…wenn der Frühling kommt, dann schick ich dir Tulpen aus Amsterdam…
…tausend rote, tausend gelbe, alle wünschen dir dasselbe…
…was mein Mund nicht sagen kann, sagen Tulpen aus Amsterdam…
So heißt es in einem Schlager von Mieke Telkamp aus dem Jahr 1956. Aber kommen die wirklich da her? Also hingefahren und nachgeschaut!
Im Gewächshaus im Frankendael Park
Es beginnt in Amsterdam in einem Gewächshaus von 1926 im Frankendael Park, das der Sterne-Koch Gert Hagemann 2001vor dem Abbruch gerettet und in das Restaurant „De Kas“ umbaute. Das gut 8 m hohe Glasgebäude bietet viel Licht, Luft und Freiheit, da setzt man sich gerne zu gutem Essen hin. Auf einer Seite ist das eigentliche Gewächshaus erhalten, Tulpen aber wachsen hier nicht, da werden Gemüse und Kräuter für die Küche gezüchtet, frischer geht kaum. Drinnen im Restaurant gibt es etwas Feines zum Essen. Es kommen ein Spargel-Schaumsüppchen mit leicht geräuchertem norwegischen Lachs, braunen Garnelen, hauchdünnen Bratkartoffeln und Liebstöckel-Öl, dekoriert mit Blütenblättern. Ein lauwarmer Salat folgt mit gebackenen Chicorée und Chicorée-Chutney, überstreut mit gerösteten Senfkörnern, Streifen von Schalotten und Gewürzgurken. Den frischen Akzent setzt eine Blutorangen-Creme Fraiche, wieder verschönt mit Blüten. Frisch geht es weiter mit einer Weißkohl-Cannelloni gefüllt mit Ziegenkäse, umgeben von rohem Kohlrabi und Fenchel-Salat, Fenchelblättern sowie einem Rhabarber-Rucola-Pesto, Blüten und geröstetem Fenchelsamen. Das zu toppen ist schwer, geht aber mit dem Hauptgericht, einem Seeteufel-Filet auf Fregola Sarda-Nudeln aus Sardinien, diversen Blüten und Blumenblättern, roten Zwiebeln, roter Beete, Chioggia-Rübchen mit einer Zitrus-Vinaigrette, großartig in Zusammenstellung und Geschmack. Tulpen waren aber nicht dabei, weiter geht die Suche.
Dermaßen gut gestärkt geht es zum weltberühmten „Rijksmuseum“ in der Museumstraat 1. Klar wachsen Tulpen nicht im Museum, aber draußen in dem länglichen Wasserbecken vor dem Gebäude, auf kleinen Inseln, jede Menge Tulpen vor dem bekannten Schriftzug „ I Amsterdam“, ebenso um den kleinen Teich im Garten des Museums. Drinnen gibt es nicht nur die berühmten Gemälde von Rembrandt und anderen großen Künstlern, sondern auch viele Bilder mit Blumen. Beeindruckend das Bild „Blumen Stillleben“ von Hans Bollinger aus 1639, atemberaubend schön, natürlich mit Tulpen. Direkt um die Ecke die berühmte „Nachtwache“ von Rembrandt, auf dem schauen alle Personen sehr ernst und wichtig, ziemlich dunkel das Ambiente.
Aber es geht speziell um Tulpen, die wurden in Europa durch den belgischen Diplomaten Busbeck bekannt, der 1544 Samen der Pflanze aus der Türkei nach Wien schickte. Ursprünglich kommen sie wahrscheinlich aus dem Inneren Asiens, daher auch der aus dem persischen stammende Name „dulbend“, was soviel wie Turban bedeute. Botaniker wie Clusius bekamen die Tulpenzwiebeln in die Hände, der war sehr interessiert, schrieb darüber und pflegte durch sein Netzwerk in Europa einen lebhaften Tulpenhandel. Als Carolus Clusius 1593 Präfekt bzw. Direktor vom Hortus Botanicus in Leiden wurde, nahm er auch Tulpen mit. So kam die Tulpe in die Niederlande. Sie wurde schnell zu einem regelrechten Spekulationsobjekt. In den 1630er Jahren steigerten sich die Preise für Tulpenzwiebeln auf ein extrem hohes Niveau (für 1-2 Zwiebeln konnte man ein ganzes Haus kaufen!), bevor der Markt zu Beginn des Februars 1637 abrupt einbrach. Die Tulpenmanie wird als die erste relativ gut dokumentierte Spekulationsblase der Wirtschaftsgeschichte angesehen. Gerne würde ich mir noch all die anderen Bilder im fantastischen Rijksmuseum anschauen, aber dafür würde ich wohl eine ganze Woche brauchen.
Mit dem Salonboot durch die Grachten ins Museum Van Loon
Also wieder hinaus und auf ein historisches „Salon-Boot“, ziemlich alt, aber sehr schön, elektrisch angetrieben. Bei einem süffigen Getränk fährt es durch die Amsterdamer Grachten, das ist interessant, schön entspannend und das sollte man sich auf keinen Fall entgehen lassen. Hier und da sieht man auch ein paar Tulpen. Schließlich hält das Boot in der Nähe eines weiteren Museums „Van Loon“, in der Keizersgracht 672, das hat einen wunderschönen Garten.
Übrigens, wer sich für dafür interessiert, es gibt in Amsterdam sehr viele, allerdings meist verborgene, (Privat)Gärten, die es allemal wert sind angeschaut zu werden. Nur kommt man da meist nicht so einfach hinein, aber es gibt dazu gute Literatur und vor allen Dingen auch spezielle Führungen, das organisiert „Amsterdam Marketing“. Das Museum befindet sich in einem Doppelkanalhaus, dem “Haus mit den lila Fensterscheiben“ gebaut im Jahre 1671 von dem berühmten Architekten Adriaen Dortsman. Der erste Besitzer des Gebäudes war der erfolgreiche Maler Ferdinand Bol, ein Schüler von Rembrandt, der gerade eine reiche Witwe geheiratet hatte. Der Garten ist fast vollständig symmetrisch, eine zentrale Achse läuft bis zum Gartenhaus im Heck, in seiner Mitte gibt es einen partitionierten Kreis mit Rosen. Zu den umgebenden Häusern hin grenzt sich der Garten mit Sträuchern und Stauden auf den Seiten ab. Eine mehr als 130 Jahre alte Rotbuche steht neben einer Sonnenuhr, diverse Prunkvasen ergänzen harmonisch. Das Museum heute beherbergt eine einzigartige Sammlung von Porträts, Silber, Möbel und Porzellan aus vier Jahrhunderten, schön, das alles anzuschauen.
Es gibt ein edles historisches Esszimmer, mit kostbaren Verkleidungen, Stuckaturen, Simsen und Spiegeln in Louis XV-Stil, wo der temperamentvolle Koch Jonathan Karpathios vom Restaurant „Vork & Mes“ erklärt, was es zum Abendessen gibt. Es beginnt mit einem Salat vom Knollensellerie, Seegraspulver, Austern-Cracker, einem pochiertem Ei und Tulpenzwiebeln, verziert mit diversen Blütenblättern, gefolgt von einer gehaltvollen Suppe aus Romana-Salat, Brioche, Ziegenkäse und Veilchen. Danach erfreuen Radieschen mit Schafsjogurt, Rübstiel und gerauchtem Apfel. Das Hauptgericht ist eine Tarte Tatin, gefüllt mit Ziegenkäse, schwarzen Oliven und Fenchel, raffiniert geschmackvoll. Ein rein vegetarisches Mahl also, das zum Abschluss als Nachtisch noch mit einer Créme Brulee aus Jogurt, Eis, Apfel-Sauerampfer und Magnolien erfreut. Und Tulpen waren dabei.
Ganz schön riesig: FloraHolland
Früh am nächsten Morgen geht es los, hinaus zu einem riesigen Hallenkomplex in Aalsmeer direkt neben dem Flughafen Schiphol, der hat insgesamt so etwa die Größe von Monaco und heißt „FloraHolland“, Legmeerdijk 313. Beeindruckende Zahlen (ca.) des weltweit größten Zentrums für Blumenhandel und –auktion: Jährlicher Umsatz: 4.5 Milliarden Euros, 3.200 Beschäftigte, 8.000 anliefernde Blumenzüchter aus aller Welt, hauptsächlich aus Kenia, Äthiopien, Israel, Belgien und Deutschland, 2.500 tägliche Käufer, 12 Milliarden pro Jahr Pflanzen und Blumen in 20.000 verschiedenen Sorten. Tulpen spielen dabei natürlich eine große Rolle. Ein langer Gang hoch über dem Geschehen eröffnet ungeahnte Ausblicke auf einen, ja, Ameisenhaufen, in dem es nur so wuselt, sich ständig alles bewegt, erst nach einiger Zeit erkennt man ein ungefähres Konzept dahinter. Unaufhörlich fahren nie endende Züge mit großen Containern voller Blumen, koppeln sich auseinander, werden von Beschäftigten an diverse Plätze gefahren, neu zusammengestellt, wieder herumgefahren und verschwinden in der riesigen Halle, deren Ende man gar nicht sehen kann. Das ist ein ungemein beeindruckender Anblick, den man aber nur zu so früher Stunde erleben kann, gegen Mittag flaut das Ganze dann stark ab. Also sollte man den Beginn einer Besichtigung unbedingt auf 07.00 Uhr festlegen. Überall auf der Besuchergalerie erklären Tafeln in mehreren Sprachen was man da unten genau sieht und bieten viele weitere Informationen.
Nach langem Laufen kommt man zu einem großen Raum mit zwei riesigen runden Anzeigentafeln-Auktionsuhren, auf denen sich in kaum fassbarer Geschwindigkeit die Angaben ändern. Das ist ein Auktionsraum (insgesamt gibt es deren fünf), in dem die Käufer wie in einem Amphitheater sitzen, jeder hat noch zusätzlich einen Bildschirm. Hier werden in Sekunden riesige Mengen an Pflanzen und Blumen gekauft und verkauft, ebenso riesige Mengen Geld umgesetzt, sehr beeindrucken in der Komplexität hier in Aalsmeer. Weitere Auktionsuhren gibt es noch in Naaldwijk, Rijnsburg, Venlo, Bleiswijk und Eelde. Also in Aalsmeer werden die Tulpen gehandelt, wachsen aber auch nicht hier.
Bezaubernder Keukenhof
Vielleicht im schönsten Frühlingsgarten der Welt, im „Keukenhof“ am Stationsweg 166a in Lisse ? Dort blühen jedes Jahr zwischen Ende März bis Mitte Mai für nur rund acht Wochen (danach geschlossen) auf rund 32 Hektar rund sieben Millionen Tulpen, Hyazinthen, Narzissen und andere Blumen, Kräuter und Bäume, das wollen jährlich rund eine Million Besucher sehen. Die Basis des heutigen Blumenparks war der Park rund um das Kasteel Keukenhof, der 1857 durch den Landschaftsarchitekten Jan David Zocher und seinem Sohn im englischen Landhausstil eingerichtet wurde. 1949 kamen dann einige Blumenzwiebelzüchter auf die Idee, eine Leistungsschau auf dem Parkgelände einzurichten. Mit Erfolg, die erste Frühjahrsschau zog schon damals viele Besucher an, jedes Jahr werden es mehr Gäste.
Schon von weitem sieht man riesige Parkplätze, alles ist bestens –und sehr freundlich- organisiert. Drinnen gibt es neben den schönen Blumen 15 km Wanderwege, 280 Sitzbänke, 15 Brunnen, 32 Brücken, 8 Souvenirshops, 5 Restaurants und vieles mehr. Vor allen Dingen viele Besucher, also sollte man auch hier schon sehr früh da sein, ab 08.00 Uhr ist offen. In den acht Inspirationsgärten kann man sich für den heimischen Garten jede Menge Anregungen holen und die Blumenzwiebel auch gleich kaufen. Am schönsten ist es aber, einfach nur durch die verwinkelte Anlage zu laufen um links und rechts der Wege die Schönheit der verschiedenen Blumenarrangements zu genießen, obwohl dieses Jahr Mitte April noch längst nicht alles in voller Blüte stand. Höhepunkt diesmal ist das Blumenmosaik zum Thema „Goldenes Zeitalter“. Es stellt ein Delft-Blau-Bild dar, in dem Handel, Schifffahrt und Amsterdamer Grachtenhäuser zu sehen sind. Das 250 m2 große Mosaik besteht aus 100.000 Tulpen, Traubenhyazinthen und Narzissen, war allerdings noch kaum aufgeblüht.
In fünf Themenpavillons gibt es immer diverse Sonderschauen mit Orchideen, künstlerischen Schnittblumen-sträußen, schönen Blumenvasen und vieles mehr. Kleine Themengärten liegen verstreut auf dem Gelände, ein Gemüsegarten, der romantischer Garten (besonders beliebt für Heiratsanträge!), ein Strand-Garten, ein Vintage-Garten usw. Natürlich gibt es im Keukenhof auch eine typisch holländische Windmühle, das wohl meist fotografierte Objekt noch vor den Tulpen. Hinter dem Garten gibt es einige Tulpenfelder, aber die sind nur für den Keukenhof. Muss ich also weiter suchen.
Tulpen auf dem Teller
Langes Laufen macht hungrig und deshalb geht es in das Restaurant „De Vier Seizoenen“ am Heereweg 224, in Lisse, das wurde 1999 von Ton und Ellen Freriks eröffnet. Das aus dem 17. Jahrhundert stammende Gebäude im Herzen des Dorfes wurde bis zum Ende des 19. Jahrhunderts als Wohnsitz des Bürgermeisters genutzt. Die damalige Einteilung und Ansicht wurden erhalten, die Fassade ist noch im Stil des 19. Jahrhunderts, es gibt einen Wintergarten und eine große überdachte Patioterrasse. Die Küche ist französisch orientiert mit Einflüssen aus dem Orient, natürlich ist auch die Holländische Küche vertreten. Das hört sich gut an, hoffentlich schmeckt es auch so. Es beginnt sehr schön bunt auf dem Teller, ein Carpaccio vom Kalb mit einem kleinen Salat und marinierten (aha!), Tulpenzwiebeln, Tulpenblättern, Veilchen, Gurke, verschiedene Salate mit Trüffel-Mayonnaise. Ein Stück grillierter Lachs umgibt sich mit Safran-Risotto, gefüllter Zucchini-Blüte, Blumensprossen aus dem Wok, Blumenkohl, Spitzpaprika und wieder Tulpen und -Blättchen, garniert mit Limonen-Butter-Soße. Zum Nachtisch noch allerlei Gebäck und verschiedene Schokoladen in Tulpenform. Meine Suche nach den Tulpen war hier, zumindest in geschmackvoller Hinsicht, sehr erfolgreich.
Besuch im Museum Frans Hals
Auf geht es dann in den mittelalterlichen Kern von Haarlem, weiter auf der Suche nach den Tulpen und dem Goldenen Zeitalter. Was finde ich dazu im Museum „Frans Hals“ in der Groot Heiligland 62? Zuerst einmal viele Blumen, natürlich auch Tulpen, überall in den Räumen und auf den Gängen, meist in schönen Vasen, immer sehr kunstvoll arrangiert.
Das führt mich wieder zurück in die Zeit der Tulpenhysterie, denn die Leute, die damals mit den Tulpen und Tulpenzwiebeln spekulierten, waren nach dem Zusammenbruch häufig Gegenstand des Spotts in zahlreichen Broschüren, Drucken und eben Bildern. Dazu hängt im Museum ein sehr interessantes Gemälde, ein Spottbild auf den Tulpenhandel, aus dem Jahre 1637oder 1640 „Der Narrenwagen alias der Abschied der Floristen”, wahrscheinlich gemalt von Hendrik Gerritsz Pot. Der sachkundige Führer erklärt ausführlich was das Bild aussagt, Wahnsinn, was man da alles über die „Tulpomania“ erfährt. Sehr schön kann man das auch auf einem weiteren Bild mit enormer Aussagekraft sehen, „Allegorie der Tulipomanie“, ein ebenfalls satirisches Gemälde Jan Brueghels des Jüngeren aus den 1640er Jahren.
Es gab 1966 in Deutschland eine Fernsehserie – die erste, die komplett in Farbe ausgestrahlt wurde- „Adrian der Tulpendieb“, die anschaulich diese Hysterie zeigte. Der Hauptakteur ging auch in die Pleite, weil jemand seine teuerste Tulpenzwiebel versehentlich aufaß. Eine kleine Präsentation „Flowers from afar” zeigt mit Gemälden und Drucken in den Räumen 9 und 10 Blumen und exotische Blüten aus weit entfernten Weltgegenden. Dabei muss man bedenken, dass es im Goldenen Zeitalter sehr schwer war, diese fernen Blumenmotive überhaupt zu erreichen, man musste lange unterwegs sein, viele Grenzen passieren, um diese exotischen Motive zu finden. Umso schöner und interessanter sind die Ergebnisse. Nicht nur deshalb ist das Museum Frans Hals ein unbedingtes Muss, auch wegen der Werke anderer großer Meister, die vielen schönen Bilder sind meist viel heller und freundlicher, oft lachen oder zumindest lächeln die dargestellten Personen, besonders bei den Werken von Franz Hals. Auf jeden Fall ist dieses Museum dem Rijksmuseum ebenbürtig, also auf jeden Fall besuchen.
Tulpen im Glas
Gar nicht so schwer zu erreichen ist mein nächstes Ziel, es liegt auch in Haarlem in der Gedempte Voldersgracht 2 und da gibt es Tulpen im Glas zu trinken. Früher war das Mal eine Kirche, jetzt eine Brauerei mit „draußen sitzen“, die „Jopenkerk“. Die Sonne scheint, das „Tulpomania-Jopen-Hoppenbier“ nach einem (belgischen) Rezept aus dem damaligen Zeitalter ist sehr süffig. Zumal auch bald die unvergleichlich leckeren „Bitterballen“ mit Senf auf dem Tisch stehen, da geht dann auch gut mehr als ein Glas des leckeren Bieres.
Großer Genuss in romantischer Dünenlandschaft
Dermaßen gut vorbereitet geht es zum Abendessen in ein ganz besonderes Zwei-Sterne-Restaurant, hinaus nach Overveen in die einzigartigen Dünenlandschaft des National Parks Zuid Kennenmeerland, nicht weit weg vom Meer, wunderbar am Ufer eines kleinen Sees gelegen. Küchenchef Menno Post vom Restaurant „De Bokkedoorns“ am Zeeweg 53, hat ein feines Mahl zubereitet.
Eingestimmt wird mit einem Glas Champagner, der mundet auch gut auf der schönen Terrasse, um die Ecke entdecke ich ein paar Beete, da werden Kräuter und Gewürze für den Hausgebrauch gezogen. Was zu erwarten ist, wird stets angekündigt und beschrieben vom kompetenten „Meistergastherr“. Kleine, exquisit-feine Grüße aus der Küche kommen, als Wein dazu ein „Domaine de L Aumonier La Touraine Blanc Sauvignon 2014“ von der Loire, der passt auch gut zum geräuchertem Aal, Salat mit kleinen Krabben, mariniertem Gemüse und einem perfekten Eigelb. Das ist weder gekocht noch pochiert, sondern erhält seine besonders feine Konsistenz durch tieffrieren, brilliante Idee. Zum Hauptgang kommt ein anderer Wein, ein edler 2013er „Les Brumes“ Monbazillac von Marc Ducroc aus dem Dordogne Tal, Bergerac/Périgord. Der verfeinert den großen Genuss vom gegrillten Kabeljau mit holländischer Auster, ganz fein geschnittenen rohen Gemüse mit wildem Knoblauch sowie einem cremigen Bärlauch-Sherry-Sabayon. Zwischendurch geht der Blick hinaus auf den See wo Schwäne ziehen und auf die bewachsenen Dünen, die in der Abendsonne rot-orange leuchten, wird aber überstrahlt vom leuchten auf den Gesichtern der Gäste, das noch breiter wird, als der Nachtisch serviert wird. Es verzaubert ein Kaviar von Mandeln, Brandy-Gelee, Parfait von der Yuzu-Zitrusfrucht, Mousse aus Zucker, Brot und Eierlikör, später noch Kaffeespezialitäten und diverse Süßigkeiten. Ein wirklich grandios-genussvolles Abendessen, da fühlt man sich doch gleich wie im “Goldenen Zeitalter”. Tulpen waren auch da, aber auch nur zur Dekoration.
Romantische Stille in einer Wasserlandschaft
Vielleicht finde ich die am nächsten Tag bei einer Bootstour durch die „Westeinderplassen“ in Aalsmeer. Die Seenlandschaft mit einer Fläche von über 10 Quadratkilometern besteht aus einem großen See und mehreren Teichen, sind miteinander durch ein Netzwerk von schmalen Gräben verbunden. Früher war das mal ein Moor, der See entstand durch Torfabbau im 17. Jahrhundert. Die vielen Inseln sind nur mit dem Boot erreichbar, die meisten sind im Privatbesitz, die überwiegende Mehrheit wird zur Erholung genutzt, es gibt eine Menge Jachthäfen. Vielleicht wachsen hier die Tulpen, aber nein, auf einigen werden noch – wie traditionell – Erdbeeren und hauptsächlich Flieder angebaut. Die landwirtschaftlichen Betriebe verschwinden aber langsam, die Arbeit ist zu mühsam. Das schaue ich mir in einem Gewächshaus an, jedes Jahr im Herbst werden tausende Fliederbüsche ausgegraben, per Boot ins Gewächshaus gebracht, wo sie über Winter bleiben und im Frühjahr wieder draußen eingepflanzt, das ist wirklich viel Arbeit.
Das Boot gleitet langsam durch die Kanäle, das ist schön entspannend, erinnert mich manchmal fast an die Uferwälder des Amazonas oder an die schwimmenden Gärten von Xochimilco in Mexico, zumal es noch viele große alte Bäume gibt. Das ganze Gebiet hat eine reiche Pflanzen- und Tierwelt, viele Vögel brüten hier, Hechte, Aale und der seltene europäische Wels leben im Wasser, das man übrigens im Frühjahr bedenkenlos trinken kann. Eine wunderbare Landschaft und nur eine Stunde entfernt von der Hektik Amsterdams. Dorthin muss ich jetzt aber zurück, der Zug nach Hause wartet. Meine Suche nach Tulpen aus Amsterdam war schön, aber wachsen tun die da nicht.
Aber wo denn nun wirklich?
Die Region nordwestlich von Leiden zwischen Noordwijk und Bennebroek nennt man auch Bollenstreek, das ist das etwas traditionellere Anbaugebiet südlich von Amsterdam. Die größten Tulpenfelder gibt es aber im Noordoostpolder im Osten des IJsselmeers bei Emmeloord, auch in der Gegend von Schagen und Wieringerwerf. Ein weiteres Tulpen-Anbaugebiet ist Sassenheim, nördlich von Leiden in der Provinz Südholland. Insgesamt werden jährlich gut vier Milliarden Blumenzwiebeln in ca. 4.000 unterschiedlichen Sorten geerntet. Auf großen Feldern werden die Tulpen angebaut, dabei geht es aber gar nicht um die Blumenblüten, sondern um die Zwiebeln. Darum werden die Blumen auch am Ende der Tulpensaison Ende Mai einfach abgemäht, damit die ganze Kraft in die Tulpenzwiebel wandert, diese dann ordentlich wächst und dick wird. Im Sommer werden die Tulpenzwiebeln dann aus dem Boden geholt, gereinigt, getrocknet und zum Verkauf angeboten. Nur im Spätsommer bekommt man die besten Tulpenzwiebeln, die dann im Herbst gepflanzt werden und im Frühling wieder in allen Farben blühen. Muss ich mir demnächst anschauen.
Fazit: Tulpen kommen nicht aus Amsterdam, Mieke Telkamp hatte nicht recht!
Die Recherche wurde ermöglicht mit freundlicher Unterstützung von Amsterdam Marketing und Partnern.