Spätsommertage auf der Insel des Nebels

Es gibt etwas in Schottland, worüber man eigentlich nicht viele Worte verlieren muss, nämlich das Wetter: wechselhaft bis regnerisch. (Text und Fotos: Markus Tischler)

Zum Beispiel im September. Sonnentage sind selten, darauf haben Freunde und Bekannte hingewiesen, darum bedarf es heute einer Notiz in meinem Tagebuch: Der Himmel macht blau, so richtig fett blau. Jedenfalls über der Isle of Skye, die ich jetzt einfach einmal in Isle of Blue Sky umtaufe. Es ist schließlich nicht der erste Tag, an dem ich mich frage, ob ich nicht doch hätte Sonnencreme mitnehmen sollen. Und es wird auf dieser Tour nicht der letzte sein. Tatsächlich werde ich nach insgesamt drei Wochen Radrundreise in Schottland behaupten können, dass ich mein Zelt nicht einmal im Regen aufgebaut oder abgebaut habe. Und ich habe oft gezeltet.

Gut, dass die Klamotten und der Schlafsack wie auch die Isomatte trotzdem jeden Tag feucht sind vom nächtlichen Tau, das lässt sich nicht vermeiden. Dass ich andererseits mit viel Kraftaufwand regelmäßig Regenjacke, Jacke und lange Hose – weil nicht benötigt – in die Packtaschen stopfen muss, war so nicht geplant. Aber kann man vorher ja nicht wissen.

Ich gebe aber auch zu: Die Isle of Skye ist bestimmt nicht überall ein Radfahrerparadies. Aber sie ist so schön, hat so viel an landschaftlichen Highlights zu bieten, dass es dennoch ein Genuss ist, hier mit dem Rad unterwegs zu sein. Auch wenn so mancher Anstieg fürchterlich in die Beine geht, der Wind nicht immer Freund und Helfer ist, sondern vielmehr ein fieser Gegner – ich halte am Straßenrand, wenn mir die Aussicht gefällt. Das Problem ist nur: Ich könnte auf der Küstenstraße A 855 von der malerischen Hafenstadt Portree bis nach Uig an diesem Tag unter diesem tiefblauen Himmel so oft anhalten, dass es sich schon nicht mehr nach Radfahren anfühlen würde.

Da ist dieser Wasserfall, offenbar namenlos und leicht zu übersehen, wenn man mit dem Auto unterwegs ist. Schließlich erhebt sich keine zwei Kilometer weiter der Old Man of Storr gen Himmel. Die Steinnadel zieht die Blicke auf sich, wer schaut da schon nach links und fragt sich, warum es da einen kleinen Parkplatz gibt. Als Radfahrer bin ich nicht schnell genug, als dass mir die wenigen Menschen nicht auffallen würden, die da auf dem kleinen Wanderweg unterwegs sind.

Eine halbe Stunde später bin ab auch ich dann auf dem Weg zum Old Man of Storr. Und ich kann sagen: Die Wanderung, die insgesamt zwei Stunden dauern soll, hat es in sich. Die Aussicht indes ist jeden Schritt und jeden Schweißtropfen wert. Auf einem Trampelpfad Richtung Norden geht es noch Stück höher hinaus, so dass man über den Old Man of Storr hinaus einen Blick auf die Isle of Skye hat. Und wer Zeit hat, sollte sich hier am späten Nachmittag einfinden, wenn die Sonne sich gen Westen bewegt und die Landschaft in warmes und sanftes Licht taucht.

Zwei Wanderer stehen am Fuße des Old Man of Storr, einer gigantischen Felsnadel, die sich in der Trotternish-Region auf der Isle of Skye erhebt. (Foto: Markus Tischler)

Zu diesem Zeitpunkt bin ich schon auf dem Weg nach Uig, nicht ohne den einen oder anderen Stopp. Es ist nicht immer ein ausgewiesener Aussichtspunkt oder eine Ruine, die mich zum Halten veranlasst. Manchmal ist es einfach nur das Panorama: das Meer, das Land, das Licht. Oder alles zusammen.

So was sollte man genießen, denn mit dem Licht – sprich: Sonnenlicht – kann es auch schnell vorbei sein. Tags darauf duckt sich die Quiraing-Region jedenfalls unter einer dicken und grauen Wolkendecke. Und doch verleiht der düstere Himmel dieser Felsbastion in ihren satten Grüntönen eine Dramatik, die schwer in Worte zu fassen ist.

Drei Tage später setze ich mit der Fähre von Armadale nach Mallaig über. Ich habe mich länger auf der Isle of Skye aufgehalten, als ich vorgehabt hatte. Statt von Uig gleich südwärts über Broadford nach Armadale zu fahren, habe ich noch den Westen der Insel erkundet, mir das Dunvegan Castle angesehen, in der ältesten Bäckerei der Insel einen Kaffee getrunken, bin zu den Fairy Pools gewandert und am Rande der Cuillin Hills entlang geradelt. Unterwegs habe ich eine andere Radfahrerin getroffen. Sie hatte es eilig, wollte Freunde in Kyle of Lochalsh besuchen. Das liegt nicht mehr auf der Insel, von der sie offenbar wenig gesehen hat. Die Isle of Skye aber ist kein Ort zum Rasen. Sie ist ein Ort zum Reisen.

MEHR STORIES

Ein sanfter Hauch von Frühling streicht über die belgische Landschaft südwestlich von Brüssel, und mit ihm erwacht eine verborgene Welt ... Weiterlesen

Bei jedem Schritt knirscht und knarzt es, der Wind verstärkt die knackenden Töne noch und trägt sie weiter die Küste ... Weiterlesen

Booking.com

Hinweis: Dieser Beitrag wird regelmäßig von Mitgliedern der Reise-Stories Redaktion wie Heiner Sieger, Gerhard Fuhrmann und Jupp Suttner auf Richtigkeit und Vollständigkeit geprüft. Falls Sie Anmerkungen zu diesem Beitrag haben, kontaktieren Sie bitte direkt hier die Redaktion.

INTERESSANT FÜR SIE

Tipp_Restaurant_Hotel_finden

Entdecken Sie als Local oder auf Reisen die besten Restaurants, Bars, Hotels, Kultur-Highlights oder Freizeitaktivitäten nur zu Ihren Wunschregionen!

Ich stimme den Datenschutzbedingungen zu.