Die Region Val de Loire ist Frankreichs drittgrößtes Weinanbaugebiet. Doch sind es nicht nur die Crémants, die Weinliebhaber in aller Welt überzeugen. Unter den Rotweinen läuft allen voran der Cabernet Franc zur Hochform auf.
Mit 1000 Kilometern ist die Loire Frankreichs längster Fluss und mit Blick auf Wein eine der Vorzeige-Regionen des Landes. Hier entstehen Weine, die urfranzösischer kaum sein können. Weit über Frankreich hinaus bekannt ist das Herkunftsgebiet Sancerre, das nach dem gleichnamigen Städtchen benannt ist. Nicht weit davon entfernt ist die Gemeinde Pouilly-sur-Loire. Dort heißen die Sauvignon Blancs Pouilly-Fumé, die Napoleon Bonaparte angeblich zu seinen liebsten Weinen zählte.
Die wichtigste rote Sorte ist der Cabernet Franc, der vor allem rund um Saumur, Champigny, Chinon und Bourgeuil angebaut wird. Er ist direkt mit dem sehr viel populäreren Cabernet Sauvignon verwandt, riecht und schmeckt aber ganz anders. An der Loire ist er unter dem Namen Breton bekannt und bringt sehr gute Ergebnisse mit kühlfruchtigen, erdigen, oft auch an grüne Paprika und Cassis erinnernden Aromen.
Pierre-Jean Sauvion hat nicht nur eine Nase für Wein, sondern auch ein Auge für die Entwicklung der gesamten Region. Der Önologe ist in der vierten Generation seiner Familie Winzer mit Leidenschaft und verantwortlich für die Kommunikation des Dachverbandes der Loire-Weinproduzenten Interloire. „Die Weichen für die Weine des Loire-Tals sind gestellt“, ist der Wein-Aficionado überzeugt, „wir befinden uns in einer Zeit, in der sich die Konsumenten von Weinen mit zu viel Alkohol abwenden und nach Frische und knackiger Frucht suchen. Unsere Rebsorten – insbesondere Chenin, Melon de Bourgogne, Sauvignon für die Weißweine und Cabernet Franc für die Rotweine – reagieren perfekt auf diesen Trend.“
Gleichwohl muss auch seine Region dem Klimawandel Tribut zollen. „Wir werden nicht von häufigen Frösten und Hagelstürmen verschont. Die klimatischen Exzesse bestrafen auch uns, auch wenn alle nördlichen Appellationen anders leiden als die südlichen Weinberge.“ Erst Anfang April wurde ganz Frankreich von einer extremen Kälteperiode heimgesucht. Bis weit in den Süden waren alle Weinregionen in Frankreich von den Spätfrösten betroffen, so auch an der Loire. Zwischen dem 6. und 8. April fiel das Quecksilber in den Weinbergen bis auf minus sieben Grad Celsius. Vielerorts haben die Schutzmaßnahmen nicht ausgereicht haben, um massive Frostschäden zu vermeiden.
Dies Klima-Kapriolen erschweren auch die Umstellung auf nachhaltigen Anbau. Dennoch liegt der Anteil von Gütern mit Bio-Siegel mit elf bis zwölf Prozent etwas höher als im nationalen Durchschnitt von Gütern liegt bei etwa zehn Prozent. „Im Loire-Tal gibt es einige herausragende Winzer, die eine ganze Generation von jungen Winzern positiv beeinflusst haben“, meint Sauvion, „besser ausgebildet, oft mit Erfahrung in ausländischen Weingütern, helfen sie, die Scheuklappen abzunehmen und die Qualität der Weine zu verbessern.”
Ein gutes Beispiel für einen biodynamisch produzierten Wein ist der Clef de Sol (dt.: „Schlüssel zum Boden“) der Domaine La Grange Tiphaine. Er stammt von 60 Prozent alten Cabernet Franc-Reben und 40 Prozent Cot, auch als Malbec bekannt, die auf einem unscheinbaren Hügel mitten in einem ausufernden Neubaugebiet stehen. Cot/Malbec-Weine mit einer solchen tiefgründigen Expressivität lassen sich nur in der Touraine finden. Weingutsbesitzer Damien Delecheneau hält seine alten Reben denn auch für „magisch“. Für den Keller ist seine Frau Coralie zuständig. Die studierte Önoligin mazeriert die biodynamisch angebauten Trauben in kleinen konischen Betontanks, reift den Wein anschließend über ein Jahr hinweg in gebrauchten Holzfässern unterschiedlicher Größe auf der Vollhefe und füllt ihn dann ohne Filtration ab.
Häufig gelobt unter den traditionell hergestellten Cabernet Francs ist der Domaine des Roches Neuves Franc de Pied 2017 ist ein leichter Rotwein von leuchtender rubinroter Farbe mit Aromen von kleinen roten Früchten wie Kirschen und Johannisbeeren und würzigen Noten. Thierry Germain, Spross einer bordelaiser Weinhandelsdynastie, hat sich vom Außenseiter zu einem der Kultwinzer der Loire emporgearbeitet. Waren die Weine seines 28 Hektar großen Gutes bis Anfang der 2000er Jahre noch sehr vom bordelaiser Stil und dem Ausbau in größtenteils neuen Barriques geprägt, sind sie heute Muster an Rasse und Mineralität.
Fotos: Interloire