Venntrilogie – Ostbelgiens neuer Fernwanderweg

Ein wunderbares Wandererlebnis in drei Kapiteln bietet die „Venntrilogie“ in Ostbelgien, ein neuer Fernwanderweg zwischen Kelmis und Bütgenbach.

Im Hohnbachtal stellen Baumstämme die Fragen.

„Kennst du echt nicht?“ Der Baumstamm am Weg im Hohnbachtal scheint uns auf den Arm nehmen zu wollen. Woher denn auch, um Gottes willen, die Wanderstrecke wurde doch gerade erst eingeweiht. Ja, gut, das Hohnbachtal hinter Kelmis ist bekannt für seine wunderbare Blütezeit wilder Narzissen und dem Vorkommen der Galmeiveilchen, die nur hier wachsen. Galmei ist auf erzhaltige Böden spezialisiert, die im 19. Jahrhundert Weltruhm erlangten. Denn im Bergbau werden Zinkerze so genannt. Vom Lateinischen „calamina“ abgeleitet, gab das dem Ort Kelmis/La Calamine seinen Namen. Und hier am Altenberg lag das größte Zinkerz-Vorkommen in ganz Belgien. „Da staunst du echt, was?“ Aber keine Sorge, wer hier wandert, wird von Narzissen-, Wald- und Wiesendüften keineswegs derart betört, dass er beginnt, mit Holzstämmen am Wegesrand zu reden. Menschen, die Bäume umarmen, gibt es hier auch nicht besonders häufig, dafür aber ein Naturschutzgebiet, in dem das Galmeiveilchen bis heute überlebt hat. Und wer weiß, vielleicht wird es in Zukunft ja auch einen echten „Galmei-Göhltaler“ von Tobias Boffenrath aus seiner Käserei Göhltaler, dazu einen leckeren Gin aus der Brennerei Radermacher von Bernard Zacharias, der ältesten und ersten biologischen Brennerei Belgiens in Raeren. „Kennst Du echt nicht? Komm, echt nicht?“ Dann nichts wie hin, denn die Venntrilogie bietet nicht nur faszinierende Wandererlebnisse, auch der Gaumen kommt hier nicht zu kurz. 

Tobias Boffenrath stellt in Eynatten den leckeren Göhltaler Käse her, ein Gedicht.

Die neue Wanderroute „Venntrilogie“ verbindet unterschiedliche Natur-und Kulturlandschaften vom Dreiländereck Belgien, Deutschland und den Niederlanden in ihrem nördlichen Teil bis nach Eupen. Das raue Hochmoor im Hohen Venn und seine wilden, einsamen Ebenen und Wälder  bilden den Mittelteil. Und im Süden führt die Route vom idyllischen Warchetal über Burg Reinhardstein bis nach Bütgenbach. Insgesamt 109 Kilometer lang, sechs Etappen und drei Landschaften, das sind die Eckdaten zum neuen Fernwanderweg Venntrilogie, der Ende August 2023 in Eynatten in der Wallonie offiziell eröffnet wurde. Projektleiter Jef Schuwer und sein Team hat mit der „Venntrilogie“ eine Route geschaffen, die nicht nur ein neues  Eingangstor für Ostbelgien bildet, sondern auch ein bedeutender neuer Anziehungspunkt und Highlight für alle Wandernden in der Grenzregion darstellt. Ihr hoher Qualitätsanspruch wurde bereits von der Europäischen Wandervereinigung mit dem Gütesiegel „Leading Quality Trail Best of Europe“ ausgezeichnet. Damit gehört die neue Venntrilogie zu den besten der 22 Fernwanderwege Europas.

Im mittleren Abschnitt der Venntrilogie gibt es zahlreiche Feuchtgebiete.

Name mit Symbolkraft

Der Name Venntrilogie besteht aus den Elementen „Venn“ und „Trilogie“. Dabei verweist „Venn“ auf die geographische Lage der Strecke, während „Trilogie“ auf die drei Landschaftstypen des Venns eingeht: die weiten Wiesenlandschaften im nördlichen Venn, das mystische Hohe Venn und die Wälder und Flusstäler im südlichen Venn. Zudem kombiniert der Name ein französischsprachiges und ein deutschsprachiges Element zu einem Namen, der in allen Sprachen Ostbelgiens und der Euregio-Maas-Rhein leicht auszusprechen ist. Drei Landschaften und sechs Etappen: diese landschaftlichen Besonderheiten spiegeln sich auch im Logo und der Beschilderung wider. Die beiden ersten Etappen sind mit grünen Schildern ausgestattet, die auf die umliegenden Wiesenlandschaften und den Hertogenwald verweisen. Etappe 3 und 4 führen aus dem Wald heraus in die geheimnisvollen Weiten des Hohen Venns. Die grau-beige Farbe der Beschilderung erinnert an den Nebel, der häufig über der Landschaft schwebt und weist auf die Mystik der Landschaft hin. Das Blau der Etappen 5 und 6 verweist auf das Wasser der Warche, das dem Wanderer während dieses Abschnitts der Venntrilogie ein ständiger Begleiter ist. Die Strecke zeigt besonders eindrucksvoll die Diversität des Venns und ganz Ostbelgiens. Dabei verbindet sie landschaftliche Merkmale und Wanderhighlights wie die Wiesenstiegel auf dem nördlichen Teil der Venntrilogie, die typischen Holzstege im Hohen Venn sowie die Schluchten und Hügelkammwege auf dem südlichen Teil der Strecke. Sie verläuft zudem größtenteils entlang bereits bestehender Wanderwege und des Wanderknotenpunktsystems. Durch die Anbindungswege an den Eifelsteig lässt sich die Wandererfahrung in der Grenzregion ganz einfach erweitern. Die Beschilderung vor Ort bietet neben Richtungsweisern in beide Richtungen der Strecke auch Hinweise zu den nächsten Zwischenzielen und die Anzahl bereits bewanderter Kilometer. Außerdem werden auf der Beschilderung Unterkünfte, Restaurants, öffentliche Verkehrsmittel und touristische Informationen angegeben.

Die Venntrilogie ist mit einem einprägenden Erkennungsmerkmal bestens ausgeschildert.

Gelebte Nachhaltigkeit

Nachhaltigkeit ist auf der Venntrilogie nicht nur ein Schlagwort, sondern wird hier auf allen Etappen großgeschrieben. So lädt sie zunächst zum Slow Travel ein und ist daher mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut erreichbar. Am Bahnhof Eupen gibt es direkte Busverbindungen zum Dreiländereck und nach Bütgenbach, den Start- und Zielorten der Venntrilogie. Durch die Anbindung an den Eifelsteig wird den Wandernden ebenfalls die Möglichkeit einer Alternativstrecke durch Ostbelgien gegeben. Um den Naturliebhabern die Möglichkeit zu geben, die Vielfalt Ostbelgiens und der Eifel diesseits und jenseits der Grenze zu entdecken, haben die Tourismusagentur Ostbelgien und die Eifel Tourismus GmbH ein gemeinsames Reiseangebot entwickelt. Es besteht aus zwei Übernachtungen in Ostbelgien in Eupen und Raeren und drei Übernachtungen in Deutschland in Aachen, Monschau und Roetgen. Im Angebot enthalten sind neben den Übernachtungen Frühstück, Abendessen, Picknicks, Gepäcktransport, Informationsmaterial und der Transport von Aachen bis zum Vaalserberg am Dreiländereck, dem Startpunkt der Venntrilogie. Dieses Angebot ist über die Websites der beiden Projektpartner buchbar und verbindet in einer Schleife die ersten drei Etappen der Venntrilogie und die ersten beiden Etappen des Eifelsteigs über einen Verbindungsabschnitt von Eupen über das Brackvenn nach Monschau.

Die Wasserläufe im Hohen Venn laden zur Abkühlung ein.

Der offizielle Wanderführer

Als Begleitung für den Fernwanderweg wurde ein offizieller Wanderführer konzipiert, den man in den höchsten Tönen loben muss. Dieser enthält neben Streckenbeschreibungen der Etappen auch Inhalte zu Persönlichkeiten und Ereignissen, die die Region nachhaltig und positiv beeinflusst haben. Sein besonders gelungenes Storytelling bietet beste Unterhaltung entlang der Strecke. Darüber hinaus wird der Wanderführer um Taschenbuchformat durch Illustrationen von Boris Servais untermalt und bekommt somit nochmal eine künstlerische und regionale Note. Er ist in allen Tourist-Informationszentren entlang der Strecke und als Download auf www.ostbelgien.eu kostenlos verfügbar.

Das romantische Hohnbachtal verbreitet eine idyllische Atmosphäre.

Zusammenarbeit mit Partnern

Für ein Rund-Um-Wandererlebnis sind qualitativ hochwertige Unterkünfte, die auf die Bedürfnisse und Ansprüche der Fernwanderer ausgerichtet sind, besonders wichtig. Um höchste Qualitätsstandards bei der Unterkunft zu garantieren, entwickelte die Tourismusagentur Ostbelgien eine Charta. Mit der Unterschrift dieser Charta erklären sich die Partnerbetriebe bereit, besondere Bedingungen zu erfüllen und spezifische Dienstleistungen für den Wanderer anzubieten. So dürfen Partnerbetriebe maximal drei Kilometer vom Fernwanderweg entfernt liegen. Zu den weiteren Kriterien zählen die Möglichkeit, nur eine Nacht dort zu verbringen und Wanderkleidung in einem dafür vorgesehenen Raum zu trocknen. Derzeit verzeichnet die Venntrilogie zwölf Partnerbetriebe, dazu zählen das Hotel – Restaurant – Bistro Zum Onkel Jonathan in Raeren, Marias Guesthouse in Raeren, Gîte-auberge Kaleo Eupen, das Sleepwood Hotel in Eupen, Gîte Kaleo des Hautes Fagnes in Ovifat, Auberge de jeunesse Hautes Fagnes in Malmedy, La Romance du Lac in Robertville, Hôtel des Bains & Wellness – Spa Nuxe in Robertville, Hotel Belair in Weismes, Hotel Bütgenbacher Hof in Bütgenbach, Hotel du Lac S.A. in Bütgenbach und das Hotel Eifelland in Bütgenbach.  

Burg Reinhardstein erreicht man über einen schmalen Wanderpfad von der Warche aus.

Die Etappen der Venntrilogie

Wandern ist bekanntlich ein höchst individuelles Erlebnis, für manche ist eine Strecke von zehn Kilometern bereits eine Herausforderung, andere laufen sich damit gerade warm. So gesehen sind die sechs empfohlenen Etappen der Venntrilogie lediglich ein Anhaltspunkt, den jeder nach seinen individuellen Wünschen und Möglichkeiten anpassen kann. Sie bilden also eine Grundorientierung.

Etappe 1 führt vom Dreiländereck nach Eynatten, ist 23,5 Kilometer lang und überwindet 172 Höhenmeter.

Etappe 2 verläuft von Eynatten nach Eupen – 18,9 km – 164 hm.

Etappe 3 führt von Eupen bis Botrange – 24,8 km – 523 hm.

Etappe 4 verläuft von Botrange bis Malmedy – 19,9 km – 337 hm.

Etappe 5 führt von Malmedy nach Robertville – 10,6 km – 348 hm.

Etappe 6 verläuft von Robertville nach Bütgenbach, ist 11,9 Kilometer lang und überwindet 216 Höhenmeter.

Kennt man immer noch nicht? Dann nichts wie hin, denn jede Etappe auf dieser neuen Fernwanderung in Ostbelgien ist jeden einzelnen Schritt wert.

Jef Schuwer hat die Venntrilogie entworfen und zum erfolgreichen Start geführt.

Weitere Informationen

www.venntrilogie.eu

www.ostbelgien.eu/de

www.visitwallonia.de

Übernachten

Hotel Tychon, www.hotel-tychon.be

My Hotel Malmedy, https://myhotel.be/de/

Belgisches Peak Beer besitzt Kultstatus.

Restaurant

Brauerei und Restaurant Peak Beer, www.peakbeer.be

Aktivitäten

Käserei Göhltaler, www.goehltaler.be

Naturparkzentrum Botrange, www.ostbelgien.eu/de/fiche/naturalreserves/naturparkzentrum

Burg Reinhardstein, www.reinhardstein.net/de/

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Jörg Berghoff

Autor Kurzvorstellung:

Jörg Berghoff führt als freier Autor und Journalist seit 1998 ein Pressebüro für Tourismus, Kultur und Sport. Als Reisejournalist spezialisiert auf Irland, Großbritannien, Europa und Australien. Studium der Kunstgeschichte und Ethnologie, Winzermeister und Buchhändler.

Hinweis: Dieser Beitrag wird regelmäßig von Mitgliedern der Reise-Stories Redaktion wie Heiner Sieger, Gerhard Fuhrmann und Jupp Suttner auf Richtigkeit und Vollständigkeit geprüft. Falls Sie Anmerkungen zu diesem Beitrag haben, kontaktieren Sie bitte direkt hier die Redaktion.

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