ABGEFAHREN in Obereggen/Südtirol: Scampi, Rasanz & Eleganz – Skifahren vom Feinsten!

VON JUPP SUTTNER    ////   Der Sepp hat es auch schon bemerkt. „Heut‘ stehen Polizisten an der Talstation!“ An jener des Skigebiets Latemar im südtirolerischen Obereggen, unweit von Bozen. Der Sepp – das ist unser Ski-Guide heute. Und die Polizisten, das sind jene, die kontrollieren wegen Corona – Maske tragen, Greenpass, 2 G und solche Sachen. Denn in derlei Angelegenheiten sind sie streng in Italien. Was vor allem Skilehrer zu spüren bekommen, die nur an den Wochenenden als Aushilfen einspringen – „denn viele von denen“, weiß der Sepp, „lassen sich nicht spritzen“. Misstrauische und trotzige Alpenbewohner, in deren Tälern eine erschreckend niedrige Impfquote vorliegt, nicht nur in Südtirol, sondern auch in gebirgigen Gegenden Österreichs, Bayerns und der Schweiz.

Das ist der Sepp

„Die Stammskilehrer von Obereggen sind alle geimpft“, so der Sepp. „Aber die Aushilfen…“ Können nun eben nicht aushelfen. In Italien gilt 2G am Arbeitsplatz. Und Italien begehrt auch ein spezielles Einreise-Formular, das zu Hause in Deutschland online auszufüllen ist. Dauerte bei mir fast 25 Minuten.

Außerdem gilt es noch die App des Skiliftverbundes Dolomiti Superski down zu laden, diese mit dem tagesaktuellen Skipass

und dem QR-Code des EU-Greentickets (also der Impfbescheinigung) zu verbinden – und schon kann man mit dem Lift nach oben rauschen, mitten hinein in diese optisch geradezu dramatisch berührende Schnee-Szenerie.

Wem jenes Prozedere zu kompliziert klingt – auf keinen Fall abschrecken lassen! Denn:

Erstens erledigen diesen ganzen Handy-Kram auf Wunsch die freundlichen Menschen an den Oberegger Bergbahn-Kassen. (Aber unbedingt den AUSGEDRUCKTEN Impfbescheinigungs-QR-Code mitbringen!)

Und zweitens lohnt es sich – denn die Schneeverhältnisse präsentieren sich momentan wirklich prima. Dank der Schnee-Kanonen. Die Pistengrundlage bildet momentan zu 90 % Kunstschnee – und oben drauf 10 % Naturschnee. „Wir haben für diese Saison noch nicht allzu viel abbekommen“, sagt der Sepp, „wir bräuchten ein Genua-Tief“. Und nachmittags bräuchte man scharfe Kanten – denn da offenbaren sich die Hänge gelegentlich bereits ein wenig abgeschabt. Aber keinesfalls eisig!

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ABGEFAHREN! Die Ski-Reporter von Reise-Stories.de unterwegs im Schnee. Jede Woche wieder! Um aktuell zu schildern, wie es auf den Pisten von ……. gerade aus sieht.  Dieses Mal: So war es am Samstag, 11. Dezember 2021, im Skigebiet Latemar bei Obereggen/Südtirol in Italien.

 

ABGEFAHREN ist KEINE Gebiets-Reportage, sondern nur eine „Momentaufnahme“.

 

Fotocredit & Copyright aller Fotos dieses Reports:

 

Jupp Suttner. Sämtliche Bilder wurden aufgenommen am Samstag, 11. Dezember 2021.

 

Text:

 

Jupp Suttner

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Jetzt jedoch herrscht fabelhafter Vormittag – bei 12 Grad minus. Oben weht ein halbheftiger Wind und verbläst den Schnee. Endlich wieder mal

so ein wundervolles Wintergefühl! Bei dem man aufpassen muss, dass einem die Füße in den Stiefeln nicht zu frieren beginnen!

„Meine Mutter“, erzählt der Sepp im Sessellift, „hat mir als junger Bursch immer Skisocken gestrickt aus den alten Wollpullovern.“ Woran man merkt, dass er bereits im letzten Jahrhundert zur Welt gekommen ist – 1952 genau. „Ich habe damals immer Schmerzen gehabt beim Skifahren – und niemand wusste warum. Bis einer auf die Idee kam, dass die Socken schuld sein könnten. Weil die grobe Struktur durch den Schuh auf den Fuß gedrückt wurde. Also kaufte ich mir RICHTIGE Ski-Socken – “und fahre seit jenem Tag schmerzfrei Ski!“

Und zwar seit 1973, als das Skigebiet eröffnet, eine Skischule gegründet und er – eigentlicher Installateur – gleich Skilehrer wurde. Was hat sich seitdem am stärksten im Skilehrerleben verändert? „Dass die Menschen keine Zeit mehr haben. Wenn wir früher mittags auf der Hütte gesessen sind, dann ist man nicht mehr aus dem Haus gekommen. Ein Willi und ein Pflaumen-Flip nach dem anderen!“

Sehnsucht nach der alten Zeit? „Ja“, nickt der Sepp, dessen Familie das hiesige Hotel www.oberlehenhof.com betreibt, „und wie! Denn diese Kameradschaft und diese Verbindung und Freundschaft mit den Gästen, das gibt es nicht mehr.“

Willi für Williamsbirnenschnaps ist klar – aber was war dieser Flip? „Schnaps mit eben Pflaume und Sahne – die ist beim Trinken dann oft im Schnauzer hängengeblieben.“ Aber es gab genügend „Skihaserl“, wie sie einst hießen, die es genossen, einem feschen Skilehrer die hängengebliebene Sahne vom Schnurrbart zu küssen.

Rasanz (oben) und Eleganz (unten)

 

Bei UNSERER Mittagspause – im Dezember 2021 – bleibt NICHTS hängen. Wir verbringen sie auf der Baita Gardoné, vor 21 Jahren auf 1.650 m Höhe errichtet.

Gemütliche Baita-Rast für Verena, Yvonne und Mell

Die Hütte weist gleich mehrere Besonderheiten auf:

Erstens ist sie sowohl von Südtirol (also von Obereggen aus, am Ende einer wunderbar roten Abfahrt) als auch vom Trentino (Predazzo, mit der Gondel) aus erreichbar.

Zweitens besitzt sie mit ihrer „Mountain Riviera“ Liegestühle mit Beach- und Schiffsdeck-Ambiente.

Und drittens steht sie im Ruf, das größte Fleisch-Paradies der Alpen zu sein: Bei unserem letzten Besuch vor ein paar Jahren kostete 1 kg T-Bone-Steak mit Filet und Grillgemüse 55 Euro und das Rind stammte aus umliegenden Tälern.

Ob es die Monster-Spezialität auch in diesem Winter geben wird, erkundeten wir als Erstes auf der Speisekarte. Nein. Nicht mehr vorhanden. Denn die Hütte ist inzwischen vor allem ein Gourmet- statt Gourmand-Tempel geworden, mit feinsten regional-mediterranen Raffinessen.

Die Scampi der Baita MÜSSEN einfach fotografiert werden!

Sehr zu empfehlen: Tagliata vom Rind mit Rauke, Grillgemüse und Röstkartoffeln (24,70 Euro). Und hinterher, vor der nächsten Abfahrt – rein, in die Riviera!

Natürlich nicht für uns. Denn wir sind die Jetzt-Menschen, die keine Zeit haben. Vor allem ich nicht: So schnell wie möglich zurück ins Hotel carven bitte! Denn ich möchte das Bundesliga-Match FC Bayern-FSV Mainz 05 nicht versäumen. Wie pervers – ein Traum-Skitag und er fiebert wegen Fußball!

Doch es existiert noch ein zweiter Grund, der mich nach Hause treibt: die Beine! Nicht jene der Kicker, sondern jene des Reporters. Sie künden gnadenlos von den zu wenig ausgeführten Ski-Kraft-Übungen im Herbst! Hauptsache, ich schreibe jeden Spätsommer immer ganz wichtigtuerisch, dass man JETZT bereits mit Ski-Gym beginnen müsse, denn „Skifahrer werden im Sommer gemacht!“. Ja, ja, ja.

Jedenfalls fahre ich heute so hundsmiserabel wie letztmals vor zehn oder zwölf Jahren in Colorado mal, als ich bei der Bezwingung der unpräparierten Weltcup-Abfahrts-Piste „Birds of Pray“ in Beaver Creek die ganze Gruppe aufhielt, weil ich einfach keine Kraft mehr in den Oberschenkeln besaß, um ordentlich schwingen zu können. Genauso verhält es sich heute:

In der 1. Stunde des Skitages halte ich immer noch etwa 60 Sekunden durch, das Tempo der Clique zu halten – ehe mit einem Schlag der die Muskeln blau anlaufen lassende Teufel in die Oberschenkel schießt und ich einfach stoppen muss, bevor eine Weiterfahrt möglich ist.

In der 2. Stunde verkürzt sich dieser Rhythmus auf zirka 45 Sekunden, in der 3. Stunde auf 30 – und in der 4. muss ich nach etwa 15 Sekunden meine Fahrt abbrechen: KATASTROPHAL!

Ich schwöre dem Latemar: DU wirst mich noch kennenlernen! Später im Winter werde ich zurückkehren! Und Dir die Sporen geben! Und DU wirst die Rechnung, die ich mit Dir habe, begleichen!

Was einer an Schwachsinn sich halt so denkt, wenn er wütend und deprimiert ist, jedoch eine Zukunftshoffnung benötigt.

Doch jetzt gerade ist Gegenwart.

Über die ich mich abends dann aber ebenso geschickt hinwegtröste:

Na ja, es war halt der erste Skitag der Saison.

Und Hauptsache:

Bayern hat gewonnen.

Jupp Suttner

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Infos:

www.eggental.com

www.obereggen.com

www.latemar.it

www.baitagardone.com

www.dolomitisuperski.com

www.suedtirol.info

www.visitfiemme.it

www.visittrentino.info

www.enit.de

Fakten:

Skigebiets-Höhe: 1.540-2.388 m
18 Lifte/Anlagen
49 km präparierte Pisten
Leicht: 9 km
Mittel: 33 km
Schwer: 7 km

Tagesskipass: 55 Euro (Kinder 38,50 Euro)

Wochen-Skipass (gültig an 5 von 6 Tagen, frei wählbar):

262 – 327 Euro je nach Saison

Schließlich noch ein geradezu unschlagbares Angebot, was den Preis betrifft:  „Be the First“ – 18 Euro für etwa 90 Minuten leere Pisten inklusive 2 x Frühstück: da kommt finanzielle Freude auf! Zumal auch die Begleitung von Skilehrern angeboten wird. Wer jedoch lieber ganz, ganz alleine genießen möchte, findet garantiert dennoch rechtzeitig den zum Frühstück in der Berghütte Oberholz auf 2.096 m Höhe. Einfach dem Kaffeeduft nachfahren…

Zeitpunkt des Early Morning Skifahrens: Ab März 2022 jeden Mittwoch.

 

Auffahrt: 7 Uhr, Sessellift Oberholz

 

Maximale Teilnehmerzahl: Unbegrenzt

 

Preis (zusätzlich zum Lift-Ticket): 18 Euro

 

Darin außer etwa 90 Minuten lang exklusiv leeren Pisten enthalten:

 

Skilehrerbegleitung, Frühstück um etwa 9 Uhr auf der Oberholz-Hütte – sowie zusätzlich „Flying breakfast“ an der Talstation mit Kaffee und Brioche ab 6.45 Uhr.

Entfernungen:

München-Obereggen etwa 290 km
Stuttgart-Obereggen etwa 450 km

Bahnstation und Flughafen: Bozen

Und letztendlich noch kurz zum Hotel, in dem wir abgestiegen sind, dem

4****S-Haus Cristal:

Wer sich bisweilen fragt, was eigentlich das „S“ hinter der Sternezahl mancher Hotels bedeutet: dies meint „S“uperior und der Buchstabe soll ausdrücken, dass dieses Haus vom Standard her über seine Sterne-Zahl hinausragt. Ein 4****S-Haus kann also als 4,5-Sterne-Haus betrachtet werden. Wie das Cristal in Obereggen:

 

Einesteils ein behaglicher Bau mit einer respektabel gelungenen Mischung aus Tradition (viel Holz) und Moderne (viel Licht), einem sehr schönen Wellness-Bereich und einer fabelhaften Küche, die mir die vielleicht besten Schlutzkrapfen Südtirols (und somit der Welt…) servierte.

 

Und andererseits einem Extra-Genuss, den ich nicht für mich behalten möchte:

 

Jeden Freitagabend gibt es ein Meeresfrüchte-Buffet der erlesensten Art!

 

Mein Tipp deshalb:

 

In dieses ski in-ski out-Haus unbedingt schon am Freitag anreisen! Um in den Ski-Urlaub gleich mit einem kulinarischen Highlight zu starten.

 

Und zwei weitere Tipps, die mir im Rahmen dieses ABGEFAHREN zufielen:

 

Abends ist der Pool des Hauses halt ein Pool. Aber wenn man die letzte Stunde vor dem Sonnenuntergang dort genießt – verwandelt diese Stätte sich meines Erachtens zu einem der wunderbarsten Hotel-Pools Südtirols! Die Beleuchtung und Architektur innen korrespondiert mit dem Sundowner und der Bergwelt draußen in innigster Art – und das Schwimmen avanciert zum Erlebnis.

 

Und:

 

Wem der „allgemeine“ Spa mit seinen vielfältigen Möglichkeiten vielleicht von etwas zu vielen Menschen frequentiert ist – sollte unbedingt auf den Mountain View Spa am anderen Ende des Hauses ausweichen. Die Sauna ist meist menschenleer – und man blickt von dort direkt auf die Piste. (Umgekehrt scheint es nicht möglich zu sein – zumindest konstatierte ich keinerlei Purzelbäume oder Crashes auf der Piste vor Schrecken angesichts nackter Tatsachen.)

 

Auch das Dampfbad und der Ruheraum offenbaren sich meist vereinsamt. Trifft allerdings eine italienische Familie oder ein italienischer Freund/innen-Kreis ein, so erhöht sich der Ruheraum in ein respektabel Cristal! lebhaftes Kommunikationszentrum und man bedauert sehr, wenn man nicht italienisch kann, dass man nicht italienisch kann. (Wie ich.) Um alles zu verstehen und die Neugier ein wenig befriedigen zu können.

 

Ein weiterer Positiv-Aspekt des Hotels: Es heißt ja immer, dass man im Urlaub verblöde, weil so und so viele Millionen Gehirnzellen abstürben. Nicht im Cristal! Dort werden sie – im Gegenteil – sogar aufgebaut! Indem man jeden Tag wieder angestrengt nachdenken muss, wo man sich im Gewirr der verschiedenen Ebenen, Lifte, Garagen, Stockwerke denn gerade befindet und wo wohl das Zimmer und der Skiraum und das Auto und die Reception sich befinden und warum und wie viele.

 

Spannend! Und glücklichmachend – wenn man dort angelangt ist, wo man gerade hinwollte. Und es geschafft hat. Und die Gehirnzellen sich nun endlich ein wenig schlafen legen dürfen.

 

Details: www.hotelcristal.com

 

 

 Aussicht aus meinem Hotelzimmer

 

Soweit dieses aktuelle ABGEFAHREN. Einen richtigen BERICHT über das Skigebiet gibt es dann im Herbst als Winter-“Vorschau”. Bleibt dran!

 

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Jupp Suttner

Autor Kurzvorstellung:

Jupp Suttner (Jg. 48) ist der Chefredakteur von Ski-Stories.de, Fussball-Stories.de, Sport-Stories.de und Golf-Stories.com sowie Chefreporter für Reise-Stories.de. Der Sport- und Reisejournalist besucht seit 1968 nicht nur zahllose Hotels, Wintersport-Orte und Golfplätze rund um die Welt, sondern berichtete auch von insgesamt 21 Olympischen Sommer- und Winterspielen sowie mehreren Fußball-Europa- und Weltmeisterschaften, alpinen und nordischen Ski- und Biathlon-WMs. Er schreibt im Print-Bereich hauptsächlich für SKI & BERGE, das TOP MAGAZIN MÜNCHEN, die Wiener Tageszeitung DIE PRESSE sowie gelegentlich für SERVUS, CENTURION, PLATINUM und andere wie etwa SPORT-FAXX – einem Pool von 79 Regional-Tageszeitungen in D, Ö, CH, It und Lux. Der Autor verfasste etliche Sportbücher (Ski, Fußball, Schwimmen, Marathon) und gewann zwei Mal den Fairplay-Preis des deutschen Sportjournalismus sowie etliche andere Medien-Preise des Verbandes Deutscher Sportjournalisten. Der leidenschaftliche Skifahrer, Golfer und Esser lebt als gebürtiger Münchner in den bayerischen Voralpen.

Hinweis: Dieser Beitrag wird regelmäßig von Mitgliedern der Reise-Stories Redaktion wie Heiner Sieger, Gerhard Fuhrmann und Jupp Suttner auf Richtigkeit und Vollständigkeit geprüft. Falls Sie Anmerkungen zu diesem Beitrag haben, kontaktieren Sie bitte direkt hier die Redaktion.

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