Auf steirischen Radwegen zum Genuss

Sonnige Rebhügel, beschauliche Flussauen und farbenprächtige Bauerngärten, wer die Steiermark hautnah erleben möchte, tritt am besten in die Pedale und lässt sich ein paar Tage genüsslich durch „das grüne Herz“ Österreichs treiben.

Von Renate Wolf-Götz


Bild oben: Erste Herbstnebel zu Füßen der Riegersburg ©Renate Wolf-Götz

In der lieblichen Radkersburger Teich- und Hügellandschaft breitet sich der Röcksee aus. Ein Paradies für Camper, die die südöstliche Ecke Österreichs mit dem Fahrrad erkunden möchten. Mehrere Themenradwege kreuzen hier, wo Österreich an Ungarn und Slowenien grenzt. Für die erste Erkundungstour auf zwei Rädern wählen wir den Mur-Radweg (R2) und treten gemütlich Richtung Bad Radkersburg in die Pedale. Entlang den Mur-Auen geht es vorbei an malerischen Bauerngärten, verwitterten Steinkreuzen und durch schattenspendende, kleine Wälder. Nach etwa acht Kilometern kündigt ein Hinweisschild einen Buschenschank an. Kurz darauf ist der von Weinlaub umrankte Gastgarten schon in Sicht. Wir lassen uns auf eine beschauliche Jause mit steirischem Weißwein zum deftigen Brotzeitteller nieder und genießen die Stille um die bodenständige Laube.

Regionale Leckerbisse zum Picknick ©Renate Wolf-Götz

Erfrischt treten wir anschließend die zweite Etappe unserer kleinen Einstiegstour nach Radkersburg an. Als Grenzfeste an der Mur wurde der beschauliche Ort vor 765 Jahren von König Ottokar von Böhmen gegründet und erhielt 40 Jahre später bereits das Stadtrecht. Die günstige Lage brachte zahlreiche Privilegien mit sich, darunter den Handel mit Wein, Vieh, Getreide und Salz. Kehrseite der vorteilhaften Grenzlage waren häufige militärische Bedrohungen von ungarischer und türkischer Seite. So entstanden damals etliche Festungsanlagen in der Region.

Von der einstigen Bedeutung des heute eher etwas verschlafenen Radkersburg zeugen die herrschaftlichen Häuser des Städtchens. Im Lauf der Jahrhunderte wurde die „Pufferzone“ zwar immer wieder angegriffen und teilweise erheblich beschädigt. Doch dank der vorbildlichen Denkmalpflege ist das historische Stadtbild erhalten geblieben. Ebenso gepflegt wie die farbenprächtigen Häuser sind die Oldtimer, die mit ihrer bunten Lackierung gut zu den historischen Gassen passen. Kein Wunder, dass Bad Radkersburg ein beliebter Treffpunkt für Oldtimer-Veteranen ist. Der einstige Fahrzeugpionier Johann Puch, der von 1862 bis 1914 hier gelebt und getüftelt hat und dem die Radkersburger ein Denkmal gesetzt haben, hätte sich sicher über das Interesse der Freunde historischer Autos an seiner Stadt gefreut.

Camping-Idylle am Röcksee – Foto privat

Die Therme in Radkersburg stammt indessen aus der Neuzeit. Zwar sprudelte bei Bohrungen nach Öl vor knapp hundert Jahren statt des erhofften Öls warmes, mineralisiertes Thermalwasser. Das Thermalbad hat aber erst vor rund 60 Jahren seine Pforten geöffnet und wurde dann stetig erweitert. Erst später schmückte sich die Parktherme Bad Radkersburg mit einem Kurpark und vor wenigen Jahren eröffneten die Betreiber zusätzlich einen Campingplatz.

Das steirische Gold

Die nächste Etappe unserer Erkundungstour in dem sonnenverwöhnten Landstrich führt uns durch das Tal der Sulm. Wie ein Kontrastprogramm wirkt das bäuerliche Land jenseits der aufgeräumten Stadt. Endlose Mais- und Kürbisfelder breiten sich um uns herum aus. Wir streifen Bauerndörfer und machen schließlich Rast in einem Ort mit dem putzigen Namen Heimschuh, wo wir die Ölmühle Hartlieb ansteuern. Für die Verkostung seiner für die Region typischen Kürbiskernöle stellt Thomas Hartlieb einen Korb mit kleinen Brotstücken auf den Tisch. Damit tunken wir in die verschiedenen Schälchen mit dem dunkelgrün schimmernden Kürbiskernöl aus verschiedener Pressung. „Das ist unser steirisches Gold“, sagt der Juniorchef. Für einen Liter des dickflüssigen Öls verarbeitet er etwa 35 Kürbisse. Die wachsen in der Steiermark in so großen Mengen, dass sich keiner der Ölmüller oder Wirte, die sich zur „Steirischen Ölspur“ zusammen geschlossen haben, um den Nachschub sorgen muss.

Kürbusse sind im Spätsommer allgegenwärtig ©Renate Wolf-Götz

Auf dem Radweg entlang der Mur geht es anschließend weiter Richtung Leibnitz. Im Nationalpark Hohe Tauern entspringt die Mur als wildes Gebirgsgewässer, das sich auf seinem 275 Kilometer langen Weg zum  behäbig und träge dahinfließenden Fluss entwickelt und schließlich in Bad Radkersburg endet. Diese fruchtbare Landschaft im Dreiländereck wird auch als „Speisekammer Österreichs“ bezeichnet. Der kleine Grenzverkehr nach Ungarn und Slowenien war für die Bauern selbst in Zeiten des Kalten Krieges Alltag, denn oft reichten ihre Felder bis ins Nachbarland jenseits der jeweiligen Grenze.

Gut ausgeschilderte Themenradwege erleichtern die Orientierung ©Renate Wolf-Götz

Die reichen Erträge der sonnenverwöhnten Felder und Weingärten tischt die Wirtin abends in einem traditionellen Landgasthof auf: Gemüse in verschiedenen Variationen, G´selchtes und Luftgetrocknetes, Käse, hausgemachte Brotaufstriche und nicht zuletzt der süffige Schilcher-Wein füllen die Kalorien, die wir tagsüber abgestrampelt haben, locker wieder auf.

Unsere nächste Etappe durch das Vulkanland, wie das fruchtbare Dreiländereck auch genannt wird, führt nach Auersbach. In seiner Vulcano-Schinkenmanufaktur hat Franz Habel den Weg von den heimischen Ferkeln bis zu seinem prämierten Vulcano-Schinken in virtuellen Stationen dargestellt. Einige leibhaftige Exemplare des Borstenviehs kann man im Außenbereich des Museums besichtigen. „Besonders Stadtkindern wollen wir zeigen, dass ein guter Schinken von artgerechten gehaltenen Schweinen kommt“, sagt die Chefin des Hauses.

Blick über die malerische Landschaft der Südoststeiermark ©Renate Wolf-Götz

Auf dem Thermenradweg Richtung Riegersburg

Ganz genüsslich lenken wir unsere Räder am nächsten Tag über den Thermenradweg durch Apfelbaumwiesen und Weingärten unweit der ungarischen Grenze. Etwa auf halber Strecke zwischen Bad Radkersburg und der Riegersburg, thront das Dorf St. Anna am Aigen auf einer schweißtreibenden Anhöhe. Die erste wirkliche Herausforderung an die Kondition, denn wir haben uns für den kurzen steilen Anstieg entschieden, statt der längeren, gemäßigten Umfahrung. Unter der sengenden Mittagssonne erreichen wir das Ziel mit letzter Kraft. Die Belohnung winkt in einem idyllischen Gastgärtchen: Ein frischer Muskateller Frizzante rinnt erfrischend durch die Kehle. Dabei wandert der Blick über die malerische Landschaft. Einfach paradiesisch! Anschließend geht es in rasanter Fahrt hinunter ins Raabtal nach Neustift, wo wir uns mit einem leckeren Picknick stärken.

St. Anna am Aigen thront über sonnenverwöhnten Rebhügeln @Renate Wolf-Götz

Die Krönung der Gaumenfreuden erwartet uns in der kleinen Ortschaft Bergl an den Ausläufern der Riegersburg. Hier hat Josef Zotter auf seinem elterlichen Hof ein einzigartiges Schokoladen-Schlaraffenland geschaffen. In den kreativ gestalteten Probierstationen kann man den süßen Verführungen kaum widerstehen. Unzählige Rezepturen hat sich der Maestro der Schokolade schon ausgedacht und die weniger beliebten Sorten immer wieder aussortiert. Damit die trotzdem nicht in Vergessenheit geraten, hat der einstige Bauernbub Zotter auf seinem weitläufigen Anwesen einen Schokoladen-Friedhof errichtet, um den verblichenen Sorten ein Denkmal zu setzen.

Informationen

Auskünfte: Österreich Werbung, www.austria.info

Steiermark Tourismus, www.steiermark.com

Camping Röcksee in Mureck, www.roecksee.at

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Hinweis: Dieser Beitrag wird regelmäßig von Mitgliedern der Reise-Stories Redaktion wie Heiner Sieger, Gerhard Fuhrmann und Jupp Suttner auf Richtigkeit und Vollständigkeit geprüft. Falls Sie Anmerkungen zu diesem Beitrag haben, kontaktieren Sie bitte direkt hier die Redaktion.

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