Der Ex-Weltcup-Skirennläufer Florian Eisath will als neuer Geschäftsführer der örtlichen Bergbahngesellschaft die Ski- und Wanderregion Carezza Dolomites im Eggental behutsam weiterentwickeln – und dafür kämpfen, zur Not auch Dolomitenpässe für den Verkehr zu limitieren oder zeitweise zu sperren.
Wie schwer ist Ihnen im vergangenen Jahr der Abschied vom Skizirkus gefallen?
Nach mehr als 15 Jahren, vielen Höhen und Tiefen mit zahlreichen schweren Verletzungen habe ich nach meinem dritten Platz beim Rennen in Alta Badia gedacht, dass dieser Erfolg genau der richtige Zeitpunkt ist, um mich auf neue Ziele im Leben zu konzentrieren. Ich habe eine Frau und einen dreijährigen Sohn, da habe ich auch eine gewisse Verantwortung.
Was sind Ihre neuen Ziele?
Bisher ging es um meinen sportlichen Erfolg. Eine Karriere als Skirennfahrer dauert nicht ewig, aber die innere Einstellung bleibt bestehen. Mein Ziel ist es, dass in 20 Jahren andere über mich sagen: Der hat etwas richtig gemacht mit der Entwicklung der touristischen Region. Daher setze ich meine Energie künftig ein, damit jeder Gast unserer Region den besten Urlaub seines Lebens hier verbringen kann. Dazu will ich Carezza Dolomites zur führenden Bergerlebniswelt ausbauen.
Das klingt zwar nicht so gefährlich, wie sich eisige Pisten herabzustürzen, aber nicht minder anspruchsvoll für einen touristischen Newcomer. Führende Bergerlebniswelt werden – was gehört für Sie dazu?
Ganz so neu bin ich ja nicht. Erstens habe ich meinem Vater, der die Region bislang touristisch weiterentwickelt hat, über die Schulter geschaut. Und zweitens bin ich mit dem Ski-Zirkus weit herumgekommen und habe sehr viele Vergleichsmöglichkeiten. Meine Heimat ist nicht nur das schönste Wandergebiet Europas, wenn nicht der Welt und gleichzeitig das letzte noch entwickelbare Dolomitenresort. Und für dessen Zukunft sehe ich im Vordergrund, die richtige Balance zwischen attraktiven touristischen Angeboten und dem Erhalt der Natur zu finden. Im Sommer quälen sich Autokarawanen über die Große Dolomitenstraße die unsere Region durchschneidet. Und vom riesigen Parkplatz am Karer See haben wir nur den Lärm und den Gestank, aber es bleibt wenig Wertschöpfung in der Region. So wie bisher geht es nicht weiter.
Was ist dann Ihr Plan, wie sollte es denn weitergehen?
Zunächst geht es darum, von den Fehlern Anderer zu lernen. Die unberührte Natur gibt mir selber sehr viel Kraft. Daher weiß ich, wie wichtig es ist, sie zu erhalten. Wir müssen gewisse Auswüchse dringend korrigieren, wie überdimensionale Parkplätze mitten in den Bergen, die Automassen magnetisch anziehen. Und da sehe ich einige mögliche Lösungen: Wir können mit intelligent gewählten Gondelführungen einen großen Teil des Autoverkehrs eindämmen. Wenn wir den Touristen zusätzlich mit durchdesignten Produkten wie Rundwegen, Trails und geführten Wanderungen attraktive Alternativen bieten, können wir damit die Besucher lenken und die Ursprünglichkeit der Natur gleichzeitig erhalten. So können wir sogar Menschen nach oben bringen, die sonst nicht dahin kommen würden, und ihnen ein einzigartiges Bergerlebnis ermöglichen. Zu dieser Kanalisierung kann auch die Digitalisierung beitragen. Zur Not muss man aber auch Pässe zeitweise einfach sperren oder zumindest deren Nutzung limitieren. Erste Tendenzen gibt es ja schon, zum Beispiel die Feldversuche am Sellapass. Und die USA zeigen, was möglich ist: Der Eintritt in den Naturpark des Grand Canyon kostet pro Auto 25 und pro Person 12 Dollar.
Wie können neue Gondeln zum Erhalt der Ursprünglichkeit beitragen – nicht von ungefähr werden solche Projekte gerade von Umweltschützern bekämpft?
Liftanlagen verschlingen weit weniger Natur als Parkanlagen und generieren auch keine Emissionen. 3000 Autos, die täglich von Moena im benachbarten Fassatal zu uns über den Karerpass fahren, aber schon. Daher setze ich alles daran, das von meinem Vater Georg begonnene Projekt einer Gondel-Verbindung ins Fassatal zusammen mit der dortigen neuen Gemeindeverwaltung und den Touristikern voranzutreiben. Unsere Region braucht auf jeden Fall ein neues Mobilitätskonzept. Es geht darum, mit so wenig Liften wie nötig, so viel Pisten- und Wanderkilometer wie möglich erschließen. Es macht Sinn, dabei so ökonomisch und ökologisch wie möglich zu agieren.
Zurück zum Stichwort Bergerlebniswelt: Welche Rolle spielen die Qualität und Regionalität des gastronomischen Angebots dabei?
Für die Besucher unserer Region sollen der Genuss der Natur und der lokalen Kulinarik im Mittelpunkt stehen. Und beides gehört untrennbar zusammen. Denn die Produkte, die den hervorragenden Ruf unserer Küche ausmachen, beruhen auf deren Herkunft von unseren heimischen Bauern. Die Symbiosen zwischen Landwirtschaft und Tourismus sind sehr groß: vom Urlaub auf dem Bauernhof, über das Angebot von Hofprodukten bis zu heimischen Käsereien und Brennereien. Wir beschäftigen sehr viele Bauern bei der Liftgesellschaft, auch unser Leiter der Beschneiungsanlagen und der Chef der Schneekatzen sind Landwirte, ebenso zahlreiche Skilehrer. Die brauchen diese wirtschaftliche Sicherheit aus dem Winter, um im Sommer die Bergwelt pflegen zu können. Das gilt es noch auszubauen, dieses regionale und saisonale Denken möchte ich hier mehr und mehr integrieren.