Winter auf Mallorca

Wenn die Menschenmassen fehlen, wirkt Mallorca sehr entspannend. Und besonders attraktiv, wenn einheimische Guides Natur und Geschichte erläutern.
Von Armin Herb

IMG_2165.JPGAn der Bucht von Alcudia herrscht Ruhe. Manchen Gästen aus dem Norden ist es schon fast zu ruhig. Nur wenige Hotels und Restaurants haben geöffnet, die anderen halten Winterschlaf von November bis Ostern. Selbst die sonst allgegenwärtigen Rennradler in ihren quietschbunten Trikots lassen sich an einer Hand abzählen. „Ich liebe hier den Winter. Der Wind bläst den ganzen Mief der Massen und der langen Saison aus den Straßen,“ erzählt uns Gabriela aus München, die seit sechs Jahren auf der Insel lebt und arbeitet. „Beim Spaziergang am Meer wandle ich meist alleine – weit und breit keine Seele. Und auf dem Wochenmarkt in Alcudia gehören die Gassen wieder den Einheimischen und den Händlern.“ Aber Winter bedeutet keineswegs Langeweile, nur ab und zu kräftigen Regen und manchmal Schnee oben in der Tramuntana.

IMG_2021.JPGMasio Vincenc, während der Saison Wander- und Aktivguide, nutzt die ruhige Zeit, um sich neue Touren und Späße für seine Gäste zu überlegen. Kein Problem für den Mallorquiner. Als ehemaliger Förster kennt er die Insel wie seine Westentasche. Ende Januar ist für Masio die Winterpause schon wieder zu Ende. Wenn die Mandeln blühen, blüht auch er auf. Und wie. Er hat sich für uns ein Aktivprogramm aus Wandern, Radfahren und Schatzsuche ausgedacht. Ja, Schatzsuche! Und zwar kein nüchtern-modernes Geocaching mit GPS-Daten und Navigationsgerät, sondern nostalgisch mit selbst erstellten Karten und verschlüsselten Botschaften an geheimen Orten. Irgendwie weckt das freudige Erinnerungen an Schnitzeljagd und Piratenfilme. Los geht’s an der Strandpromenade von Ca’n Picafort. Laut Schatzkarte Nummer eins sind das erste Ziel die römischen Ausgrabungen vor der trutzigen Stadtmauer von Alcudia. Doch wie soll man hinkommen zu den Ruinas de Pollentia? Kein Problem, Taxis fahren auch im Winter. Unser Ein-Mann-drei-Frauen-Team kommt gut voran. Hinter einem antiken Mauerstein schimmert die bunte Schrift- und Kartenrolle mit den weiteren Anweisungen. Die nächste Station liegt im Ort Mal Pas an der schönen Bucht von Pollentia. Zu Fuß wäre das eine ganze Ecke, aber aus der neuen Kartenbotschaft geht hervor, dass vor der nahen Kirche Parroquial Sant Jaume Fahrräder für uns abgestellt sind. So ist es auch. Mit der Karte am Lenker rollen wir am Ortsrand von Alcudia Richtung Meer, durch Olivengärten und gepflegte Villenviertel. Dann wird’s holprig und steinig. Der schmale Uferweg erlaubt oft nur Schieben, vor allem, wenn noch eine Schulklasse auf Exkursion entgegen kommt. Dafür finden wir beim ehemaligen Steinbruch für die Stadtmauer unsere Erfrischungen. Mineralwasser und Orangen wurden liebevoll am Wegesrand drappiert, wie ein kleiner Erntedank-Altar. Für die Schatzsucher ist an alles gedacht. Beim Castell de Manresa müssen wir in einen alten Bunker steigen, um ein grünes Kästlein mit neuer Karte zu finden. So eine Schatzsuche kann sich über mehrere Tage hinziehen, ganz wie es die Gäste wünschen. Zwischendurch taucht wie aus heiterem Himmel immer mal wieder Masio auf, erklärt seltene Kräuter am Wegesrand oder das Liebesleben der heimischen Schnecken. Oder er tischt direkt am Meer ein mallorquinisches Picknick auf: Mit Brot, Ziegenkäse, der knuffeligen Paprikawurst Sobrasada sowie den Zutaten Olivenöl, Tomaten, Knoblauch und Salz für „Pa amb Oli“, den Lieblingssnack der Insulaner – eine Art würziges Tomatenbrot. Natürlich darf auch ein Schluck Wein nicht fehlen.
IMG_2140.JPGApropos Wein. Mallorcas Winzer keltern mittlerweile edle Tropfen, die auch international einen guten Ruf haben. Masio zeigt uns in einer Schatzsuchpause das alte Weingut Son Ramon bei Muro. Bis ins 17. Jahrhundert reicht dessen Geschichte zurück. Leider werden die vollmundigen Weißen und Roten fast ausschließlich in den Grupotel-Hotels ausgeschenkt. Kein Wunder, denn die Weingärten gehören der alteingesessenen Hoteliersfamilie.

IMG_2212.JPGDie Fortsetzung der Schatzsuche führt uns in die Unterwelt, genauer gesagt in die vom Meer ausgespülten Höhlen auf der Halbinsel Alcudia. Zuerst über Treppen, dann kraxelnd mit Händen und Füßen geht’s in die Tiefe. Mit Erfolg. In einer Flaschenpost befinden sich unsere finalen Tipps für den Schatz. Ganz in der Nähe bei S’Illot muss das Ziel sein, in einer anderen Höhle. Tatsächlich. Aus der Tiefe ein Freudenschrei. Oder hörte da man auch etwas Schrecken in der Stimme unserer selbst ernannten Schatzchefin?! Mit Piratenfahne, Totenkopf und Schatztruhe krabbelt sie aus der Meereshöhle. Zur Belohnung wandert Masio mit uns noch durch einen versteckten Canyon, der sich von der Ermita de la Victoria, eine alte Eremitage, die heute ein Landhotel beherbergt, hinunter ans Meer schlängelt.

Mallorca wird auch ohne Badewetter wirklich keineswegs langweilig. Am Tag darauf stehen noch die 3500 Jahren alten Grabhöhlen an der Cala Sant Vincenc auf dem Programm. Und ausgerüstet mit Stirnlampen arbeiten wir uns zudem durch ein benachbartes Höhlensystem. Dort treffen wir sogar auf echte Höhlenforscher, die recht verdutzt schauen, als sie uns im Lichtkegel ihrer Lampen erkennen.

IMG_2164.JPGProblemlos könnten wir uns noch tagelang ohne Wiederholungen durch die Botanik Mallorcas schlagen. Masios Programm reicht für mehrere Wochen. Aber zum Schluss gönnt er uns eine kleine entspannende Jachtkreuzfahrt ums Cap Formentor inklusive Lunch in einer stillen Bucht. Auch das Meer hat im Winter seinen Reiz. Nur einen Sprung in die Wellen sollte man sich verkneifen.

INFO:
Mallorcas Natur aktiv erleben im Winter beim Radfahren, Mandelblüten-Wandern, Schatzsuchen, Malen etc. mit Ute und Masio von Grupotel Natur
www.grupotelnatur.com

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Hinweis: Dieser Beitrag wird regelmäßig von Mitgliedern der Reise-Stories Redaktion wie Heiner Sieger, Gerhard Fuhrmann und Jupp Suttner auf Richtigkeit und Vollständigkeit geprüft. Falls Sie Anmerkungen zu diesem Beitrag haben, kontaktieren Sie bitte direkt hier die Redaktion.

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