Mit Erich Kästner durch Dresden

Große Schriftsteller verlieren niemals an Aktualität. Das zeigt sich erneut und äußerst eindrucksvoll, wenn man in diesem Jahr nach Dresden reist. Ein Besuch von Dresden und der Region Elbland im Jahre 2024 kommt einem Zeitraffer durch die Jahrhunderte sehr nahe bei gleichzeitiger Entschleunigung. Künstler und Literaten helfen dabei. Man trifft zum Beispiel auf Erich Kästner (1899-1974), der in der Dresdner Neustadt geboren wurde, oder auf Caspar David Friedrich, den Stadt und Region vier Jahrzehnte lang inspirierten und das die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden in einer Sonderausstellung ab August 2024 zeigen werden. Auch physisch können Gäste in zurückliegende Jahrhunderte schlüpfen. Wer bringt mehr Menschen auf die Straße? In barocken Kostümen gekleidet, wandelt man durch Dresden am 5. September 2024 im Stil des 18. und 19. Jahrhunderts bei der Stadtwette Dresden gegen Greifswald, dem Geburtstag Caspar David Friedrichs. Mitten in der Gegenwart wiederum und doch in die Zeit der künstlerischen Avantgarden versetzt, finden sich die Besucherinnen und Besucher der Ausstellung des neuen Archivs der Avantgarden wieder, das am 5. Mai 2024 eröffnet wird. Dresden und das Dresdner Elbland bieten Kunst und Kultur in allen Facetten und heißen jeden willkommen, der sich für die schönen Dinge des Lebens interessiert. Auf den Spuren eines Erich Kästner zu wandeln heißt auch, Dresden mit der Perspektive des Schriftstellers zu erleben und einen Literaten und Philosophen zu entdecken, der in heutiger Zeit nichts an Aktualität verloren hat.

In der Königsbrücker Straße 66 wurde der Schriftsteller geboren.

Erich Kästner wurde am 23. Februar 1899 in Dresden geboren. Im heutigen Stadtteil Dresdner Neustadt verbrachte er seine Kindheit und Jugend. Speziell die zu den größten noch erhaltenen Gründerzeitvierteln Deutschlands zählende Äußere Neustadt lädt ein, sich auf die Spuren Kästners zu begeben und die Schauplätze seiner Kindheit zu erkunden.

Auch im Haus mit der Nummer 48 wohnten die Kästners in der Dresdner Neustadt.

Zum 125. Geburtstag von Erich Kästner gibt es ein umfangreiches Festjahresprogramm, zu dem Dresden die Bewohnerinnen und Bewohner und die vielen Kästner-Fans aus der ganzen Welt einlädt. Es lohnt sich zum Beispiel mit Kästners autobiographischem Kinderbuch „Als ich ein kleiner Junge war“ in der Tasche die Dresdner Neustadt zu erkunden.

Das dritte Domizil der Kästners im Haus Nummer 38.

Ein guter Startpunkt ist die Königsbrücker Straße 66, wo der spätere Lyriker, Romancier, Kinder- und Drehbuchautor und Journalist am 23. Februar 1899 geboren wurde. An seinem Geburtshaus erinnert heute eine Gedenktafel an ihn. Auch in den Häusern Nummer 38 und 48 verbrachte Kästner einige Jahre seines Lebens.

Der junge Erich beobachtet das Treiben auf dem Albertplatz.

Folgt man der Königsbrücker Straße Richtung Elbe, erreicht man nach kurzer Zeit den Albertplatz. Straßenbahnen, Autos und Menschen tummeln sich an dem Verkehrsknotenpunkt und Tor zur Neustadt. Erich Kästner verbrachte viel Zeit am Albertplatz und in der Villa seines Onkels Franz Augustin in der Antonstraße 1. Von der Gartenmauer des Hauses aus überblickte er das bunte Treiben auf dem Platz. Heute zeigt ein Bronzedenkmal des in Berlin lebenden Künstlers Mátyás Varga den jungen Kästner auf der Mauer sitzend.

Im Kästner Museum kann man den Schriftsteller interaktiv entdecken.

Die restaurierte Villa von Kästners Onkel beherbergt seit 2000 das Erich Kästner Museum. Die Ausstellungsarchitektur ist weltweit einzigartig, denn es bietet keine Frontalpräsentation, sondern regt zum Mitmachen und Entdecken an. In dem mobilen und interaktiven „micromuseum®“ können die Besuchenden in vielen kleinen Schubladen mit Zeitungsartikeln, Briefen und Fotos stöbern und sich so individuell in Kästners Leben und Werk vertiefen. Die Schubladen sind in vier Farben eingeteilt, die je für eine andere Facette des Autors stehen. Mit unterschiedlichen Angeboten, wie der Erich Kästner-Schreibwerkstatt für junge Nachwuchsautoren, der Erich Kästner-Rallye für Schulklassen oder dem jeweils im Februar stattfindenden Erich Kästner-Museumfestivals hält das Museum den Menschen, Schriftsteller und Pazifisten Erich Kästner und dessen Werk lebendig.

Andrea O´Brien leitet das Erich Kästner Museum und bereitet zahlreiche Veranstaltungen vor.

Erich Kästner wurde in der Dreikönigskirche an der Hauptstraße getauft und konfirmiert, in der 4. Bürgerschule in der Tieckstraße ging er zur Schule und im Neustädter Turn- und Sportverein in der Alaunstraße absolvierte der junge Kästner seine ersten Turnübungen. Die Turnhallen wurden im Krieg zerstört und die „Scheune“ errichtet, die heute ein beliebter Veranstaltungsort der Neustadt ist, der allerdings derzeit umgebaut wird. In der Gaststätte „Sibyllenort“ an der Königsbrücker Straße Ecke Jordanstraße, kaufte Kästner einst Bier für das Einstandsfest seiner Mutter als Friseurin.

Ein Hut, eine Kaffeetasse und ganz viele Bücher am Albertplatz …

Eine bronzene Statue am Albertplatz, Ecke Alaunstraße zeigt den für Kästner so typischen Hut und 39 Bücher, von denen jedes für eines seiner Werke steht. Eine Kaffeetasse erinnert an seine schöpferischen Stunden im Kaffeehaus, das Whiskyglas symbolisiert die Vorliebe seiner letzten Lebensjahre. Nur wenige Meter weiter zeigt ein großes Porträt am Haus der „Kästner Passage“ den bekannten Dresdner Autor. Man kann auch in einem ansprechenden Kästner-Ambiente in Dresden nächtigen. Das motel one „Hotel Dresden Palaisplatz“ lädt ein, die lebendige Dresdner Neustadt auf Kästners Spuren zu erleben. Das gesamte Hotel ist von seiner Gestaltung her auf Kästner fokussiert.

Das motel one in Dresden hat sich auf Kästner eingestellt.

Ein Bildnis des in Dresden geborenen Kästner begrüßt die Hotelgäste bereits an der Rezeption, während in der Bar Kästners Aphorismen auf kreative Art in Szene gesetzt sind. Regale voller Bücher und bequeme Sessel in der One Lounge machen es einem leicht, ganz in Kästners Welt einzutauchen. Auch das „tjg. theater junge generation“ ist geradezu prädestiniert dafür, Kästners Werke für die Bühne zu bringen. Im großen Jubiläumsjahr 2024 kommt unter anderem die vielgelobte Inszenierung „Fabian oder der Gang vor die Hunde“ zu Aufführung, bei der das Publikum auf einer fahrenden Drehbühne sitzt. Das Stück wird auch noch in den nächsten Jahren fester Bestandteil des Theaters bleiben und ist geeignet für Jugendliche ab 14 Jahren.

Am Brunnen “Stilles Wasser” am Albertplatz saß der junge Kästner häufig.

Berühmt geworden ist er in Berlin und München, in Dresden aber sitzt er noch immer auf einer Mauer des heutigen Erich Kästner Museums und beobachtet das Treiben auf dem Albertplatz. Wenige Meter nördlich wurde er 1899 geboren, in einer kleinen Mansardenwohnung der Königsbrücker Straße, wo die Mutter in Heimarbeit Leib-binden nähte. Ein Kind der Neustadt, von der aus er Dresden eroberte. In seinem Erinnerungsbuch „Als ich ein kleiner Junge war“ hat er es beschrieben, liebevoll und wie immer mit einem gehörigen Schuss Humor. In Dresden besuchte er die Schule, dann das Lehrerseminar, hier erlebte er den Drill der Rekrutenausbildung, dem Fronteinsatz kam das Kriegsende zuvor. Das Abitur legte er am König-Georg-Gymnasium ab, in dessen Schülerzeitung er sein erstes Gedicht veröffentlichte. Der Rest ist Literaturgeschichte.

In diesem Blumenladen war Kästners Mutter häufig Kundin.

In Berlin, das Kinderbuch „Emil und die Detektive“ und der Roman „Fabian“ waren längst erscheinen, musste er 1933 mit ansehen, wie seine Bücher in Flammen aufgingen. Dass er dennoch in Deutschland blieb, hatte auch mit Dresden zu tun, vor allem wegen der geliebten Mutter, ohne die ein Leben für ihn unvorstellbar war. Unvorstellbar auch, was im Februar 1945 mit seiner Heimatstadt geschah und dennoch Realität wurde: „Die Stadt Dresden gibt es nicht mehr … Ein paar Stunden genügten, um sie vom Erdboden fort zu hexen“, schrieb er und fügte sarkastisch hinzu: „Die vielen Kasernen sind natürlich stehen geblieben“. Hexerei ist es nicht, das vieles von dem, was Kästner als Verlust beklagte, heute wieder im alten Glanz erstrahlt. Das Residenzschloss, der Zwinger, die Semperoper oder der Neumarkt mit dem „alten Wunderbau“ Frauenkirche, in der Kästner „manchmal Motetten mitsang“, das Japanische Palais, das damals noch eine Bibliothek beherbergte, in der er als „Doktorand büffelte“. Oder die Kavaliershäuschen im Großen Garten, in denen der junge Kästner gern gewohnt hätte.

In der Villa seines Onkels ist heute auf zwei Etagen das Kästner Museum untergebracht.

Die Mauer, auf der der kleine Junge heute in Bronze sitzt, gehörte einst seinem begüterten Onkel, dem Pferdehändler Augustin. Die dazugehörige Villa beherbergt heute das Kästner-Museum, minimalistisch im Konzept und doch eine reiche Fundgrube zu Leben und Werk des Autors, dessen Bücher unzählige Auflagen erreichten, in 70 Sprachen übersetzt und mehrfach erfolgreich verfilmt wurden. Einen besonderen Anlass, Erich Kästner zu feiern, bedarf es in Dresden eigentlich nicht, denn das Museum und das nach ihm benannten Haus der Literatur an gleicher Stelle erinnern kontinuierlich an ihn. Im Jahre 2024 aber, wenn sich sein Geburtstag zum 125. Mal und sein Todestag zum 50. Mal jährt, wird der kleine Junge, aus dem ein großer Schriftsteller wurde, in der ganzen Stadt präsent sein. Und das natürlich, wie es sich für Kästner gehört, über „dreizehn Monate“, in einer Ausstellung in der Zentralbibliothek oder in Lesungen, auf Theaterbühnen oder im Museumskino der Technischen Sammlungen, für die Dresdner Philharmonie wurden zwei seiner Kinderbuchklassiker sogar vertont. „Alles Kästner“ heißt das Motto für das Jubiläumsjahr, man hätte es nicht treffender formulieren können.

Erich Kästner hat so manches auf den Kopf gestellt.

Weitere Informationen:

www.dresden.de

www.visit-dresden-elbland.de

www.dresden-kulturstadt.de

www.erich-kaestner-museum.de

Erich Kästner-Biographie: www.kaestnerhaus-literatur.de/erich-kaestner

Literatur zu Kästner und Dresden „Auf den Spuren von Erich Kästner“ von Matthias Stresow, Sandstein Verlag Dresden, ISBN 978-3-96495-140-3

„Als ich ein kleiner Junge war”, Autobiographisches Buch von Erich Kästner für Kinder und Erwachsene mit vielen Bezügen zu seiner Heimatstadt Dresden und die Region, Atrium Verlag

Führungen für Einzelpersonen und Gruppen zu Erich Kästner bieten an

www.igeltour-dresden.de

www.elblandtours.de

www.dresdens-heimliche-mitte.de

Die Kinderstraßenbahn „Lottchen“ kann gebucht werden und ist vereinzelt auch bei öffentlichen Veranstaltungen im Einsatz, www.dresden.de/lottchen

Kästner Drinks halten Einzug im Jubiläumsjahr wie hier im motel one in Dresden.

motel one Dresden, www.motel-one.com/de/hotels/dresden/hotel-dresden-palaisplatz

Neues Restaurant direkt am Theaterplatz, Benjamin Biedlingmeier, ehemals jüngster Sternekoch Deutschlands, OPERA bar&dining, Theaterplatz, 01067 Dresden, www.opera-dining.bar

Luxuriös übernachten: Hotel Taschenbergpalais Kempinski Dresden, Taschenberg 3, 01067 Dresden, Neueröffnung Mitte Februar 2024 nach umfangreicher Renovierung, www.kempinski.com/dresden

Theater Junge Generation Dresden, www.tjg-dresden.de

Zwei Ausstellungen zu Kästner bietet die Zentralbibliothek in Dresden.

Zwei Ausstellungen „Lieschen Neumann will Karriere machen“ und „Erich Kästner neu illustriert noch bis 23. März 2024 in der Zentralbibliothek/Städtische Bibliotheken Dresden im Kulturpalast, Schloßstraße 2, 01067 Dresden, www.bibo-dresden.de

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Jörg Berghoff

Autor Kurzvorstellung:

Jörg Berghoff führt als freier Autor und Journalist seit 1998 ein Pressebüro für Tourismus, Kultur und Sport. Als Reisejournalist spezialisiert auf Irland, Großbritannien, Europa und Australien. Studium der Kunstgeschichte und Ethnologie, Winzermeister und Buchhändler.

Hinweis: Dieser Beitrag wird regelmäßig von Mitgliedern der Reise-Stories Redaktion wie Heiner Sieger, Gerhard Fuhrmann und Jupp Suttner auf Richtigkeit und Vollständigkeit geprüft. Falls Sie Anmerkungen zu diesem Beitrag haben, kontaktieren Sie bitte direkt hier die Redaktion.

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