Von den idyllischen Elbauen zur barocken Prachtmeile, vom bunten Szeneviertel zur gläsernen Industriekultur – die vielen Gesichter Dresdens zeigen sich in der Weihnachtszeit besonders stimmungsvoll.
„Geschichte, Kunst und Natur schweben über Stadt und Tal wie ein von seiner eigenen Harmonie bezauberter Akkord“. So hat Erich Kästner sein Dresden beschrieben. Blickt man, wie einst der Maler Canaletto, vom Neustädter Elbufer unterhalb der Augustusbrücke über die beschaulich fließende Elbe, hat man die majestätische Silhoutte der Altstadt vor Augen und spürt, was der unvergessene Dichter meinte. Ein Raddampfer der „Weißen Flotte“ schiebt sich behäbig vorbei, bevor er mit schrillem Pfiff am gegenüberliegenden Terrassenufer anlegt. Hier beginnt die Prachtmeile mit Semperoper, Zwinger und Residenzschloss, überragt von der katholischen Hofkirche und der berühmten Frauenkirche.
Am Theaterplatz ist Treffpunkt für einen Rundgang durch die Altstadt der 530.000 Einwohner zählenden Sachsenmetropole, die sich zur Weihnachtszeit festlich herausgeputzt hat. Die glitzernde Weihnachtsmeile vom Hauptbahnhof über die Prager Straße zum Altmarkt stellt die wichtigsten Sehenswürdigkeiten fast in den Schatten. Kein Wunder, denn der Dresdner Weihnachtsmarkt, der zum 580. Mal seine Pforten geöffnet hat, bietet sst einige Attraktionen. „Wir haben nicht nur den ältesten Weihnachtsmarkt in Deutschland“, erklärt der Stadtführer. „Bei uns steht auch die weltgrößte Stufenpyramide“. Vierzehneinhalb Meter misst das beeindruckende Kunstwerk, das nach alter Tradition im Erzgebirge gefertigt wurde. In einer Stollenbäckerei erfährt man, dass der Striezel im Mittelalter dem Markt seinen Namen gegeben hat. Mit einem vier Tonnen schweren Riesenstollen, der vom Zwinger über die Semperoper, vorbei an der Frauen- und Hofkirche bis hin zum Striezelmarkt reicht, wird der Namensgeber alljährlich genussvoll gewürdigt.
Die heimische Tradition spielt auch bei den kunsthandwerklichen Angeboten eine große Rolle. Neben Schnitz- und Töpferwaren und den leckeren Lebkuchen aus Pulsnitz hat der „Dresdner Pflaumentoffel“, ein Backpflaumenmännchen, das Glück bringen soll, seinen festen Platz. Während die Ausstellung „Die Welt der Kleinen – Kinderspielzeug aus zwei Jahrhunderten“ im Stadtmuseum Vorfreude auf Weihnachten weckt, versetzt die Märchenwelt Humperdincks mit „Hänsel und Gretel“ in der Semperoper in weihnachtliche Stimmung. Die legendäre Akustik in dem einzigartigen Opernhaus bezeichnete der einstige Hofkapellmeister Richard Wagner einst als seine „Wunderharfe“.
Prunkvolle Schätze im Schloss
Unsummen hat der Wiederaufbau des pompösen Residenzschlosses der sächsischen Könige verschlungen. In den Tiefen des verwinkelten Bauwerks im Renaissance-Stil offenbaren sich unglaubliche Schätze. Allein im Grünen Gewölbe versetzen über 3000 Pretiosen höchster Juwelier- und Goldschmiedekunst in Staunen. Nach der schieren Überdosis barocker und orientalisch-türkischer Kunst in den festlichen Räumen aus der Ära von August dem Starken brauchen die Sinne eine Ruhepause. Dafür bieten sich die Brühlschen Terrassen an. Der freie Blick über die verschneiten Elbauen vor den historischen Prachtbauten hat der Promenade den Beinamen „Elbflorenz“ eingebracht.
Durch die nahe gelegene Münzgasse geht es zum Neumarkt, wo sich die nach kompletter Zerstörung originalgetreu aufgebaute Frauenkirche erhebt. Nicht nur zur Weihnachtszeit stehen die Besucher vor dem protestantischen Gotteshaus Schlange, um den festlichen Orgelklängen zu lauschen.
Am Rande des Großen Gartens, den die Dresdner auch gerne ihren „Central Park“ nennen, hat das VW-Werk einen weltlichen Tempel errichtet. In der „Gläsernen Manufaktur“ gleiten die „Gerippe“ der Luxuskarossen „Phaeton“ und „Bentley“ über Parkettböden. Mit weißen Handschuhen montieren die Mechaniker die von der werkseigenen Straßenbahn angelieferten Bauteile. Alles transparent, aber doch irgendwie top secret. Fotografieren ist jedenfalls nicht erlaubt. „Wegen möglicher Werksspionage“, lässt der Werksführer durchblicken.
Vom Sanierungsfall zum Szenetreff
Wie die Kultstätte der Luxuslimousinen verkörpert die aus ihren Ruinen entstandene Frauenkirche das moderne Dresden. Spätestens bei einem Bummel durch die Äußere Neustadt wird klar: Dresden ist keine barocke Schaufassade. Im bunten Szeneviertel hinter dem Albertplatz trifft man auf das Kontrastprogramm zur glanzvollen Hochkultur. Buntes Treiben herrscht in den Kneipen und Bars mit einladenden Namen wie „Wohnzimmer“, „Kochbox“, „Lila Soße“ oder dem „Bauzner Tor“ gleich neben dem Erich Kästner Museum. Bis morgens um sechs kann man sich dem Jazz, House oder lässigen Groove hingeben. In Dresdens Gründerzeitviertel, das sich vom Sanierungsfall zum Szenetreff gewandelt hat, ist Sperrstunde ein Fremdwort.
Mit einem Besuch im prunkvollen Zwinger am Theaterplatz schließt sich der Kreis. Während sich alles auf dem Striezelmarkt tummelt, ist es in der Galerie der Alten Meister im Ostflügel des weltberühmten Museums angenehm ruhig. Mit Muße kann man die bedeutendste Sammlung italienischer Renaissancemalerei betrachten und entdeckt dabei auch Canalettos berühmtes Gemälde “Ansicht von Dresden“, das man zuvor schon Life aus dem Blickwinkel des Malers vor dem heutigen Hotel Bellevue auf der anderen Elbseite gesehen hat.
Renate Wolf-Götz
Informationen
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Literatur: „Die Feine Sächsische Art“, Manufakturen in Sachsen,
Preis 39.90 Euro