Es braucht nicht mal einen langen Urlaub, um die Faszination der Dolomiten auf Schusters Rappen zu verinnerlichen. Begeisterte Wanderer können auch an nur einem Wochenende so manchen Höhepunkt in der Galaxie des UNESCO Welterbes mitnehmen. Das Programm am Tag 3 führt von Alleghe über Col dei Baldi im Civetta-Gebiet zum verborgenen Coldai-Bergsee.
„Berg und Wasser“, so lautet das Motto unseres dritten Wandertags. Nach einem kurzen Transfer nach Alleghe bringt uns die Kabinenumlaufbahn ins Wandergebiet Civetta. Das ist italienisch für „Eule“, und tatsächlich mutetet das Massiv schon von weitem wie eine Eule mit ihrem ausgebreiteten Gefieder an. Von der Gondel aus faszinieren die Ausblicke auf den hellgrün schimmernden Lago di Alleghe unter uns, die Schwingen der Civetta Richtung Süden und die imposante Formation des Monte Pelmo, die im Osten in den blauen Spätsommer-Himmel ragt.
Von der Bergstation aus startet auf 1922 Metern eine schöne, knapp fünf Kilometer lange Wanderung durch die östlichen Schwingen der Eule Richtung Coldai-Bergsee.
Durch die Schwinge der „Eule“ zum Coldai-See
Da uns die Kabinenbahn die ersten 1000 Höhenmeter Aufstieg erspart, starten wir am Col dei Baldi in 1922 m Höhe gleich mit prächtigem Rundumblick. Nach einem kurzen Abstieg geht es vom Wiesensattel der Forcella d’Alleghe auf einem steingepflasterten Karrenweg hinauf zur aussichtsreich gelegenen Schutzhütte Sonino al Coldai.
Der bei trittsicheren Wanderern beliebte Aufstieg durch die östliche Schwinge der “Eule” bietet herrliche Ausblicke auf das Val Zoldana und einen privilegierten Aussichtspunkt auf den Monte Pelmo, aber auch auf die ebenso imposanten Silhouetten von Cristallo und Antelao bei Corvara sowie auf das zerklüftete Profil der Croda da Lago.
Die Coldai-Hütte ist das Reich von Hüttenwirt Luca, der als Fünfjähriger mit seinen Eltern zum ersten Mal hier hochkam und seit inzwischen 54 Jahren lebt. Die Hütte mit ihren 19 Betten ist bei Wanderern aus der ganzen Welt beliebt, denn sie liegt am Dolomiten-Höhenweg, der vom Pragser Wildsee bis nach Belluno führt. Dieser Weg ist zwar in einer Woche zu schaffen.
„Aber um bei uns übernachten zu können, sollte man schon ein Jahr vorher reservieren“, empfiehlt Hüttenwirt Luca. Die imposante Bergwelt fasziniert ihn jeden Tag aufs Neue: „Jeden Morgen wache ich auf und das Panorama ist immer anders, es war mir noch keinen Tag langweilig hier oben.“ In der Nebensaison entspannt er bei der Jagd, aber immer allein. „Wenn ich unterwegs zwei Menschen sehe, gehe ich wieder heim“, sagt er und lächelt. Aber seine Gäste profitieren dennoch von seinen Ausflügen: Die Spezialität auf der regional geprägten Speisekarte ist das Gulasch vom selbst geschossenen Hirsch.
Hinter der Hütte führt der Weg dann weiter, und über die Scharte Forcella Coldai gelangen wir zum malerischen Lago di Coldai, zu Füßen der mächtigen, mehrere Kilometer breiten Felsmauer des Civetta-Massivs. Auch hier tut es gut, die Füße im kühlen Nass zu erfrischen.
Bruschetta mit Lardo und „Cafe Furbo“
Der Rückweg führt dann noch vorbei bei einer kleinen Hütte bei Piani die Pezzé, die von Primo betrieben wird, der in jüngeren Jahren jahrzehntelang der Trainer der Eishockeymannschaft des HC Alleghe war. Heute bekocht er als Hobby gerne kleine Gästegruppen. Zur Einstimmung auf sein spezielles Menü reicht er erstmal eine Runde Prosecco.
Dann entlockt er dem Backofen schlichte Bruschettas, die allerdings mit einem knusprig-duftenden Lardo-Speck aus dem benachbarten Fassatal belegt sind. Dazu stellt er noch zwei Platten mit Käse aus dem Colle Santa Lucia, der letzten Ladentischen Bastion Richtung Süden, auf den Tisch. Zur flüssigen Begleitung zieht er die Korken aus einem Lugana Monte del Fra , einem Montells Colli Asolani sowie einem I’ll Rosso Dell Abrazia.
Die Hauptspeise hat es dann in sich, aber für hungrige Wanderer ist sie ein Gedicht: Eine riesige Pfanne mit Pasta „Wodka Peperoncina al Primo“, verfeinert mit Panchetta, Petersilie und Zitronenabrieb. Zur besseren Verdauung reicht er dann zunächst einen „Cafe Furbo“ – einheimisch für Espresso mit Grappa. Und zum Abschluss zieht er noch diverse selbst angesetzte Schnäpse aus dem Schrank: einen Nusseler, einen Zirben und einen Kräuter. Nur gut, dass der Rückweg zur Gondel nicht mehr allzu weit ist und uns die Bergbahn gemütlich wieder zurück nach Alleghe bringt.