Mit ihrem kürzlich offiziell eröffneten Landhotel verwirklicht die Betreiberfamilie Bohrer ihre lang gehegte Vision: Ein ganzheitliches Hofkonzept aus Landwirtschaft und Hospitality.
Die ersten Pläne entstanden vor über zehn Jahren, für Chefin und Namensgeberin Petra Bohrer war das Landhotel das “letzte Puzzlestück des Hofs“: der Bohrerhof. In Hartheim am Rhein im beschaulichen Markgräflerland wurde das Landhotel Ende Oktober nach zweieinhalbjähriger Bauzeit eröffnet.
„Wir wollten uns als Gastgeber weiterentwickeln, unsere Hofbesucher nicht nur bewirten, sondern auch ihrem Wunsch nachkommen, auf unserem Hof zu nächtigen“, blickt Bauherrin Petra Bohrer zurück. Nach dem unerwarteten Tod ihres Mannes im März steht sie alleine an der Spitze des Betriebs. Glücklicherweise sind ihre Kinder Melanie und Sebastian samt Ehepartner fest im Familienbetrieb integriert.
Landwirtschaftliche Erzeugnisse, Hofladen, Restaurant – der Bohrerhof in Hartheim ist in der Region längst eine Institution. Die Familie ist seit 40 Jahren in der Landwirtschaft aktiv und zählt zu den großen Gemüseproduzenten in Baden-Württemberg. Auf mehr als 200 Hektar gedeihen Spargel, Zucchini, Kürbis, Chicorée, Feldsalat und seit diesem Frühjahr auch Erdbeeren. Sie werden mit einer eigenen Transportabteilung vertrieben und an regionale Händler ausgeliefert. Der größte Teil der Ernte wird für die Edeka Südwest-Regionalmarke „Unsere Heimat“ produziert.
Ein weiterer Absatzkanal ist der hofeigene, ganzjährig geöffnete Landmarkt, den allein im vergangenen Jahr rund 60.000 Menschen besuchten. Neben den Produkten aus eigenem Anbau findet man dort – auch an Sonntagen – Weine, Liköre und Geschenkartikel von Betrieben aus der Region. Dazu Hausgemachtes aus Bohrers Landküche sowie hofeigene Bäckerei- und Konditoreiwaren.
Die Bohrers setzen konsequent auf Nachhaltigkeit, ihr Hof wird fast ausschließlich mit eigenen Ressourcen betrieben. Eine eigene Fotovoltaikanlage liefert den Strom für Hotel, Gastronomie und Landwirtschaft. Dank zusätzlicher Grundwassernutzung, Wärmepumpe und Photovoltaik-Anlage ist der Bohrerhof samt Gastronomie, Hotel, Landwirtschaft zu 80 Prozent energie-autark.
Auch das Hotel ist Nachhaltigkeit pur. Es besteht aus einem dreigeschossigen Holzbau in Tafelbauweise und wurde überwiegend mit Holz aus der Region gebaut, das von lokalen Betrieben verarbeitet wurde. 1500 Kubikmeter Holz und 1200 Kubikmeter Holzfaserdämmung wurden verbaut – zertifiziert nach dem Reglement der Deutschen Gesellschaft für nachhaltiges Bauen. Zement und Stahlbeton waren tabu. Durch diese Bauweise ließen sich 4500 Tonnen Kohlendioxid einsparen.
Die 64 Zimmer kosten zwischen 130 und 180 Euro pro Nacht und sind sämtlich mit Balkon oder Terrasse ausgestattet. Die hellen Massivholzmöbel wurden eigens von regionalen Schreinern angefertigt. Eine gemeinsame, Maxibar genannte Küche ersetzt die Minibar auf jedem Zimmer. Die Idee dahinter: Benötigt nicht jeder Gast einen eigenen Kühlschrank, lässt sich der Energieverbrauch weiter reduzieren. Die Regelung der Raumtemperatur der Hotelzimmer erfolgt über ein ausgeklügeltes Kühlbalkensystem, das über die Grundwasserstände der Rheinebene läuft. Da die mit Holz verkleidete Konstruktion zugleich die Luft entfeuchtet, herrscht ein sehr konstantes Raumklima.
Die Investitionssumme von 13 Millionen Euro wurde komplett via Crowdfunding aufgebracht – ohne zusätzliche Kredite von Banken. Mehr als 500 Anleger haben im Schnitt 25.000 Euro investiert (die Mindestsumme liegt bei 10.000 Euro, das Agio bei zwei Prozent) und erhalten jährlich fünf Prozent Dividende. Durch die Eintragung ins Grundbuch ist das Risiko überschaubar.
Dieses Finanzierungskonzept ging bislang problemlos auf und sichert die weiteren Bauphasen. Im kommenden Jahr sollen ein Schwimmbad und eine Saunalandschaft samt Badehaus entstehen. „Vor jedem großen Meilenstein in der jeweiligen Bauphase muss das fehlende Kapital rechtzeitig auf dem Konto sein“, betont Petra Bohrer – und fügt verschmitzt lächelnd hinzu: „Manch einer würde es vielleicht schon als eine Art Nervenkitzel formulieren.“
Der Seniorchefin selbst ist Nervosität gänzlich fremd. Sie hält es lieber mit ihrem viel zu früh verstorbenen Mann: “Er sagte immer, das Glas ist halb voll und nicht halb leer. Genauso wollen wir hier weitermachen.”
Fotos: Markus Edgar Ruf