Museum La Boverie in Lüttich: Mondän und wohltätig

Eine Ausstellung im belgischen Lüttich präsentiert die Kunstsammlerinnen der Rothschild-Dynastie

Lage! Lage! Lage! Das gilt auch für Museen. In der Spitzenliga spielt da das Museum La Boverie im belgischen Lüttich. Es steht auf einer Flussinsel in der Maas; umgeben von einem Park mit Rosengarten. Der Museumspalast entstand bereits 1905, als Lüttich die Weltausstellung ausrichtete. 2016 wurde er um einen modernen, gläsernen und lichtdurchfluteten Anbau des renommierten Architekten Rudy Ricciotti erweitert.

Bis zum 26. Februar 2023 läuft hier die Ausstellung „Sammlerinnen der Familie Rothschild. Außergewöhnliche Mäzeninnen und Spenderinnen“, die in Zusammenarbeit mit dem Pariser Louvre entstand. Dass man hier eine europaweite Ausstrahlung anstrebt, davon zeugen nicht zuletzt die Beschriftungen in vier Sprachen, darunter auch Deutsch.

Reminiszenzen an Béatrices Villa, Foto: A. Rößler

Kunstsinnige Bankiers

Die Rothschilds also – ein Name, der wie kaum ein anderer für finanziellen Erfolg steht. In der Ausstellung ist eine ganze Wand für den weit verzweigten Stammbaum der Familie reserviert, deren Herkunft im Frankfurter Judenghetto des 16. Jahrhunderts zu verorten ist. Im Laufe der Zeit breitete sich die Familie auch nach Österreich, England, Italien und Frankreich aus. Als Bankiers und Finanziers wurden die Rothschilds sehr einflussreich; sie betätigten sich aber auch als Kunstsammler und Mäzene.

Wenig wusste man bislang über die Frauen dieser Familien-Dynastie. Teils hüteten sie als Witwen und Erbinnen wertvolle Kunstsammlungen; teils wurden sie selbst als Sammlerinnen und Kunstförderinnen aktiv. Ihren Schenkungen und Vermächtnissen verdanken Europas Museen zehntausende von Kunstwerken.

Neun Baroninnen

​Der Ausstellungsbesucher lernt neun Rothschild-Baroninnen, ihre Biografien und Kunstgeschmäcker, kennen. Rund 350 Exponate verschiedenster Stile und Epochen sind zu sehen, Leihgaben aus 40 Museen oder Privatsammlungen. Große Namen wie Renoir, Delacroix, Cézanne oder Rodin sind ebenso vertreten wie die Alten Meister. Dazwischen Schmuck und Porzellan, afrikanische oder fernöstliche Kunstwerke. Unglaublich, was die Rothschilds alles gesammelt haben!

Boverie – Collectionneuses Rothschild © BE CULTURE

Die Älteste der präsentierten Damen ist Charlotte de Rothschild, Jahrgang 1825, aus der zweiten Generation des französischen Familienzweiges. Sie malte farbenfrohe Aquarelle und sammelt italienische Renaissance-Gemälde sowie musikalische Manuskripte und Instrumente.

Totenköpfe, Streichholzschachteln, Aktzeichnungen

Nachfolgende Generationen benehmen sich exzentrischer: Die Wienerin Alice de Rothschild sammelt ausgerechnet Pfeifen und Streichholzschachteln. Mathilde, dreifache Mutter, frönt einer obskuren Sammelleidenschaft für Totenkopf-Darstellungen. Bodenständig wirkt dagegen ihre Schwester Thérèse, die wertvolle mittelalterliche Bilderhandschriften erwirbt.

Foto: Antje Rößler

Béatrice Ephrussi de Rothschild, extravagante Pariserin und Witwe eines russischen Milliardärs, kaufte eine Halbinsel an der Französischen Riviera, um dort nach eigenen Entwürfen ein Palais im Stil der venezianischen Renaissance mit weitläufigen Gärten anzulegen. 1934 vererbt sie die Villa mit ihren Sammlungen der französischen Akademie der Schönen Künste als Museum.

Alix de Rothschild, Jahrgang 1911, macht in Paris als Förderin zeitgenössischer Kunst von sich reden. Die fast zwei Jahre jüngere Cécile war mit Greta Garbo befreundet und sammelte unter anderem Aktzeichungen von Egon Schiele. Ein Besuch der historisch interessanten, künstlerisch inspirierenden und außerordentlich vielfältigen Ausstellung sei ans Herz gelegt!

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Antje Rößler

Autor Kurzvorstellung:

Antje Rößler reist gern und liebt die Schönen Künste. Beides verbindet sie in ihrer Tätigkeit für diverse Tageszeitungen und Magazine: von der „Süddeutschen Zeitung“ über das America Journal bis zum Forum Magazin. Sie lebt in Berlin und in der Uckermark – abgesehen von ausgedehnten Winter-Aufenthalten in tropischen Gefilden. Sie hat an der Berliner Humboldt-Universität Musikwissenschaft, Soziologie und Philosophie studiert. Ein Auslandsjahr verbrachte sie mit einem Fulbright Stipendium in Kansas City. Als Musik-Expertin arbeitet sie nun regelmäßig für Fachmagazine wie „Das Orchester“ oder „neue musik zeitung“ und lehrte Music History am Nazareth College (New York). Ihr neues Buch handelt von der Musikstadt Meiningen (Thüringen).

Hinweis: Dieser Beitrag wird regelmäßig von Mitgliedern der Reise-Stories Redaktion wie Heiner Sieger, Gerhard Fuhrmann und Jupp Suttner auf Richtigkeit und Vollständigkeit geprüft. Falls Sie Anmerkungen zu diesem Beitrag haben, kontaktieren Sie bitte direkt hier die Redaktion.

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