Auf Traumpfaden ins Karwendel

Jochfee auf dem Lafatscher Joch

Von Absam übers Lafatscher Joch zur Hallerangeralm und weiter nach Scharnitz: Die zweitägige Wanderung führt auf Traumpfaden ins Herz des Karwendels. Zwischen steilen Felswänden, sanften Almwiesen und weiten Ausblicken erlebt man hier die ganze Vielfalt dieser beeindruckenden Bergwelt.

Die Wanderung ins Herz des Naturparks Karwendel (www.karwendel.org/) stand schon lange auf unserer Wunschliste für eine Mutter-Tochter-Tour. Idealer Startpunkt ist der Halltal-Parkplatz in Absam oberhalb der Bettelwurfsiedlung. Am ersten Tag liegen rund 1.250 Höhenmeter beziehungsweise eine Gehzeit von mindestens fünf Stunden vor uns. Wir wandern über Sankt Magdalena aufs Lafatscher Joch und von dort hinunter zur Hallerangeralm, wo wir uns kulinarisch verwöhnen lassen und übernachten werden.

500 Höhenmeter zu Fuß oder mit dem Taxi

Der steile Anstieg nach Sankt Magdalena führt auf einer asphaltierten Forststraße (Weg 221) und bringt uns kräftig ins Schwitzen. Wer sich die bis zu 32-prozentige Steigung und die rund 500 Höhenmeter ersparen möchte, kann sich für 28 Euro mit dem Taxi zur Jausenstation Sankt Magdalena bringen lassen (unbedingt vorbestellen bei Taxi Kili: +43 5223 45500 oder Taxi Rohregger: +43 5223 56111). Von Mai bis Oktober verkehrt bei gutem Wetter jeden Samstag und Sonntag ein Shuttle-Bus (https://www.hall-wattens.at/de/halltal-taxi-shuttle-service.html).

Historischer Solewanderweg

Die Herrenhäuser bei Sankt Magdalena: Dort residierten die für den Salzbergbau zuständigen Beamten.

Entlang des Weges stoßen wir auf Schritt und Tritt auf Spuren des Salzbergbaus. Dadurch vergessen wir fast unsere Anstrengung. Mehr als 700 Jahre lang wurde hier das „weiße Gold“ gewonnen. Bereits Ende des 13. Jahrhunderts leiteten Bergleute am höchsten Stollen, dem Wasserberg auf 1.635 Metern, Wasser in den Fels, um salzhaltige Sole zu lösen. Über hölzerne Leitungen floss diese neun Kilometer bergab zur Saline Hall, wo das Wasser verdampfte und reines Salz zurückblieb – das Fundament für den Reichtum und Wohlstand der Stadt Hall in Tirol.

Heute erinnernRelikte wie die Berger- und die Ruppertikapelle, die Ladhütten und die historische Wasserfassung an diese Epoche. Bei den Herrenhäusern oberhalb von Sankt Magdalena befindet sich einer der bedeutendsten Zugänge zum Bergwerk: der König-Max-Stollen. Er wurde im Jahr 1492, dem Jahr der Entdeckung Amerikas, unter König Maximilian I. von Habsburg, dem späteren römisch-deutschen Kaiser, angelegt.

Lawinenkegel zum Schutz vor Naturgewalten

Wir lassen den historischen Solewanderweg hinter uns und gewinnen nun rasch an Höhe. Der gekieste Forstweg führt durch Kiefernwälder und quert ein riesiges Geröllfeld an der Flanke der Wildangerspitze. Gewaltige, von Hand gemauerte Lawinenkegel aus den 1950er-Jahren schützen St. Magdalena sowie die Überreste des Salzbergwerks vor den Naturgewalten. Wir setzen unseren Weg auf einem steinigen Pfad fort, der sich zwischen Latschen hinauf zum Lafatscher Joch windet. Es blühen Almrausch, Steinbrech und Glockenblumen. Über uns wachsen schroffe Felswände in den Himmel, Wolken jagen über das Blau und schaffen eine mystische Stimmung.

Vom Lafatscher Joch öffnet sich ein atemberaubendes Panorama Richtung Stempeljoch.

Auf dem Lafatscher Joch

Auf dem 2.085 Meter hohen Plateau begrüßt uns die Jochfee, eine geschnitzte Skulptur des Tiroler Bildhauers Lukas Pittl (www.lukaspittl.tirol/). Vor uns ragen die Gipfel des Großen Lafatscher und der Speckkarspitze auf. Zeit für eine Rast auf den grasbewachsenen Almwiesen des Jochs. Plötzlich durchbricht der Rotorlärm eines Helikopters die Stille. Ein Einsatz der Bergrettung. Die Rettungsaktion auf der Speckkarspitze macht uns bewusst, dass es im Karwendel zwar viele gut begehbare Wege gibt, für die oft aber auch Trittsicherheit, Schwindelfreiheit und eine gute Konstitution erforderlich sind.

Blick ins Herz des Karwendel

Größter Naturpark Österreichs

Dramatisch recken sich die senkrechten Kalktafeln der Schlittwände in den Himmel.

Wir lassen das Joch hinter uns und steigen rund 300 Höhenmeter zur Hallerangeralm ab (Weg 223; Dauer: etwa eine Stunde). Der Pfad passiert ein steiles Geröllfeld, direkt vor uns ragen die senkrechten Kalktafeln der Schlittwände auf. Die auf 1.774 Metern Höhe gelegene Alm liegt im Herz des Naturparks Karwendel, mit einer Größe von über 700 Quadratkilometern eines der größten Naturschutzgebiete Österreichs. Die Hallerangeralm ist eine beliebte Station auf dem Weitwanderweg München–Venedig sowie auf dem westlichen Teil des Karwendel-Höhenwegs. Am malerischen Talschluss des Hinterautals, nur fünf Minuten von der Alm entfernt, entspringt eine der Quellen der Isar. Und in unmittelbarer Nachbarschaft befindet sich das Hallerangerhaus (www.hallerangerhaus.at/) des Deutschen Alpenvereins (Sektion Schwaben).

Genuss pur auf der Hallerangeralm!

Die Hallerangeralm (http://halleranger-alm.at/) besteht seit 1439. Im Besitz der Familie Schallhart ist sie seit fast 200 Jahren. Von Mai bis Oktober bewirtschaften die Wirtsleute Evi und Horst die Alm. In zwei Nebengebäuden gibt es 40 Schlafplätze in Lagern sowie mehrere charmante Zimmer – alles mit Gemeinschaftsbad. Evi und Horst Schallhart servieren herzhafte und süße Schmankerln: Das Rindfleisch stammt aus eigener Zucht, das Wild ist selbst gejagt, und der Kaiserschmarrn ohnehin ein Gedicht. Zum Ausklang des Tages genießen wir die Abendstimmung, während die Sonne die kleine Almkapelle in rosa Licht taucht. Es ist ein stiller Moment, der uns an Ludwig Graßler (1925–2019) erinnert, den Münchner Bergsteiger und Initiator des populären Weitwanderwegs München–Venedig, der hier seine letzte Ruhe gefunden hat.

Sonnenuntergang am Halleranger

Rückweg nach Scharnitz

Gestärkt durch ein leckeres Frühstück und einen guten Kaffee brechen wir am nächsten Morgen zu der Etappe auf, die uns an unsere Grenzen bringen wird. Die Herausforderung liegt dabei weniger in den rund 500 Höhenmetern, die wir zur Kastenalm absteigen müssen, als in den folgenden 15 Kilometern Forststraße, die in welligem Gelände zur Bahnstation Scharnitz führt. Selten sind wir einen solchen Hatscher gegangen! Wir beneiden alle, die entspannt mit dem Fahrrad an uns vorbeiziehen.

Eiszeitliche Isarklamm

Etwa auf halber Strecke kommen wir am Ursprung der Isar vorbei. Er liegt in einem verwunschenen Wäldchen, das sich auf einem Rundweg erkunden lässt. Dort gurgelt das Wasser, und man geht fast schwerelos über den vermoosten Waldboden, während sich hier Quellen und Bäche zur Isar vereinen. Kurz vor dem Talausgang zwängt sich der junge Fluss durch die Gletscherschlucht Scharnitz – im Volksmund die „Isarklamm“. Die enge Felspassage mit ihren glatt geschliffenen Wänden ist ein Relikt der letzten Eiszeit und markiert von Scharnitz aus den Eingang zum Naturpark Karwendel. So endet unsere Tour durch das Herz des Karwendels mit dem Blick auf die klaren Wasser der Isar, die von hier aus ihre lange Reise durch Tirol und Bayern antritt.

Spuren der Eiszeit: die Isarklamm kurz vor Scharnitz

Tipps und Wissenswertes

  • Anreise mit Öffentlichen Verkehrsmitteln: Von München nach Innsbruck Hauptbahnhof. Um die Tour früh starten zu können, bietet sich eine Übernachtung in Innsbruck an, zum Beispiel im Hotel Central (www.hotel-cafe-central.at/). Morgens vom Bahnhof mit dem Bus 502 Richtung Absam-Bettelwurfsiedlung. Rückweg: Von Scharnitz über Mittenwald, Garmisch-Partenkirchen mit der BRB nach München.
  • Bike and Ride: Entweder die eigenen Fahrräder mitbringen oder in Scharnitz bei www.radverleih-scharnitz.at/ mieten. Durch das Hinterautal braucht man zirka eineinhalb Stunden bis zur Kastenalm (15 Kilometer Fahrstrecke, rund 300 Höhenmeter). Bei der Kastenalm lassen sich die Räder auch für mehrere Tage sicher anschließen. Der Aufstieg zur Hallerangeralm dauert rund zwei Stunden. Von dort aus bieten sich zahlreiche Tagestouren und mehrtägige Wanderungen ins Karwendel an.
  • Karten: Kompass-Karte 26 Karwendelgebirge; www.alpenvereinaktiv.com
  • Gepäck: Hier gilt die Devise „So wenig wie möglich, so viel wie nötig”. Mehr Infos: reise-stories.de/weitwandern-ohne-schweren-rucksack/. Packlisten unter: www.alpenverein-muenchen-oberland.de/dav-ausruestungsverleih-in-muenchen/dav-packlisten. In den Rucksack gehören immer ein Regenschutz, faltbare Wanderstöcke, etwas Wechselwäsche und Blasenpflaster. Die Powerbank fürs Handy nicht vergessen! Für eine Tagesetappe benötigt man mindestens zwei Liter Wasser und eine reichliche Brotzeit. Und vor dem Start den Wetterbericht checken und die Übernachtung reservieren!

Titelbild: Die Jochfee auf dem Lafatscher Joch (Bild: Constanze Mauermayer)
Bilder: Constanze Mauermayer und Lilly Nagel

MEHR STORIES

Fotos und Text: Lic. Irina Grassmann Nur fünf Kilometer vom Zentrum von Campos do Jordão entfernt verwirklichte Ricardo Lenz – ... Weiterlesen

Fotos und Text: Lic. Irina Grassmann Dies ist die Geschichte eines Traums, der ein Zuhause wurde – erzählt zwischen Feuer, ... Weiterlesen

Booking.com

Mehr entdecken aus:

Zurück zu:

Constanze Mauermayer

Autor Kurzvorstellung:

Constanze liebt es, auf Reisen die Welt zu entdecken, Menschen zu treffen und Geschichten zu erzählen. Die Journalistin freut sich, ihre Erlebnisse auf den Reise-Stories zu teilen. Bei der Auswahl ihrer Ziele hält sie es mit der Schriftstellerin Susan Sontag, die einmal gesagt hat: „Ich war noch nicht überall, aber es steht auf meiner Liste."

Hinweis: Dieser Beitrag wird regelmäßig von Mitgliedern der Reise-Stories Redaktion wie Heiner Sieger, Gerhard Fuhrmann und Jupp Suttner auf Richtigkeit und Vollständigkeit geprüft. Falls Sie Anmerkungen zu diesem Beitrag haben, kontaktieren Sie bitte direkt hier die Redaktion.

Dieser Beitrag enthält möglicherweise Inhalte, die im Rahmen einer bezahlten Kooperation mit Marken, Hotels oder Partnern entstanden sind.

INTERESSANT FÜR SIE

Tipp_Restaurant_Hotel_finden

Keine Reisetipps mehr verpassen? Abonnieren Sie unseren monatlichen Newsletter! Entdecken Sie als Local oder auf Reisen die besten Restaurants, Bars, Hotels, Events oder Freizeitaktivitäten!

Ich stimme den Datenschutzbedingungen zu.