Gstaad im Berner Oberland ist ein Wintertraum – ungetrübt von Bausünden, werden doch auch neue Häuser als hölzerne Chalets errichtet. Bergwanderer, Skifahrer und Ruhesuchende kommen hier auf ihre Kosten. Auch die „Schönen und Reichen“ haben den malerischen Ort für sich entdeckt. Roger Moore und Elizabeth Taylor waren hier; Roman Polański besitzt ein Chalet. Das winterliche Gstaad ist aber auch ein Ziel für Musikfreunde, wenn bei den „Sommets Musicaux“ Klassik-Stars und begabte Nachwuchsmusiker zu Konzerten einladen.
Verliebt in die einsame Berglandschaft
Im Zentrum des autofreien Dorfkerns steht die winzige mittelalterliche St. Niklaus Kapelle. Hier präsentierten sich an den Nachmittagen verschiedene Nachwuchs-Duos an Cello und Klavier, die in ihrem Programm stets ein Stück aus der Feder der mexikanischen „Komponistin in residence“ Diana Syrse hatten.
Die Kapelle wurde auch von Yehudi Menuhin geliebt. Der berühmte Geiger verbrachte 1954 mit seiner Familie den ersten Sommerurlaub in Gstaad. Er verliebte sich in die einsame Berglandschaft, kam immer wieder und begann mit der Organisation von Konzerten.
Teures Pflaster
Ganz so einsam ist es heute nicht mehr. Vor Konzertbeginn herrscht auch mal Stau im Ortsumgehungstunnel. Und Gstaad hat sich auch für Schweizer Verhältnisse zu einem sehr teuren Pflaster entwickelt. Auf der Dorfpromenade flanieren exklusiv eingekleidete Chinesen, Inder, Amerikaner vor den Auslagen mit Uhren oder Luxus-Handtaschen.
Auch bei den Konzerten des Festivals sieht man viel Pelz und Brillantenglitzern. Zum Beispiel in der mittelalterlichen, von einem sechseckigen Turm gekrönten Kirche des Nachbarortes Saanen, wo die musikalischen Stars ihre Auftritte haben.
Das Cello im Mittelpunkt
Alljährlich widmet sich das neuntägige Festival einem anderen Instrument; diesmal stand das Cello im Mittelpunkt. In der Kirche von Saanen bezauberte die aus Russland stammende Cellistin Anastasia Kobekina bei Schubert mit einem schlanken, eleganten Ton. Begleitet wurde sie von den Streichern jener Akademie, die 1977 von Yehudi Menuhin gegründet wurde. Seither treffen sich die jungen Musiker jeden Sommer in Gstaad bei Meisterkursen.
Künstlerischer Leiter der Menuhin Academy ist der französische Geiger Renaud Capuçon, der ebenfalls die Sommets Musicaux de Gstaad leitet. In Saanen interpretierte er agil und geschmeidig ein Mozart-Violinkonzert; zusammen mit der Camerata Salzburg.
Der dritte Spielort der Sommets Musicaux befindet sich ein Dörflein weiter, in Rougemont. Die kleine romanische Kirche, die einst von den Mönchen der Abtei Cluny gebaut wurde, firmiert als „Eglise de Rougemont“, hat man doch unterdessen die Sprachgrenze überquert und befindet sich im Kanton Waadt.
Musik in mittelalterlichen Dorfkirchen
Hier gastierte der großartige französische Pianist Alexandre Kantorow, dem ein amerikanischer Kritiker den Titel eines „wiederauferstandenen Liszt“ verpasst hat. Mit seinem höchst differenziert farbenschillernden Spiel bei Brahms, Schubert und Liszt machte der 25-Jährige die Anwesenden glücklich. Es war eine besondere Erfahrung, diesen gefragten Künstler, der sonst große Säle füllt, in dem intimen Kirchlein zu erleben.
Vor kurzem wurde in Rougemont die alte Orgel ersetzt. Am neuen Instrument erwies sich der vielseitige Pianist Kit Armstrong als virtuoser Organist. In seinem vier Jahrhunderte umspannenden Programm zog er sprichwörtlich alle Register.
Nach dem Schlussapplaus kann man mit den Künstlern im familiengeführten Fünf-Sterne-Superior-Schlosshotel „Gstaad Palace“ beim Gala-Dinner plaudern. Rosé-Champagner fließt in Strömen, und Gstaad wird seinem noblen Ruf vollauf gerecht… Nächstes Jahr gerne wieder, beim 24. Durchgang der Sommets Musicaux vom 26. Januar bis 3. Februar 2024.
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