Von der klassischen Milch-Semmel-Kur zur individualisierten Darmtherapie – wie bleibt die Mayr-Kur im Zeitalter von Superfoods und Ernährungstrends relevant? Dr. Sepp Fegerl, Vorstandsmitglied der Internationalen Gesellschaft der Mayr-Ärzte zeigt auf, wie die Mayr-Medizin aktuelle Ernährungstrends integriert und warum sie bei chronischen Krankheiten oft mehr bewirken kann als erwartet.
Herr Dr. Fegerl, was macht die Mayr-Medizin in einer Zeit von Ernährungstrends und Superfoods so zeitlos und relevant?
Dr. Sepp Fegerl: Die Mayr-Medizin ist keine Ernährungsform, sondern schafft die Voraussetzungen, dass der Verdauungstrakt wieder möglichst leistungsfähig wird. Dann kann der Körper Superfoods und auch schwieriger zu verdauende, hochwertige Nahrungsmittel verarbeiten, ohne Beschwerden zu entwickeln.
Die moderne Mayr-Kur geht weit über Semmel und Milch hinaus. Was sind die entscheidenden Weiterentwicklungen der Mayr-Medizin?
Das Wissen über die Physiologie und das Darmmikrobiom hat sich in der Mayr-Medizin erweitert und eröffnet breitere Möglichkeiten für eine hoch individuelle Therapie und verschiedene Diätformen. Die Basisprinzipien – Schonung eines überforderten Systems, Säuberung eines trägen Darms durch Normalisierung von Tonus und Motilität, Schulung von Darm und Essverhalten sowie Substitution bei Mangelzuständen – bleiben aber weiterhin die Grundlage.
Viele Menschen glauben, sie ernähren sich gesund – Sie sagen: fast alle irren sich. Warum?
Ein Blick in den Spiegel überzeugt, wenn man die anatomischen und physiologischen Zusammenhänge von Darm, Bauchform und Haltung kennt – siehe dazu auch den Filmbeitrag Bauformen und Haltungen.
Welchen Stellenwert hat der Darm in der Gesamtgesundheit – und was unterschätzen wir in seiner Pflege am meisten?
Wir kennen die Darm-Achsen als Verbindung zu praktisch jedem Organ. 80 Prozent des Immunsystems hängen mit dem Darm zusammen, Hormone und Psyche werden beeinflusst. Wir sprechen meist darüber, was man essen sollte. Das Wie wäre aber noch viel wichtiger: In Ruhe, gut gekaut, mit allen Sinnen.
Eine gesunde Darm-Schleimhautbarriere bedeutet weniger neurodegenerative und kardiovaskuläre Krankheiten. Typ-2-Diabetes ist mit der Mayr-Medizin oft reversibel.
Dr. Sepp Feigerl
Inwiefern kann eine konsequente Mayr-Ernährung altersbedingte Erkrankungen wie Diabetes, Alzheimer oder Herz-Kreislauf-Leiden verhindern – oder sogar rückgängig machen?
Eine gesunde Darm-Schleimhautbarriere bedeutet weniger Entzündung, weniger „leaky brain-blood barrier“ und damit weniger neurodegenerative und kardiovaskuläre Krankheiten. Typ-2-Diabetes ist mit der Mayr-Medizin oft reversibel.
Wie erklären Sie einem skeptischen Patienten den langfristigen Nutzen von Fasten?
Ich empfehle, sich den Film „Bauchgefühl – Das Leben des F.X. Mayr“ bei ServusTV, den arte-Film über Fasten oder die Interviews auf QS24 anzusehen – oder noch besser, sich bei einem Mayr-Arzt die eigene Ist-Situation erklären zu lassen.
Ketose, Intervallfasten, Dinner Cancelling – wie integriert die moderne Mayr-Medizin diese Methoden?
Das ist alles ein fester Bestandteil der Variationsbreite in Diät und Kurdurchführung.
Und wie stehen Sie zur vegetarischen oder veganen Ernährung in diesem Kontext?
Da sehe ich kein Problem!
Was ist Ihre persönliche Empfehlung: Wenn Menschen nur eine einzige Ernährungsregel befolgen würden – welche wäre das?
Wie schon gesagt: In Ruhe, gut gekaut, mit allen Sinnen.