Sebastian Kneipp reloaded

Auf den Spuren desWasserdoktors“ durch das Allgäu

Der junge Sebastian Kneipp in Bad Grönenbach.

Fragt man jüngere Menschen nach Sebastian Kneipp, bekommt man meistens ein bestenfalls  mitleidiges Lächeln: Angestaubtes Wassertreten von Vorgestern. Das Sebastian Kneipps Gesundheitskonzept viel moderner ist, als viele denken, kann man im Allgäu eindrucksvoll erleben.  Das Natururlaubsziel Allgäu, von seinen geschützten Moorgebieten im Norden über die Voralpen bis zu den Alpen im Süden, bietet Erholung nach der langen Zeit zuhause. Sowohl die Wandertrilogie Allgäu als auch die Radrunde Allgäu macht die Region in ihrer ganzen landschaftlichen Vielfalt erlebbar.

Unterwegs auf der Wandertrilogie Allgäu kann man jetzt Sebastian Kneipp kennenlernen, der hier sein Wirken mit der Bekämpfung der Cholera-Epidemie begann und heute mehr denn je von ungeahnter Aktualität ist: Nicht nur wegen der damaligen Epidemie und der heutigen Pandemie, sondern auch weil im Jahre 2021 Kneipps 200. Geburtstag gefeiert wird. Orte wie Bad Grönenbach, Bad Clevers, Bad Wörishofen, Stephansried, Ottobeuren, Boos, Hopfen am See und Füssen bereiten sich auf das große Kneipp-Jubiläum vor und bieten schon jetzt zahlreiche Kneipp-Erlebnisprogramme. Dabei wird Kneipp neu interpretiert, entstaubt und für alle Altersgruppen modern erfahrbar präsentiert, denn er war weit mehr als der „Wasserdoktor“. Sein ganzheitliches Gesundheits- und Präventionskonzept war visionär und gilt heute mehr denn je. So kann man zum Beispiel Pakete und Programme des Konzeptes „Gesunder Schlaf mit Kneipp“ in Füssen buchen, das auch von den Krankenkassen anerkannt wurde. In seiner Heimat Allgäu wird es vor allem in jenen Orten zahlreiche Kneipp-Jubiläumsveranstaltungen und Festwochen geben, an denen er gelebt und gearbeitet hat. Aber auch andere Städte und Gemeinden würdigen den Gesundheitsvisionär, der heute viel moderner erscheint als das gemeinhin leicht angestaubte Image des Wasserdoktors vermuten lässt.

Kneipp in Füssen

Kneipp-Anlage in Hopfen am See.

Füssen im Allgäu zum Beispiel ist ein Kneippkurort moderner Prägung, hier geht neue Wege, wenn es darum geht, die ganzheitliche Gesundheitslehre von Sebastian Kneipp zeitgemäß weiterzuentwickeln und auch an Kneipp-Einsteiger zu vermitteln. So werden noch bis 2021 die öffentlichen, kostenfrei nutzbaren Kneipp-Anlagen im Ortsgebiet weiter ausgebaut. Schon 2012 hatte die Installation einer auf dem Hopfensee schwimmenden Kneipp-Insel für Aufsehen gesorgt. In den darauffolgenden Jahren wurde die Kneippanlage im Ortsteil Hopfen am See erweitert, ein Ruhepavillon am Weißensee gebaut und die Kneipp-Radrunde ausgeschildert, die alle öffentlichen Kneippareale verbindet. Und in Füssen wurden weitere Kneipp-Maßnahmen umgesetzt. So bekam die Kneippwiese im Ortsteil Bad Faulenbach einen neuen Trinkbrunnen, eine Kneippguss-Stelle und einen Ruheplatz am Bach. Auch am Freibad Weißensee wurden neue Kneipp-Elemente fertiggestellt: Neben den neuen Tret- und Armbecken gibt es hier jetzt einen Bewegungsparcours, eine Wasserspielstelle für Kinder, einen Platz für das Kneippen im Bach und neue Info-Stelen zu den gesunden Ideen von Pfarrer Kneipp. Tafeln und Stelen mit Zitaten des Allgäuer Gesundheitspioniers wurden auch im Füssener Baumgarten angebracht, um auf diese Weise einen „Besinnungsweg“ von der Füssener Altstadt nach Bad Faulenbach zu schaffen. Im Terrassengarten des Hohen Schlosses in Füssen stellt eine weitere Kneipp-Stele die Verbindung zwischen den Kräuterbeeten, die vor einigen Jahren nach alten Plänen der Benediktinermönche von St. Mang bepflanzt wurden, und der Kneipp’schen Phytotherapie und Ernährungslehre her. In allen Ortsteilen sind mittlerweile Terrainkurwege ausgewiesen, die im Sinne von Kneipps Bewegungstherapie eine besondere Eignung zur Behandlung von Kreislaufstörungen und zur Kräftigung von Herz, Kreislauf und Muskelapparat aufweisen. Für 2020 sind weitere Kneipp-Informationselemente in Hopfen am See geplant und ab Herbst des Jahres wird das Gelände um den Mittersee im Faulenbacher Tal zu einem Kneipp-Park umgestaltet. Mit Kneipp und Schlafgastgebern gegen Schlafprobleme: Im Zeitalter von Multitasking, Reizüberflutung, hohem Arbeitstempo sowie dem Spagat zwischen Beruf und Familie führen viele Menschen ein „übermüdetes“ Leben, die Zahl der Patienten mit lebensstilbedingten Schlafstörungen nimmt ständig zu. Im Kneippkurort Füssen kann man mit der traditionsreichen Kneipp-Therapie auch Schlafprobleme in den Griff bekommen. Rund 100 Probanden haben im Rahmen einer dreijährigen Studie der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) das in Füssen entwickelte kneippbasierte Präventionsprogramm „Gesunder Schlaf durch Innere Ordnung“ getestet. Die Studienergebnisse zeigen, dass es signifikante Verbesserungen bei Schlafqualität, Wohlbefinden und chronischer Stressbelastung bewirkt. Fast die Hälfte der Teilnehmer verspürte sechs Monate nach Abschluss des Programms noch immer einen spürbaren Verbesserungseffekt. Das Programm ist mittlerweile auch als zuschussfähige Kompaktkur anerkannt worden und wird ab Herbst 2020 in das Erholungsangebot in Füssen integriert. Bereits heute kann man hier besondere Pakete bei zertifizierten Schlafgastgebern buchen. Was aber macht Kneipp so aktuell? Der Allgäuer Gesundheitspionier Sebastian Kneipp war längst nicht nur der Wasserdoktor, der seinen Patienten kalte Güsse und Bäder verordnete. Er wollte ihnen vor allem einen gesunden Lebensstil näherbringen, mit dem sie im Alltag die Balance zwischen den eigenen Ressourcen und den Anforderungen von außen halten konnten – die „Innere Ordnung“ war die zentrale Säule seiner Gesundheitslehre. Füssen nutzt dies als Chance, Kneipps ganzheitliches Naturheilverfahren zeitgemäß weiterzuentwickeln und auf aktuell auftretende Gesundheitsprobleme und Indikationen wie beispielsweise Schlafstörungen anzuwenden. Über das Präventionsprogramm hinaus gibt es im Füssener Urlaubsangebot noch ein zweites Standbein, das auch Gastgeber außerhalb der Gesundheitshäuser einbezieht. Seit Ende 2017 läuft hier ein Gastgeber-Coaching, das darauf abzielt, spezialisierte „Schlafgastgeber“ auszeichnen zu können. Bisher haben dreizehn Schlafgastgeber den Zertifizierungsprozess, der sich auf einen von der Hochschule Kempten entwickelten Kriterienkatalog stützt, erfolgreich abgeschlossen. Weitere werden folgen. Diese Häuser bieten besonders ausgestattete Gästezimmer und Serviceleistungen, die für den erholsamen Schlaf ihrer Gäste sorgen sollen. So liegt in jedem Zimmer die neue Schlaffibel mit Informationen und Tipps aus, es gibt Kissen-Bars, Schlaftees und Maßnahmen zur Elektrosmogreduzierung. In jedem Haus steht außerdem mindestens ein ausgebildeter Schlaflotse als zentraler Ansprechpartner für alle Fragen und Anliegen bereit. Benötigt ein Gast medizinische Hilfeleistungen wie ein Schlafscreening oder einen Termin im Schlaflabor, stellt der Schlaflotse den Kontakt zu den Fachärzten und Kliniken her.

Stephansried und Boos

Kneipp-Denkmal im Geburtsort Stephansried.

Seinen Lotsen durch die Unwägbarkeiten des Lebens hat Sebastian Kneipp in Glauben gefunden, das half ihm, manche Tiefen zu überstehen. Erstmals wurde er im Februar 1853 wegen Kurpfuscherei angeklagt, weil er eine an Cholera erkrankte Frau behandelte. Weitere Anzeigen von Ärzten und Apothekern folgten, die ihre Pfründe schützen wollten und dem “Wunderheiler” mehr als kritisch gegenüberstanden. Im Jahr 1854 brach eine Cholera-Epidemie in München aus und verbreitete sich auch ins Allgäu. Kneipps Vater war der erste Tote in seinem Heimatort Stephansried. Zu dieser Zeit war Kneipp als Kaplan in nahen Boos tätig und als dort die Epidemie ausbrach, heilte er trotz Unterlassungserklärung die Menschen, was ihm den Namen „Cholera-Kaplan“ einbrachte. Und natürlich eine Versetzung, zunächst nach Augsburg, dann nach Bad Wörishofen.

Heute kann man seinen Spuren auf ausgewählten Etappen der Wiesengänger- und der Wasserläufer- Himmelsstürmer-Route der Wandertrilogie Allgäu folgen, einem 876 km langen Weitwanderwegenetz. Die drei Routen der Wandertrilogie machen drei Landschaftsbilder und Höhenlagen des Allgäus erlebbar, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Ob man als Genusswanderer auf den Glückswegen der Wiesengänger-Route im Kneippland Unterallgäu und dem Schlosspark Ostallgäu der Wasserläufer-Himmelsstürmer Route unterwegs ist, überall begegnet man den Spuren des Mannes, dessen Naturheilverfahren übrigens ins immatrielle Weltkulturerbe aufgenommen wurde.

Kneippheilbad Grönenbach

Sebastian Kneipp am Kräutergarten in Bad Grönenbach.

Auch Bad Grönenbach, das ländliche Kneippheilbad im Allgäu, bietet Gesundheit und Erholung aus der Kraft der Natur. Schon seit 1954 ist Bad Grönenbach Kneippkurort, im Jahre 1996 wurde Grönenbach dann auch das Prädikat Kneippheilbad zuerkannt.  Bad Grönenbach ist stolz darauf, dass Sebastian Kneipps Aufenthalt in Grönenbach seinen weiteren Weg entscheidend beeinflusst hat. Ob Gesundheitsurlaub, Wohlfühlwochenende oder klassische Kneippkur: die Nähe zur Natur, die erholsame Ruhe, eine persönliche Atmosphäre, moderne Therapien und das klassische Naturheilverfahren sorgen in dem liebenswerten Kneippheilbad dafür, dass man sich hier wohlfühlt und ganz natürlich etwas für seine Gesundheit tun kann. Die Kneipp‘schen Grundelemente der Gesundheit – fließendes Wasser, aktive Bewegung, natürliche Essenzen, gesunde Ernährung und innere Ordnung  stehen nach wie vor im Mittelpunkt und werden mit aktuellen Erkenntnissen verknüpft. Das Zusammenspiel dieser fünf Elemente setzt neue Kräfte frei und führt zurück zu einem natürlichen Lebensrhythmus, der in der heutigen Leistungsgesellschaft allzu oft aus den Augen verloren wird. Ganz klassisch stehen in Bad Grönenbach an mehreren Stellen Wassertret- und Armbadeanalgen bereit. Die Wellness- und Gesundheitsgastgeber bieten darüber hinaus Wechselanwendungen à la Kneipp an. Aktive Bewegung wird in Bad Grönenbach besonders groß geschrieben mit Wandern, Nordic Walking, Radfahren, Fitness-Studio im Freien, Kneippgymnastik oder Schwimmen. Geführte Wanderungen und Radtouren werden ein bis zwei Mal wöchentlich kostenlos von der Kur- und Gästeinformation angeboten. Kneipp setzt auf die Natur und nutzte die heilenden Kräfte der Pflanzen und Kräuter. Im Kreislehrgarten am Hohen Schloss befindet sich auch ein Kräutergarten mit einer großen Vielfalt an gesundheitsfördernden Pflanzen. Allein der Geruch, der durch manche Pflanzen verströmt wird, wirkt angenehm entspannend und belebend. Von März bis Oktober findet einmal im Monat eine Kräuterführung statt, bei der die Allgäuer Wildkräuterexpertinnen ihr Wissen weitergeben. Auch gesunde Ernährung spielt eine wichtige Rolle. Die von Kneipp gelobte einfache, nahrhafte Kost bietet im Einklang mit den heutigen Erkenntnissen der modernen Ernährungslehre eine hochwertige, naturgerechte Vollkost ohne Einseitigkeiten. So findet man in einigen Restaurants in Bad Grönenbach Reduktions- und Vollwertkost sowie besondere kulinarische Angebote.  Zu den zentralen Elementen der Kneipp´schen lehre gehört die Innere Ordnung: Abschalten, sich Zeit für sich nehmen, runterkommen und entspannen rückt damit ins Blickfeld. Dazu bietet sich das kulturelle Angebot in Bad Grönenbach an, auch in medizinischer Hinsicht stehen mit dem Kneippsanatorium Bad Clevers, den Helios Kliniken Bad Grönenbach und der Psychosomatischen Privatklinik Bad Grönenbach kompetente Ansprechpartner zur Verfügung.

Informationen:

www.allgaeu.de

www.fuessen.de

www.tegelbergbahn.de

www.bad-groenenbach.de

www.ottobeuren.de

www.kraeuterundklang.de

Übernachtungsempfehlungen:

Hotel Sommer, Füssen www.hotel-sommer.de

Landhotel Grönenbach, Bad Grönenbach www.landhotel-groenenbach.de

Bad Clevers Gesundheitsresort & Spa www.bad-clevers-gesundheitsresort-spa.de

Essen/Trinken:

Tegelberghaus, Füssen http://neu.tegelberghaus.de/

Klostercafé Ottobeuren www.klostercafe-ottobeuren.de

Restaurant Kohlenschieber, Bad Grönenbach www.kohlenschieber.de

 

 

 

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Jörg Berghoff

Autor Kurzvorstellung:

Jörg Berghoff führt als freier Autor und Journalist seit 1998 ein Pressebüro für Tourismus, Kultur und Sport. Als Reisejournalist spezialisiert auf Irland, Großbritannien, Europa und Australien. Studium der Kunstgeschichte und Ethnologie, Winzermeister und Buchhändler.

Hinweis: Dieser Beitrag wird regelmäßig von Mitgliedern der Reise-Stories Redaktion wie Heiner Sieger, Gerhard Fuhrmann und Jupp Suttner auf Richtigkeit und Vollständigkeit geprüft. Falls Sie Anmerkungen zu diesem Beitrag haben, kontaktieren Sie bitte direkt hier die Redaktion.

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