Das Südtiroler Jazzfestival
vom 26. Juni bis 5. Juli 2015
Für Jazzfreunde ist es eine Superkombination: tagsüber in Südtirol wandern und zwischendurch oder am Abend einzutauchen in jazzigen Sound. Zum 33. Mal hallt das Südtiroler Jazzfestival vor imposanter Bergkulisse durch die Täler südlich der Alpen – vom 26. Juni bis 5. Juli. Diesmal geht es „very British“ zu. Viele Künstler kommen aus Großbritannien, daher das Motto „UK Sounds“.
Im 19. Jahrhundert haben die Briten den modernen Alpinismus begründet. Daran sollen beim Festival eine Reihe von Musikausflügen in die Berge erinnern. Der aus dem Allgäu stammende Ausnahmemusiker Matthias Schriefl war schon 2014 aufgefallen, als er mit seiner Band in die Langkofelwand eingestiegen war und dort Alpinisten bei ihrem Besteigungsversuch musikalisch begleitete. Der dabei entstandene Film „Saslonch Suite“ wurde soeben auf dem Internationalen Dokumentarfilmfestival in München gezeigt.
Schriefls verstiegene Jazzideen
Mit „Singing Rocks“ bringt in dem neu angelegten Klettergarten vor der Comici-Hütte am 28.6. der experimentierfreudige Matthias Schriefl mit einer neuartigen Formation die Berge zum Klingen. Vielstimmig wird das atemberaubende Musikereignis nicht nur durch die acht Multiinstrumentalisten, sondern besonders durch die Teilnahme eines der besten Männerchöre Europas. Es sind die 60 Sänger des preisgekrönten Männergesangsvereins Brixen. Wie Schriefl erzählt, kam ihm diese Idee auf der Autobahn, als der Taxifahrer eine CD dieses Männerchors spielte. Dieses Klang-Experiment ist ganz nach dem Geschmack von Jazz-Präsident Widmann, der gern Innovatives mit Bodenständigem verbinden will – hier eine neue Musikkombination mit Fernsicht!
In die Höhe hinauf geht auch ein „Wanderkonzert“ im Rosengarten, ebenso ein eher nostalgisches Jazzkonzert in der Lavarella Hütte in St. Virgil in Enneberg sowie in der Feltuner Hütte am Ritten ein Trio, das ganz lässig finnische Volksmusik mit Country-Standards verbindet und bekannte Traditionen in neuem Licht erscheinen lässt.
Startschuss in Bozen
Eröffnet wird das Südtirol Jazzfestival am 26. Juni im Bozener Stadttheater mit dem Projekt „Fanfare Fatale“. Es zeigt die Intention dieser größten Kulturveranstaltung der Region: eine Innovationswerkstatt zu sein für junge Musiker, die sich hier für neue Projekte zusammenfinden. An diesem bunten Eröffnungsabend treffen acht junge Jazzkünstler aus fünf europäischen Ländern zusammen unter der Leitung von Andreas Schaerer. Der Schweizer Vokalartist unterrichtet an der Berner Hochschule der Künste Jazzgesang, Improvisation und Ensemblespiel. Bewusst will das Oktett eingefahrene Wege meiden. In wechselnden Kombinationen treten alle auch solistisch auf oder bieten eigene Kompositionen – ein spannendes grenzüberschreitendes Experiment.
Britische Soundlandschaften
Britische Musiker sind besonders zahlreich im Bozener „Museion“ anzutreffen, dem Museum für zeitgenössische Kunst, aber auch vor dem Aluminium- und Glas-Kubus. Originell: im 4. Stock wird mitten in einer aktuellen Ausstellung („Design in a state of mind“) mit einem Designobjekt musiziert. An diesem Ausstellungsklavier spielt der zur britischen Avantgardeszene zählende Komponist Dan Nicholls, der besonders für Film und Tanz tätig ist. Verkoppelt hat er sich mit der international ausgezeichneten Vokalartistin Lauren Kinsella. In die akustischen und elektronischen Soundlandschaften platziert sie mit ausgefeilter Technik ihre Kunstsprache und poetischen Texte und schafft einen intensiven Dialog mit dem Klavier.
Blauäugige Falken im Museum
Im Foyer des Museums brilliert u.a. das junge britische Quartett Blue Eyed Hawk. In dieser „demokratischen“ Formation sind alle „blauäugigen Falken“ gleichberechtigt. Sie bieten einen eher gefühlsbetonten Sound, eine Kombination aus Rock und Jazz mit minimalistischen Aspekten und unter Strom stehenden Soundwelten. Das Debüt-Album „Under de Moon“ wurde von der Kritik begeistert gefeiert.
Hinter dem Museum wabbern Jazzwolken über die Wiesen vor der Talfer. Mit dabei der Polar Bear, ein in der Londoner Szene, auch durch CDs, recht bekanntes Quintett. Es bietet exzellent gewürztes musikalisches Slow-Food. In vielschichtige Tanzrhythmen eingewoben sind Funk und Freejazz, aber auch Minimalismus und Electronics.
London Underground in Südtirol
In einer ganz anderen Location zeigt sich junger Gegenwartsjazz aus der britischen Hauptstadt: „London Underground“ ist in Vahrn bei Brixen in einem Kieswerk zu hören. Bands und Solisten spielen auf mehreren Bühnen in der futuristisch anmutenden Anlage für Bauschuttrecycling. Zusätzlich spektakulär wird das Areal durch Visuals und Lichteffekte. Aus dem Londoner Loop-Kollektiv mit dabei sind der Trompeter Alex Bonney und das Trio Strobes. Weiter improvisieren das Brass Mask Oktett, die Jazz-Funk-Band Melt Yourself Down und das Trio Troyka. Nach der Live-Performance betätigen sich beim anschließenden Clubbing einige Musiker als DJs. Es darf getanzt werden.
Info:
Viele Konzerte sind gratis, der Rest kostet 15 – 25 €. Ermäßigungen erhalten alle unter 30 Jahren sowie Besitzer der Dolomiten Vorteilskarte und der Bozen Card. Das ganze Programm unter
suedtiroljazzfestival.com