Weinbauern mit “Oskar”

Toni und Hannes Rottensteiner bei der Arbeit im Weinkeller; Foto: Axel Filz
Toni und Hannes Rottensteiner bei der Arbeit im Weinkeller; Foto: Alex Filz

Toni Rottensteiner hat in seinem langen Leben als Weinbauer schon viel erlebt. Doch die diesjährige Lese hat ihn doch belehrt, dass es auch in einem langen Winzerleben immer wieder Neues gibt: “Die Vernatsch-Ernte war noch nie so schön und sauber wie heuer”, schwärmt er. “Die Trauben sind gut und schön gewachsen.”

Jetzt haben er und sein Sohn Hannes von der Bozner Weinkellerei Rottensteiner ein Luxusproblem. Auch alle anderen Rebsorten sind in diesem Jahr so üppig gediehen. “Da werden wir ordentlich Gas geben müssen beim Verkauf”, scherzt Judith Oberhuber-Rottensteiner, die Frau von Hannes und verantwortlich für das Marketing der Kellerei.

Shooting Star “Cresta”

Das kleine Weingut am Ortsausgang von Bozen Richtung Sarntal dürfte damit keine Probleme haben. Denn die Rottensteiners produzieren nicht nur von je her ehrliche Südtiroler Weine, die auch über die Landesgrenzen hinaus ihre Freunde und Kenner haben. Sondern mit Ihrem Passito Cresta wurden sie in diesem Jahr beim italienischen Wein-Wettbewerb “Douja d’Or” mit dem „Wein-Oskar“ ausgezeichnet. Der Gewürttraminer ist damit der “Shooting Star” unter den 26 Weinen, die in der Toni und Hannes Rottensteiner aktuell abfüllen.

Obwohl der “Cresta” erst 1999 zum ersten Mal produziert wurde, hat er auf Anhieb von sich reden gemacht, was auch weitere Preise und Auszeichnungen auf nationalen und internationalen Verkostungen belegen. Die Trauben für den „Cresta“ werden auf dem Kristplonerhof in Guntschna angebaut. Der Name des Weins soll an die ehemalige Bezeichnung dieser Gegend „cresta piana“ erinnern, aus der sich im Laufe der Jahrhunderte der Name „Kristploner“ entwickelt hat. Nur die besten und gesundesten Trauben des Weinbergs können für diesen Wein genommen werden. Diese werden im Herbst geerntet und fünf Monate lang getrocknet. Erst dann werden sie gepresst und der Saft mit eigens dafür selektionierten Hefen vergoren. Das Ergebnis ist ein süßer, goldgelber Wein, mit Noten nach Orangenschalen, nach Honig und getrockneten Früchten, der herrlich zu Süßspeisen und Blauschimmelkäse passt.

Weinanbau in der dritten Generation

Weinbauern von Format: Toni (li.) und_Hannes Rottensteiner
Weinbauern von Format: Toni (li.) und_Hannes Rottensteiner

Die Familie Rottensteiner ist eine der ältesten Familien Südtirols und schon seit vielen Generationen mit dem Weinbau verbunden. Davon zeugt der Familiennamen selbst, der von den rot gefärbten Felsen der Berge rund um Bozen kommt, dem Porphyr. Die nähere Geschichte der Weinkellerei Rottensteiner begann zwischen den beiden Weltkriegen, als Hans Rottensteiner, Sohn des Obermoser-Bauers in St. Magdalena, die Gogischer-Tochter Magdalena heiratete. Wegen der traditionellen Regeln bei der Hofübergabe, bei der stets der Erstgeborene den Hof der Eltern erhält, waren beide gezwungen, den väterlichen Hof zu verlassen. So erstanden sie den Reiterhof im benachbarten St. Peter und widmeten sich sogleich der Arbeit in den eigenen Weinbergen. Nach dem zweiten Weltkrieg wagte Hans den nächsten großen Schritt und erstand ein Grundstück im nahen Gries, am anderen Ufer der Talfer, und begann mit dem Bau einer Weinkellerei. 1956 wurde dort die heutige Weinkellerei Rottensteiner aus der Taufe gehoben.

Hans überließ seinen Hof dem ältesten Sohn Johann, während er sich zusammen mit seinem zweiten Sohn, Toni Rottensteiner, um die Kellerei kümmerte. Toni, der an der Eidgenössischen Technischen Hochschule zu Wädenswil am Zürcher See Weinbau und Oenologie studiert hatte, widmete sich von Anfang an dem technischen Teil der Weinkellerei, während die Vermarktung erst nach und nach auf ihn überging. Schon bald nach der Gründung des Betriebes trafen die Rottensteiners auf einen Mann, der die Geschicke der jungen Kellerei in den nächsten Jahrzehnten stark beeinflussen sollte: Georg Vogel, ein Importeur von Südtiroler und Trentiner Weinen, der die gesamte Produktion kaufen wollte. Hans und Toni waren vorsichtig genug, sich nicht völlig vom heimischen Markt zurückzuziehen, trotzdem wurde die Schweiz fortan der wichtigste Markt für den Rottensteiner-Wein. Die Nachfrage war groß, der Gewinn ob des starken Franken ebenfalls, und so begann man bald mit dem Ausbau der Kellerei und dem Zukauf von Trauben von den Bauern aus der näheren und weiteren Umgebung.

Das Weingut Rottensteiner liegt idyllisch mitten in Bozens Weinbergen, Foto: Alex Filz
Das Weingut Rottensteiner liegt idyllisch mitten in Bozens Weinbergen, Foto: Alex Filz

Nach und nach entwickelte sich die Kellerei Rottensteiner zu einem wichtigen Betrieb in der Südtiroler Weinwelt. Der Hofmannhof wurde gekauft, der nur 200 m von der Kellerei entfernt liegt, und der jetziger Wohnsitz von Toni und seiner Familie ist, sowie einige Grundstücke in und um Bozen. 1967 heiratete Toni Rosa Pichler vom Kristplonerhof im Bozener Stadtteil Guntschna, der somit auch in den Familienbesitz floss. Anfang der 80er Jahre – Hans hatte inzwischen die gesamte Betriebsführung seinem Sohn übergeben – legte Toni Rottensteiner dann das Hauptgewicht der Kellerei zusehends auf die Produktion von qualitativ hochwertigen Flaschenweinen, vor allem St. Magdalener, aber auch Lagrein, Weißburgunder und die meisten anderen gängigen Südtiroler Sorten.

Auch damit hatte er Erfolg und erreichte die stattliche Zahl von 400.000 Flaschen, die er nicht nur in Südtirol, sondern in ganz Italien, Deutschland, Österreich und – natürlich auch – in der Schweiz absetzte. Nach seinem Tod im Jahr 2001, ging die Kellerei in die dritte Generation über: Hannes, Tonis und Rosas Sohn, trat nach seinem Studium in Oenologie und Weinbau in den Betrieb ein. Mit seinem Vater verbindet ihn ein gemeinsames Motto, dass die Familie Rottensteiner bislang so erfolgreich gemacht hat: Was seit Generationen weitergegeben wurde und funktioniert hat, soll nicht geändert werden. Eine weise Entscheidung. Dazu gehört auch eine kleine, aber feine Tradition: Die letzte Fuhre aus dem Weinberg wird mit Reben und Blumen hübsch geschmückt.

Die letzte Fuhre vom Kristploner Hof der Winterfamilie Rottensteiner, Foto: Rottensteiner
Die letzte Fuhre vom Kristploner Hof der Winzerfamilie Rottensteiner, Foto: Rottensteiner

Heute bearbeitet die Familie Rottensteiner fast 10 ha eigenes Weingut, während ungefähr 60 Vertragsbauern die Trauben von weiteren 90 ha anliefern. Bis vor einem Jahr geschah das nach alter Tradition „auf Ehre“, das heißt, es gab keine schriftlichen Verträge, es zählte einzig und allein der Handschlag. Jetzt schreibt der italienische Gesetzgeber auch schriftliche Verträge vor.

Natürlich gilt die besondere Aufmerksamkeit den eigenen Weinbergen. Der Vernatsch, eine autochtone Traubensorte aus der mehrere DOC wie Kalterer See, St. Magdalener und Südtiroler Vernatsch gewonnen werden, spielen immer noch eine grundlegende Rolle im Angebot der Rottensteiner. Jedoch auch andere Sorten wie Lagrein, Müller Thurgau oder Gewürztraminer sind starke Weine der Kellerei.

Informationen: Weinkellerei Hans Rottensteiner, Sarntaler Str. 1 a, I-39100 Bozen, Tel.: (0039 0471) 28 20 15, www.rottensteiner-weine.com.

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Heiner Sieger

Autor Kurzvorstellung:

Ich bin seit 40 Jahren Journalist und schreibe über Themen in den Bereichen Digitalisierung, Wirtschaft, Gesundheit und Reise. Waren es früher berufliche Stationen als Redakteur und Reporter bei Schweizerischer Handelszeitung, Capital und Focus oder Wirtschafts-Chef der Abendzeitung, sind es heute Chefredaktionen bei Digital Business Cloud, Digitales Gesundheitswesen und Reise-Stories. Meine Reise-Leidenschaft gehört Südtirol, dem ich auch die Webseite www.schönessüdtirol.de gewidmet habe.

Hinweis: Dieser Beitrag wird regelmäßig von Mitgliedern der Reise-Stories Redaktion wie Heiner Sieger, Gerhard Fuhrmann und Jupp Suttner auf Richtigkeit und Vollständigkeit geprüft. Falls Sie Anmerkungen zu diesem Beitrag haben, kontaktieren Sie bitte direkt hier die Redaktion.

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