Von Krakau nach Solaris

In Polen wird im Jahr 2021 ein runder Geburtstag eines bedeutenden Literaten und Philosophen gefeiert: Stanisław Lem, einer der international bekanntesten polnischen Autoren des 20. Jahrhunderts. Er war wesentlich mehr als nur ein phantasievoller Science-Fiction-Autor: Bücher, die durch Kristallbildschirme ersetzt werden, Quarzplatten als Datenspeicher oder „intelligente“ Roboter – was heute längst Realität ist, beschrieb Stanisław Lem in den 1950er und 60er Jahren als Entwicklungen in fernen Zeiten. Dabei war sein Lebensthema nur vordergründig „Science Fiction“. Der Schriftsteller, dessen Geburtstag sich am 12. September 2021 zum 100. Mal jährt, interessierte sich vor allem für philosophische Grundsatzfragen. Mit einer großen Sprachkraft zeichnete er utopische Welten, in denen er die Fehlbarkeit von Mensch, Maschine  und Fortschritt thematisierte.

Stanislaw Lem war ein Tierfreund.

Geboren im heute ukrainischen Lviv (Lemberg), überlebte er als Jude die deutsche Besatzung während des Zweiten Weltkrieges nur dank gefälschter Papiere. Nach 1945 beendete er sein Medizinstudium in Kraków (Krakau), hier begann er auch seine literarische Karriere. Nach der Ausrufung des Kriegszustandes 1981 lebte er in West-Berlin und bis 1988 in Wien. Er starb 2006 in Kraków, wo er auf dem Salwator-Friedhof beigesetzt wurde. Bis heute wurden seine Bücher in 45 Sprachen übersetzt und mehr als 35 Millionen Mal verkauft. Sein wohl bekanntestes Werk ist „Solaris“, die Geschichte von der Unfähigkeit des Menschen mit nicht-menschlichen Intelligenzformen umzugehen. Nach der legendären Verfilmung durch Andrei Tarkowski von 1972 brachte Steven Soderbergh den Stoff 2020 erneut auf die Leinwand.

In der Bäckerei am Hotel Cracovia holte er sich seine geliebten Süßspeisen.

Zahlreiche Kulturinstitutionen, Verlage und die UNESCO-Literaturstadt Kraków planen anlässlich des runden Geburtstages verschiedene Veranstaltungen sowie Neuauflagen seiner wichtigsten Werke. Rund um Lems Geburtstag werden zentrale Feierlichkeiten stattfinden. Federführend ist das Krakauer Festivalbüro, das bereits seit einigen Jahren das Lem-Literaturfestival organisiert. Heute kann man auf den Spuren des Autors von „Solaris“ seine Heimatstadt Kraków kennenlernen. Dabei entdeckt man einige Orte, die mit dem Leben des Schriftstellers verbunden sind, wie das ehemalige Hotel Cracovia, das zu einer Filiale des Nationalmuseums umgebaut wird.

Szymon Kloska organisiert die Veranstaltungen zum Lem-Jahr in Krakau.

Auch ein Stadtbummel durch das jüdische Stadtviertel Kazimierz und das neue Szeneviertel Podgórze lohnen sich. Hier hat man Gelegenheit, das Museum für zeitgenössische Kunst in der ehemaligen Fabrik von Oskar Schindler zu sehen und findet ganz in der Nähe das berühmte Wandbild „Lems Roboter“.

Stanislaw Lem ist in zwei großen Wandbildern in Krakau verewigt.

Am Rande der Stadt liegt das moderne Luftfahrtmuseum. Statt zu den Sternen zu fliegen, kann man in dem nach Stanisław Lem benannten Wissenschaftspark verschiedene Experimente unternehmen.

Im Luftfahrtmuseum geht es hoch hinaus.

Auch der westliche Stadtteil Zwierzyniec lohnt einen Besuch. Vom künstlich aufgeschütteten Kościusko-Hügel genießt man das Panorama der Stadt. In der Nähe stehen ein ehemaliges Wohnhaus von Lem sowie seine Grabstätte auf dem Salvator-Friedhof.

Sein Grab ist eine Pilgerstätte für Literaturliebhaber/innen.

Der Lem-Spaziergang wird abgerundet durch den Besuch des idyllisch gelegenen Hotels EkoSamotnia. Haus und Park gehörten dem Künstler Roman Husarski, der dort sein Atelier hatte. Auch Lem nutzte die Einsiedelei seines Freundes gelegentlich zum Schreiben.

In der EkoSamotnia-Pension kann man in Ruhe entspannen.

Krakauer Prachtaltar

Ein Muss eines jeden Krakau-Besuches ist die Marienkirche in der Altstadt. Insgesamt fünf Jahre dauerten die aufwendigen Restaurierungsarbeiten am Veit-Stoß-Altar, nun können Besucher das Meisterwerk gotischer Schnitzkunst wieder ganz aus der Nähe erleben. Der berühmte Flügelaltar der Marienkirche gehört zu den wertvollsten Kunstdenkmälern Polens. Geschaffen wurde er Ende des 15. Jahrhunderts vom Nürnberger Meister Veit Stoß.

Der Krakauer Hochaltar ist ein Meisterwerk von Veit Stoß.

Die Arbeiten an dem jahrhundertealten Denkmal waren nötig geworden, da im Bereich der Bekrönung ein Befall mit Holzschädlingen registriert wurde und sich auf dem gesamten Altar starke Verunreinigungen zeigten. Beteiligt waren zahlreiche Kunsthistoriker, Restauratoren sowie Materialwissenschaftler aus Polen und der ganzen Welt. Zunächst wurde das Kunstwerk mit minimalinvasiven Methoden wie Computertomographie und Lasertechnik bis in den letzten Winkel untersucht. Dann wurde es umfassend gereinigt, von nachträglichen Farbaufträgen befreit, originalgetreu angemalt und mit einem Schutzanstrich versehen. Der fünfteilige Hochaltar stellt Szenen aus dem Leben Mariens dar und ist eine der Hauptattraktionen in Kraków. Veit Stoß schuf das Kunstwerk in den Jahren 1477 bis 1489 wahrscheinlich größtenteils eigenhändig. Im Zweiten Weltkrieg wurde der Altar von den deutschen Besatzern nach Nürnberg verschleppt. Die letzten Sanierungsarbeiten fanden nach seiner Rückkehr von 1946 bis 1950 statt.

Im Hotel Forum las Lem die ausländischen Zeitungen.

Fotomuseum in Krakau

Auch das einstige Zeughaus an der ul. Rakowicka in Krakau wird aufwendig restauriert. Noch in diesem Jahr soll dort der neue Hauptsitz des Muzeum Fotografii, kurz MuFo, eröffnen. Das nordöstlich des historischen Stadtzentrums gelegene Zeughaus wurde entkernt, die alte Bausubstanz konserviert und um einen Pavillon erweitert. Zudem wurde das Dachgeschoss angehoben, so dass nun insgesamt 3.300 Quadratmeter für Ausstellungen, die Museumsbibliothek und ein Café zur Verfügung stehen. Ein Teil der Ausstellungen wurde in die Filiale im ehemaligen Schießstand an der ul. Królowej Jadwigi ausgelagert. Die dortige Hauptausstellung ist dem fotografischen Porträt gewidmet. Auch das Außengelände lädt dort zum Besuch ein. Zahlreiche Skulpturen namhafter polnischer Künstler sind beliebte Fotomotive.

Informationen:

www.krakow.travel

www.polen.travel

www.mufo.krakow.pl

Alle Informationen zum Rahmenprogramm und den Einzelveranstaltungen des Lem-Jahres gibt es unter www.roklema.pl

Übernachtung:

Service und Freundlichkeit werden im Pod Roza groß geschrieben.

Hotel Pod Roza, schickes zentral gelegenes Hotel mit ausgezeichneter Küche, www.podroza.hotel.com.pl

Im Hotel Copernicus gibt es einen stilvollen SPA-Bereich.

Hotel Copernicus, stilvolles Boutique-Hotel am Wawelhügel mit hochwertigem SPA-Bereich, www.copernicus.hotel.com.pl

Anna Husarska führt das geschmackvolle EkoSamotnia.

EkoSamotnia, luxuriöse Öko-Pension in ruhig-romantischer Umgebung, www.ekosamotnia.com

 

Restaurants:

In Krakau gibt es eine ausgezeichnete Restaurant-Kultur.

Szara Ges, kreative Menüfolgen und internationale wie polnische Spezialitäten,

www.szarages.com

ZaKladka Bistro de Cracovie, großartige Burger und Lunch-Menüs im jüdischen Viertel, www.zakladkabistro.pl

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Jörg Berghoff

Autor Kurzvorstellung:

Jörg Berghoff führt als freier Autor und Journalist seit 1998 ein Pressebüro für Tourismus, Kultur und Sport. Als Reisejournalist spezialisiert auf Irland, Großbritannien, Europa und Australien. Studium der Kunstgeschichte und Ethnologie, Winzermeister und Buchhändler.

Hinweis: Dieser Beitrag wird regelmäßig von Mitgliedern der Reise-Stories Redaktion wie Heiner Sieger, Gerhard Fuhrmann und Jupp Suttner auf Richtigkeit und Vollständigkeit geprüft. Falls Sie Anmerkungen zu diesem Beitrag haben, kontaktieren Sie bitte direkt hier die Redaktion.

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