Kalkstein, Kirchen, Kurioses in Kastilien oder die Wiederentdeckung der Region Burgos

Fast vergessen, hauptsächlich von Spaniern besucht und eingeklemmt zwischen den beliebten Regionen Galizien und Baskenland liegt Burgos in Kastilien-Leon. Dabei hat diese Gegend eine Fülle von Erlebnissen und Sehenswürdigkeiten zu bieten, wie ich auf meiner Reise in dem Department eindrucksvoll erfahren werde.

Wild und bizarr sind die Felsformationen, verschlungen die Kurven, der Passstraßen und tief die Täler mit ihren grünen Schluchten. Ich befinde mich in der Provinz Burgos, tief im Herzen Kastilien-Leóns, einer Region, die reich an Geschichte, Kultur und natürlicher Schönheit ist. Die Sonne erhebt sich langsam über die Kantabrischen Berge und taucht die Landschaft in ein goldenes Licht. Meine Reise beginnt an einem der beeindruckendsten Naturdenkmäler der Region, dem Ojo Guareña.

Ein Naturdenkmal mit Höhlenkirche – Ojo Guareña

Das Ojo Guareña ist ein riesiges Höhlensystem mit einer Länge von über 110 Kilometern, eines der größten Europas. Die Kalksteinformationen sind atemberaubend, und ich spüre die Jahrtausende alte Geschichte förmlich in den Wänden widerhallen. Hier befinden sich auch prähistorische Höhlenmalereien, die die Anwesenheit früher Menschen dokumentieren. Die Kunstwerke erzählen Geschichten aus einer längst vergangenen Zeit und lassen mich in Ehrfurcht verweilen. Die in den Fels gehauenen Höhlenkirche, die im inneren mit barocker Malerei daherkommt, dient noch heute als kuriose Stätte für Hochzeiten der besonderen Art. Immerhin finden hier fast 150 Menschen platz.

Region Burgos: Klöster – Salz und Burgruinen

Ich setze meine Reise fort und erreiche das Kloster San Salvador in Oña. Dieses beeindruckende Bauwerk aus dem 11. Jahrhundert war einst ein bedeutendes religiöses Zentrum. Während ich durch die alten Gemäuer streife, kann ich mir die hier angesiedelten Cluniazensiermönche vorstellen, die hier einst lebten und arbeiteten. Im Querschiff der Kirche sind die Grabmäler von Sancho García, seiner Gattin Urraca und ihres Sohnes zu sehen. Die Stille der Klosteranlage gotischen Baustils auf romanischen Fundamenten wird nur durch das gelegentliche Zwitschern der Vögel unterbrochen, und ich fühle mich in eine andere Zeit versetzt. Überhaupt ist Oña ein pittoreskes Örtchen mit knapp 1000 Einwohnern, mit einem schmucken Ortskern, der zum Verweilen einlädt.

Weiter führt mich mein Weg nach Poza de la Sal, eine 285-Seelen-Gemeinde hoch auf dem Berg auf 765 Metern mit grandiosem Blick über das Land. Der Ort ist für seine Salzgewinnung bekannt. Die Salinen, die sich in der Nähe befinden, sind ein beeindruckendes Zeugnis der historischen Bedeutung dieser Region. Bei einem Spaziergang entlang der Fuente Vieja, der alten Quelle, die die Stadt mit Wasser versorgt, spüre ich die Geschichte der Salzgewinnung, die hier seit Jahrhunderten betrieben wird. Immerhin gehört der Salzstock zu den größten Europas. Das Wasser wird über eine Distanz von einem Kilometer über Aquädukte durch den Ort bis in die Salinenbecken geleitet.

Ich mache mich an diesem heißen Tag auf den Weg zur Castillo de los Rojas, einer beeindruckenden Burgruine, die über der Stadt thront. Von hier aus habe ich einen atemberaubenden Blick über die umliegende Landschaft.

Doch zum Verweilen ist wenig Zeit. Die Einsiedelei von Tobera liegt nicht weit entfernt, eine kleine Felsenkirche, die sich in die Kalksteinfelsen schmiegt. Es ist ein Ort der Ruhe und Besinnung, und ich lasse die friedliche Atmosphäre auf mich wirken. Unter mir bahnt sich ein Flusslauf seinen Weg, der in einem Wasserfall bricht.

Auf meiner Fahrt zur Einsiedelei staune ich über die Bergwelt über mir. Die bizarren Kalksteinformationen des Naturparks Montes Obarenes-San Zadornil bieten ein spektakuläres Panorama. Hier fühle ich mich wie in einer anderen Welt, umgeben von Felsen, die in fantastischen Formen aus der Erde ragen. Wer genau hinschaut, kann Figuren, Tiere oder Felszeichen in den skurrilen Steinformationen entdecken. Die Stille und die Schönheit dieses Ortes sind überwältigend. Und stets kreisen Schmutzgeier, Adler oder Bussarde über dem Massiv und begleiten mich.

Frias oder das pulsierende Leben

Mein Weg führt mich weiter nach Frías, einer der schönsten mittelalterlichen Städte Spaniens. Hier pulsiert an diesem Abend das Leben. Es ist der 21. Juni, der längste Tag des Jahres. Das Fest der Johannisnacht steht bevor. Die Burg von Frías thront majestätisch über der Stadt und bietet einen atemberaubenden Blick auf die Umgebung. Während der Fiestas del Capitán y San Juan, die jedes Jahr im Juni stattfinden, wird die Stadt lebendig. Die roten Tücher der Freundschaft, die überall zu sehen sind, symbolisieren die Gemeinschaft und den Zusammenhalt der Bewohner. Die Johannisnacht mit ihrem traditionellen Feuersprung in den frühen Morgenstunden ist ein besonderes Erlebnis, das die Magie dieser Stadt unterstreicht.

Romantik am Sobron-Stausee

Auf meiner Weiterfahrt zum Hotel zieht die Straße sich entlang des Sobron-Stausees. Er liegt in einer malerischen Umgebung und bietet eine perfekte Kulisse für romantische Spaziergänge bei Vollmond. Gerade in dieser Nacht geht der große, orangefarbene Blutmond über dem Wasser auf. Die Reflexion des Mondes auf dem See schafft eine zauberhafte Atmosphäre, die mich in ihren Bann zieht. Die Ruhe des Sees und die Schönheit der Natur sind ein willkommener Kontrast zum lebhaften Treiben des Ortes Frias.

Schwester Roza und die Zisterzienserinnen

Bevor ich in die Pilgerstadt Burgos gelange, mache ich noch vor den Toren der Regional-Hauptstadt halt im Zisterzienserkloster Santa Maria de la Real las Huelgas. Hier leben 23 Nonnen, die zwischen 25 und 92 Jahren alt sind. Das Kloster ist ein Patrimonium der spanischen Krone. Bei einer Messe sitzt der König allerdings auf der Seite des Volkes und nicht auf der des Klerus, in dem nur die Nonnen platz nehmen. Nach einer Besichtigung des beeindruckenden Klosters treffe ich in der hauseigenen Porzellan-Manufaktur auf Schwester Roza Milanos, die seit 49 Jahren hier wohnt und seit 1986 Keramik bemalt. Sie kommt ursprünglich aus Madrid und in der Gemeinschaft ihren Frieden gefunden. Sie strahlt, man sieht ihr die Ausgeglichenheit an. Das positive Glücksgefühl überträgt sich auf mich und gibt mir Energie für meine weitere Reise.

Burgos – zwischen Pilgern und pulsierendem Leben

Burgos selbst ist eine quirlige Stadt mit einer reichen Geschichte. Die Kathedrale von Burgos, ein Meisterwerk der gotischen Architektur, dominiert das Stadtbild. Dieses UNESCO-Weltkulturerbe ist ein Höhepunkt jeder Reise nach Burgos. Die Stadt ist auch eine wichtige Station auf dem Jakobsweg, und ich treffe viele Pilger, die hier eine Pause einlegen. Die Geschichte des spanischen Nationalhelden Rodrigo Díaz de Vivar, bekannt als El Cid, ist in der Stadt allgegenwärtig.

Kontrastprogramm mit Max dem Mixer

Nach so vielen Kirchen, Klöstern und Klerikern steht mir abends in der pulsierenden Metropole Burgos der Sinn nach flüssigen Freuden. Und so brauche ich in der Altstadt gar nicht lange zu suchen, um auf eine ausgefallene Cocktail-Bar zu stoßen, in der ich Max den Mixer treffe. Er ist hier Barkeeper, der ein einzigartiges Konzept pflegt. Denn gelernt hat Max sein Handwerk in Paris. Dort traf er auf einen Parfümier, der seine Duftnoten von Cocktails inspirieren ließ. Das bewegte Max dazu, es genau anders herum zu tun. Er kreiert in seiner Bar Mixgetränke, die er mit einer Note bekannter, ausgewählter Parfüms als Duftwolke versieht und damit vor allem bei der Damenwelt Begeisterung hervorruft. Ideen muss man haben und Kreativität passt in de Stadt Burgos als Kontrast zur ehrwürdigen Historie.

La Yecla – Geierschlucht und Western-Drehort

Ein Ausflug zum Desfiladero de La Yecla, einer beeindruckenden Schlucht, bringt mich in die Nähe einer Geierkolonie. Die majestätischen Vögel kreisen zu hunderten über den steilen Felswänden, und ich bin fasziniert von ihrer Eleganz und Kraft. Diese natürliche Schönheit diente sogar als Filmkulisse für den Westernklassiker “Zwei glorreiche Halunken” mit Clint Eastwood im Jahr 1966.

Die Benediktiner und der Zauber der Gregorianik

Das Kloster Santo Domingo de Silos ist ein weiteres Highlight meiner Reise. Die Mönche hier sind bekannt für ihre gregorianischen Gesänge, die in der Andacht eine besondere Atmosphäre schaffen. Ich treffe einen der Mönche, den 48-jährigen Bruder José Antonio Martinez Camp. Er erzählt mir von der Geschichte des Klosters und der Bedeutung der Musik in ihrem täglichen Leben. Es wird versucht, eine Vereinbarkeit zwischen Beten und Arbeiten zu finden. In dem Kloster herrscht mehr Ruhe als bei anderen Benediktinern, erzählt mir Brude José. Hier wohnen 21 Mönche, es wird sehr viel Wert auf die Ausbildung des Nachwuches gelegt, denn dieser ist in den schweren Zeiten der katholischen Kirche immer seltener zu finden. Er selbst fand mit 19 Jahren den Weg ins Kloster Monserat in Barcelona. Dort lebte er acht Jahre, unterbrach das Klosterleben, arbeitete ganz bürgerlich als Finanzwirt und kehrte dann diesem Leben 2015 endgültig den Rücken. In dieses Kloster kam er, weil ein Verwandter seiner Mutter hier war. Hier fand er den Sinn des Lebens wieder, erzählt Bruder José.

Ich lausche seinen Worten und bin gespannt auf die Andacht, die von gregorianischen Gesängen aus dem 9. bis 11. Jahrhundert geprägt ist. Auch Bruder José singt dort. In der Karwoche singen sie hier im selten gewordenen postarabischen Stil, das ist eine Besonderheit in dem Kloster. Dabei werden lateinische Elemente mit den Elementen aus der maurischen, arabischen Zeit verbunden. Spannend denke ich bei mir und setze meine Reise zur letzten Station fort.

Lerma – Stadt oder Museum

Lerma, eine kleine Stadt mit einem beeindruckenden Parador, das heute als Hotel genutzt wird. Es lädt zu einem Besuch ein. Ich genieße die Gastfreundschaft und den Komfort dieses historischen Hotels, bevor ich mich zu einer Weinprobe der Arlanza-Region begebe. Die Weinverkostungen der Sorten Rueda, Ribera de Duero, Toro, Bierzo, Cigales und Cebreros sind ein wahres Fest für die Sinne. Jeder Wein erzählt seine eigene Geschichte und spiegelt die Vielfalt der Region wider.

Was speist man in Kastilien-Leon?

Auf meiner Reise entdecke ich auch die kulinarischen Spezialitäten der Region. Das Milchlamm, Spanferkel und die berühmte Blutwurst sind nur einige der Köstlichkeiten, die ich probiere. Berzas, ein traditionelles Kohlgericht, und andere regionale Delikatessen bieten kulinarische Höhepunkte meiner Reise. Wein gehört zu jedem Essen dazu. Allerdings hat sich in den vergangenen Jahren der Trend vor allem bei jungen Leuten durchgesetzt, vor allem Bier zu genießen. Und gerade hier im Norden Spaniens gibt es zahlreiche, würzige Biersorten, die mit heimischen Braugetränken durchaus mithalten können.

Ein Erlebnis mit Sehnsucht nach Wiederkehr

Die Region Burgos ist eine wahre Schatzkammer voller kultureller und natürlicher Wunder. Ob man auf den Spuren des Jakobswegs wandelt, die beeindruckenden Monumente besucht oder die unberührte Natur genießt – hier findet jeder Reisende sein persönliches Abenteuer. Kaum ausländische Touristen verirren sich in diese vergessene Region, was ihren authentischen Charme bewahrt. Es ist eine Reise, die mich tief beeindruckt und nachhaltig inspiriert hat.

Kurz notiert

Wie kommt man hin?

Um in die Region Burgos in Kastilien-Leon zu gelangen, kann man nach Madrid oder ins baskische Bilbao fliegen und muss seinen Weg dann mit dem Auto fortsetzen, ein Mietwagen lohnt sich.

Von Deutschland aus gehen Direktflüge von Düsseldorf und Berlin nach Bilbao, nach Madrid gibt es zahlreiche Flüge von Düsseldorf, Frankfurt oder Hamburg aus.

Hotels

In Burgos wohnt man gut im Hotel Rice Palacio de los Blasones

In Lerma heißt einen das Hotel Parador de Lerma willkommen

Auf dem Land sollte man sich gut informieren, welche Gasthäuser einem angemesssenen Preis-Leistungsverhältnis entsprechen, eine gute Möglichkeit bietet das Buchungs-Portal booking.com

Restaurants

In Oña speist man gut und kreativ in einem spanisch-senegalesischen Restaurant namens

Blanco y Negro

In Frias speist es sich bodenständig und gut in einem Lokal in der Altstadt zum Beispiel im Restaurante A Fuego Lento.

In Burgos sollte man unbedingt Tapas essen. Hier bietet sich die mit einem Michelin-Stern ausgezeichnete Bar „La Favorita“ an.

Abends isst man stilvoll und zentral mit sehr kreativen Tapas En tiempos Maricastana.

Den besten Cocktail der Stadt nimmt man in der Gastrobar Paquita Marvi ein bei Max dem Mixer.

Dringend abgeraten wird von der Touristen-Falle Puerta Real gegenüber der Kathedrale. Hier speist man bei unfreundlichem Personal im Keller direkt neben der Spülküche.

In Lerma speist man am besten im Hotel Parador.

Auch Lerma hat seine schwarzen Schafe. Dringend abgeraten wird vom Besuch der Gastroteca La Cava. Touristen zahlen hier gegenüber Einheimischen 25% mehr.

Diese Reise wurde durchgeführt mit freundlicher Unterstützung des spanischen Fremdenverkehrsamts Turespaña in München.

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Philip Duckwitz

Autor Kurzvorstellung:

Der „Journeylist“ Philip Duckwitz arbeitet als freier Journalist und Autor in Remscheid, vormals in Köln. Auf seinen Reisen um den Erdball, die er am liebsten in wenig bekannte Länder und Regionen unternimmt, öffnet er seinen Lesern Türen zu unerschlossenen Blickwinkeln. Bekanntes neu entdecken und Neues bekannt zu geben, unter dieser Prämisse reist der Journeylist auf der Suche nach den Schätzen dieser Welt und berichtet darüber, um seine Leser für einen einzigartigen Urlaub in der Ferne zu begeistern.

Hinweis: Dieser Beitrag wird regelmäßig von Mitgliedern der Reise-Stories Redaktion wie Heiner Sieger, Gerhard Fuhrmann und Jupp Suttner auf Richtigkeit und Vollständigkeit geprüft. Falls Sie Anmerkungen zu diesem Beitrag haben, kontaktieren Sie bitte direkt hier die Redaktion.

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