Donnerstagnachmittag auf der Südtiroler Schwemmalm: Eine Klasse sieben- und achtjähriger Kinder trainiert Slalomfahren. „Weg da!“ brüllt ein Knirps einen Erwachsenen an, der den Stangenparcours in seine eigene Übungsstunde einbauen will. „Hier trainieren wir!“
Haarscharf schießt er an dem Skitouristen vorbei, der sich daraufhin eiligst aus der Schusslinie begibt und lieber vom Pistenrand die Kinderschar beobachtet.
Von den Kleinen kann man noch was lernen, mag er sich denken, denn sie sind der Ski-Nachwuchs im Ultental und vielleicht bald einer der Stars der italienischen Nationalmannschaft.
Wichtige Tipps von einem Profi
Thea Gampert war so ein Stern am Ski-Himmel. Als 16-Jährige fuhr die Ultnerin Mitte der 1970er-Jahre Europacup-Rennen und trat bis in die 80er gegen Renn-Asse wie Anne-Marie Moser-Pröll und Rosi Mittermaier an. Nach einem Intermezzo in den USA ist die 45jährige vor einigen Jahren ins Ultental zurückgekehrt und gibt nun als Lehrerin der Skischule Ultental Tipps, wie auch Otto-Normal-Skiläufer eleganter und schneller zu Tal kommt. „Wir haben früher eigentlich gar keine andere Möglichkeit gehabt als gut Skilaufen zu lernen“, meint Thea Gampert vergnügt. „Es gab im Winter kein anderes Freizeitvergnügen als den Schnee auf den Bergen.“
Die Stauseen als Gewinn betrachten
Und im Prinzip ist das auch heute noch so. Das Ultental, auf italienisch Val d`Ultimo, was so viel heißt wie das letzte Tal, ist eines der ursprünglichsten Täler Südtirols geblieben. Dank der Stauseen, die die italienische Regierung im vorigen Jahrhundert anlegen ließ. Sie haben die industrielle und touristische Erschließung des Hochgebirgstals verhindert, das sich von der Stadt Lana am Oberlauf der Etsch 40 Kilometer südwestlich bis zum Nationalpark Stilfser Joch hinzieht. Was lange Zeit wie eine verpasste Chance aussah, betrachten die Ultener heute als Gewinn.
Von Rummel ist nichts zu spüren
Sie haben nun ein Kapital, um das andere Alpenregionen sie beneiden können: eine unverbaute Landschaft mit ausgedehnten Wäldern (in denen früher die Hexen hausten, weshalb die Ultener ihren Dörfern vorsichtshalber Heiligennamen gaben) und eine über 1000 Jahre alte bäuerliche Kulturlandschaft. Noch fast die Hälfte der Bevölkerung im Tal lebt von dem, was die kleinen, zum Teil an extrem steilen Berghängen liegenden Höfe hergeben. Mit diesem Pfund, den schönen Ultener Paarhöfen samt ihrer schwarzen Schindeldächer, den alten Lärchenwäldern und den noch immer bewirtschafteten Hochalmen versuchen die Ultener zu wuchern und damit sommers wie winters aktive und naturverbundene Gäste anzusprechen, die diesen Reichtum zu schätzen wissen und nicht unbedingt den Rummel suchen.