Von Hof zu Hof

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Genuss-Wanderer finden im Eisacktal noch ein kleines Paradies: Bequeme Wanderwege mit imposantem Dolomitenpanorama, sonniges Spätherbst-Wetter, bäuerliche Tradition mit regionaler Küche und obendrein süffigen Wein und kulinarische Schätze aus Kastanien.

Gläser statt Kuhglocken klingen heute im früheren Kuhstall des Villscheider Hofs, Foto: Roter Hahn
Gläser statt Kuhglocken klingen heute im früheren Kuhstall des Villscheider Hofs, Foto: Roter Hahn

Wer vom Kloster Neustift bei Brixen aus in den Eisacktaler Keschtnweg startet oder ein Stück des europäischen Besinnungsweges nach St. Cyrill läuft, der kommt unweigerlich am Villscheider Hof vorbei. Der Hof gilt im Frühjahr und im Herbst als einer der besten Buschenschänken Südtirols. Bauer Florian Hilpold hat den Charakter des jahrhundertealten Bauernhofs von Grund auf geändert, seit er ihn 1997 von seinen Eltern übernahm. Zahlreiche Obstbäume mussten dem Wein weichen. Im Kuhstall bewirtet er heute seine Gäste mit frischem Kerner, Sylvaner und Gewürztraminer aus eigenem Anbau. Im letzten Licht eines samtigen Spätherbsttages steht er gerade mitten in den gelb leuchtenden Reben und erzählt einer Gruppe interessierter Wanderer von seiner Leidenschaft: „Wein macht mir noch mehr Spaß als das Obst. Da kann man viel kreativer ein. Die Äpfel reifen einfach, aber den Wein, den muss man gestalten – von der Rebe bis ins Glas.“

 Das Eisacktal ist die Wiege des Törggelen – mit Knödeln und Krapfen bei Villscheider Hof

Dank Florians Fleiß und Können ist der idyllisch auf einer Anhöhe oberhalb des Südtiroler Städtchens Brixen gelegene Villscheiderhof inzwischen über die Region hinaus für seine exzellenten Weine bekannt. Die steilen, nach Süden und Osten ausgerichteten Weingärten bieten ideale Voraussetzungen für frische, fruchtige und elegante Weißweine. Die sind jetzt gerade im eigenen Schankbetrieb besonders gefragt. Denn der Herbst ist Hochsaison in den „Buschenschänken“, wie bäuerliche Gastbetriebe wie der Villscheider Hof genannt werden. Beim „Törggelen“ wird im Herbst der junge Wein zusammen mit Südtiroler Spezialitäten wie Hauswürste mit Kraut, Schwarzbrot, Speck, gepökeltem Fleisch, Käse, Gerstensuppe und verschiedenen Knödeln, knusprigen Krapfen und gebratenen Kastanien vom eigenen Hof serviert. Für viele Einheimische und Gäste ist die Zeit zwischen Anfang Oktober und Anfang Dezember das absolute Highlight im Jahr. „Das Eisacktal ist die Wiege des Törggelen“, erzählt der Weinbauer auch mit sichtlichem Stolz.

Ständiger Begleiter auf den Wanderwegen des Eisacktales sind die Geissler Spitzen, Foto: Heiner Sieger, Redaktion München
Ständiger Begleiter auf den Wanderwegen des Eisacktales sind die Geissler Spitzen, Foto: Heiner Sieger, Redaktion München

Wer gerne wandert und genießt, findet hier zwischen Brixen und Bozen noch ein kleines Paradies: Angenehme Temperaturen von Anfang März bis in den Spätherbst, bequeme Wanderwege mit imposantem Dolomitenpanorama und zahlreiche ursprünglich gebliebene Bauernschänken, in denen authentische Gastgeber ihre selbst produzierten und hervorragende Produkte zu verträglichen Preisen anbieten. Namensgeber der Region ist die Eisack, Südtirols zweitlängster Fluss. Als eines der Haupttäler auf der sonnigen Alpensüdseite gilt es auch als Tal der Täler. Denn gleich mehrere reizende Seitentäler wie das ursprüngliche Pfunderer Tal mit seiner Almenregion Gitschberg-Jochtal, das zum Würzjoch führende Lüsener Tal oder das malerische Villnösser Tal nehmen hier ihren Ausgang.

Mehr als 20 bäuerliche Gasthöfe laden zur Rast

Allein auf dem wohl bekanntesten Wanderweg der Region, dem „Keschtnweg“, der von Kloster Neustift bei Brixen bis nach Schloss Runkelstein bei Bozen führt, liegen insgesamt mehr als 20 solch ursprünglicher Bauern- und Gasthöfe wie der Villscheider. Bei Tageswanderungen von Hof zu Hof lassen sich Landschaft, Einheimische und die kulinarischen Südtiroler Genüsse am besten erleben. Die Höfe haben zudem einiges zu bieten: Sie atmen eine meist Jahrhunderte alte Tradition, sind seit Generationen im Familienbesitz und mit dem Verkauf regionaler Produkte im Buschenschank sichern sie das Überleben des bäuerlichen Betriebes und pflegen gleichzeitig Landschaft und Tradition.

Im Vitalpina-Hotel Taubers Unterwirt in Feldthurns stehen Küche und Wellness im Zeichen der Kastanie, Foto: Vitalpina
Im Vitalpina-Hotel Taubers Unterwirt in Feldthurns stehen Küche und Wellness im Zeichen der Kastanie, Foto: Vitalpina

Wer einige Etappen der Eisacktaler Wanderwege kennenlernen möchte, quartiert sich beispielsweise bei Taubers Unterwirt in Feldthurns ein. Direkt am Eisacktaler Kastanienweg gelegen, zählt das Hotel zur „Vitalpina“-Gruppe, bei der Wandern sowie gesunde Ernährung und Wellness aus heimischen Naturprodukten das Konzept prägen. Alle Gastgeber sind selbst geprüfte Wanderführer und führen ihre Gäste zu Fuß, aber auch per Mountainbike und Ski durch die Südtiroler Bergwelt.

Auf den Wanderwegen des Eisacktales ist kaum jemand so gut zuhause wie Franz Tauber, der Senior-Chef des Unterwirts. Schon als Bub hat der 78-Jährige von Klausen aus die Einkäufe mit dem Rucksack über einen schmalen Steig nach Feldthurns zum elterlichen Betrieb schaffen müssen. Heute führt der Weg als Seitenarm des Keschtnwegs mitten durch die Reben, vorbei an trutzigen Höfen mit sonnengegerbten Holzscheunen und überraschend mediterraner Vegetation mit Feigen und Bananenstauden.

 Kastanien-Spezialitäten und -Wellness in Taubers Unterwirt genießen

Wundervolle Kastanienhaine säumen viele Eisacktaler Wanderwege, Foto: Heiner Sieger, Redaktion München
Wundervolle Kastanienhaine säumen viele Eisacktaler Wanderwege, Foto: Heiner Sieger, Redaktion München

Keiner erzählt zudem die Geschichte des Keschtnwegs so intensiv und anschaulich wie Franz Tauber. Kein Wunder – gilt er doch in der Region als der „Keschtn-König“. In den 90er Jahren hatte er mit einer ersten Kastanien-Runde den Grundstein für den heutigen Keschtnweg gelegt. Und in seinem Hotel hat er der Kastanie auch kulinarisch ein Denkmal gesetzt: Speisen kann man in der Kastanienstube, Wellnessen in der Kastaniensauna und dabei anschließend eine „Castanea“-Kastanien-Weinpackung auf die Haut wirken lassen. Gesunden Schlaf findet der Gast in der Kastanien-Suite. Auf den Tisch kommen Kastanienmarmelade und Kastanienmus, köstliche Kastanien-Cremesuppe, Kastanien-Gugglhupf, -Brot und –Brioche aber auch Krapfen aus der stachelig eingehüllten Frucht.

Während der Eisacktaler Kastanienwochen zum Beispiel genießen Wanderer Köstlichkeiten wie Kalbskopf-Praliné mit Kastanien-Vinaigrette auf einer gerösteten Apfelscheibe in Lagrein, Kastanien-Kartoffel-Cremesuppe mit Schwarzbrotcroutons und Thymianduft, anschließend ein rosa gebratenes Lammnüsschen in Kastanienkruste. Den Abschluss macht wahlweise ein geschmacksstarkes Kastanien-Halbgefrorenes mit Waldfrüchtemark, Kastanienreis mit Schokosauce und Sahne oder ein Vanille-Eis mit heißen Kastanien und Kaffee. „Nur Vitamine – keine Kalorien“, grinst Franz Tauber dazu nur schelmisch. Für die gute Verdauung sorgt anschließend – was sonst? – ein Kastanien-Edelbrand vom „Radoarhof aus der Nachbarschaft.

 Frischer Apfelsaft als Energiespender beim Radoarhof

Norbert Blasbichler vom Radoarhof trinkt am leibsten seinen eigene Apfelsaft, Foto: SMG, Max Lautenschläger
Norbert Blasbichler vom Radoarhof trinkt am leibsten seinen eigene Apfelsaft, Foto: SMG, Max Lautenschläger

Am südlichen Ortsausgang von Feldthurns gelegen, ist der Radoarhof inzwischen so etwas wie ein Vorzeigehof der Südtiroler Marketing Gesellschaft. Könnte man Sonnenstrahlen in Gläser füllen, dann sähen sie sicher so aus wie das, was Norbert Blasbichler gerade so großzügig einschenkt: Apfelsaft, selbst gemacht. „Das ist mein Energiespender. Wenn ich abends richtig erledigt bin, trinke ich ein Glas. Das macht mich wieder munter.” Das wollen die Wanderer auch werden. Der gehaltvolle Duft von frisch gebratenen Kastanien, der kleine kioskartigen Ausschank und der gemütliche Gast-Garten unter Apfel, Walnuss- und Kastanienbäumen lassen eine kleine Rast ohnehin unumgänglich erscheinen.

Neben Kastanien und frischen Obstsäften verkauft Biobauer Norbert Blasbichler hier ebenfalls lauter Selbstgemachtes: Weißweine, Destillate, Äpfel, Birnen, Kastanien, Walnüsse. Ein Dutzend Schnäpse brennt der Norbert, darunter auch aus der Quitte sowie dem Holunder, den er seit kurzem in einer kleinen Plantage pflegt. Für Wanderer hält er neben den guten eigenen Weinen – darunter einen sensationell fruchtigen Kerner mit 25 Grad Restsüße – ein „Marendebrettl“ mit Speck, Brot und Kaminwurzen sowie vier verschiedenen Käsesorten von kleinen spezialisierten Bauernhöfen bereit. „Der Südtiroler Marketinggesellschaft hat es anfangs nicht gefallen, dass darunter auch ein Käse aus einer kleinen Käserei aus der Region Parma ist. Den sollte ich streichen. Das gehöre nicht zum Südtiroler Brauchtum haben sie gesagt. Ich habe dann nur gefragt: Und welchen Käse macht ihr auf die Schlutzkrapfen? Da war die Diskussion zu Ende,“ erzählt Norbert mit listigem Schmunzeln.

Leben am “Keschtnweg” – mit den Produkten von Mutter Natur

Wegweiser im Eisacktal: Wandern können hier weder verhunggern, noch verdursten, Foto: Heiner Sieger
Wegweiser im Eisacktal: Wandern können hier weder verhunggern, noch verdursten, Foto: Heiner Sieger

Überhaupt gibt er sich als Fürsprecher der Kleinbauern. „Landwirtschaftliche Produkte haben wenig Wert“, sagt der Biobauer aus Erfahrung. „Es sei denn, man macht Spezialitäten. Daher will ich auch bewusst ein wenig provozieren. Ich möchte, dass man wieder mit den Sachen ehrlicher umgeht, wie mit dem Südtiroler Speck, den es nur in homöopathischen Mengen gibt. Selbst ich muss ihn ein Jahr vorher bestellen. Die Gäste müssen mehr aufgeklärt werden, zum Beispiel auch, wenn die Keschtn mal wegen einer schlechten Ernte bei uns aus dem Piemont kommen.“

Um den Bauern das Überleben mit einem Nebenerwerb zu sichern, hat er den Verein „Leben am Keschtnweg“ mitgegründet:„Das Törggelen ist für die Landwirtschaft sehr wichtig, um Geld zu verdienen, damit wir die Höfe bewirtschaften können.“ Der Weg solle mit dem und von den Leben, was die Region bietet, von der Autobahn im Tal bis hoch zu den Almen. „Der Verkauf der Produkte ermöglicht es uns, die Landwirtschaft und die Landschaft zu pflegen. Das ist ein Geben und Nehmen. Wir wollen den Mensch hier Mensch sein lassen. Das tut gut und da kann man auch daheim noch von zehren.“

Weiter führt der Weg – mal unter lichten Kastanienhainen, mal durch einen Lärchenwald, mal durch Wiesen oder mitten durch die Reben vorbei an alten Bauernhöfen wie dem Moar zu Viersch, dem Huberhof in Pardell sowie dem Kloster Säben – Südtirols Heiligem Berg – oberhalb von Klausen. Ständig begleitet vom immer wieder wechselnden Panorama der Geisslerspitzen, die aus der Ferne vom Villnößtal herüber grüßen.

Beim Partegger gibt’ das Speck-Carpaccio von echten Südtiroler Schweinen

Beim Partegger in Villanders gibt es noch die Eräpfelplatteln nach Großmutters Rezept, Foto: Heiner Sieger
Beim Partegger in Villanders gibt es noch die Eräpfelplatteln nach Großmutters Rezept, Foto: Heiner Sieger

Am Ende des Hinwegs der Tagestour liegt am Sonnenberg, auf 600 Metern der Oberparteggerhof, der zur Gemeinde Villanders gehört. Der Hof aus dem 16. Jahrhundert ist schon seit 1787 in Familienbesitz. Damals wie heute gibt es hier nur die besten Produkte direkt vom Hof, persönlich serviert von den Wirts- und Bauersleuten Sepp und Rosmarie Kainzwaldner. Der Hof verbirgt – etwas abseits am Hang gelegen – eine Südtiroler Besonderheit: 14 Schweine tummeln sich hier im offenen Stall. Ein eigener Schlachthof macht den Gang in den Schweinehimmel für die Tiere weniger stressig, den Speck selcht der Sepp selber und lagert ihn im eigenen Keller – was man dem Speck auch anschmeckt. Eine traditionelle Speckplatte oder ein Speckcarpaccio mit Rucola und Parmesanstücken gehören für den Wanderer eigentlich zum Pflichtprogramm.

Wer sich dann für den Rückweg noch weiter stärken will, hat dazu die Qual der Wahl zwischen köstlicher Gerstensuppe, Kaminwurzen, Schlutzkrapfen, Käse, Rindsgeselechtem, dem im Steinofen selbst gebackenem Brot und dazu selbst gestampfte Butter. Etwas ganz Besonderes – vor allem für Vegetarierer – sind die Erdäpfelplattlen mit Kraut und verschiedene Krapfen mit Spinatfüllung – bei den Einheimischen auch als „Wiida“ bekannt. Die süße Variante bereitet Bäuerin Rosmarie auch mit verschiedenen Marmeladen oder mit Mohnfüllung zu. Auch die verschiedenen Säfte wie Apfelsaft oder Ribilsaft stammen selbstverständlich vom Hof.

Bauer Sepp Kainzwalder vom Oberpartegger Hof selcht den Speck für sein grandioses Carpaccio noch selber, Foto: Heiner Sieger, Redaktion München
Bauer Sepp Kainzwalder vom Oberpartegger Hof selcht den Speck für sein grandioses Carpaccio noch selber, Foto: Heiner Sieger, Redaktion München

Bauer Sepp ist stolz, dass er die einfache Südtiroler Bauernküche vor etwa 15 Jahren wiederentdeckt hat: „Auf den Höfen hier oben, da herrschte früher Not, da gab es ja so gut wie nichts. Die Bauern hatten Getreide, Kartoffeln, Eier, Fett und Buchweizen, dazu den Speck. Das hat die Küche bestimmt, denn da brauchten sie nichts mehr dazu kaufen. Auch die Platteln mit Kraut sind so ein armes Essen genauso wie die Gerstsuppe mit Schweinefleisch.“ Beim Partegger schmeckt die alte Bauernkost jedenfalls dermaßen gut, dass es empfehlenswert ist, einen Tisch vorzubestellen, falls man abends dort einkehren will. Vor allem an den Wochenenden bis hinein in den Dezember ist die Gaststube gestopft voll.

Die Recherchen zu diesem Beitrag wurden unterstützt durch die Vitalpina Hotels.

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Heiner Sieger

Autor Kurzvorstellung:

Ich bin seit 40 Jahren Journalist und schreibe über Themen in den Bereichen Digitalisierung, Wirtschaft, Gesundheit und Reise. Waren es früher berufliche Stationen als Redakteur und Reporter bei Schweizerischer Handelszeitung, Capital und Focus oder Wirtschafts-Chef der Abendzeitung, sind es heute Chefredaktionen bei Digital Business Cloud, Digitales Gesundheitswesen und Reise-Stories. Meine Reise-Leidenschaft gehört Südtirol, dem ich auch die Webseite www.schönessüdtirol.de gewidmet habe.

Hinweis: Dieser Beitrag wird regelmäßig von Mitgliedern der Reise-Stories Redaktion wie Heiner Sieger, Gerhard Fuhrmann und Jupp Suttner auf Richtigkeit und Vollständigkeit geprüft. Falls Sie Anmerkungen zu diesem Beitrag haben, kontaktieren Sie bitte direkt hier die Redaktion.

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