Noblesse und Nostalgie

Eine altehrwürdige Festungsanlage mit Panoramablick mitten in den Bergen entpuppt sich als Luxusresidenz voller außergewöhnlicher Geschichten. Schloss Mittersill ist so ganz anders als die Nobelherbergen im nahen Kitzbühel. 

 

​​Wenn es gute alte Zeiten gegeben haben soll, dann waren sie in Mittersill zuhause. Genau genommen nicht direkt in dem kleinen Ort im Oberpinzgau, den man eher als Zwischenstation auf dem Weg Richtung Süden kennt. Gute 150 Höhenmeter über dem Tal ragt Schloss Mittersill mit seinen mächtigen Mauern und den filigranen Spitztürmen in den Himmel. Gesehen haben das altehrwürdige Schloss an der Straße vom Pass Thurn herunter schon Millionen von Urlaubsreisenden, aber richtig wahrgenommen wahrscheinlich nur die wenigsten. Mag sein, dass das an den hohen Bäumen liegt, deren Geäst viel von der mittelalterlichen Pracht verbergen. Aber zwischen Kitzbühel und Felbertauern sind die Reisenden ganz auf Passage getrimmt, denken kaum daran, hier einen spontanen Stopp einzulegen. Schade eigentlich, denn es würde sich wirklich lohnen. Allein schon wegen der Geschichte.

Exklusiver Club für die Society

​Die beginnt eigentlich ganz konventionell. Die Festung entstand vor rund 900 Jahren als wichtige Station entlang der Nord-Süd-Strecke über den Felbertauern, den auch etliche deutsche Kaiser nutzten. 1228 tauschten es die Bayern mit dem Salzburger Fürsterzbischof gegen Besitzungen am Chiemsee. Bei den Salzburgern blieb es dann bis zur Säkularisierung im frühen 19. Jahrhundert. Interessant wird die Historie dann im Jahr 1935, eigentlich eine sehr ungute Zeit. Damals kaufte der vermögende Baron Hubert von Pantz das Schloss und etablierte dort einen höchst exklusiven Club mit internationaler Mitgliedschaft. 1000 Dollar war die Gebühr hoch, ein für damalige Verhältnisse geradezu utopischer Betrag. Pantz, dessen Familie mit dem Eisenbahnbau reich wurde, konnte sich das Vergnügen locker leisten, ließt das Schloss in ein lustvolles Etablissement umbauen, gründete den Sport & Shooting Club Mittersill. Und der lockte allerhand Celebrities an

Mit Chanel, Ford und dem Schah von Persien

Königin Juliane der Niederlande verbrachte hier 1937 ihre vierwöchigen Flitterwochen. Coco Chanel wurde Stammgast, hatte auch eine Beziehung mit dem Baron. Dazu gibt es die Anekdote, dass sie sich in den Nachkriegsjahren vom Trachtenjanker des Pagen zum berühmten Coco Chanel Blazer inspirieren ließ. Das Urmodell mit den vier aufgesetzten Taschen hat jedenfalls eine nachvollziehbare Ähnlichkeit mit einem Trachtenjanker. Nach dem Krieg kam Pantz zurück ins Schloss, das zwischenzeitlich von den Nazis okkupiert war. Die Geschichte des Sport & Shooting Clubs Mittersill ging weiter. Die Gästeliste war jedenfalls höchst exklusiv, reichte von Gina Lollobrigida, Rita Hayworth und Soraya, die sich hier mit dem von ihr bereits getrennten Schah von Persien traf, bis zu Henry Ford II., dem Herzog von Windsor, Bing Crosby, Bob Hope und Clark Gable. Regelmäßiger Gast war auch der griechische Reeder Aristoteles Onassis. Wie es in solche Kreisen üblich war, hatte man seine individuelle Suite. So kann man sich heute noch in die Gemächer von Coco Chanel, Onassis, Clark Gable oder Henry Ford einmieten. Das Inventar ist allerdings überwiegend erneuert. Gelegenheiten zum Zeitvertreib gab es im Club genug. Es wurde Golf gespielt und auf Tontauben geschossen im Sommer. Im Winter war Skifahren angesagt. Und man dinierte und feierte.

Clark Gable in Mittersill. Quelle Schloss Mittersill
Besuch des Schahs. Quelle Schloss Mittersill

Mitte der sechziger Jahre verlor Pantz wohl den Spaß am Schloss, verlagerte seine Aktivitäten nach Marbella, gründete allerdings ein zweites Mittersill. In Frankonia in den Bergen von New Hampshire in den USA entstand das Mittersill Alpine Resort. Dort wuchs übrigens auch der spätere Skistar Bode Miller auf. Und eine besonders anspruchsvolle Abfahrt heißt dort Mittersill Woods, von der die Einheimischen sagen: ski good or eat wood“. Mit anderen Worten: wer nicht gut fährt, landet am Baum. 

Vom christlichen Verein zum Nobelhotel

​1967 zog die International Fellowship of Evangelical Students (IFES) ins Schloss ein. Eine christliche Organisation, die sich auch politisch stark engagiert. Sie blieb bis 2009, als der Mittersiller Notar Johann Bründl zusammen mit Partnern das Schloss übernahm. Es wurde nun viel Geld investiert, um das historische Bauwerk in ein Hotel der gehobenen Kategorie zu verwandeln. Der Verbindungstrakt zwischen den Hauptgebäuden wurde ausgebaut, neue Zimmer geschaffen, Bäder renoviert und ein Spabereich mit Sauna und Außenpool eingerichtet. Anstelle der alten Ölheizung kam eine Hackschnitzelheizung. Insgesamt wurde sehr grundlegend aber behutsam vorgegangen. 

Die Suite von Coco Chanel. Quelle Weindl

Heute präsentiert sich das Schlosshotel mit seinen 55 Zimmern und Suiten mit einer sehr individuellen Mischung aus Nostalgie und Luxus. Die Suiten der Prominenz gibt es noch von Coco Chanel bis Clark Gable und Henry Ford, freilich nicht mehr im Originalzustand. Aber dennoch mit allerhand nostalgischen Flair,  sodass man sich als Gast unbeschwert wie ein Promi in den fünfziger und sechziger Jahren fühlen mag. Es gibt aber auch Zimmer  auf normalem Viersterne Superior Standard ohne die opulente Geräumigkeit der Suiten. Auch die Hotelküche orientiert sich an hochwertigem klassischen Standard. Damit hebt sich das Schloss betont vom Glamour und Glitzer der Nachbarn im nahen Kitzbühel ab. Im Schloss Mittersill zieht man sich zurück. Man fährt die drei engen Kurven hinauf zum Eingang, parkt in der neuen Garage und freut sich auf unbeschwerte Tage in nostalgischem Ambiente samt permanentem Panoramablick Richtung Felbertauern. Und für den Anfang kann man ja auch nur einen Zwischenstopp im Schlossrestaurant einlegen. Ohne Logis aber mit Stil.

www.schloss-mittersill.com

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Hinweis: Dieser Beitrag wird regelmäßig von Mitgliedern der Reise-Stories Redaktion wie Heiner Sieger, Gerhard Fuhrmann und Jupp Suttner auf Richtigkeit und Vollständigkeit geprüft. Falls Sie Anmerkungen zu diesem Beitrag haben, kontaktieren Sie bitte direkt hier die Redaktion.

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