
Im Sommer wie im Winter lohnt die Sanon-Hütte auf der Seiser Alm eine intensive Rast. Allein der grandiose Blick über die Alm vom Schlern bis hinüber zum imposanten Langkofel und dem gewaltigen Sella-Massiv sind mehr als einige geruhsame Augenblicke wert.
Die Sanon ist ein echter Familienbetrieb, was man als Gast besonders an der Herzlichkeit und der Qualität der Speisen spürt. Die Brüder Luca und Daniel schmeißen den Service, Mama Magdalena steht jeden Morgen ab sechs Uhr am Herd und kümmert sich zusätzlich um die eigene Landwirtschaft mit 20 Kühen. Der Großteil der Fleischgerichte und der Käse auf der Sanon kommen aus dieser eigenen Landwirtschaft. Schwester Sofia sowie Carmen, Daniels Freundin, helfen ebenfalls im Service mit. Wer auf einer längeren Bergtour einmal in Not gerät, dem wird vielleicht von Vater Raffael Kostner geholfen. Er ist nicht nur Hütten- und Landwirt sondern vor allem freiwilliger Bergretter – und wie seine beiden Söhne Hubschrauber-Pilot – und deshalb häufig unterwegs.
Erst ein “Nusseler”, dann ab auf die Sonnenliege

Wer sich auf der Sanon für eine Wanderpause niederlässt, dem wird feine wie deftige Südtiroler Hüttenkost aufgetischt, mit allem was dazu gehört – von den Spiegeleiern mit Speck und Bratkartoffeln bis zu den herzhaften Spinatknödeln und dem hausgemachten Frischkäse. Der Kennertipp auf der Sanon ist allerdings die mit Käse und Gorgonzola überbackene Buchweizenpolenta. Wer danach noch hungrig ist, dem sei einer der von Hüttenwirtin Magdalena selber gebackenen Kuchen wie Aprikosenstrudel, Hundeschnauze oder Buchweizentorte ans Herz gelegt. Vor allzu großer Ermattung bewahrt hinterher ein Latschenkiefer- oder Heidelbeerschnaps oder ein leckerer „Nusseler“. Wer seine eigene Brotzeit dabei hat, darf sich auf der Wiese vor der Hütte ein der vielen Liegen nehmen und die Südtiroler Sonne genießen. Oder auch erst nach dem Nusseler.
„Ich bin wie die ganze Familie mit dem Herzen Hüttenwirt“, lacht der 36-jährige Daniel und streicht sich lächelnd über den dichten Bart. Voller Stolz schafft er alte Gästebücher aus dem Jahr 1973 herbei. Was da so alles drinsteht! Damals haben sich die Gäste noch Zeit genommen, um nette Gedichte und Schilderungen ihrer Erlebnisse samt Fotos einzutragen. „Vielleicht sollten wir diese Tradition wieder einführen,“ überlegt Daniel laut. Tag für Tag, wenn immer das Wetter es zulässt, kommt er selber die rund 15 Kilometer von seinem Wohnort Wolkenstein mit dem Mountainbike zur Sanon hoch, im Winter mit den Tourenski. Das muss wahre Liebe sein.
Die Oma legte den Grundstein für den Hüttenbetrieb

Der Grundstein für den heutigen Hüttenbetrieb auf der Sanon legte die Oma Isolde Kostner, genannt Lolli. 1965 hatte sie die Hütte samt Grundstück gekauft und dann nach und nach begonnen für die Gäste zu kochen, einfache Gerichte wie Knödel, Würstel und Gulaschsuppe. „Die Oma war auch Unternehmerin“, erzählt Enkel Daniel augenzwinkernd, „sie hat gleich nebenan einen Skilift gebaut.“
Ihr Sohn Raffael entwickelte neben dem Sinn für die Hütte eine weitere Leidenschaft – er wurde Bergführer. Und nicht nur das. Er gründete eine eigene Bergrettungsgesellschaft, die „Aiuta Alpin“, eine freiwillige Bergrettungsgesellschaft, deren Gründungssitz die Sanon-Hütte ist. Ab 1986 hatte er es organisiert, dass immer ein Hubschrauber zur Verfügung steht. Seine Ehefrau Magdalena führt heute die Küche der kleinen Hütte mit der gleichen Hingabe wie einst die Oma Lolli. „Das war nicht immer leicht“, erzählt Daniel. „Die Mama hat die Bratkartoffeln gewendet und nebenher die Bergrettung koordiniert und in Krankenhäusern angerufen, dass wieder ein Hubschrauber zu ihnen unterwegs ist.“ Inzwischen bleibt der Magdalena mehr Zeit für Ihre Gäste – ihr Mann Raffael verfügt jetzt in Moraves über eine eigene Einsatzzentrale für die Bergrettung.
