Cemitério das Âncoras – Reise in die Vergangenheit der Algarve

Es ist ein wundervoll magischer Ort, der nur in wenigen Reiseführern vorkommt: Am Praia do Barill im Osten der Algarve liegt der Friedhof der Anker.

Wer hierher kommt, kennt sich entweder aus, oder er hat diesen Ort mit viel Spürsinn entdeckt. Denn der Praia do Barill liegt abseits der weltberühmten, aber touristisch überlaufen Felsformationen der Westalgarve zwischen Lagos und Faro. Im Naturpark Ria Formosa, nahe dem Städtchen Tevira im Osten der Algarve gelegen, findet man diesen hübschen, ruhigen Strand und seinen verborgenen Schatz auch nicht ohne weiteres.

Schon der Weg dorthin ist eine kleine Reise in die Vergangenheit – sofern man nicht den etwa anderthalb Kilometer langen Fußweg durch die Lagune nimmt, um zum Strand zu gelangen. Nostalgie pur ist auf jeden Fall die wie aus der Zeit gefallene Lagunen-Bahn, die dort hinfährt. Gezogen von einer schnucklig-kleinen Lokomotive – die der „Emma“ aus der „Augsburger Puppenkiste“ zum Verwechseln ähnlich sieht – zuckelt der knallrote Waggon auf schmalen Schienen über die Lagune. Schon die Fahrt ist ein Erlebnis für sich. Seit mehreren Jahrzehnten pendelt der Bummel-Zug schon durch den malerischen Naturpark und bringt die Gäste direkt zum „Friedhof der Anker“, unmittelbar am kilometerlangen weißen Sandstrand.

Zeugnis des Thunfischfangs an der Algarve

Hier bietet sich ein faszinierender Anblick: Hunderte von rostigen Ankern, tief im Sand steckend, erstreckten sich über die Dünen. Der Cemitério das Âncoras, wie er auf Portugiesisch heißt, ist ein eindrucksvolles Freiluftmuseum und gleichzeitig ein Mahnmal für eine vergangene Ära. Diese mehr als 200 Anker sind stumme Zeugen der einstigen Thunfischindustrie an der Algarve.

Im 19. und frühen 20. Jahrhundert war der Thunfischfang an der Algarve ein blühendes Geschäft. Die schweren Anker dienten dazu, die riesigen Fangnetze von April bis September am Meeresboden zu verankern. Die Fischer mussten diese Anker, je nach Größe, mit 8 bis 20 Mann in ihre Boote hieven – eine kraftraubende und gefährliche Arbeit. Mit den Netzen wurden die zum Mittelmeer ziehenden Thunfischschwärme in die Falle gelockt.

Trauriges Ende einer stolzen Geschichte

Die frühere Fischersiedlung Arraial Ferreira Neto gleich hinter dem Strand war über Generationen die Heimat der Thunfisch-Fischer und ihrer Familien. Heute finden sich dort ein kleines Hotel und ein paar Strandbars. Eine der Fischer-Unterkünfte wurde in ein Fischerei-Museum umfunktioniert, dass die Kunst des Fischfangs und die stolze Geschichte der Thunfisch-Fischer darstellt. Die endete leider traurig.

Bereits in den 1960er Jahren ging die Thunfischpopulation drastisch zurück, was das Ende dieser Fischerei an der Algarve bedeutete. Als in den 70er Jahren der Thunfischfang gesetzlich eingeschränkt wurde, verließen die Thunfisch-Fischer nacheinander ihre Enklave und ließen mit ihren Herzen auch ihre Anker zurück. Die rosten heute als romantisches Fotomotiv direkt hinter dem Sandstrand in den Dünen weiter vor sich hin.

Ein kontemplativer Ort

Während man zwischen den Ankern umherwandert, wird einem auch die Vergänglichkeit menschlicher Unternehmungen bewusst. Was einst eine florierende Industrie war, ist heute nur noch eine Erinnerung im Sand. Der Ankerfriedhof lädt zum Nachdenken ein – über unsere Beziehung zum Meer, über Nachhaltigkeit und den Wandel der Zeit. Der Kontrast zwischen dem historischen Denkmal und der unberührten Natur der Algarve am wunderschönen Strand der Praia do Barril macht diesen Ausflug zu einem unvergesslichen Erlebnis. Der Cemitério das Âncoras ist mehr als nur eine touristische Attraktion. Er ist ein kontemplativer Ort, der Geschichte greifbar macht und uns daran erinnert, wie eng das Leben an der Algarve mit dem Meer verbunden war und ist.

„Abseits der Felsalgarve gibt es hier tausende regionale Geheimnisse wie den Ankerfriedhof zu entdecken, die nur die Einheimischen kennen und die sie gerne mit den Besuchern teilen, wenn sie danach fragen“, sagt Martina Kerk vom Algarve Promotion Büro. „Aber man muss selber aufbrechen, um sie zu entdecken.“

Über die Algarve:

In der Tat ist kaum eine andere Region so voller Abwechslung und Kontraste wie die Algarve. Über fast drei Jahrtausende hinweg haben Phönizier, Karthager, Griechen, Römer, Goten, Maghrebiner den Landstrich geprägt, dem zuletzt die Mauren den heutigen Namen gaben: „Al-Gharib,“ hieß in der islamischen Welt „Der Westen“ – bis Dom Sancho II die Region im Jahr 1249 endgültig zurückeroberte und fortan den Titel „König der Algarve“ führte.

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Fotos: Heiner Sieger

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Heiner Sieger

Autor Kurzvorstellung:

Seit 40 Jahren Journalist schreibe ich über aktuelle und brisante Themen in den Bereichen Digitalisierung, Wirtschaft, Gesundheit und Reise. Nach Stationen bei renommierten Tageszeitungen und Magazinen bin ich heute hauptberuflich beim WIN-Verlag in der Vogel Communications Group Chefredakteur der Magazine Digital Business Cloud, E-Commerce-Magazin und Digital Health Industry. Meine private Leidenschaft gehört dem Thema Reisen. Und irgendwann wurde ich dann auch Chefredakteur von Reise-Stories. So oft es der Beruf erlaubt, bewege ich mich Richtung Berge und Meer, stelle Restaurants und Hotels auf die Probe und entdecke Entertainment ebenso wie ruhige und unendeckte Fleckerl.

Hinweis: Dieser Beitrag wird regelmäßig von Mitgliedern der Reise-Stories Redaktion wie Heiner Sieger, Gerhard Fuhrmann und Jupp Suttner auf Richtigkeit und Vollständigkeit geprüft. Falls Sie Anmerkungen zu diesem Beitrag haben, kontaktieren Sie bitte direkt hier die Redaktion.

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