Wenn sich zwei bayerische Originale zusammentun, kann doch eigentlich nur etwas Gutes dabei herauskommen. A bayerische Band und an bayerischer Schuh – wie geht das zusammen? Am besten offenbar beim gemeinsamen Wandern durch die bayerische Bergwelt. Und wenn dann auch noch die Sonne so gewaltig vom Himmel lacht, wie heuer am mittleren Oktoberwochenende, dann kann man nur sagen: Herzlichen Glückwunsch, wenn man bei diesem abgefahrenen Event in den Ammergauer Alpen, Bayerns größtem Naturschutzgebiet, dabei sein durfte!
Ein erlesener Kreis von 50 Gewinnern einer Social Media-Aktion des Bergschuhherstellers Hanwag aus Vierkirchen bei München traf am 14. Oktober 2017 auf die sieben Musiker der bayerischen Blaskapelle LaBrassBanda. Eine kurze Reise der fröhlichen Art: Nach einem kurzen Tusch an der Talstation der Kolbensattelbahn startete die laut Beschreibung „leichte Wanderung“ am Fuße des Oberammergauer Hausbergs Kofel hinauf zur Kolbensattelhütte. Dabei ist „leicht“ natürlich relativ, aber bei einer Strecke von knapp vier Kilometern 474 Höhenmeter zu überwinden, ist für den einen oder anderen schon eine sportliche Herausforderung. Aber klar, zum einen müssen ja die Hanwag-Bergschuhe zeigen, was sie können. Und zudem spielte LaBrassBanda unterwegs mehrfach auf, was immer wieder willkommene wie unterhaltsame Verschnaufpausen bedeutete.
Von der Talstation führt der Kolbensattel-Weg als schmaler Pfad zunächst malerisch durch den Wald, immer begleitet vom Plätschern des Kolbenbachs. Nach etwa einem Kilometer wechselt die Strecke auf die Waldstraße zur Kolbenalm. Zufällig fand dort gerade ein Treffen der Bayerischen Bulldog-Freunde statt, die unverhofft in den Genuss einer ersten Musikeinlage von LaBrassbanda kamen. Durchschnaufen hieß es dabei vor allem für die Gäste von Hanwag, denn die Combo selber schien sehr gut zu Fuß und bei Lunge zu sein.
Immerhin hatten die Jungs um Bandleader Stefan Dettl genügend Luft für zwei erste Stücke. Kein Wunder, die Jungs sind ja auch sonst sportlich unterwegs. „Wenn wir frei haben, proben wir normalerweise, da ist so eine Wanderung für uns eine schöne Auszeit. Wir sind ja sonst viel sauf Bierzeltfesten unterwegs. Da spielen wir meist vorher gegen die Einheimischen Theken- oder Feuerwehrmannschaften. Da müssen alle mitspielen, vom Tontechniker bis zum Busfahrer, damit wir die Gastgeber besser kennenlernen. Von bisher rund 70 Spielen haben wir allerdings ungefähr eines gewonnen“, lacht Stefan Dettl, der auf dem Weg bergauf einen kleinen Einblick in den Bandalltag gibt.
Und warum macht die Band ausgerechnet eine Wanderung zusammen mit einer Bergschuhfirma?
„Na, weil es einfach passt: bayerische Berge, bayerische Wanderschuhe und eine bayerische Blaskapelle. Da können wir uns gut gegenseitig unterstützen. Die machen bei Hanwag ihre Schuhe mit Liebe und wir machen unsere Musik genauso. Wäre die Firma aus China, würden wir gewiss nicht auf die Alm rauflaufen. Wir machen ja keine Werbung, das muss gemütlich sein und Spaß machen“, sagt der Frontmann.
Letztendlich ist das Ganze eine gelungene Social Media Aktion, die sich für beide Seiten auszahlt. Beide Partner leben von Tradition, Emotion und der Klammer Bayern und Berge – der Bergschuster aus Vierkirchen und die Band aus dem Chiemgau. „Wir wollen mit der Aktion auch unsere Marke aufladen mit dem bayerischen Lebensgefühl. Wir sind ja ein traditionelles, fast 100 Jahre altes Unternehmen, unsere Schuhe sind seit je her handgemacht“, sagt Mario Alkov, Marketingleiter von Hanwag. Kaum zu glauben, aber so ein Trekkingschuh von Hanwag wird mit 125 verschiedenen Handgriffen, 35 verschieden Materialien und 110 verschiedene Einzelteilen hergestellt. Das ist noch die gute alte zwiegenähte und gezwickte Machart, wie sie ursprünglich bei den Haferlschuhen angewendet wurde. Das erlaubt zum einen höchste Formstabilität, zum anderen lässt sich dadurch jeder Schuh wieder neu besohlen, was die Lebensdauer stark verlängert.
Hanwag-Firmengründer Hans Wagner stammte aus einer traditionsreichen Schusterfamilie. Schon sein Vater stellte Schuhe her, ebenso wie seine Brüder Adolf und Lorenz, die später die Firmen Hochland beziehungsweise LOWA gründeten – eine ähnliche Firmengeschichte wie die der berühmten Dassler-Brüder Adolf (Adidas) und Rudolf (Puma)– nur weniger spektakulär.
Inzwischen sind alle schon wieder ein gutes Stück des Wegs weitergewandert, als sich die Musiker unvermittelt zwischen ein paar umgestürzten Bäumen am Wegesrand niederlassen. Zeit für eine weitere Pause, erfrischt durch eine „Bergbrause“, eine Apfelschorle mit Latschenkieferngeschmack. Die Jungs von LaBrassbanda haben offensichtlich ihren Spaß und geben zwei traditionelle Stückl zum Besten.
Mit der Wanderung, deren Teilnahme über soziale Medien verlost wurde, möchte die Band auch ein eigenes ambitioniertes Projekt fördern: den eigenen Internetsender „Radio Buh“, der seit zweieinhalb Jahren auf Sendung ist. Ein Internetsender, der als Einziger eine gemeinnützige GmbH ist. „Wir brauchen immer wieder Firmen, die uns unterstützen, damit wir unser Programm machen können“, beschreibt Stefan Dettl seine Motivation. „Wir brauchen Platz für junge Bands, für junge Musiker, die so ticken wie wir. Und die in etablierten Radiosendern sonst keine Chance kriegen. Sobald es nämlich ums Geld geht, muss man als Musiker mehr Sachen spielen, die auch Geld bringen und dann ist die Musik eben wieder angepasst. Genau das soll sie aber nicht sein!“
Für ihn und die Band sei die Wanderung auch ein schönes Abenteuer. „Wir haben geschaut, wo es Berghüttl gibt, wo wir so was machen können. Und da wir immer gerne in Regionen gehen, wo wir noch nie gespielt haben, sind wir dann auf die Ammertaler Alpen gekommen. Das ist auch für uns spannend, immer wieder neue Gegenden zu entdecken, damit es nicht langweilig wird. Wir sind von Lindau aus hergefahren, das ist eine paradiesische Gegend, fast surreal, wie gemalt. Bis auf die Schneekanonen, hier auf dem Weg zur Alm, die ein Scheiß sind“, kann sich Stefan einen Seitenhieb nicht verkneifen.
Nach einem letzten, herausfordernden Anstieg ist es dann nach gut anderthalb Stunden Wanderzeit geschafft. Der ganze Tross kommt nach und nach auf der Kolbensattel-Alm an. Die Hütte liegt in malerischer Umgebung auf einer Höhe von 1270 Metern im Kolbensattel bei Oberammergau. Klar, dass es zum Aperitif – die meisten ziehen ein Weißbier vor – die nächste Musikeinlage von LaBrassBanda gibt. Und nach einem Abendessen mit bayerischen Schmankerln aus der Hüttenküche rockt die Band – diesmal nicht die Konzerthallen und Bierzelte des Landes und der weiten Welt -, sondern die bescheidene, für 80 Personen ausgelegte Gaststube der Alm. Nur eines ist wie immer: LaBrassBanda mixt auf unfassbar energiegeladene Weise bayerische Volksmusik mit Ska-Punk, Techno, Reggae und Brass, die auch die Gäste in der Hütte fast zum Durchdrehen bringt.
Dann kann es los gehen – und wie! Von der ersten Minute stürmen die Fans die Tanzfläche und feiern zu Titeln wie „Oh weh Mama“, „Nackert“ und „Autobahn“ und tanzen bis die Hütte bebt. Dabei ist das Konzert so familiär, wie man es sich nur vorstellen kann. Stefan Dettl hüpft mit den Kindern in der ersten Reihe. Jeder Songwunsch wird erfüllt.
Immer wieder wird gemeinsam mit Bier angestoßen. Nach zwei Stunden endet der offizielle Teil mit wunderschönen Balladen unter dem Sternenhimmel. Zum offiziellen Abschluss bittet Stefan alle Gäste nach draußen vor die Hütte. Unter dem Dach von Millionen Sternen spielen er und seine Band noch ein letztes Stückl, das fast zu Tränen rührt: „Der Has’ ist tot“.
Wer noch nicht genug hatte, ließ den ersten Shuttlebus sausen. Beim gemütlichen Teil des Abends spielte LaBrassBanda beim Absacker noch bis Mitternacht den einen oder anderen Titel zwischen amüsanten Gesprächen mit den glücklichen Fans.
Die Wanderung ist aber auch ohne LaBrassBanda durchaus lohnenswert, vor allem für Familien mit Kindern – und das auf gleich vier Gründen:
- unterwegs lässt es sich wunderbar Staudämme am Kolbenbach bauen, der einen guten Teil der Strecke neben dem Weg entlang verläuft;
- vor der Kolbensattelhütte gibt es einen Bergabenteuerspielplatz, genannt „AktivArena“, in dem die Kids sich austoben können, während Papa und Mama im Liegestuhl sitzen oder ein paar Hüttenschmankerl genießen;
- direkt hinter der Kolbensattelhütte befindet sich der Kletterwald Oberammergau. Die sechs verschiedenen Parcours mit 73 Übungen verlaufen in Höhen von 1- bis 17 Meter. Atemberaubende Seilübungen, actionreiche Foxbahnen und wacklige Holzbrücken verlangen Kids und Eltern Mut und Geschick ab;
- neben dem Kletterwald liegt der Start des „Alpine Coaster“, eine Bobbahn im Stil einer Achterbahn. Enorm rasant das Ding, denn es geht mit Geschwindigkeiten bis zu 40 km/h zu Tal (Tempo abgeriegelt). Die Höhendifferenz auf der 2600 Meter langen Strecke beträgt 400 Meter. Dabei geht es über 73 Kurven, 9 Jumps und 7 Wellen. Ein Nervenkitzel der ganz besonderen Art.