Wilde Schönheit: Der Bundesstaat im Süden Australiens lockt mit Eukalyptuswäldern und Riesenfarnen, vielfältiger Fauna an den Gippsland Lakes und Traumpanoramen auf der Great Alpine Road.
Der Bundesstaat im Südosten von Australien ist nicht nur der grünste, sondern auch einer der vielfältigsten. Und der zweitkleinste. Was ihn geradezu prädestiniert für einen Roadtrip, der in ein, zwei Wochen ziemlich viel Abwechslung bietet: Seen, Berge, Tiere, Kultur und Kulinarik.
Während die meisten die Great Ocean Road zu den zwölf Aposteln nehmen, liegt mein erstes Ziel östlich von Melbourne: Gippsland.
Zeitsprung in Walhalla
Doch zunächst fühle ich mich wie in eine andere Zeit versetzt. In Walhalla scheinen die Uhren stehen geblieben zu sein. Ein Hotel, eine Handvoll Häuser, die Post und eine Kneipe – alles sieht so aus wie vor 150 Jahren. Nur noch zwei Dutzend Menschen leben hier. Trotzdem oder gerade deswegen lohnt der Abstecher in die alte Goldmine in den Bergen.
In seiner Blütezeit zählte der ehemalige Goldgräberort zu den reichsten in Australien. Wer will, kann auch heute noch sein Glück versuchen und nach Nuggets schürfen (muss sie aber anschließend wieder abgeben, kein Witz).
Wer es ganz stilecht mag, kommt mit der Goldfields Railway nach Walhalla. Auf der vier Kilometer langen Strecke schnauft die Eisenbahn in 20 Minuten entlang des Stringer’s Creek durch üppigen Farnwald das Tal herauf.
Seine Lage ist das, was Walhalla wie einen verwunschenen Ort erscheinen lässt. “Das Rosa der Kirschblüten im Frühjahr und der Kontrast von feuerrotem Japan-Ahorn und dem immergrünen Eukalyptus im Herbst verwandeln die Landschaft in ein Gemälde”, schwärmt Michael Leanney, Besitzer des Star Hotels.
Vom Goldgräberdorf zu den Gippsland Lakes
Mit Sarah Carlisle unternehme ich am nächsten Morgen eine Radtour. Die 34-jährige bietet mit ihrem Unternehmen Venture Out auch Kajakfahrten an, doch Wind und Strömung vor allem in Lakes Entrance erfordern einiges an Kondition. Besonders schön kann man den „Eingang“ vom Meer zu den Seen aber vom Aussichtspunkt des Ortes sehen.
Von Eagles Point geht’s zunächst am Seeufer entlang, durch Teebaumwäldchen und Siedlungen bis nach Paynesville. Wir halten Ausschau nach Kängurus. “Warte, bis wir auf Raymond Island sind, da kommt das Beste, die Koalas”, verspricht Sarah.
Die Überfahrt mit der Fähre dauert kaum fünf Minuten. Schon nach wenigen Metern auf dem Wild Trail entdecke ich meinen ersten Koala. Wie niedlich die aussehen, wenn sie auf dem Baum hocken, wie Kuscheltiere. Zu nah sollte man ihnen trotzdem nicht kommen, angesichts der scharfen Krallen. Die Koalas auf Raymond Island zumindest lassen das Kameragewitter ganz freundlich über sich ergehen.
Ich steige um auf das Motorboot von Nautic Riviera. Cam Johns gibt Gas und wenige Minuten später erreichen wir einen Anlegesteg mit Picknickplatz. Die Pelikan-Kolonie nebenan scheint das gewohnt zu sein. Wer weiß, vielleicht fallen am Ufer immer mal ein paar Häppchen für sie ab.
Es lohnt sich, noch ein paar Schritte weiter zu gehen. Denn was sich hinter der Düne öffnet, ist nicht weniger als gigantisch: mehr als 130 Kilometer langer Sandstrand. Der Ninety Mile Beach gilt als der drittlängste der Welt.
Cam hält Ausschau nach Burrunan-Delfinen, die sich in den Gippsland-Seen tummeln. Burrunan bedeutet in der Aboriginal-Sprache “großer Seefisch der Schweinswal-Art”. Forscher von der Universität in Melbourne haben herausgefunden, dass es sich bei den rund 60 Tieren um eine zuvor nicht bekannte Art von Tümmlern handelt. Nur in der Bucht von Port Philipp bei Melbourne wurden noch weitere Exemplare gesichtet.
Platz haben die Tiere ausreichend, die Gippsland-Seen sind mit zwei bis acht Metern zwar nicht besonders tief, erstrecken sich aber auf einer Fläche, die zehn mal größer ist als das Hafenareal von Sydney.
Spektakuläre Traumstraße: Great Alpine Road
Die Szenerie ändert sich langsam als ich kurz nach Lakes Entrance auf die Great Alpine Road komme. Parallel schlängelt sich der Thomson River Richtung Ozean, während die Straße schnell an Höhe gewinnt. Bis zum Pass auf 1.845 m Meereshöhe weiß ich gar nicht, wohin ich zuerst schauen soll. Eukalytpuswald, Farne, bewaldete Bergflanken und immer wieder Panoramablicke weit ins Land. Weiter oben erscheint die Landschaft fast surreal durch weiß aus der Erde ragende Überreste eines Buschfeuers. Die Natur braucht Zeit, aber sie erholt sich wieder.
Am Mount Hotham liegen noch letzte Fitzelchen Schnee, die der australischen Frühlingssonne bis in den November trotzen. Bis Oktober kann man hier Skifahren oder Langlaufen. Die Great Alpine Road ist die höchstgelegene, ganzjährig befahrbare Straße Australiens.
Nach dem Pass geht’s ebenso kurvenreich wie rasant wieder bergab – in eine andere Welt. Statt rau und wild, erscheint das Tal kurz vor Bright saftig grün, fast lieblich. Die ersten Weinreben tauchen auf. Den Chardonnay aus dem King Valley probiere ich zum Abendessen im Restaurant Elm. Das schmucke Lokal im viktorianischen Stil gilt als eine der besten Adressen im Ferienort Bright.
Für die Nacht wartet eine ganz besondere Unterkunft auf mich, die Kangaroo Lodge. Und die hält, was sie verspricht. Wie ein Empfangskomitee stehen eine Handvoll Kängurus vor dem Haus. Etwas abseits säugt eine Känguru-Mama seelenruhig ihr Baby. Leider sind Kängurus keine Frühaufsteher, zu gern hätte ich sie am nächsten Morgen von der Terrasse aus weiter beobachtet.
Kängurus und Top-Weine im Yarra Valley
Das klappt dann im Yarra Valley umso ausgiebiger. Schätzungsweise mehr als hundert Kängurus sitzen in Grüppchen rund um mein Cottage. Ich muss aufpassen, keinem auf den Schwanz treten, so nah kommen sie. Schwer zu sagen, bei wem die Neugier größer ist. Beeindruckt bin ich jedenfalls immens.
Auch von den Weinen, die in der Weinregion nordöstlich von Melbourne wachsen. Vor allem die Chardonnays können sich mit den Spitzengewächsen im Burgund messen, leider auch preislich. Viele Weingüter bieten Tastings für Besucher, einige, wie die Coombe Farm, betreiben eigene Restaurants.
Nur 45 Autominuten liegt das Yarra Valley von Melbourne entfernt, wo meine Reise endet. Dieses Mal zeigt sich die Metropole am Yarra River von ihrer Sonnenseite und ich wünschte, ich hätte noch ein bisschen mehr Zeit, um über den Fed Square zu spazieren oder durch die hübschen Gässchen, die mir Jess bei der Hidden Secrets Tour gezeigt hat.
Weitere Informationen auf Deutsch gibt es auf offiziellen Website von Visit Melbourne, Victoria, Australien
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