Wie fühlt es sich an, scheinbar übermächtige Nachbarn zu haben? Fieberbrunn in Tirol müsste ein Lied davon singen können. Mit den Nachbarn Leogang und Kitzbühel liegen zwei absolute Tourismus-Schwergewichte in unmittelbarer Nähe. Dabei haben das Pillerseetal und die Gemeinde Fieberbrunn eigentlich alles, was man sich nur wünschen kann. Ein Wochenende im Paradies.
Donnerstagnachmittag. Tirol. Die Ankunft am Bahnhof in Fieberbrunn ist bereits angekündigt. Noch vor der Ankunft leuchtet schon die SMS mit der Bestätigung des Shuttles für die Abreise am Sonntag auf. Hier wird nichts dem Zufall überlassen. Am Bahnhof wartet bereits das Shuttle, freundschaftlicher Tiroler Empfang inklusive. »A home away from home« wollen sie im »All Suite Resort« bieten, in dem wir die kommenden Tage verbringen – herzlich empfangen fühlen wir uns schon, bevor wir das Resort auch nur betreten konnten.
Das »All Suite Resort« fährt einen anderen Ansatz, als man es von klassischen Hotels oder Ferienwohnungen gewohnt ist. Ein Hotel ist es im klassischen Sinne nicht – dafür fehlt beispielsweise das Frühstücksbuffet. Frühstück aufs Zimmer bestellen kann man aber sehr wohl – auch, wenn das bei der großzügigen Küchenzeile und dem Bäcker im Erdgeschoss eigentlich nicht gebraucht wird. Eine reine Ferienwohnung findet man hier aber auch nicht. Mit Rezeption, einer eigenen Saunalandschaft und Fitnessraum ist das Angebot deutlich über dem Gewohnten. Soviel zu den Eckdaten. Fällt die Tür des »home away from home« ins Schloss, ist man ganz für sich – beispielsweise mit zwei Schlafzimmern, zwei Bädern, großem Wohn-Ess-Bereich und wahlweise Garten oder Balkon. Nicht günstig (Elastisches Preismodell, richtet sich nach der Auslastung), aber deutlich unter dem, was man beispielsweise bei den Tiroler Nachbarn in Kitzbühel oder Leogang zahlt – und dabei auch vom Standort den anderen beiden in Nichts nachstehend.
Wasserspaß für alle
Es ist sicher lästig, immer verglichen zu werden – gerade, weil sowohl im Winter – als auch im Sommertourismus Kooperationen der Region Saalbach Hinterglemm Leogang Fieberbrunn im Vordergrund stehen. Lassen wir das hier also einmal gut sein und starten in ein aktives Wochenende, betrachtet vom Ausgangspunkt Fieberbrunn. Hier kommen bei Schnee freilich die Wintersportler auf ihre Kosten – Menschen, die es eher mit dem Sommer halten, aber mindestens genauso. Rennrad. Mountainbike, Wandern, Klettern, Wassersport – wer hier in Tirol nichts findet, findet es nirgendwo. Beginnen wir im Wasser: Zu nennen wäre der Lauchsee, der direkt in Fieberbrunn liegt und neben reichlich Liegeflächen am Ufer auch mit einer Gastronomie aufwartet. Praktisch ist auch die Nähe zum Pillersee, der unter anderem mit Stand-Up-Padle, Tretbooten und der Möglichkeit zum Baden aufwartet. Anders als bei vielen anderen Seen in Österreich ist der See fast komplett öffentlich zugänglich – ein großes Plus für entspannten Badespaß ohne großes Gedränge am Ufer. Einzig einige Naturschutz-Zonen müssen ausgespart werden. Zum See fährt man beispielsweise mit den öffentlichen Verkehrsmitteln, die in der Gästekarte inkludiert sind, oder auch mit dem Rad.
Österreichs größte Bikeregion
Womit wir bei einem der größten Pluspunkte der Region wären. Wer mit dem Rennrad sonst ungern auf Radwegen fährt, sollte sein Rad einmal in Fieberbrunn auf den Asphalt lassen. Das Netz der Radwege ist hier nicht nur weitläufig, sondern auch so modern und eben, dass man sich den Stress auf den Landstraßen mit Autofahrern wirklich sparen kann. Noch mehr Streckenauswahl haben Freunde des Gravel- und Mountainbikesports. Mit dem Rad könnte man sogar zu einem der absoluten Highlights der Region auf den Berg radeln – wobei sowohl die Wanderrouten, als auch der Sessellift als Optionen auf dem Weg zum Jakobskreuz zur Verfügung stehen.
Begehbares Gipfelkreuz – warum auch nicht?
Auf 1.456 Meter thront das Jakobskreuz mit seinen 30 Metern über dem Pillerseetal und ermöglicht neben dem phänomenalen Blick über das Tal auch eine einmalige Weitsicht – beispielsweise mit Blick auf den Großglockner. Das besondere am Jakobskreuz? Es ist begehbar und bietet von oben nochmal einen besseren Ausblick, als er unten ohnehin schon ist. Die moderne Architektur des Gebäudes in einer Mischung aus Glas und Holz fügt sich dabei harmonisch in die Umgebung ein und darf wohl als Kunstwerk für sich betrachtet werden. Wer im Pillerseetal urlaubt, sollte hierhin in jedem Fall einen Ausflug planen. Mit der Bergbahn ist der Gipfel der Buchensteinwand in wenigen Minuten erreicht – wer etwas mehr Zeit mitbringt, kann aber auch die gut ausgeschilderten Wanderpfade nutzen. Wandern im Allgemeinen ist eine der ganz großen Stärken rund um Fieberbrunn. Wer im Ortszentrum startet, dem eröffnen sich etliche Optionen für Wanderungen in der Gegend. In jeweils rund zweieinhalb Stunden Entfernung liegen beispielsweise die Pulvermacher Almhütte, die im Winter für wilde Tiroler Après-Ski-Partys bekannt ist und im Sommer neben ausgezeichneter österreichischer Küche auch eine beeindruckende Auswahl an Weinen bietet. Eine weitere Option bietet sich mit der Grießbodenalm, die nach vorheriger Absprache Frühstück und Picknick anbietet. Wer sich beweget, möchte schließlich auch gut Essen und in puncto Kulinarik kann sich die Region sehen lassen.
Der wohl frischeste Fisch in ganz Tirol
Kehren wir noch einmal zurück an den Pillersee, wo mit der Forellenranch ein Highlight für alle Fischliebhaber wartet. In Tirol frischen Fisch essen? Das geht wohl nirgendwo so unmittelbar, wie hier direkt am Pillersee. Was Alexander Massinger und sein Team hier aufgebaut haben, scheint wie die perfekte Symbiose aus alpenländischer Gemütlichkeit und mediterraner Fischküche. Direkt an die Terrasse des Restaurants grenzen die vor einigen Jahren angelegten Fischweiher, in denen unter anderem Forellen, Saiblingen, Seeforellen und Lachsforellen schwimmen. Frischeren Fisch in Tirol wird man wohl nicht bekommen.
Und dann ist es nach viel Bewegung, viel Erholung, viel Essen auch schon wieder Sonntag. Das Shuttle zum Bahnhof fährt pünktlich, ein letztes herzliches Gespräch am Bahnhof und dann war es das. Würde man das Haar in der Suppe suchen, könnte man kritisieren, dass Fieberbrunn ein bisschen die Spezialisierung auf eine Zielgruppe fehlt. Aber mal ehrlich, warum sollte man sich spezialisieren, wenn man – wohlgemerkt ohne sich zu verrenken – für alle möglichen Zielgruppen etwas bieten kann? Sportler, Familien, Menschen, die einfach nur in den Bergen ausspannen wollen, für alle ist etwas geboten. Und das macht Fieberbrunn dann wohl wirklich zum »Hidden Champ« Tirols – wobei in ein paar Jahren das »Hidden« auch gestrichen sein dürfte.
Fotos: Klemens König, All Suite, Fieberbrunn, Felix Moßmeier