VON JUPP SUTTNER /// Bridget Jones ist gestürzt. Die Ärmste! Die Süße! Beim Skifahren! Sofort eilt der Reise-Stories.de-Reporter hinter die etwas unbeholfene Miss-muss-man-lieb-haben, um sie wieder in die Senkrechte zu bringen. Wann schließlich kommt man einer Hollywood-Schauspielerin wie Renée Zellweger schon mal so nahe?
______________________________________________
ABGEFAHREN! Die Ski-Reporter von Reise-Stories.de unterwegs im Schnee. Jede Woche wieder! Um aktuell zu schildern, wie es auf den Pisten von ……. gerade aus sieht. Dieses Mal: So war es am letzten Donnerstag, 9. und Freitag, 10. März 2017, in Lech am Arlberg im österreichischen Vorarlberg.
Foto oben:
Bridget Jones bei ihrem Sturz in Lech – logisch, dass sie da nicht so gut aus sieht wie sonst…
Fotocredit & Copyright aller Fotos dieses Reports:
Jupp Suttner. Sämtliche Bilder wurden aufgenommen am 9./10. März 2017.
Text:
Jupp Suttner
____________________________________________
Und vor allem: WO kommt man Renée Bridget Jones Zellweger so nahe? Nun – in Lech am Arlberg. Dem Nobelort des guten ALTEN Geldes. In welchem die holländische Königsfamilie immer ab zu steigen pflegt. Und Film-Stars sich die Hand geben. Und wo Bridget Jones-Mädels beim Skifahren als tölpelhafte Anfängerinnen erst einmal nur den Schnee küssen statt den Traum-Mann (Hugh Grant). Wie eben René Zellweger im Jahre 2004 in „Am Rande des Wahnsinns“, der Fortsetzung des 2001er-Streifens „Schokolade zum Frühstück“. Die berühmte Skifilm-Szene dazu:
https://www.youtube.com/watch?v=GTCKAy3buxo
13 Jahre später tummelt Bridget Jones sich immer noch in Lech. Und zwar in der Hall of Fame, einer permanenten Historien-Ausstellung des Millionen-Dorfes, installiert in der Mittelstation der Flexenbahn. Dort drapierten die Macher des Museums ein Foto der gestürzten Bridget Jones als Pappfigur. Und jede(r) kann hinter sie treten, wie auf dem Rummelplatz den Kopf durch eine Öffnung stecken und sich auf diese Weise fotografieren lassen. Jede(r) ist dann Bridget Jones. Arme Zellweger – vor allem dann, wenn man sich zu Gemüte führt, wie sie aussieht, wenn einer wie der Reporter sich als sie aus gibt.
Doch es ist genügend Zeit für diesen Ulk. Denn: Es regnet und regnet und regnet an diesem Donnerstag, 9. März 2017. Zumindest drunten
Blick aus Zimmer 303 des Hotels Aurelio am 9.3.2017 direkt auf die Piste – Ski in, Ski out der besten Art
im Tal. Hier oben wiederum schneit es ohne Ende. Nass und schwer. Und es ist bei Nullsicht kein Wedeln oder Carven mehr, sondern nur noch ein Den-Berg-hinab-tasten. Mit Lawinenwarnstufe 4. Eben rammt ein Bergbahn-Bediensteter beim Ausstieg der Gondel ein Schild in den Schnee: „Gesperrt“. Und zwar die Passage, die bequem hinunter führt. Unbequem hingegen:
5 Minuten mit den Skiern auf dem Rücken den Berg hinauf stapfen zu müssen, um zum – legalen – Pisteneinstieg zu gelangen. Neben uns: Ein Trio norddeutscher Sprachmächtigkeit. Zwei Männer und Frau.
Sie: „Ich gehe da hinauf“.
Er Nr. 1: „Ich habe keine Lust da rauf zu töppeln“.
Er Nr. 2, nach kurzer Denkpause: „Ich auch nicht“.
SIE wählt den vernünftigen Weg – die beiden Kerle lieber den Weg in den Tod. Die zwei haben zu viele Filme gesehen, in welchen Lawinenopfer überlebten. Doch dies hier ist kein Movie, ist kein „Am Rande des Wahnsinns“ – sondern vollkommene Realität.
Die beiden sind übrigens dem Tod noch entwischt. Die Lawine an dieser Stelle ging erst sehr viel später nieder. Nachdem noch sehr, sehr, sehr viele andere Menschen voller Unbekümmertheit ihr Leben aufs Spiel setzten und das „Gesperrt“-Schild aus schlichter Faulheit heraus ignorierten.
Zudem aus dem Gedanken absoluter Rücksichtslosigkeit heraus: denn löst sich unter ihren Latten eine Lawine – so kann sch diese durchaus über die Piste ergießen. Kommt es dabei zu Unglücksfällen, erscheint es nicht zu abwegig, die Verursacher in das Gefängnis zu stecken wie die Absolventen illegaler Autorennen in Berlin (siehe DIE Zeit vom 27. Februar 2017: http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2017-02/berlin-illegales-autorennen-fahrer-urteil )
Noch in keiner Ski-Region der Welt wie im Powderwonderland Arlberg sahen wir so viele Menschen mit einem Lawinen Air Bag am Rücken Skifahren. Der Rucksack, der sich aufbläst, sobald man in eine Lawine gerät und den Verunglückten nach oben schwemmen soll wie einen Taucher in einem Schwimmbad, wird von vielen vermutlich als schlichtweg Lebensgarantie betrachtet. Ich airbage – also bleibe ich. Auf dieser Welt. Viel Glück! Denn gegangen sind schon viele.
Statt an einem Mieswetter-Tag wie diesem im Nichts herum zu stochern, besuchen wir lieber besagte Hall of Fame – und begeben uns wieder nach Lech hinab. Um beim Schiffskutter (siehe Foto)
Krabben und Fischbrötchen zu vertilgen sowie mit einem Korn hinab zu spülen. Der Kahn steht mitten im Ort auf dem Rüfiplatz, rund 1.150 km von der Nordsee entfernt und wurde errichtet zu Ehren des 20jährigen Jubiläums der Freundschaft zwischen Kampen auf Sylt und Lech am Arlberg. Küste und Berge. Skilehrer und Deckoffiziere. Edel & edel.
Mitten im Lecher Geschehen: Kampens Tourismus-Direktorin Birgit Friese.
REISE-STORIES.DE: Wie kam es zu dieser Gemeinschaftsaktion zwischen einer nordfriesischen und einer vorarlberger Gemeinde?
BIRGIT FRIESE: Es gibt sehr, sehr viele Gäste, die im Winter hier in Lech und im Sommer bei uns auf Sylt sind – etwa Michael Otto vom Ottoversand. Und als ein Kampener Hotelier mal gaaanz viele Stammgäste zufällig hier beim Skifahren traf, ging er zum Bürgermeister von Lech und schlug ihm eine Kooperation vor. Wir haben schließlich die gleiche Zielgruppe und die gleichen Ansprüche an den Naturschutz – letzterer geht vor Tourismus! Außerdem sind die Ur-Insulaner und die Ur-Walser ein sehr ähnlicher Menschenschlag.
REISE-STORIES.DE : Inwiefern?`
BIRGIT FRIESE: Beide sind etwas ruhiger und ernster als andere Volksstämme. Beide sind treue, ehrliche, disziplinierte und fleißige Menschen, aufgewachsen mit dem Dienstleistungsleben – die aber sehr wohl feiern können, wenn sie los gelassen sind.
REISE-STORIES.DE : Auch die Grundstückspreise dürften sich auf gleichem Niveau bewegen.
BIRGIT FRIESE: Nehme ich an – wir zumindest haben die teuersten in Deutschland. Ein Unterschied allerdings: Wir haben Reeten mit vielen Ferienwohnungen von 100 bis 3.000 Euro die Nacht – und hier haben sie Hotels.
REISE-STORIES.DE : Es gibt bei Ihnen ja sogar den Ski Club Kampen. Seit wann?
BIRGIT FRIESE: Seit genau 30 Jahren – er wurde 1987 gegründet. Ein Schweizer Gastronom, bei dem viele Urlauber aus Kampen ein kehrten und der selbst oft auf Sylt war, hatte die Idee. Bei den etwa 30 Mitgliedern handelt es sich größtenteils nicht etwa um Insulaner oder Arlberger, sondern die sind in der ganzen Welt angesiedelt. Sie eint die Liebe sowohl zum Meer als auch zu den Bergen.
Und es regnet und regnet und regnet. Ein Einheimischer mault die Sylter an: „Das habt ihr uns mitgebracht!“. Lacht und kauft sich zum Trost einen Schnaps bei den Kampenern.
Wir jedoch ziehen weiter – zur Meisterstraße in Residence. Es handelt sich dabei bedauerlicherweise nicht um eine reale Handwerkergasse, sondern bedeutet: dass Handwerker in bestimmten Lecher Häusern ihre Produkte präsentieren und deren Fertigungsweise demonstrieren. ( www.meisterstrasse.com ) Im Gasthof Post zum Beispiel, der Beherbergungs-Nr. 1 von Lech, haben sie in der Jägerstube einen ganz besonders schön gedeckten Tisch mit Kurland-Keramik (siehe Foto) postiert.
In der Krone kann ein betörendes Boltenstern-18-Karat-18000-Euro-Armband aus dem 3-D-Drucker bewundert werden. Und im Hotel Aurelio bringt von Christoph Freyer aus Sylt kreierter Schmuck, der aus original japanische Samuraischwert-Bestandteilchen gefertigt ist, die Augen zum Leuchten und die Kreditkarten zum Glühen.
In der Post musste man bis vor zwei Jahren übrigens noch Krawatte zum Abendessen tragen. Und die Chefin des Hauses, Sandra Moosbrugger, sähe das immer noch gern. Doch ihr Mann, Florian Moosbrugger, hat entschieden, dass es fürderhin genüge, als Mann einfach gut angezogen zu sein. (Details der Einstzeit mit Krawatte hat der BRENNINGER mal erlebt: https://reise-stories.de/skifahren-mit-krawatte/ )
Bridget Jones und ein Fischkutter, Schnaps und Schmuck – man kriegt einen Regentag in Lech ganz gut herum. Abends schließlich die große Kampen-Lech-20-Jahres-Party auf der Rud Alpe in Oberlech. Wo sie u. a. servieren:
Schließlich zu Fuß ins Tal.
Und es regnet und regnet und regnet.
Wir ziehen den Kragen ein.
Morgen werden wir abreisen.
* * *
Dann ist er da, dieser Morgen. Und es erscheint unfassbar:
Sonnenschein!
Sonnenschein!!
Sonnenschein!!!
Der Blick aus dem Fenster unseres Zimmer 303 im 5*****Superior-Hotel Aurelio lässt nur einen Entschluss zu: Wir reisen NICHT ab! „Schiiiiifooooaaaaan!“, jubelt es stattdessen in uns. Und gleich nach dem Frühstück begeben wir uns in
den Skiraum des Hotels – dem Serviceorientiertesten, den wir rund im die Welt bisher gesehen haben: für die Rückkehrer am Nachmittag stehen Wasserflaschen parat! (Siehe auf dem Foto ganz klein auf der Bank hinten.) Um sofort den allerersten Durst nach dem Skitag löschen zu können. Wir verneigen uns vor dieser Idee, die zugleich als kleines Beispiel dienen mag, welche Philosophie in diesem Haus verfolgt wird. (Eine ausführliche Bewertung des Aurelio wird zu einem späteren Zeitpunkt aus der digitalen Feder von Reise-Stories.de-Autorin Adelheid Wanninger – deren Reports auch auf www.lastsecrets.de zu bewundern sind – erfolgen.)
Natürlich handelt es sich um ein rein rassiges Ski in, Ski out-Hotel – es logiert unmittelbar an der Piste, die von Oberlech nach Lech hinab führt. (Wer mit dem Begriff Ski in, Ski out nichts an fangen kann: https://reise-stories.de/der-brenninger-ski-ski-ist-einfach-super/ )
Dann rein in die Stiefel, rein in die Bindung – und ab düsen zu Eberhard. Der gebürtige Lecher ( www.altana.cc ) ist unser Guide und führt uns an diesem Traumtag bei exzellenten Schneeverhältnissen durch
das unserer Meinung nach attraktivste Skigebiet Österreichs – ein Rang, der vor allem nach den Pisten-Zusammenschlüssen der letzten Jahre mit Warth-Schröcken und St. Anton am Arlberg absolut unbestritten erscheint. Nicht nur der fabelhaften Tiefschnee-Möglichkeiten wegen.
Wie wunderbar dieser Zusammenschluss funktioniert, schilderten wir in diesem Online-Magazin bereits zu Beginn der Saison – als unsere Reporterin Heidi Siefert die Angelegenheit von Tiroler Seite ausgehend, also in „Stanton“ startend, eingehend testete:
https://reise-stories.de/abgefahren-st-anton-sonnenschein-und-beste-pisten/
Eberhard geleitet uns in vier Stunden auf gemütlichste Art durch den faszinierenden Weißen Ring – 22 Abfahrts-Kilometer, 5.500 Höhenmeter. Jeden Januar gibt es diesen Traum-Trail auch
als Volks-Rennen – das längste der Welt, inklusive des legendären Madlochs: https://de.wikipedia.org/wiki/Der_Wei%C3%9Fe_Ring_(Skirunde)
Wenn man klug wäre, würde man diesen Wahnsinns-Tag als den letzten der Saison verwenden. Besser kann es ja nicht mehr
werden. Aber: Schnee liegt in Lech am Arlberg momentan en masse. Die Sonne wird sich im März mannigfach zeigen. Die Runde zu absolvieren ist es deshalb noch einige Wochen lang wert.
Eines freilich fehlt heftig: der Fischkutter aus Kampen ist inzwischen an seinen Küstenstandort zurück gekehrt. Jetzt heißt es wieder Kaiserschmarrn statt Krabben.
Doch wenigstens ist Bridget Jones noch hier. Wenn auch nur aus Pappe.
Wir lieben sie trotzdem.
Jupp Suttner
Infos über das Skigebiet und den Küsten-Skiclub: www.lech-zuers.at , www.kampen.de , https://www.skiclub-kampen.de
Infos über das Hotel: www.aureliolech.com
Infos über die Ski-Region: www.vorarlberg.travel , www.tirol.at
Infos über das Land: www.austria.info