Die spanische Hafenstadt Cartagena an der Costa Cálida in der Region Murcia ist selbst vielen Spaniern aus dem Norden des Landes eher unbekannt. Zwischen Valencia im Norden und Andalusien im Südwesten gelegen, trifft man hier auf charmantes, authentisches Spanien, das noch nicht vom Tourismus überrannt wurde.

Ein Albtraum ist, abgesehen von seiner psychologischen Wirkung für die mentale Gesundheit, meistens nicht gerade angenehm. Wer aber von einem Nachtmahr in Gestalt eines Elefanten träumt und sich gerade in Spanien in der Region Murcia aufhält, warum auch immer, kann beruhigt sein: Neben der Auswirkung auf sein Seelenheil bekommt er auch noch einen praktischen Hinweis auf die charmante Stadt Cartagena, die den meisten deutschen Urlaubern noch nahezu unbekannt erscheint. Was das mit Elefanten zu tun hat fragen sie völlig zu Recht? Immer schön langsam, denn hier in Cartagena ist es selbst im Spätsommer durch die hohe Luftfeuchtigkeit noch richtig heiß, Temperaturen über 30 Grad Celsius keine Seltenheit.
Spuren der Geschichte

„Gestatten sie, mein Name ist Surus. Man hält mich für Hannibals Elefanten, der die Pyrenäen und die Alpen überquerte, sie erinnern sich an die Schulzeit? An jenen karthagischen Feldherren und Strategen, der im 2. Punischen Krieg mit einem Heer und 37 Elefanten im Jahre 218 vor Christus über die Berge zog, um den Römern zuvorzukommen? Ich war der einzige Elefant, der nach all den Schlachten und Feldzügen auch lebend wieder unseren Ausgangspunkt Cartagena erreichte. Mein Name Surus, der Syrer, ist übrigens etwas irreführend, denn ich stamme nicht aus Syrien, sondern aus Indien. Aber das dürfte ihnen egal sein, trotzdem brauchen sie sich nicht zu ängstigen, wenn ich ihnen im Traum erscheine. Ich bin zwar unsterblich geworden, muss aber wie jedes andere Lebe- und Geisterwesen auch, mir meinen Lebensunterhalt verdienen. Als Kriegselefant habe ich genug gedient, also bin ich Gästeführer in Cartagena geworden, meiner alten Heimatstadt. Ich sage ihnen, es gibt Schlimmeres, im Schnee die Alpenpässe herunterrutschen zum Beispiel.

Vor kurzem habe ich zum ersten Mal eine deutsche Gästegruppe durch Cartagena und Umgebung geführt, ich kann ihnen sagen, das war ein Erlebnis. die Deutschen wollten alles ganz genau wissen, jede Jahreszahl, jedes Detail, mit oberflächlichen Erklärungen waren sie nicht zufrieden zu stellen. Am Ende aber habe ich sie überzeugt von unserer schönen, geschichtsträchtigen Stadt und unserem Lebensstil. Und jetzt können sie sogar zwischen Karthagern und Römern unterscheiden und wollen nächstes Jahr zum großen Festumzug im September wiederkommen. Dann zeig ich ihnen vielleicht auch den schönen kleinen Sandstrand der Cala Cortina vier Kilometer südöstlich der Stadt, an dem sie sich von den Festivalstrapazen erholen können.“
Karthager- und Römerzeit

„Zunächst habe ich den Deutschen erklärt, das Cartagena die einzige karthagische Stadtgründung in ganz Spanien war, doch bereits vor 50.000 Jahren lebten Neandertaler hier in der Gegend. Im Jahre 227 v. Chr. gründete der karthagische Feldherr Hasdrubal hier sein Neu-Karthago, das zum Flotten- und Militärstützpunkt heranwuchs und Hauptstadt der Karthager auf der Iberischen Halbinsel wurde. Militär haben wir noch immer in der Stadt, außerdem werden in Cartagena bis heute U-Boote für die Marine gebaut. Geprägt von den umliegenden Bergen und dem Silberabbau, eroberten die Römer unter Scipio Africanus 209 die Stadt. Sie blieb bis 625 römisch und war das bedeutendste Silberabbaugebiet im ganzen römischen Reich. Danach kamen die Westgoten. Meine Gäste haben sich vor allem auf die Römer gestürzt, das ist verständlich, denn sie haben hier zahlreiche Zeugnisse ihrer Macht und Größe hinterlassen. Also habe ich sie dorthin geführt, ins Museum des Römischen Theaters von Cartagena, das die römische Monumentalarchitektur in Cartagena am besten veranschaulicht. Das Museum ist Bestandteil eines globalen Projekts des Architekten Rafael Moneo, das die Sanierung eines Teils der Stadt Cartagena und ihres jahrhundertelang verborgenen römischen Theaters umfasst. Das Museum ist in zwei Gebäuden untergebracht und zeigt die archäologischen Fundstücke mit erklärenden Tafeln zur Ausgrabung des Theaters. In der Römerzeit spielte dieses Theater, das 6.000 Zuschauern Platz bot, eine wichtige Rolle, es zeichnet sich durch eine in den Stein gehauene Cavea, eine reiche Dekoration und eine mehr als 43 Meter lange Bühne aus. Die Gäste waren davon sichtlich beeindruckt, einige ließen es sich nicht nehmen, die Bühne zu betreten, um dieses unbeschreiblichen Gefühls zu erahnen, vor diesem Zuschauerraum zu stehen und etwas zu sagen zu haben.
Archäologie des Meeres

Zur Abwechslung habe ich sie dann zur weitläufigen Hafenpromenade und zum Kulturhafen von Cartagena geführt, um das Nationalmuseum für Meeresarchäologie zu besichtigen. Erzählen sie es nicht weiter, ich wollte in der Mittagshitze auch ein bisschen Wind vom Meer auf meiner Haut spüren. Die deutschen Gäste haben in der Mittagshitze geschwitzt wie verrückt, aber keineswegs klein bei gegeben. Die Museumsführung wurde bis ins letzte Detail ausgekostet, besitzt es doch eine weltweit einzigartige Sammlung von Elefantenstoßzähnen mit phönizischen Inschriften. Da haben sie nicht locker gelassen und mich bis ins Kleinste zu den Stoßzähnen ausgefragt. Römische Amphoren, Bleibarren, Anker, sogar eine maßstabsgetreue Reproduktion eines römischen Handelsschiffs, nichts ist ihnen entgangen. Ich hatte inzwischen mehr Lust auf eine Siesta, aber weiter ging der Rundgang durch die Geschichte, den Handel und den Verkehr auf dem Meer, wobei besonders die Zeit der Phönizier und der Römer die Gäste interessierte. Auch die sieben Modelle alter Schiffe in Originalgröße und sogar die exakte Reproduktion einer Galeere wurden bestaunt.

Burg auf dem Hügel
Vom Glanz der Römerzeit erzählt auch der Archäologische Bereich El Molinete, eine besondere Erwähnung verdienen auch das Augusteum und der Decumanus. Das erste umfasst die Reste des früheren Forums, das im öffentlichen Leben der Stadt eine wichtige Rolle spielte, wovon die edlen Marmorböden der Fundstätte zeugen. Der zweite kann als Fundstätte besichtigt werden, die sich an das Viertel des Römischen Forums anschließt. Die römische Villa Casa Fortuna aus dem 1. Jahrhundert v. Chr. gehörte einer wohlhabenden Familie und gewährt Einblick in viele Aspekte des Alltags im römischen Reich.

Danach wurde es noch einmal richtig anstrengend, die Deutschen haben genauso geschnauft wie ich als Elefant, denn es ging den Torres-Park hinauf zur Burg La Concepción. Auf einer Anhöhe errichtet, diente sie Karthagern, Römern, Westgoten, Arabern und Kastiliern als Verteidigungsanlage. Heute ist darin das Interpretationszentrum der Geschichte und des Mittelalterlichen Cartagena untergebracht. Militärische Verteidigungsanlagen sind in der Stadt immer präsent gewesen. Ein gutes Beispiel dafür ist auch das Navidad-Fort, das Mitte des 19. Jahrhunderts erbaut wurde und heute als Interpretationszentrum der Defensivarchitektur von Cartagena und des Mittelmeerraums dient.
Modernismo in Cartagena

In Cartagena findet man zahlreiche Jugendstilgebäude wie das Gran Hotel.
Um die Jugendstil-Architektur Cartagenas kennen zu lernen, habe ich die Gruppe die Calle Mayor und ihre Seitenstraßen entlang geführt, ausgehend vom Plaza del Ayuntamiento. Dort stößt man auf Casa Cervantes und Casa Llagostera, Werke des aus Cartagena stammenden Architekten Victor Beltrí. Ihre charakteristischen Elemente sind Türmchen, schmiedeeiserne Gitter und Bronzereliefs mit allegorischen Darstellungen. Jedes, aber auch wirklich jedes Relief wollten sie erklärt haben. Auf einem der fünf Hügel, die Cartagena umgeben, dem Monte Aletes, befindet sich die Punische Stadtmauer. Der Blick über die Stadt und das Meer hat die Deutschen sichtlich beeindruckt. Danach habe ich ihnen eine Pause gegönnt, denn einer der Höhepunkte des Cartagena-Programms stand am Abend ja noch bevor.

Fest der Karthager und Römer
Der Ausgangspunkt des 36. Festes der Karthager und Römer ist das Feuer, das durch die emblematischsten Orte der Geschichte von Cartagena zieht, vom Tempel der Isis über das römische Theater bis hin zum Mons Asdrubalis, umgeben von den Tänzen der Priesterinnen und eskortiert von den Truppen und Legionen der Karthager und Römer.

Nach einem Tag der Schlacht und des Feldzuges verdient jeder Krieger und jeder Elefant eine kleine Pause. also habe ich abschließend die Deutschen zum festlichen Lager geführt, gleich neben dem modernen Fußballstadion gelegen. Hier stellen die Truppen und Legionen in ihren Hütten ihre schönsten Kleider zur Schau, um wie ein Römer den Durst zu löschen oder wie ein Karthager bis zum Morgengrauen zu tanzen.

Leuchtturm und Tauchzentrum

Wie lange die Deutschen mitgefeiert haben, kann ich nicht sagen. Offensichtlich war es ziemlich lange, denn am nächsten Morgen schien das ein oder andere Auge sich doch lieber schließen zu wollen als umherzuschauen. Aber meine Gäste wären keine Deutschen, würden sie einen Ausflug sausen lassen.

So sind wir also in das bei Tauchern so beliebte Cabo de Palos gezogen. Hier haben wir zuerst den Leuchtturm besichtigt, für einen war der Aufstieg dann doch zu anstrengend, er ist unten geblieben und hat den Seevögeln nachgeschaut. Den Bootsausflug habe ich dann auch nicht mitgemacht, das Wellenschaukeln auf dem Wasser macht mich krank. Danach habe ich alle wieder sicher zurück nach Cartagena gebracht und mich verabschiedet. Nicht ohne zu fragen, was ihnen am besten gefallen hat auf dieser Reise.

Sie haben alle betont, dass sie Cartagena als Kreuzpunkt der Zivilisationen von Karthagern und Römern bis zu den Arabern und Kastiliern tief beeindruckt hat, das historische Erbe, die wunderschönen Strände, die großen Feste und nicht zuletzt die ausgezeichnete mediterrane Küche. Ich war zufrieden, habe ihnen das authentische, charmante Cartagena ganz gut vermittelt. Und was soll ich ihnen sagen, in der Nacht ist etwas Außergewöhnliches passiert: Elefanten wie ich schlafen in der Regel tief und fest. Aber in dieser Nacht hatte ich einen Traum. Wir schreiben das Jahr 2026, ich war noch immer in Cartagena und habe erneut diese deutsche Gästegruppe durch meine Heimat geführt. Und es werden von Jahr zu Jahr mehr aus diesem Land.“

Weitere Informationen
Region Murcia, www.visitregiondemurcia.com
Tourismus Region Murcia, www.turismoregiondemurcia.es/de
Stadt Cartagena, https://turismo.cartagena.es
Turespana, www.spain.info
Übernachten
Hotel Cartagena Puerto, www.cartagenapuertohotel.com
Sehenswürdigkeiten
Nationalmuseum Archäologie Arqva, www.cultura.gob.es
Museum Römisches Theater Cartagena, https://teatroromano.cartagena.es
Römisches Forum Museum El Molinete, https://puertodeculturas.cartagena.es
Fest der Karthager und Römer in Cartagena, https://cartaginesesyromanos.es
Cabo de Palos, www.turismoregiondemurcia.es/de/cabo_de_palos
Essen und Trinken

In der Altstadt Restaurant La Cartela, www.grupocasatomas.es/la-cartela
Regionaltypisches Restaurant La Marquesita, www.restaurantelamarquesita.es/de
Hafen Cartagena Restaurant Alviento, www.espacioalviento.com
Am Jachthafen Restaurant Eszencia, https://eszencia.es
Innenstadtbereich D´Almansa, https://dalmansarestaurante.com
Stilvolles CaféLab, https://cafelab.es
