Bier, Barock und Blasmusik im Innviertel

Im Dreieck zwischen Donau, Inn und Salzach, wo Oberösterreich auf Niederbayern trifft, breitet sich das Innviertel aus. Sanfte Hügel, weite Felder, Wiesen und Wälder prägen die Landschaft, in die sich die Dörfer mit ihren traditionellen Vierseithöfen harmonisch einfügen. Die Liebe zum Brauchtum geht hier nicht nur durch den Magen. Auch die Blasmusik hat bei den gelebten Traditionen einen hohen Stellenwert.

So überschaubar das österreichische Innviertel mit seinen 220.000 Einwohnern ist, das Brauerei-Handwerk hat hier goldenen Boden. „Bei uns trinkt man Bier“, sagt Christoph Scheriau, Hausherr der Altheimer Brauerei Raschhofer, die zu den größeren innerhalb der zwölf Brauhäuser der Region gehört. Bereits 1645 wurde die Brauerei urkundlich erwähnt, in die der promovierte Braumeister aus Wien eingeheiratet hat. Das Rössl als Wahrzeichen hat sein Schwiegervater Georg Raschhofer geprägt. Zur Leidenschaft des Seniors gehörten sowohl robuste Norweger als auch elegante Turnierpferde. Deshalb tauschte der Pferdefreund kurzerhand den Löwen, das einstige Logo der Firma, gegen das Rössl aus.

Meister der Braukunst im Innviertel

Ob mit Löwe oder Rössl, die Brauerei Raschhofer im Innviertel gehört zu den besten Brauhäusern Europas. Zahlreiche Auszeichnungen schmücken die Wände in der Schankstube, in der der Meister der Braukunst Christoph Scheriau-Raschhofer, Stammhalter in zehnter Generation, im Anschluss an die Hausführung Kostproben zapft. Eher beiläufig erwähnt er dabei, dass seine Brauerei den European Beer Star Award bisher achtmal gewonnen hat. „Als einzige in Österreich“, ergänzt er.

Jedes Schwein hat seinen Namen

Auf Qualität setzen auch Franz und Brigitte Jenichl mit ihrem Genussbauernhof in Altheim. Seit knapp 30 Jahren züchtet das Ehepaar Schweine, die den schmackhaften Innviertler Surspeck liefern. „Bei uns hat jedes Schwein einen Namen“, sagt Brigitte Jenichl bei der Hofführung. Neugierig drängen sich die kleinen Schweinchen am Gitter. Muttersau Berta döst derweil auf ihrem Strohbett. Auf artgerechte Haltung haben die Jenichls von Anfang an gesetzt. „Mit Qualität kommt auch ein kleiner Betrieb durch“, so ihr Leitspruch. Das Ergebnis gibt ihnen Recht: Die hausgemachten Speckknödel schmecken köstlich. Wer an einem der Knödelkurse der engagierten Bäuerin teilnimmt, merkt schnell, dass es ein bisschen Fingerspitzengefühl braucht, bis man den richtigen Dreh zum „Knödel drehen“ raus hat.

Wie´s Innviertel schmeckt

Im Nachbarort Geinberg gedeiht das knackige Gemüse zum zünftigen Essen. Nach dem Prinzip der holländischen Anbaumethode wachsen die Feldfrüchte des Familienunternehmens zwar in Gewächshäusern. Der einheimische Produzent hat sich dagegen eine rundum umweltschonende Produktion auf die Fahne geschrieben, vom Anbau bis zur Verpackung. Alles wächst auf natürlicher Scholle, dem Mutterboden. Nach einem ausgeklügelten System werden die Pflanzen über Regen- und Kondenswasser konstant feucht gehalten. „Schädlingsbekämpfung ist bei uns tabu“, betont Wolfgang Steiner.

Mit Recht ist der 31-Jährige stolz, Geschäftsführer des umweltfreundlichsten und modernsten Glashauses in Europa zu sein. Im Hofladen animieren die frisch geernteten Tomaten und lila schimmernde Auberginen zum Kauf. Auch andere Erzeuger der Gegend können im Bioladen der Steiners ihre Produkte anbieten. Unter dem Slogan „Wie´s Innviertel schmeckt“ haben sie sich zum regionalen Erzeugerverein zusammengeschlossen.

Gut essen und trinken hält Leib und Seele z´samm

Das gilt seit jeher für die Innviertler. Sinnesfreudig sind die Leute auf österreichischer wie auch auf bayerischer Seite des Unteren Inn. „Auch sonst haben die Nachbarn viel gemeinsam“, sagt Sieglinde Frohmann. „Immerhin gehörte das gesamte Innviertel bis 1779 zu Bayern“, erklärt die Kuratorin des Innviertler Volkskundehauses in Ried. An der gemeinsamen Geschichte habe auch die Trennung vor 245 Jahren nichts geändert. Bier und Barock steht an oberster Stelle der verbindenden Lebensbereiche.

Besonders geistliche Bauwerke wie die St. Anna-Kirche in der Bezirkshauptstadt Ried im Innviertel sind üppig mit barockem Stuck und Fresken ausgestattet. Ganze Künstler-Dynastien haben im Innviertel zur kulturellen Vielfalt beigetragen. Darunter die Schwanthalers. Mit ihren barocken Kunstwerken sind sie nicht nur im Innviertel bis heute unvergessen.

Eigenkreation “Stille Nacht-Bier”

Auch in München erinnern Kunstwerke wie die monumentale Bavaria, die über der Theresienwiese thront, an den Schwanthaler-Clan. Zu den Schmuckstücken im Rieder Volkskundehaus gehört die „Kögl-Krippe“ von Johann Peter Schwanthaler dem Älteren. Unzählige Details fesseln den Blick auf diese einzigartige Weihnachtskrippe. Dazu passt der Kult um das Weihnachtslied „Stille Nacht“. Mit Ausstellungen und musikalischen Aufführungen rund um den weihnachtlichen Ohrwurm zeigt das Volkskundehaus die Verbundenheit der Innviertler mit dem Brauchtum im Ursprungsort Oberndorf bei Salzburg. Versteht sich, dass die regionale Braukunst mit einem eigens kreierten „Stille Nacht“-Bier auch hier eine Rolle spielt.

Kulturelles und kulinarisches Brauchtum im Innviertel

Beeindruckende Werke einheimischer Künstler finden sich auch in kleineren Gemeinden im Innviertel. In Aspach etwa ist den drei Generationen der Künstlerfamilie Daringer ein eigenes Museum gewidmet. Beim Spaziergang durch den Ort entdeckt man auf Schritt und Tritt Werke des Bildhauer- und Maler-Clans. „Vor allem Begegnung, Ruhe und Ausgewogenheit von Körper, Geist und Seele wollten die heimatverbundenen Daringers mit ihren Kunstwerken zum Ausdruck bringen“, erklärt Engelbert Fellner. Vor elf Jahren hat der Freund des letzten Künstlers der Dynastie, Manfred Daringer, das beeindruckende Museum eröffnet, das er gleichsam als Allround-Mann mit Herzblut leitet.

Um alles andere als Ruhe geht es beim „Woodstock der Blasmusik“-Festival. Eher Begegnung und vor allem Gaudi sind Programm, wenn alljährlich Ende Juni das viertägige Freiluft-Festival der Blasmusik in der Innviertler Gemeinde Ort stattfindet. Auf sechs Bühnen gibt es dann Tanzl- und Gstanzl-Klänge, also Tanz- und Volksmusik in traditionellen und modernen Variationen.

Tausende beim “Woodstock der Blasmusik”

Zum Auftakt seines Blasmusik-Woodstock vor elf Jahren hat Veranstalter Simon Ertl 8000 Teilnehmende gezählt. Inzwischen strömen zehnmal so viele Blasmusik-Fans auf das Festgelände. Sobald die Zelte aufgeschlagen sind und für das leibliche Wohl im Festival-Supermarkt gesorgt ist, stimmen sich einzelne Hobby-Combos mit spontanen Sessions auf das fetzige Blasmusik-Wochenende ein. Den Schlusspunkt am letzten Festivaltag setzt ein gemeinsamer Auftritt von Profis und ausgewählten Amateuren.

Wo Blasmusik gespielt wird, ist Bier nicht weit. Allein hinter den Bühnen sind im letzten Jahr während der vier Festivaltage 1870 Liter Bier durch die Blechbläserkehlen geflossen. Karl Zuser, Gastwirt in Riedberg, ist zwar auch ein Fan der Blasmusik. Seine Leidenschaft gehört indessen dem Bier. Der Bierkeller in seinem Gasthaus ist gleichsam das Heiligtum des Biersommeliers. Inmitten der 2500 Bierflaschen seiner Sammlung, die mit 70 verschiedenen Sorten gefüllt sind, führt uns der Bierfachmann in die Welt des variantenreichen Gerstensaftes ein.

Erste Kostprobe ein Trapistenbier

Als erste Kostprobe gibt es ein Trapistenbier, ursprünglich von den Zisterziensern für die Fastenzeit kreiert. Dann folgt ein ebenso nahrhafter Maibock und schließlich ein untergäriges Honigbier, goldgelb im Glas schimmernd. „Schaut zuerst auf die Farbe“, sagt Sommelier Zuser. Zweiter Schritt der fachkundigen Beurteilung ist die Klarheit und zuletzt wird der Schaum begutachtet. Derweil deckt Mutter Zuser den Tisch im Restaurant. Serviert wird Bierfleisch vom Rind, das in Dunkelbier gedünstet wurde. Dazu gibt es Knödel. Was sonst?

Text und Bilder: Renate Wolf-Götz

Weitere Informationen zum Innviertel

www.oberoesterreich-tourismus.at
www.innviertel-tourismus.at
www.raschhoferbier.at
www.biohof-geinberg.at
Genussbauernhof Jenichl, www.genussbauernhof-jenichl.at
Innviertler Volkskundehaus, www.innviertel-tourismus.at
Kunstmuseum in Aspach, www.daringer.at
Blasmusik-Festival, www.woodstockderblasmusik.at
Biergasthof Riedberg, www.riedberg.at
Tipp: Mit dem neuen Spiel „Das nachhaltige Innviertel“ kann man auch einen Regentag kurzweilig verbringen. Bis zu sechs Spieler ab acht Jahren können dabei unterhaltsame Stunden erleben und gleichzeitig einiges über das Innviertel erfahren. Erhältlich über
www.innviertel-tourismus.at

MEHR STORIES

Ein Reisebericht mit Augenzwinkern von Philip Duckwitz Eine Reise nach Schottland ist wie ein Dudelsack voller Überraschungen – man weiß ... Weiterlesen

Cabrio Roadtrip Oberbayern: Kurvige Landstraßen, türkisblauer See, frische Bergluft und ein Hauch von Nostalgie: Ein Roadtrip im Cabrio durch Oberbayern ... Weiterlesen

Booking.com

Hinweis: Dieser Beitrag wird regelmäßig von Mitgliedern der Reise-Stories Redaktion wie Heiner Sieger, Gerhard Fuhrmann und Jupp Suttner auf Richtigkeit und Vollständigkeit geprüft. Falls Sie Anmerkungen zu diesem Beitrag haben, kontaktieren Sie bitte direkt hier die Redaktion.

INTERESSANT FÜR SIE

Tipp_Restaurant_Hotel_finden

Keine Reisetipps mehr verpassen? Abonnieren Sie unseren monatlichen Newsletter! Entdecken Sie als Local oder auf Reisen die besten Restaurants, Bars, Hotels, Events oder Freizeitaktivitäten!

Ich stimme den Datenschutzbedingungen zu.