Costa Rica – Reichtum in Grün


Der Traum der einstigen Eroberer hat sich nicht erfüllt. In Costa Rica, der „reichen Küste“, fanden sie keine Goldschätze. Stattdessen bietet das tropisch grüne Land zwischen Karibik und Pazifik Traumstrände, fruchtbare Hochtäler und eine Vielfalt an Tieren und Pflanzen.

Bild oben: Zwischen den Karibik- und PazifikKüsten breiten sich fruchtbare Hochtäler aus  |  © Renate Wolf-Götz

Exotischer Frosch im Mawamba-Park | © Renate Wolf-Götz

Seit Tagen schwärmt Mariela von Tortuguero. Dabei kennt die Reiseleiterin aus San José, der Hauptstadt Costa Ricas, fast jeden Nationalpark in ihrem Heimatland, das sich zwischen Panama und Nicaragua erstreckt. Das 700-Seelen-Dorf Tortuguero inmitten des gleichnamigen, geschützten Parks sei einfach ein besonderer Ort zum Wohlfühlen, meint die Tica, wie sich die Einheimischen selbst nennen. Vielleicht weil man nur per Boot hinkommt? Der Weg zur Bootsanlegestelle ist erst einmal holprig. Während das kleine Land nach Abschaffung des Militärs kräftig in Bildung und in das Gesundheitswesen investiert hat, lässt das Straßennetz noch zu wünschen übrig. In den Bananenplantagen links und rechts der Schlaglochpiste ist Erntezeit. Statt sonnengelber Früchte sind nur blaue Plastiksäcke zu sehen. Besonders einladend sieht das nicht aus, aber es erfüllt seinen Zweck: „Alle Bananen müssen für den Export gleichzeitig reif sein“, sagt Mariela. Nach dem Verladen rumpeln die 28-Tonner mit Chiquita-, Delmonte- und Dôle-Logo Richtung Puerto Limón. In dem einst bedeutenden Hafen, wo Christoph Kolumbus 1502 vor Anker ging, warten riesige Containerschiffe auf die frisch geerntete Fracht.

Auf Bootstour durch die Kanäle des Tortuguero-Flusses | © Renate Wolf-Götz

Fast unverhofft tut sich schon nach wenigen Kilometern eine andere Welt auf. Im weißen Elektroboot gleitet man lautlos über den Tortuguero-Fluss und lässt sich vom meterhohen Schilfrohr einen angenehmen Luftzug ins Gesicht fächeln. Nach einer knappen Stunde legt der Flitzer an der Mawamba Lodge an, wo es zur Begrüßung einen Drink gibt, der so bunt ist, wie die Vögel in den Bäumen rund um die Gästehäuschen. Zwischen wildem Trällern und Pfeifen krächzt der grüne Ara in der Krone eines Mandelbaumes. „Prominente Begrüßung“, scherzt Gästebetreuer Maurizio. Der bunte Papagei sei selbst hier selten zu sehen, zumindest lebend.

Frische Kokosmilch bietet ein Händler am kleinen Hafen in Tortuguero an | © Renate Wolf-Götz

Über dem kleinen Hafen im Dorf thront der knallbunte Vogel in Überlebensgröße. Doch nicht der Vogel, sondern die Grüne Meeresschildkröte gilt als Wahrzeichen von Tortuguero, das übersetzt  Schildkrötenjäger bedeutet. Über Jahrhunderte hatte das Dorf zwischen dem Tortuguero-Fluss und dem Karibischen Meer vom schwunghaften Handel mit den Meerestieren gelebt. Panzer, Fleisch und nicht zuletzt die Eier setzten die Ticos solange in klingende Münze um, bis die begehrten Schildkröten auszusterben und somit das lukrative Geschäft zu versiegen drohte. Rettung brachte die Sea Turtle Conservancy (STC) aus Florida, die sich seit einigen Jahrzehnten um Meeresschildkröten kümmert. „Unser Einsatz hat dazu beigetragen, dass der Nationalpark Tortuguero gegründet wurde“, betont Diana Horgen. Die Leiterin des Besucherzentrums der gemeinnützigen Organisation erklärt, wie Meeresbiologen das Reptil mit Sendern ausstatten und entlang Küste im Tortuguero Nationalpark erforschen. Wer eine der Grünen Meeresschildkröten für 35 US Dollar pro Jahr adoptiert, kann ihre Spuren in dem einstigen Jagdrevier, das sich zum Schutzgebiet entwickelt hat, per Internet verfolgen.

Spannung versprechen auch die nächtlichen Schildkrötentouren. Gruppenweise geht es Richtung Strand. Mit Funkgeräten halten die Guides Kontakt. Sobald ein Muttertier zur Eiablage eingetroffen ist, kommt das Signal zur Schildkrötenpirsch. Fast ein bisschen gespenstisch wirkt es, wie die dunkel gekleideten Gestalten im Gänsemarsch dem Schein der Rotlichttaschenlampe ihres Guides folgen. Nichts Helles und kein Laut soll die Gebärende stören. Nachdem sie haufenweise Eier abgelegt hat, schaufelt das gepanzerte Tier mit letzter Kraft die Sandgrube zu und watschelt zurück ins Meer.

Faultiere fühlen sich in den oberen Baumregionen am wohlsten © Renate Wolf-Götz

Für die Kanutour durch die Kanäle des Tortuguero-Flusses am nächsten Morgen gibt es keine Auflagen. In hellbuntem Outfit darf nach Herzenslust fotografiert werden. „Nur nicht zu weit aus dem Boot lehnen“, empfiehlt Naturführer Eddy. Der Grund für den guten Rat schwimmt gut getarnt auf einem modernden Baumstamm vorbei. „Das ist nur einer der vielen Kaimane hier in den Flussläufen“, sagt der Afro Costaricaner. Seine Vorfahren waren die ersten Einwanderer, die sich an der karibischen Küste Costa Ricas niedergelassen haben. Garten Eden oder Arche Noah wird das kleine, mittelamerikanische Land auch genannt, das kaum größer ist als Niedersachsen. Während sich auf ganz Deutschland 16 Nationalparks ausbreiten, stehen in Costa Rica 26 Parks unter nationalem Schutz. Unzählige Tier- und Pflanzenarten entfalten sich in dem karibischen Dschungel zwischen exotischen Baumriesen und tropischen Mangrovenwäldern. Kapuzineräffchen, Faultiere und Papageien entdeckt man in den oberen Baumregionen, während das Chamäleon und die Leguane, die Tapire, Schlangen, Echsen und Frösche das Unterholz bevölkern. Farbenprächtige Schmetterlinge umschwirren weit ausgreifende Lianen. Beeindruckt schaut man ihnen noch nach und schon surft einer der exotischen Vögel auf einem Ast vorbei.
Natur zum Greifen nah. Das wollen die Ticos mit vielen kleinen Projekten bewahren. Enrico Obando trägt mit seiner Recyclinganlage dazu bei. Aus geschredderten Plastikflaschen sowie Glas- und Keramiksplittern, die einst die Strände verschmutzten, entstehen unter Zusatz von Zement   solide Ytongbauplatten. „Die sind gefragt bei unseren strengen Bauvorschriften“, erklärt der Chef des kleinen Unternehmens für Müllverwertung.

Beim Strandspaziergang in der frühabendlichen Dämmerung ist tatsächlich kein Müll zu entdecken. Vereinzelt liegen Zweige im weißen Sand, die der heftige Wind der tosenden Karibik von den Bäumen gefegt hat. Plötzlich setzt ein wildes Gewusel zwischen den sandigen Furchen ein. Frisch geschlupfte Schildkröten rennen hektisch in Richtung Wasser. Ein faszinierender Moment. Mariela hat ihn verpasst und ärgert sich. Bis zum nächsten Trip in ihr geliebtes Tortuguero kann sie die Schildkrötenspuren im Internet verfolgen.

Renate Wolf-Götz

Informationen

Anreise
Delta fliegt mit Zwischenstopp über Atlanta/USA, www.delta.com
(ab 700 €). Dafür ist ein Transitvisum (ESTA) erforderlich. Das spart man sich mit Iberia (fliegt über Madrid ab 900 €) sowie mit einem Direktflug Frankfurt/M.-San José mit Condor (ab 760 €).

Reisezeit
In Costa Rica herrscht Tropenklima. Die Trockenzeit beginnt im November und hält bis April an. Von Mai bis November ist Regenzeit mit sonnigen Vormittagen und Regen nachmittags.
Die Nistzeit der Grünen Meeresschildkröte reicht von Juli bis Oktober.

Unterkunft
Mawamba Lodge, Tortuguero, Beispiel: 2 Nächte inklusive Transfer ab San José, geführte Bootstour auf den Kanälen sowie Ausflüge, 593 €
Im Dorf Tortuguero gibt es eine beachtliche Auswahl an einfacheren, sauberen Unterkünften.
Beispiel: Hotel El Icaco
www.hotelelicaco.com

Währung
Colones, 1 Euro entspricht 760 Colones
Mit USDollar kann man fast überall bezahlen – 1 USD entspricht 0,92 €
Umtausch vor der Reise empfiehlt sich.

Allgemeine Informationen
Instituto Costaricense de Tourismo (ICT), www.visitcostarica.com
Die website des costa-ricanischen Fremdenverkehrsamts informiert auch auf Deutsch.

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Hinweis: Dieser Beitrag wird regelmäßig von Mitgliedern der Reise-Stories Redaktion wie Heiner Sieger, Gerhard Fuhrmann und Jupp Suttner auf Richtigkeit und Vollständigkeit geprüft. Falls Sie Anmerkungen zu diesem Beitrag haben, kontaktieren Sie bitte direkt hier die Redaktion.

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