Holaridio! Freudenjodler, Lederhose, Wadenstrümpfe, Gamsbart, Bier, Weißwurst, Breze, Fingerhakler, Schuhplattler, Seehofer, Söder. Und: der Kini. Ludwig II., Bayerns Regent und süchtiger Schlösser-Bauherr, am 9. Juni 1886 entmündigt, am Pfingstsonntagabend 13. Juni mit seinem Psychiater Bernhard von Gudden bei seinem Schloss Berg im Starnberger See ertrunken. Das Holzkreuz an der Stelle im flachen Wasser trägt immer Blumen. Am 25. August, war sein 173. Geburtstag. Sechzig Kilometer weiter in den Ammergauer Alpen, zehn Kilometer entfernt von Garmisch-Partenkirchen, sind stetig wachsende Besucherscharen jetzt Auge in Auge mit ihm, dem samt seinem einst vergötterten Richard Wagner unsterblichen König. Unsterblich wie seine Bauten, mit denen er die Architekturgeschichte bereichert hat: Neuschwanstein, Linderhof, Herrenchiemsee, Magnete für Millionen Touristen. Die bayerische Landesausstellung 2018 im Kloster Ettal mit dem Titel „Wald, Gebirg und Königstraum“ lässt in einer Gesamtschau bayerischer Besonderheiten auch in seine Gedanken blicken. In einem von der Holzwirtschaft des Landes gesponserten zwanzigeckigen Holzpavillon für eine halbe Million Euro, das den rätselhaften Märchenkönig außen riesenformatig im Hermelin unter Schneekugel-Geriesel zeigt und innen die Multimediaprojektion seiner Traumwelt – die realen Machwerke nicht weit entfernt.
__________________________________________________________
Foto oben:
Pavillon der Landesausstellung: Außen der „Kini“ in Hermelin unter Schneekugel-Gestöber, innen die Multimediaschau seiner Schlossbau-Traumwelt. Die Landschaft diente Ludwig II. als Kulisse für seine Inszenierung von Herrschaft und der Opernstoffe Richard Wagners.
Fotocredit & Copyright:
Ingeborg Kunze
Text:
Ingeborg Kunze
______________________________________________
Einzigartig und erstmals hier zu sehen sind kulturhistorische Exponate anderer Art aus Holz, aus dem Wald, der für Bayern durch alle Zeiten existenziell wichtig ist: Ein keltischer Einbaum,13 Meter lang aus einem Eichenstamm gehauen und 3000 Jahre im Starnberger See verborgen, die Geigen aus fünfhundert Jahre alten Dachstuhlbalken vom 1944 bombenzerstörten Münchener Dom zu Unserer Lieben Frau.
Wald, Gebirge, Landschaft und Lebensgefühl vermittelt die von Richard Loibl, Direktor des Hauses der Bayerischen Geschichte, und Projektleiterin Margot Hamm kuratierte Ausstellung mit Schwerpunkt 19. Jahrhundert in unterschiedlichsten Facetten vom Werden und Wachsen, von schwerer Arbeit, vom Bergwandern, Wintersport, vom Bayernbild mit Wald und Wild, Oberammergauer Passionsspielen, Bauerntheater, Bierexport, Holzbauern, Wildschützen und Trachtenpreußen.
Marie von Bayern, aus Preußen stammende bayerische Kronprinzessin, war nach ihrer Heirat 1842 mit ihrer Leidenschaft für die Berge Tourismus-Trendsetterin mit einer Bergwander-Tracht, die sie entworfen hat: Hosen unterm skandalös knöchelkurzen Lodenrock. Mit Vermessern, Geologen und Botanikern eroberten Maler die bayerische Gebirgswelt, ihre Bilder von Bergen, Wäldern, Seen und Trachten-Gemütlichkeit hatten Hochkonjunktur in aller Welt, die Preußen normierten die „Maß“, die vormals etwas mehr als einen Liter Bier fasste.
Gerade sie sind fasziniert vom Mythos Bayern, der schwer zu fassen ist. Etwa der Freistaat, jetzt genau hundert Jahre altes Ergebnis der Revolution. Im Grundgesetz der Bundesrepublik allen anderen deutschen Ländern gleichgestellt, spielt Bayern mit seinen als eigensinnig bis hinterwäldlerisch etikettierten Bayern seine Sonderrolle mit Natur und Tourismus, Wirtschaft und Bildung, mit dem „Miasanmia“-Selbstbewusstsein weit über den FC Bayern München hinaus.
it seinem voluminösen Dialekt und dem „R“, dem Adelskult, auch wenn der letzte bayerische König mit Autoreifen ohne Luft und übertünchten königlichen Emblemen am 7. November 1918 vor der Revolution geflüchtet ist. Mit breiter Kultur. Mit Fortschritt aus Tradition („Laptop und Lederhose“). Weltrang-Sehenswürdigkeiten wie Ludwigs Lieblingsschloss Linderhof mit Gartenanlage, Oberammergau mit Passionsspiel, Holzschnitzkunst und Lüftlmalerei, das Weltkulturerbe Wieskirche und Deutschlands jüngster Naturpark Ammergauer Alpen illustrieren in nächster Nähe die Landesausstellung. Doch der Mythos bleibt Mythos. Versinnbildlicht selbst in der für Könige gebauten Badewanne aus dem „Adler“ in Bad Hindelang, vielleicht benutzt von Max II.1852 als Wanderer in den Alpen, und dem umgestülpten silbernen Gamskopf-Becher, den der „Kini“ Ludwig II. seinem Oberförster Anton Baumgärtner geschenkt hat.
Ingeborg Kunze
Info:
Kultur und Subkultur – „Wald, Gebirg und Königstraum“: Die bayerische Landesausstellung 2018 in Ettal versucht eine Gesamtschau – im Kloster Ettal bis 4. November täglich 9 bis 18 Uhr. Katalog in der Ausstellung 24 Euro. Für die Ausstellung plus Schloss Linderhof gibt es Kombikarten. Rahmenprogramm bis November im Landkreis Garmisch-Partenkirchen. www.landesausstellung-ettal.de, www.hdbg.de