Unfreiwillig in Molwanien

Es gibt Länder die man unbedingt besuchen möchte, sicher auch Länder wo man nie hin will, aber böses Schicksal einen dorthin verschlägt. Ich bin zurück aus Molwanien!
Glosse von Wolfgang Grüner
Bild oben:
Abwechslungsreiches Molwanien
© Text und Fotos Wolfgang Grüner
Es gibt nur einen einzigen Reiseführer zu dem geheimnisvollen Land in Osteuropa, das jahrelang nur Kriegshistorikern, tschetschenischen Drogenpanschern und russischen Kühlschrankschmugglern bekannt war. Die australischen Spezialisten Santo Cilauro, Tom Gleisner und Rob Sitch beschrieben 2003 (Molwanien – Das Land des schadhaften Lächelns) anschaulich Land, Leute und Sittenlosigkeit, geben Überlebenstipps und nennen auch Fluchtwege.

Teilansicht des internationalen Flughafens von Lutenblag
Teilansicht des internationalen Flughafens von Lutenblag

Molwanien lernte ich leider schon vor ein paar Jahren kennen, aber jetzt erst hat mir mein Therapeutenteam die Erlaubnis gegeben, dieses Trauma literarisch zu bewältigen. Damals musste der Jumbojet der Bihun Bungadesh Havailines auf dem Weg von Dhaka nach Kassel-Calden in Lutenblag, der Hauptstadt Molwaniens notlanden. Eigentlich war es keine richtige Notlandung, sondern eher eine Entführung durch einen Enkel des Staatspräsidenten Molwaniens, der wegen einer Familienfehde eilends nach Hause musste einerseits, aber wegen der eklatanten Unzulänglichkeiten der in Fliegerkreisen als unpassierbar bekannten Landebahn andererseits. Der Verhaftung durch die molwanischen Behörden konnte sich zwar keiner entziehen, der dreitägigen Folter durch Unterbringung im besten Hotel der Hauptstadt, dem „Rojal Palatz Hotjl“ mit dem bekannten Luxusfrühstück (ein Maischebrötchen und Kürbislimonadetrester) auch nicht, wohl aber der 1000 US-Dollar-Strafe für das ungenehmigte Betreten des Flugplatzes.
Eingang des Hotels Rojal Palatz Hotjil
Eingang des Hotels Rojal Palatz Hotjil

Wer sich bereit erklärte, vier Wochen das Land zu bereisen, erhielt vom Flüchtlingsministerium dafür diese Summe in bar, musste sie allerdings gegen eine Gebühr von 100 US-Dollar beim Verlassen des Hotels an die staatliche Fluggesellschaft „AerjMolowow“ zurückzahlen. Dafür erhielt man ein „Molwanien Rundticket“ der staatlichen Buslinie, mit dem man allerdings nur ein Mal rund um den Busbahnhof fahren konnte.
Parkplatz des Rojal Palatz Hotjl
Parkplatz des Rojal Palatz Hotjl

 
Da bereits nach wenigen Metern die ersten Passagiere wieder aus dem Bus wollten, aber trotz heftigem Erbrechen und Durchfall erst nach cirka 2 Stunden aussteigen konnten und sogar freiwillig ins Hotel zurückkamen, tauschte ich das Ticket gegen einen Gutschein für eine Nachspeise (in Schnaps und Kerosin marinierte Hammelmöhren auf Schmalz-Schoko-Granulat) im Restaurant „Nenka Olgja“ (Spezialität: Bratwursteintopf und hektisch trinkende Greise) ein, ließ ihn dann aber doch verfallen.
Frühstück im Rojal Palatz Hotjl
Frühstück im Rojal Palatz Hotjl

Der gestrandete Jumbo an einem hellen Tag in Lutenblag
Der gestrandete Jumbo an einem hellen Tag in Lutenblag

Einige Passagiere, die sich weigerten die 1000 Dollar zu zahlen, leben heute noch im Flugzeug, da auch die Regierung von Bangla Desh ihr Eigentum aufgegeben hat. Sicher deshalb, weil sie den Jumbo gegen eine Zahlung von 10 Millionen Dollar sowie 1000 Kilo Kokain, auf dem Flugplatz demontieren sollten, da ein Start aufgrund der schlammigen Startbahn völlig unmöglich ist (molwanische Flugzeuge haben Kufen!) Das demontierte Flugzeug sollte mit molwanischen Lastwagen nach Dhaka gebracht werden, dabei ist bekannt, dass diese es selten mehr als 25 Kilometer außerhalb der Landesgrenzen schaffen, bevor sie zusammenbrechen oder aus dem Verkehr gezogen werden. Zwischenzeitlich sind die Triebwerke auch abgebaut worden, eines wurde zu einem Fön für die 11 Töchter (eigentlich 13, bei zweien ist man nicht so sicher) des Beratenden Ministerpräsidenten der Legislativgilde Tzvangiji Chachadoupowitch umgebaut, ein anderes als Schneekanone, unterstützt von Lenzpumpen und Kühlaggregaten, zur Beschneiung der einzigen Skipiste im„Czarbunkle-Massive“ im Zentralen Tiefland.
Die Ski-Piste im Czarbunkle-Massive
Die Ski-Piste im Czarbunkle-Massive

Inzwischen ist es für die Bevölkerung des Landes ein lieber Brauch, sonntags einen Ausflug zu dem abgelegenen Teil des Flugplatzes zu machen und die Passagiere des doch inzwischen arg ramponierten Jumbos mit Essensresten zu bewerfen und so die Ernährung sicher zu stellen. Sollten sie mal nach Lutenblag kommen, bringen sie doch bitte Babynahrung (bruchsicher verpackt!) mit. Treffen sie beim Werfen einen der Passagiere, erhalten sie eine Bescheinigung mit der sie die Gebühr für das Verlassen des Flugplatzes (Wochenende: 500 Strubl, wochentags: 50 000 Qunts) für mehrere Jahre gestundet bekommen.
Molwanien ist ein auch heute noch recht unbekanntes Reiseland und so wird es wohl auch immer bleiben. Dabei bietet dieses Land am Rande Europas, besser: am Rande des Abgrundes, viel, was man anderswo auch nicht suchen würde. Es ist ein Land der Gegensätze, vom felsigen, größtenteils unfruchtbaren Westlichen Plateau, über das felsige, größtenteils unfruchtbare Zentrale Tiefland und der felsigen, größtenteils unfruchtbaren Östlichen Steppe bis hin zu den felsigen, größtenteils unfruchtbaren Molwanischen Alpen.
Nachdem eine preiswerte Unterkunft bei einem zu längerem Hausarrest verurteilten Fernsehredakteur und Moderator der Sendung „Molwa Tuja!“ (in der hauptsächlich bekannt gegeben wird, welche Regierungsmitglieder an diesem Tag verhaftet wurden) gefunden war, begann ich mit der ausführlichen Besichtigung der Hauptstadt Lutenblag.
Hauptstraße in Lutenblag
Der Ehrenorden Szlonko BusjBusj
Der Ehrenorden Szlonko BusjBusj

Ganz in der Nähe lohnt sich der Besuch des molwanischen Parlaments, denn es ist das einzige Regierungsgebäude der Erde, in dem Putschführer ein eigenes Büro haben, nicht weit entfernt von der Halle des Volkes (die für die Öffentlichkeit gesperrt ist) und der hausinternen Erschießungswand.
Eingang zum Parlamentsgebäude
Eingang zum Parlamentsgebäude

Die Erschießungswand im molwanischen Parlament
Die Erschießungswand im molwanischen Parlament

Am Eingang muss man die „Drei Portraits vom Vater des modernen Molwaniens Szlonko BusjBusj“ für ca. 5000 Strubl kaufen (in den 50 sitzungsfreien Wochen 7500 Qunts) und diese immer bei sich tragen, es wird überall im Land streng kontrolliert. Fotografieren in Molwanien ist für Ausländer generell verboten, fotografierende Inländer werden wie Ausländer behandelt.
 
„Drei Portraits vom Vater des modernen Molwaniens Szlonko BusjBusj“
„Drei Portraits vom Vater des modernen Molwaniens Szlonko BusjBusj“

Ein wenig Erholung verspricht der Botanische Garten, hier wächst eine Rose, die weder Blätter noch Blüten, sondern lediglich Dornen hervorbringt. Beim Pavillon kann man Boote mieten, allerdings gibt es im Umkreis von 200 km kein schiffbares Gewässer. Sehenswert ist auch das Hotel „U Tri Hradjna“, ein raffiniert restauriertes Jugendstilgebäude, das vor kurzem die Auszeichnung „Schönstes Hotel“ von „Vision Euro“ erhielt, einer ausschließlich aus Bildern bestehenden Zeitschrift, die sich an Sehbehinderte und Blinde richtet, aber wegen ihres Gewichts (ca. 16 kg) kaum als Reiselektüre dienen kann.
Die Rose im Botanischen Garten von Lutenblag
Die Rose im Botanischen Garten von Lutenblag

Abends empfiehlt sich ein Besuch im 300m hohen „Kreiselrestaurant Gastrodizzi“, mit der längsten Speisekarte der Welt und dem atemberaubenden Ausblick auf das nächtliche Lutenblag. Wegen der häufigen Stromsperren kann es allerdings passieren, das der Aufzug wochenlang stecken bleibt, eine Umdrehung mehr als 6 Monate dauern kann und die Bedienung nach der Bestellung nie wieder gesehen wird, weil die Küche im Keller liegt (den Aufzug darf das Personal nicht benutzen).
Das Hotel U Tri Hradjna
Das Hotel U Tri Hradjna

Anregend sind auch Besuche in den zahlreichen Clubs und Pubs (Eintritt frei, aber Zuzahlung zur Feuerversicherungsprämie erforderlich), wo man oft mit einer Handvoll mit Schwarzpulver marinierter Roter Beete auf die Oberbekleidung begrüßt wird, ein alter molwanischer Brauch aus der östlichen Steppe. So spart man sich den Stempelabdruck auf die Stirn, seit einiger Zeit benutzt man allerdings Elektrotacker.
 
Cocktail Zeerstum
Cocktail Zeerstum

Nach einigen Cocktails (lecker: „Zeerstum“ -Wodka mit Essigessenz und Chicorée-, oder „Turpz“ -mit Eichenharz und Nikotin aromatisierter Weißwein-) kann man sich dann schon nach kurzer Zeit mit Einheimischen schlagen. Dazu spielt man oft die Musik vom stocktauben Komponisten Tzozar Czevkel (Tuba und Triangel), dem Molwanischen Knabenchor „Decak Bez Icega“ mit den unglaubwürdigen Harmonien (seit 1999 erwägt man ein Gesetz gegen Kastrationen), oder der Popgruppe „Spatzal“ (aufgelöst 2001).
Der nächste Tag sah mich auf dem Weg in die Molwanischen Alpen, nach Durchquerung der „Großen Ebene“ (wegen ihrer einzigartigen Monotonie von der UNESCO als Weltkulturerbe abgelehnt), fand ich endlich die inzwischen von Minen geräumte Mautstraße zur Provinzhauptstadt Svetranj. Da die meisten Hotels dort auf Jahre hinaus ausgebucht oder geschlossen sind, wie z.B. das „Gzizco Hzorbec“, wo alle Zimmer den berühmten Hanglageblick nach hinten haben, kam ich schließlich in der Pension „Plepjic Vaz“ unter, bekannt für die trübe Ausstattung der Zimmer, nur aufgehellt durch Blumentöpfe mit einfarbigen bulgarischen Kunstblumen und vielfältig bunten Schimmel an den Wänden. Bekannt ist Svetranj für sein ausgezeichnetes Essen, das überwiegend im traditionellen Petroleumofen „Petzda“ zubereitet wird.
Der traditionelle Petroleumofen Petzda
Der traditionelle Petroleumofen Petzda

So isst man gerne zum 2 Liter-Glas Hauswein (nur für Molwanier: 5 Liter) die „Guzpa“, eine dicke Suppe aus Paprikastengeln, Fischinnereien und Gänseschmalz, dazu eine Scheibe „Przkltr“, ein Sägespänebrot mit Kaviar (letzterer nur zur Dekoration, da aus Plastik), oder eine Fischplatte mit Hecht, Stichling, Goldfisch, Süßwasserdelphin und dem „Kjerzenko“, einem stark quecksilberhaltigen Drüsenfisch.
Das Sägespanbrot Przkltr noch ohne Kaviar
Das Sägespanbrot Przkltr noch ohne Kaviar

Will man diese Platte warm und frisch haben, muss man Tage vorher selbst bestellen, bezahlen und verteidigen, ansonsten lassen die Köche die Fischplatte tagelang in der Toilette trocknen, was aber dem Aroma sehr zu Gute kommt.
 
Die Guzpa-Suppe
Die Guzpa-Suppe

 
Da sämtliche Esswaren in dieser Gegend Kohl, Sahne und Innereien als Grundbestandteil enthalten, kann man, besonders bei Süßspeisen, extreme Geschmackserlebnisse nicht vermeiden. Die Stadt selbst ist größtenteils völlig uninteressant, ähnlich der „Großen Ebene“.
Die Fischplatte mit Kjerzenko
Die Fischplatte mit Kjerzenko

Literaturkenner aber schätzen den Buchladen „Jana Cvecej“, mit der riesigen Auswahl von über 7000 Titeln, alle von Jana Cvecej selbst geschrieben.
Mich aber zog es zu den „Postenwalj-Bergen“, dem einzigen Nationalpark der auch gleichzeitig ständiges Katastrophengebiet (wegen der öfters explodierenden Kunstdüngerfabrik) ist. Am Wochenende eher ungeeignet, da der Schießclub von Sventranj dann auf alles schießt was sich bewegt und auch keine Minen geräumt werden, mit Fallgruben ist allerdings immer zu rechnen. Die Anreise mit den staatlichen Bussen ist zu empfehlen (andere fahren sowieso nicht), kann aber manchmal etwas länger dauern, da die zu passierenden Tunnel meist wegen Lawinenabgängen in den Tunneln oder Rettungsarbeiten an den Ein- und Ausgängen partiell gesperrt sind. Unterkünfte sind selten (im Park sowieso nur 542 ehemalige russische Atombunker), vielleicht das „Manoir Jzuckblec“, ehemals ein Bauernhof (nur die riesige Jauchegrube wird noch ständig -in Ermangelung von Toiletten- auch von den Gästen benutzt und gepflegt), wo man damals ein nahrhaftes molwanisches Menü billig (ausschließlich mit transnistrischen Rubel zu bezahlen) erwerben konnte: Bier, Suppe, Vorspeise, Hauptgericht und zwei Nachspeisen, alles aus Zucchinipüree hergestellt.
Die Jauchegrube des Bauernhofs Manoir Jzuckblec
Die Jauchegrube des Bauernhofs Manoir Jzuckblec

Im Park selbst lohnt ein Besuch der „Vzintga-Schlucht“ mit dem Mahnmal für die zahlreichen Opfer der inzwischen geschlossenen Drahtseilbahn, die vielfältig üppigen Wälder aus Krüppelkiefern (inzwischen abgeholzt),
Menü im Manoir Jzuckblec
Menü im Manoir Jzuckblec

die im Winter beliebte Nacktskipiste (bei dem häufig vorkommenden Schneemangel fährt man dann auf Schlacke) und die Heilquellen mit dem berühmten „Karolcyi-Wojjtila-Wasser“, das nach Äthanol und Hustensaft schmeckt.
 
Die Heilquelle mit dem Karolcyi-Wojjtila-Wasser
Die Heilquelle mit dem Karolcyi-Wojjtila-Wasser

Ähnlich auch dem Wasser der Thermalquellen, das Hautkrankheiten heilt, in dem es einfach die Haut wegätzt. Puder gegen Fußpilz gibt es kostenlos, allerdings muss man eine Gebühr für die Entsorgung der Eimer als Sondermüll bezahlen. Auch sollte man für dichte Regenkleidung sorgen, da es hin und wieder für mehrere Monate beständig regnen kann.
Da die Einreise in das „Westliche Plateau“ seinerzeit wegen der totalen Überschwemmung des Plateaus, der dadurch auftretenden Kämpfe zwischen den molwanischen Malariamücken (die dort bis zu 25 cm groß werden können) und aus Transnistrien eingeschleppten Blutegeln gesperrt war, sowie dem Streik der unerlässlichen Pfadfinder, war nur ein Kurzbesuch in der Stadt Sasava möglich.
Molwanische Malariamücken und Blutegel
Molwanische Malariamücken und Blutegel

Die Abdeckerei und Talgfabrik (hier wird allein 37 % des molwanischen Treibhausgases produziert) ist interessant, ebenso die tiefe „Tzdorvel-Grube“, in der Gold gefördert wird. Allerdings suchen seit mehreren Jahren ca. 300 Bergleute den Ausgang. Bekanntester Sohn der Stadt ist B. V. Gyzeczcbi, der 1947 den Aschenbecher erfand und die bekannteste Mutter der Stadt (die da kurzzeitig lebte), von Szlonko Busjbusj (der bekannte „Vater des modernen Molwaniens“ und ewiger Premier), die ihn dort in seiner kurzen Kindheit, stets nach seinen Diebstählen, mit einer 8.8 Flak aus den ehemaligen Bestände eines deutschen Expeditionscorps verteidigte.
Die Stadt Sasava nach einem kurzem Regenschauer
Die Stadt Sasava nach einem kurzem Regenschauer

Wenig bekannt ist, dass Hitler an Molwanien große Bargeldzahlungen leistete sowie Lebensmittel- und Waffenlieferungen, nur damit seine Truppen dort nie wieder hin mussten. Diesmal war die Anreise in die inoffizielle Hauptstadt Jzerbo (die Heimat der Geisterfahrer) des „Zentralen Tieflands“ leicht, da man mit einem Zeitzonenticket der staatlichen Buslinie „AutoMolw“ aus Lutenblag, auch mit der staatlichen „AeroMolowow“ fliegen kann. Die Flugzeit ist recht kurz, aber immer etwas -wegen einiger offener Fenster und dem Plumpsklo- zugig, auch wird erst gelandet, wenn der an Bord befindliche zollfreie Alkohol entweder von den Passagieren gekauft oder getrunken ist (Landegewicht!). Sind nur wenige Molwanier an Bord, kann sich das zuweilen bis zum Absturz hinziehen.
Menü der Fluggesellschaft AerjMolowow
Menü der Fluggesellschaft AerjMolowow

Da mir inzwischen mein Reisegeld doch so ziemlich ausgegangen war, konnte ich nur ein kleines Zimmer im rustikalen „Rjusta Jzarmac“ finden, einer ehemaligen russischen Kolonie-Kolchose, wo die Gäste beim Schlachten helfen müssen. In einem neuen einseitigen Faltblatt wird das nun als „Aggro-Turizm-Zentrum“ beschrieben. Das Pflichtessen mit der großen Familie ist neu, auch das Wettrülpsen. Dazu gehört damals wie heute die „Arja Tavernja“, eine Kneipe mit dem Hauch von tierischer Authentizität, die Wände sind bedeckt mit den unbehandelten Häuten und Fellen einheimischer Wildtiere und Laborratten, die man gerne bei Wetten miteinander kämpfen lässt, bevor man sie serviert.
 
 
Die berühmte Kneipe Arja Tavernja
Die berühmte Kneipe Arja Tavernja

Agro-Menü Kompakt Bier, Suppe, Vorspeise, Hauptgericht und zwei Nachspeisen
Agro-Menü Kompakt Bier, Suppe, Vorspeise, Hauptgericht und zwei Nachspeisen

Den angebotenen kostenlosen Willkommenstrunk „Rotwejini-Speczialli“ sollte man tunlichst nicht trinken, alle Gäste schütten ihn schnell aus dem Fenster, was schon nach kurzer Zeit zum Einsturz des ehemals unmittelbar angeschlossenen Plattenbaus (Jzerbo besteht zu 99 % daraus) führte.
In einem Drugstore (wo jede Sorte von Drogen, Rasiersprit und Handschellen zollfrei zu kaufen sind), gelang es mir unbemerkt eine alte Landkarte zu stehlen und den Weg nach Süden zu finden. Mitgenommen wurde ich von einem tauben Dreiradfahrer, dem ich unterwegs sehr helfen konnte (alle Verkehrszeichen sind dort akustisch) und der mich schließlich (wegen des nächtlichen Zusammenstoßes mit einem unbeleuchteten U-Boot der molwanischen Luftwaffe) in Grenznähe am Fluß „Fiztula“ unsanft absetzte. Seitdem die Radioaktivität in der malerischen „Bljödn-Ebene“ unter den von der WHO festgelegten Wert gefallen ist und das Fischsterben aufgehört hat, können auch wieder Ausflüge zum Kernreaktor in Gyroriks unternommen werden. Die dekorativen Risse stammen noch aus den früher 1960er Jahren. Da ich nun das Land so schnell wie möglich verlassen wollte und sich hier die Gelegenheit dazu bot, stieg ich todesmutig in die reizende (die Haut) und reißende Fiztula, da es im Zentralen Tiefland nur erlaubt ist, das Land schwimmend zu verlassen. Leider konnte ich nicht unbemerkt die Grenze überqueren, da genau dort das Wasser gerade mal ca. 10 cm tief ist. Es gelang mir dann doch ganz leicht, den Grenzbeamten in seiner malerischen Uniform (absolut identisch mit der der Garde vom Buckingham-Palace, einschließlich Bärenfellmütze – hier aus Skunkfell) nach einigen Stunden und der Herausgabe aller verbliebener Wertgegenstände zu überzeugen, ich hätte mich an der westlichen Donau verschwommen und wolle eigentlich nach Moldawien. Meine sämtlichen Gepäckstücke, alle Kleidung sowie Badehose musste ich allerdings ihm übereignen und so verließ ich Molwanien ohne große Belastungen und erreichte über Transnistrien, Ost-Ossetien, Kosovo und Griechenland schließlich meine Heimat.
Molwanien, das Land des schadhaften Lächelns, wird mir ewig in Erinnerung bleiben, auch schon wegen den ständigen schriftlichen Mahnungen der molwanischen Behörden und den gelegentlichen Hausbesuchen von Schlägertrupps, wegen des fehlenden Ausreisestempels und der Gebühr dafür. Ich empfehle dem Reisenden dem Molwanien bisher nicht vertraut ist, dringend das Studium des Reiseführers, da er dort alles nachlesen kann, um einen Besuch des Landes auf jeden Fall zu vermeiden.

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Wolfgang Grüner

Autor Kurzvorstellung:

Wolfgang Grüner aus Köln ist freier Fach- und Fotojournalist aus Leidenschaft. Erfahrung in Themen zu Musik und durch viele Reisen in mehr als 100 Länder.

Hinweis: Dieser Beitrag wird regelmäßig von Mitgliedern der Reise-Stories Redaktion wie Heiner Sieger, Gerhard Fuhrmann und Jupp Suttner auf Richtigkeit und Vollständigkeit geprüft. Falls Sie Anmerkungen zu diesem Beitrag haben, kontaktieren Sie bitte direkt hier die Redaktion.

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