Havellandradtour – Von der Quelle bis zur Mündung

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Viel Natur und Kultur auf dem Havelradweg

Der Sturz kam unerwartet. Die quer über den Radweg verlaufenden Eisenbahnschienen waren kaum erkennbar; es war düster und es regnete. Plötzlich rutsche das Vorderrad weg. Keine Chance zu reagieren. Ich flog über den Lenker meines Trekkingrads und knallte mit dem Kopf aufs Pflaster. Alles war voll Blut. Der Helm verhinderte Schlimmeres. Glücklicherweise war eine Klinik ganz nah. Dort kümmerte bereits kurze Zeit später ein junger Arzt, ohne lange zu fragen, fürsorglich um die Verletzungen, reinigte die Wunden und schütze sie mit dicken, breiten Pflastern “Wie es aussieht, haben Sie viel Glück gehabt,” meinte er, gab mir noch eine Packung Reservepflaster mit auf den Weg und verabschiedete sich. Er fragte nicht nach meiner Versichertenkarte, wollte kein Geld, gar nichts. Nein, er drehte sich einfach um und dann war er hinter einer der vielen Türen des langen Krankenhausgangs verschwunden. Und das alles an einem Sonntagmorgen! Auf der sechsten Etappe unserer Radtour entlang der Havel zwischen Brandenburg und Havelberg.

Foto oben:  Der Dom vom Havelberg

Tex & Fotos:  Henno Heintz

 

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Bisher war alles gut gegangen, außer dass wir uns einige Male verfahren hatten. Auch wenn der Radweg der Havel folgt, bedeutet es nicht, dass er stets entlang des Flusses verläuft. Während ihres Verlaufs durch Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Berlin und Sachsen-Anhalt bildet die Havel eine einzigartige Wasserlandschaft, ehe sie nach rund 350 Kilometern in die Elbe mündet.

Wegen der rund 50 Seen – der bekannteste ist sicher der Wannsee –  ist der Flussverlauf oft nicht zu erkennen und die dem Reiseführer zufolge vorbildlich ausgewiesene Streckenführung ist nicht immer so vorbildlich; manchmal fehlen Schilder, manchmal stehen sie so versteckt, dass man sie leicht übersieht. Daher gibt der Veranstalter „aktiv reisen“ (www.aktiv-reisen-bb.de) seinen Gästen neben einer Radwegekarte ein GPS-Gerät mit auf den Weg, das haargenau den Streckenverlauf Tag für Tag darstellt. So ist ein Verfahren eigentlich nicht möglich, es sei denn, man vergisst, regelmäßig auf das Gerät schauen, was vor allem bei Weggabelungen, Kreuzungen und Abzweigungen wichtig ist. Gerd Koallick, der Chef von aktiv-reisen, hatte vor mehr als zehn Jahren in Dallgow rund 10 Kilometer westlich von Berlin-Spandau mit Radreisen begonnen. “Auf die Idee kam ich bei einer Radtour von Passau nach Wien,” erzählt er. “Unsere ersten vororganisierten Tagesausflüge ins Havelland, nach Potsdam und Berlin haben wir 2004 durchgeführt.“

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Bereits zwei Jahre später stand die erste Rundfahrt, die Otto Lilienthal-Tour. Diese 250 Kilometer lange Tour, die in vier Tagesetappen den historischen Spuren des Flugpioniers Otto-Lilienthal durchs ganze Havelland folgt und unter anderen zum Gollenberg führt, wo der Flugpioniere bei einem seiner kühnen Flugversuche im August 1896 tödlich verunglückte, ist immer noch im Programm.

“In der folgenden Zeit ist dann jedes Jahr eine weitere Tour dazugekommen.”, so Koallick. “Seit 2010 haben wir alle unsere Touren in einem Katalog gebündelt.” Dieser Katalog umfasst mittlerweile nahezu dreißig verschieden Radtouren. Die vororganisierte Tour auf dem Havelradweg gehört sicher zu den erlebnisreichsten. Aktiv-reisen bietet sie in zwei Teilen an: Von der Quelle bei Ankershagen bis zum Mittellauf bei Spandau (183 km) und vom Mittellauf bis zur Mündung in die Elbe (239 km). Ausgangspunkt ist stets Dallgow. Wir hatten uns für den gesamten Havelradweg entschieden. “Der erste Teil ist bisher weniger gefragt,” meint Gerd Koallick, während er uns in seinem Bus mit unseren Rädern auf dem Hänger zur Havelquelle nahe Ankershagen transportierte. “Sie eignet sich aber gut als Baustein für den zweiten Teil des Havelradwegs, also die Strecke von Dallgow über Potsdam, Brandenburg und Rathenow bis zum Endpunkt Havelberg rund sechs Kilometer vor der Mündung der Havel in die Elbe. Für diese Strecke registrieren wir eine steigende Nachfrage.” Kein Wunder. Der Havelradweg führt durch herrliche Landschaften, unberührte Natur, sehenswerte Städte.

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Die Hastbrücke in Zehdenick

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Wir laden die Räder ab und starten direkt neben der Havelquelle, die aus der Erde in ein aus Beton eingefasstes Becken sprudelt. Ankershagen ist nicht weit, wo der berühmte Archäologe und Troja-Entdecker Heinrich Schliemann seine Kindheit verbrachte. Wesenberg taucht auf, das bekannt ist wegen der unzähligen Seen, welche die Kleinstadt umgeben. In Strasen, kurz vor der ersten Übernachtung in Fürstenberg, bietet sich die Gaststätte “Zum Löwen” an der Schleuse, durch die sich alle Schiffe auf der Müritz-Havel-Wasserstraße zwängen, zu einer kleinen Pause an.

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Vorbei an der mächtigen Stadtkirche von Fürstenberg führt der Radweg am nächsten Morgen hinaus in die Himmelpforter Heide. Die kleine Gemeinde Himmerpfort ist bekannt wegen des Weihnachtspostamts. Dort beantworten spezielle Mitarbeiter der Post inzwischen jedes Jahr mehr als 300 000 Briefe aus aller Welt, die vor allem von Kindern an den Weihnachtsmann geschrieben werden. Eher ein Thema für Erwachsene ist der einige Kilometer weiter südlich liegende Ziegeleipark Mildenberg. Anfang des 20 Jahrhunderts einer der größten Ziegelproduzenten Europas, wurde das Unternehmen nach der Wende 1991 zwar still gelegt, aber als sehenswertes Industriedenkmal erhalten. In Zehdenick, rund zehn Kilometer weiter, lohnt sich eine Pause in der Gaststätte “Zum Stadtgarten” – nicht nur wegen der guten Küche. Die Tische im Freien direkt neben der Schleuse sind ein idealer Platz, um den Betrieb dieser stark frequentierten Schleuse mit den bekannten Hastbrücke, einer sogenannten Doppelzugklappbrücke aus dem 18. Jahrhundert, zu beobachten. Kultur kommt auch nicht zu kurz.

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Zu den kulturellen Höhepunkten rund zwölf Kilometer hinter Liebenwalde, dessen sehenswerte Stadtkirche nach Entwürfen des berühmten preußischen Baumeisters Karl Friedrich Schinkel entstanden ist, zählt das Schloss Oranienburg, dessen Anfänge bis in 13. Jahrhundert zurückreichen. Das prächtige Schloss, um 1700 großzügig erweitert und prachtvoll ausgestattet, galt damals als schönstes Schloss der preußischen Monarchie und erstrahlt heute nach umfangreiche Sanierungs- und Restaurierungsarbeiten in alter Pracht.

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Schloßgarten

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Schloß Oranienburg

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Wir näheren uns Berlin. Die Zitadelle Spandau kommt in Sichtweite. Später die Anlegestelle von Kladow, wo die Fähre über den Wannsee den Radweg ans andere Ufer ersetzt. Nach schöner Fahrt immer entlang der Havel führt der Weg über die berühmte Glienicker Brücke direkt hineingeht in die UNESCO-Welterbestadt Potsdam. Vom Hotel in der malerischen Altstadt, in dem aktiv-reisen für seine Gäste Zimmer reserviert hat, spazieren wir in kurzer Zeit durchs Grüne Gitter in den Park bis zum Hohenzollern-Schloss Sanssouci über den berühmten Weinbergterrassen, das seit 1990 als Welterbe unter dem Schutz der UNESCO steht. Naturfreunden wird ebenfalls viel geboten. Nicht vorbeifahren sollten sie an der nur einige Kilometer hinter Potsdam liegenden Havel-Insel Werder. “Ein Abstecher auf die malerische Insel ist unbedingt zu empfehlen”, steht im Programm. Und weiter: “In der Blütenstadt prägt der Obstbau seit vielen Generationen die Stadt; alljährlich pilgern tausende Besucher zur Baumblüte und kehren bisweilen recht beschwingt vom flüssigen Obst wieder nach Haus zurück.” Auch die Weiterfahrt ist von Natur geprägt. Vor allem der reizvolle Abschnitt durch die ursprünglichen Havelauen. Weite sattgrüne Wiesen, windschützende Baumreihe, die die Landschaft einhegen. In Brandenburg ist wieder Kultur angesagt – beim Stadtbummel zu zahlreichen Sehenswürdigkeiten, wie den imposanten Kirchen St. Katharinen und St. Gotthardt, dem Dom St. Peter und Paul, dem Altstädtischen Rathaus mit dem Schutzpatron Roland. Zum Abendessen verwöhnt das Restaurant “Al Dente” in der Innenstadt mit italienischen Spezialitäten. Am nächsten Tag steht wieder die Natur im Vordergrund. Im Milower Land, das bereits in prähistorischer Zeit besiedelt war, zieht sich der Radweg durch den Naturpark Westhavelland; er wurde im Juni 1998 eröffnet und hat große Bedeutung als Schutzgebiet für viele Zugvögel, die hier im Frühjahr und Herbst wasser- und nahrungsreiche Rastplätze finden. Im Zentrum des Naturparks liegt Rathenow, unser letzter Übernachtungsort. Von dort führt aktiv-reisen seine Gäste auf einem Abschnitt seiner Otto-Lilienthal-Rundtour zum Gollenberg, den der Flugpionier für seine Flugversuche nutzte. Wir stehen am Rand des angeblich ältesten Flugfelds der Welt. Der weitere Radweg führt nördlich des Gülper Sees entlang. Der See, der seit langem als wichtiger Rastplatz für Vögel bekannt ist, bietet im Frühjahr und Herbst ein einmaliges Spektakel, das immer mehr Touristen anlockt, wenn in der Abenddämmerung tausende von die Kraniche von allen Seiten laut trompetend zum Wasser fliegen. Vom See ist es nicht mehr weit in die Hansestadt Havelberg. Der hoch über der Stadt thronende Dom St. Marien ist schon von weitem zu sehen. Für einen Spaziergang durch die auf einer Insel liegenden Altstadt vorbei an der St. Laurentius-Kirche bleibt noch genügend Zeit vor der Rückfahrt nach Dallgow mit dem Bus von aktiv-reisen, der bereits auf einem Parkplatz an der Havel wartet.

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Nähere Informationen:

aktiv-reisen, Sperlingshof 28, 14624 Dallgow
Tel.: 0332225616
Fax: 0332225614
www.aktiv-reisen-bb.de
info@aktiv-reisen-bb.de

 

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Hinweis: Dieser Beitrag wird regelmäßig von Mitgliedern der Reise-Stories Redaktion wie Heiner Sieger, Gerhard Fuhrmann und Jupp Suttner auf Richtigkeit und Vollständigkeit geprüft. Falls Sie Anmerkungen zu diesem Beitrag haben, kontaktieren Sie bitte direkt hier die Redaktion.

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