns dazu etwas sagen.
Wir haben allein in der Nationalparkregion jährlich rund 1,2 Millionen Gästeübernachtungen. Davon die meisten aus Deutschland. Aber auch international wird der Bayerische Wald immer beliebter.
Wie wir gehört haben, hat es der Bayerische Wald auch vielen Prominenten angetan. Beispielweise Cleo Kretschmer. Die Schauspielerin ist gern in der Natur. “Es ist so schön hier,” meinte sie, “wie ein kleines Kanada.”
Ja, das stimmt. Die Natur und die damit verbundene Ruhe ist für viele Prominente, die in der Öffentlichkeit stehen, ein wesentlicher Faktor. Bei uns können sie abschalten und brauchen nicht zu befürchten, ständig – ich möchte das mal so sagen – Autogramme geben zu müssen.
Sie sprechen von Natur und Ruhe. Stört da nicht das Auto? Die meisten Urlauber kommen vermutlich nach wie vor mit dem Auto, obwohl der Bayerische Wald mittlerweile auch mit anderen Verkehrsmitteln sehr gut erreichbar ist.
Nach wie vor kommen mehr als 90 Prozent unserer Gäste mit dem Auto. Wir bemühen uns, dies zu ändern. Die Verkehrsanbindungen mit der Bahn sind sehr gut. Vom ICE-Bahnhof Plattling kommt man im Stundentakt in die Region. Vor Ort bekommen dann alle Urlaubsgäste für die Dauer ihres Aufenthalts die Nationalpark Card mit dem Gästeservice-Umwelt-Ticket. Mit diesem kurz GUTi genannten Ticket können sie unsere beiden wichtigen Transportsysteme, die Waldbahn und die Igelbusse, die alle wesentlichen Stationen in der Ferienregion ansteuern, kostenfrei benutzen. Wer nur einen Tag bleibt, dem empfehle ich das Bayerwald-Ticket für acht Euro. So kann auch das Auto einmal Urlaub machen.