Val d’Isère. Hier ist der Berg der Star

Val d’Isère … Schon mal gehört? Val heißt Tal. Etwas verwirrend, immerhin wurde ein Skigebiet mit 3656-Gipfel danach benannt und nach dem Flüsschen Isère, das durch die Region Auvergne-Rhône-Alpes verläuft. Wer noch ein wenig Schulfranzösisch parat hat, betont im Isère das akzentuierte, langgezogene „sääääär“ und schon ist klar: Bonjour, les Alpes! Wir sind in Frankreich! Val d’Isère – umzingelt von Bergen ab 3000 Meter Höhe, auf denen noch im Sommer echter Schnee liegt. Ob Anfänger, normalbegabter Skifahrer oder Tiefschnee-Crack und Freerider, hier ist der Berg der Star. Hüttengaudi und Schaulaufen der Ski-Schickeria findet woanders statt.

Text & Fotos: Constanze Buss

Panorama-Blick vom Grande La Motte

 

„Val-d’Isère ist das schönste Skigebiet der Welt.“ Das sagt nicht irgendjemand, sondern Jean-Claude Killy. Skirennfahrer, dreifacher Olympiasieger und früherer Namensgeber des Zehntausend Hektar großen Areals zwischen dem Gletscher „Grande Motte“ im Westen und dem „Col d’Isèran“ im Osten. Richard Baldauf, seit über 33 Jahren Skilehrer und Paraglide-Pilot in Val-d’Isère/Tigne, stimmt dem Idol seiner Jugend zu: „In der Saison bin ich jeden Tag auf der Piste und es ist mir noch nie langweilig geworden.“ Kein Wunder, die Auswahl an Pisten ist so groß, dass man in einer Skiwoche keine Abfahrt zweimal nehmen muss. Ein Schlaraffenland für Ski- und Showboardfahrer aller Könnerstufen mit Gletscher-Abfahrten, extrabreiten Pistenautobahnen, anspruchsvollen Buckelpisten, schnellen Schusssttrecken und einem riesigen „Off-“-Terrain abseits der Pisten.

Es gibt höhere Berge in Europa als den „La Grande Motte“, der mit seinen 3656 Metern majestätisch über Val d’ Isère/Tigne thront und es gibt Skiorte, die mehr Pistenkilometer anzubieten haben. Doch ob es nun 600 Kilometer wie in „Les 3 Vallées“ sind oder 300 Kilometer Pistenstrecke wie in Val d’Isère, völlig egal. Niemand kann hunderte Kilometer in einer Ferienwoche abfahren. Eine fleißige Skigruppe mit Lehrer schafft gerade mal 30 Kilometer am Tag. Eine Engländerin aus Richard Baldaufs Gruppe hat das mit der Ski-Tracks-App errechnet. Dann muss es ja stimmen.

Es ist ein internationales Publikum, das in Val d’Isère an den Hängen unterwegs ist: zum Beispiel Peter und Cornelia, beide in den 40ern, aus Starnberg oder die zwei Brüder, Anfang 20, aus Südafrika. Tracy ist mit ihrem Sohn aus London gekommen, Johan aus Dänemark bereist den französischen Skiort schon seit den 70er Jahren, Marie und Didier aus der Camargue sind mit Mitte 60 die ältesten in der Gruppe. Sie sind mit Skilehrer Richard Baldauf auf dessen Lieblingsstrecke unterwegs: der Abfahrt vom Grande-Motte-Gletscher. Gefühlt dauert sie Stunden, in Echtzeit 15 bis 20 Minuten. Lächeln und genießen. Keine Skigruppen, die den Weg versperren, keine Engpässe oder Ziehwege, die zum Anhalten zwingen. Es gibt genügend Platz, um extragroße Kurven zu üben. Mit dem monotonen Knirschen des Firn-Schnees im Ohr gleicht die Talabfahrt einer Meditation.

Kaffeepause mit Panorama-Blick in Val d’Isère

Gleich noch mal! In nur sechs Minuten geht es mit der gelben Standseilbahn „Funiculaire“ durch einen Tunnel hinauf zum Ganzjahresgletscherskigebiet unterhalb der Grande Motte, wo Ski-und Snowboardfahrer im Snowpark noch im Sommer ihre Schwünge ziehen können. Hier oben, dem Himmel ganz nah, darf man einfach mal stehen, staunen, schweigen: da, der die weiße Kuppe des Mont Blanc halb im Hochnebel versunken, da, die Zinnen der italienischen Alpen und geradeaus das Netz an Pisten, das sich durch funkelnden Schnee sich bis ins Tal zieht. Die real gewordenen Panorama-Postkarte.

„Auch schwarze Pisten sind im Winter weiß“, sagt Richard Baldauf. Was er sagen will: Runter kommt man immer. Klar, doch was ist mit der „La Face de Bellevarde“? Die wohl bekannteste Abfahrt im Gebiet ist die ultimative Herausforderung für alle, die den Adrenalin-Kick suchen. Sie diente 1992 als Olympiaabfahrt und ist seit der Saison 1968/1969 Schauplatz des alpinen Skiweltcups. Daneben jede Menge Pisten mit sanftem Gefälle für Vorsichtige. Für Sabine und Anne aus dem Münsterland zum Beispiel. Die Freundinnen stehen das erste Mal auf den Brettern. Etwas zittrig. Talski, Bergski, welchen muss man noch mal belasten? Die zwei finden auch in den Höhenlagen Pisten, die so weit und offen sind, dass sich das Einmaleins des Skifahrens furchtlos üben lässt. Val d’ Isère wurde übrigens mit dem Label „Famille Plus“ ausgezeichnet. Das heißt: Für Kinder ab 18 Monaten gibt es eine Krippe, ab 3 Jahren einen Skikindergarten, wo spielerisch „Pizza“ und „Pommes“ geübt wird – Pflug und Parallelschwung.

Der Berg ist der Star. Da fällt Ausschlafen bis in die Puppen aus. Treffen mit den Skilehrern ist zwischen halb neun und neun Uhr. Angeschnallt werden die Boards und Skier in den Hotels oder dem ansässigen ClubMed direkt vor der Tür, „Ski à pied“, „die Piste direkt vor der Tür“, wie es auf Französisch heißt. Die Club-Anlage ist wie die meisten Häuser in Val d’Isère im traditionellen Stil aus Holz und Naturstein erbaut. Erfreulicherweise ähnelt der Ort mit seiner Dorfkirche aus dem 11. Jahrhundert noch einem gemütlichen Bergdorf. Ganz im Gegensatz zur Nachbargemeinde Tigne, die vor etwa 40 Jahren ohne Rücksicht auf Ökologie und Ästhetik auf eine Alm geklotzt wurde. Immerhin gibt es dort Unterkünfte für das schmalere Reisebudget und mittlerweile auch wieder Hotels im historischen Chalet-Stil.

 

Skivergnügen satt in Val d’Isère

 

Zurück auf die Piste, zu den Bergen. „Wer hier her kommt, liebt das Skifahren, das Außergewöhnliche“, sagt Richard Baldauf. Es ist ihm wichtig zu erwähnen, dass es in Val d’Isère keine Ski-Schickeria à la Courchevel, Kiezbühel oder Ischgl gibt, die in Luxus-Hütten ihre Pelze präsentieren. Was man hier auch nicht findet: Remmi-Demmi-Hüttengaudi mit hirnerweichendem Après-Ski-Hit-Gedudel. In Val d’Isère/Tigne geht’s etwas gechillter zu: Lunch im „La Datscha“ findet in bequemen Liegestühlen zu gedämpftem Elektosound statt oder im „La Peau de Vache“ auf Bänken mit Schaffell und exquisiter à la carte-Küche. Beim Après-Ski im „La Folie Douce“ (Sanfter Wahnsinn) wird es dann doch etwas dekadenter, wenn der Inhalt von 5-Liter-Champagner-Flaschen in die Menge gespritzt wird und leichtbekleidete Tänzerinnen und Tänzer auf dem Dach der XXL-Hütte die Gäste zum Ausflippen animieren: „Put your hands up in the air!“ Es ist laut, es ist wild, die Stimmung auf dem Höhepunkt, Hüttengaudi in Frankreich kommt ohne Schlager à la „A Mann für Amore“ von DJ Ötzi aus.

 

La Folie Douce, der sanfte Wahnsinn, heißt die Après Ski-Hütte in Val d’Isère, wo die Champagnerkorken knallen

 

Skifahren auf höchstem Niveau und coole Après-Ski-Kultur in Val d’Isère ziehen ein Publikum an, das so an anderen Skiorten selten anzutreffen ist. Deutsch ist hier tatsächlich eine Fremdsprache. Es kommen viele Engländer nach Val d`Isère, Franzosen natürlich, vor allem über Neujahr, zu den Faschingsferien im Februar und über Ostern. Aber auf den Pisten, beim Paragliden, Eistauchen oder bei der Schlittenhunde-Fahrt trifft man auch auf Südafrikaner, Brasilianer, Belgier, Israelis und Skandinavier. Menschen, die eine sehr weite Reise auf sich nehmen, um hier Urlaub zu machen. So wie Luigi und seine Frau Léticia aus Sao Paulo, die 14 Stunden geflogen sind. Oder ist es das All-Inklusive-Angebot vom ClubMed, bei dem der Skikurs und die Liftkarten schon im Preis enthalten sind? Man weiß es nicht, wahrscheinlich das Gesamtpaket. Im nächsten Jahr wollen sie wiederkommen, dann mit den zwei Kindern.

So kommt man hin

Die Flughäfen Chambéry (135 Kilometer) und Annecy (128 Kilometer) liegen etwa zwei Autostunden vom Skigebiet entfernt. Die Flughäfen von Grenoble, Lyon und Genf sind alle ca. 230 Kilometer entfernt. Mit dem Shuttle-Bus (ca. 70 Euro) ist man etwa dreieinhalb Stunden bis Val d’ Isère unterwegs. An der 30 Kilometer vom Skiort entfernten Bahnstation Bourg St-Maurice hält der TGV.

Dort kann man bleiben

ClubMed: Im März kostet die Ferienwoche/Person 1564 Euro. Die Skipässe sind darin ebenso enthalten wie Skikurse ab 12 Jahren. Außerdem Spa, Hamam, Sonnenterrasse, Gourmetküche zu allen Mahlzeiten und kleine Snacks und Getränke zu jeder Tageszeit.

 

Val d'Isère - der Berg ist der Star, Skifahren auf höchstem Niveau
Vom Büffet direkt auf die Piste: ClubMed Val d’Isère

Weitere Unterkünfte für die Skiferien in Val d’Isère gibt es unter booking.com: Dort findet man auch Angebote für zum Beispiel für eine 4-köpfige Familie für ca. 1000 Euro/Woche.

Text: Constanze Buss
constanzebuss@web.de

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Hinweis: Dieser Beitrag wird regelmäßig von Mitgliedern der Reise-Stories Redaktion wie Heiner Sieger, Gerhard Fuhrmann und Jupp Suttner auf Richtigkeit und Vollständigkeit geprüft. Falls Sie Anmerkungen zu diesem Beitrag haben, kontaktieren Sie bitte direkt hier die Redaktion.

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