Das „Merano WineFestival Kalabrien – Essenza del Sud“ markierte im Juni 2025 einen Meilenstein in der italienischen Weinkultur. Erstmals verließ das renommierte Festival, 1992 von Helmuth Köcher ins Leben gerufen, Südtirol und zelebrierte in Kalabrien eine gelungene Premiere.
Schon der Name klingt vielversprechend: „Merano WineFestival Kalabrien – Essenza del Sud“. Wer jemals das Merano WineFestival besucht hat, konnte in Cirò und Cirò Marina, im Herzen der kalabrischen Weinkultur, drei Tage lang so etwas wie eine kleine Schwester des etablierten Weinfestivals entdecken, aber eben auf süditalienisch: Sträuße von Weinflaschen in silberfarbenen Eiskühlern, klingende Gläser, antike Gemäuer, lachende Gesichter, sommerliche Temperaturen, glasklare Luft, berührende Ausblicke über die Landschaft bis zur Küste – Lebensfreude pur. Und die Essenz kalabrischer Weinbaukultur noch obendrauf.

Eine Reise zu den Ursprüngen des Weinbaus
Dabei war die Veranstaltung, die fast 3.000 Besucher in ihren Bann zog, weit mehr als ein Weinfestival: nämlich eine Hommage an die jahrtausendealte Geschichte Kalabriens. Deren Wurzeln reichen bis in die Magna Graecia. Cirò, das Zentrum der Veranstaltung, erhebt sich auf den Überresten der antiken Stadt Krimisa, einer bedeutenden Siedlung der griechischen Kolonisten. Schon vor mehr als 2.500 Jahren wurde hier Weinbau betrieben – eine Tradition, die bis heute das Rückgrat der kalabrischen Weinkultur bildet.

„Der Wein hat in Kalabrien viel Geschichte: Der Ursprung der Weinkultur geht auf 700 vor Christus zurück. Schon Pythagoras setzte hier ein Zeichen. Der Wein war damals für die Griechen schon ein ganz besonderer Bezug“, erzählt Helmuth Köcher, Gründer des Merano WineFestival und Initiator des Ablegers in Kalabrien, anlässlich der Eröffnung.
„Es steckt viel Wein in der DNA der Kalabresen. Und Kalabrien hat höchste Qualität an Weinsorten, die außerhalb Kalabriens niemand kennt, sehr erfrischend und trinkfreudig. Da kann Kalabrien anderen Regionen auf viele Jahre hinaus Paroli bieten.“

Merano Winefestival Kalabrien: Augen schließen und genießen
Helmuth Köchers Empfehlung an die Gäste des Merano WineFestivals Kalabrien: „Augen schließen, 2.500 Jahre zurückgehen und die Zeit des Ursprungs des Weinbaus hier bei einem guten Glas Wein genießen.“ Für ihn, der als „Winehunter“ jährlich rund 8000 Weine testet – also weiß, wovon er spricht – ist Wein schon immer ein Botschafter der Tradition, Kultur und Geschichte Italiens.

„Die Weinregion Kalabrien ist eine Entdeckungsreise: Vor allem Vielfalt und Biodiversität gibt es zu entdecken, sowohl beim Wein als auch in der Gastronomie. Die vielen autochthonen Rebsorten der Region haben es verdient, bekannter zu werden“, begründet er seine Idee zu diesem Festival. „Bei meinen vielen Reisen habe ich erlebt, dass die Weine aus dem Süden unterrepräsentiert sind. Dabei gibt es hier unten in vielen Restaurants Weine um 15-25 Euro, die exzellent sind. Da macht es noch Spaß die Weinkarte anzuschauen, wenn ich dann einen sehr guten Wein auf qualitativ hohem Niveau trinken kann für 19 Euro. Ich hoffe, dass sich dieses Preisleistungsverhältnis noch lange hält. Im Norden Italiens wurden die Preise leider übermäßig in die Höhe getrieben.“
Gute Weine zu bezahlbaren Preisen sind Helmuth Köcher ein persönliches Anliegen: „Wir brauchen wieder mehr Trinkfreude an Weinen wie in Kalabrien, wo sie zum Glück noch sehr gut und unverkünstelt sind. Kalabrien hat aber noch nicht die Wertschätzung, die ihm als Weinanbau-Gebiet gebührt. Das wollen wir mit dem Merano Winefestival Kalabrien ändern. Wichtig ist, dass bei allem die Authentizität erhalten bleibt.“
Kalabrien – eine Weinregion mit Geschichte und Authentizität
In der Tat ist die Weinregion Kalabrien einzigartig und authentisch. Denn sie hat eine außergewöhnliche Vielfalt an autochthonen Rebsorten bewahrt, die in kaum einer anderen Region Italiens in dieser Fülle und Ursprünglichkeit erhalten geblieben sind. Zu den wichtigsten Rebsorten zählen Gaglioppo, Magliocco und Greco, wobei Gaglioppo für kräftige, charaktervolle Rotweine steht und insbesondere im berühmten Anbaugebiet Cirò angebaut wird.


Wer mit Herz und Auge dabei ist, kommt in Kalabrien schnell der erwähnten, Jahrtausende alten Weintradition auf die Spur. Die reicht zurück bis in die Zeit der griechischen Kolonien – schon damals wurde die Region als „Oinotria“ (Land des Weines) bezeichnet. Das mediterrane Klima mit heißen, sonnigen Sommern, kühlen Wintern, mineralreichen Böden bietet ideale Bedingungen für charakterstarke Weine mit viel Terroir-Ausdruck im Glas.

Die immer noch ursprüngliche Landschaft ist geprägt von fruchtbaren Tälern, bis zu 2000 Meter hohen Bergen und spektakulären Küsten am Tyrrhenischen und Ionischen Meer – eine Vielfalt, die sich auch im Geschmack der Weine widerspiegelt. So werden neben den kräftigen Rotweinen auch frische, aromatische Weißweine wie Pecorello, Greco Bianco und Mantonico süffige Rosés sowie süße Spezialitäten wie der Moscato di Saracena produziert.
Die Eröffnung des Merano Winefestival Kalabrien: Cirò im Festrausch
Am Samstag, den 7. Juni, startete das Festival mit einer feierlichen Eröffnung im historischen Zentrum von Cirò. Mehr als 1.200 Besucher bevölkerten die historischen Gassen und Plätze, spazierten zu Verkostungen von Weiß- und Rotweinen und genossen verschiedene Interpretationen des Gaglioppo – der typischen kalabrischen Rebsorte.







Fünf weitere Stände mit Weinen der großen Weingüter Ippolito und Librandi, aber auch zahlreiche kleine Weingüter wie Cataldo Calabretto, dem Gründer, der „Ciro Revolution Boys“ – einer Gruppe von zehn kleineren Winzern – präsentierten die besten authochtonen Weine aus Kalabrien, aber auch aus weiteren süditalienischen Regionen wie Kampanien, Sizilien, Sardinien, Apulien und Basilikata. An den drei Food-Inseln, belebt von regionalen Köchen, warteten die Gäste geduldig auf die Teller mit typisch kalabrischen Gerichten, wie ’Nduja – pikante, streichfähige Salami aus Schweinefleisch und Chili, die als Brotaufstrich oder in Pastasaucen verwendet wird, Fileja – eine handgerollte Pasta-Spezialität, traditionell mit kräftigen Saucen wie Ziegenragout serviert sowie Melanzane ripiene – gefüllte Auberginen und Lagane e cicciari – breite Bandnudeln mit Kichererbsen.


Für entsprechende Festival-Stimmung bei 29 Grad bis spät in die Nacht sorgten mehrere Live-Bands und DJs. Und auch die Einheimischen freuten sich über so viel buntes Treiben in ihrem ansonsten eher beschaulichen Ort: Jacobi, der junge Besitzer der Bar Ypsicron, hatte sogar zur Erfrischung speziell für das Weinfest eine leckere Eis-Granita mit Gaglioppo entwickelt.
Die Essenz im Borgo Saverona: Kulinarische Exzellenz im Mittelpunkt
Am Sonntag, den 8. Juni, zelebrierte das Merano WineFestival Kalabrien seinen Höhepunkt im eleganten Borgo Saverona in Cirò Marina. In den alten Gemäuern erwartete die Gäste ein exklusives, stilvolles Ambiente, das die Exzellenz der Region perfekt inszenierte. Und eben die Essenz der besten kalabrischen Weine: Mehr als 150 sorgfältig von The WineHunter-Guide ausgewählte Produzenten von Wein, Food, Spirituosen und Bier präsentierten ihre Erzeugnisse – darunter zahlreiche kalabrische Spezialitäten, die sonst nur selten außerhalb der Region zu finden sind.


Der Abend begann einigermaßen fulminant und mit einem festlichen Akt: Zuerst köpften Helmuth Köcher und Gianluca Gallo, Regionalminister für Landwirtschaft der Region Kalabrien, Gianluca Gallo schwungvoll eine Sektflasche mittels Säbel. Und dann folgte die Verleihung des “WineHunter Award Calabria 2025” an die besten Produkte – ein Höhepunkt für die Aussteller und ein Zeichen der Wertschätzung für die kalabrische Wein- und Kulinarikszene.








An Verkostungsständen kochten renommierte kalabrische Köche, wie Luca Abbruzino, Antonio Biafora, Caterina Ceraudo und Danile Campana in der Abenddämmerung ihre kulinarischen Spezialitäten. Showcooking-Events und Culinary Shows boten den Besuchern die Möglichkeit, die regionale Küche in kreativen Interpretationen zu erleben und mit den Köchen ins Gespräch zu kommen.






Nachhaltigkeit und Zukunft
Parallel zum Festival fand der wissenschaftliche Kongress „Atem und Schrei der Erde“ statt, der sich der Biodiversität und nachhaltigen Entwicklung im Weinbau widmete. Das Merano WineFestival Kalabrien war somit nicht nur ein Genusserlebnis, sondern auch ein Impulsgeber für die Zukunft des kalabrischen Weinbaus.
Zusammengefasst: Die erste Auflage des Merano WineFestival Kalabrien war insgesamt ein Fest für alle, die authentische Weine, regionale Küche und die facettenreiche Geschichte Kalabriens erleben möchten. Und eine Einladung, die Seele einer Region zu entdecken, in der zum einen Weinbau und Kultur seit Jahrtausenden untrennbar verbunden sind, und die zum anderen abseits des touristischen Mainstreams viele verborgene Schätze bereithält. Man darf sich schon auf die Fortsetzung im nächsten Jahr freuen.

Was Sie sonst noch zum Merano Winefestival Kalabrien wissen sollten:
- Offizielle Webseite und Informationen:
Aktuelle Informationen zu Terminen, Programm, Ausstellern und Ticketverkauf finden Sie auf der offiziellen Webseite des Merano Winefestival:
www.meranowinefestival.com
(Hinweis: Für den Kalabrien-Ableger gibt es oft eine eigene Unterseite oder aktuelle Hinweise auf der Startseite.) - Anreise:
Cirò und Cirò Marina liegen an der ionischen Küste Kalabriens.- Mit dem Flugzeug: Die nächstgelegenen Flughäfen sind Lamezia Terme (ca. 2 Stunden Fahrt) und Crotone (ca. 45 Minuten Fahrt).
- Mit dem Zug: Es bestehen Bahnverbindungen nach Crotone und Cirò Marina von größeren Städten wie Lamezia Terme oder Catanzaro.
- Mit dem Auto: Die Region ist gut über die Autobahn A2 (Salerno–Reggio Calabria) und die Küstenstraßen erreichbar. Ein Mietwagen empfiehlt sich, um flexibel zwischen den Veranstaltungsorten und Weingütern zu pendeln.
- Unterkunft:
In Cirò, Cirò Marina und Umgebung gibt es zahlreiche Hotels, Agriturismi und Bed & Breakfasts. Frühzeitige Buchung wird empfohlen, da das Festival zunehmend beliebter wird. Empfehlung der Redaktion: Grand Hotel Balestrieri, direkt am Strand - Tickets & Akkreditierung:
Tickets können im Vorverkauf online über die Festival-Webseite erworben werden. Für Fachbesucher und Presse gibt es eigene Akkreditierungsverfahren, die ebenfalls online abgewickelt werden. - Festival-Sprache:
Die Hauptsprache ist Italienisch, viele Aussteller und Organisatoren sprechen aber auch Englisch. - Dresscode & Atmosphäre:
Das Festival ist stilvoll, aber entspannt. Leichte, sommerliche Kleidung und bequeme Schuhe sind empfehlenswert, da viele Veranstaltungen im Freien und auf historischen Pflastersteinen stattfinden. - Kulinarische Tipps:
Nutzen Sie die Gelegenheit, an Verkostungen und Showcookings teilzunehmen und regionale Spezialitäten wie ’Nduja, Fileja, Melanzane ripiene und Lagane e cicciari zu probieren. - Erkundung der Region:
Kombinieren Sie den Festivalbesuch mit Ausflügen zu Weingütern, an die Küste oder ins Hinterland – Kalabrien bietet zahlreiche kulturelle, landschaftliche und kulinarische Highlights abseits des Mainstreams.
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Fotos: Heiner Sieger, Merano WineFestival
Die Reise wurde unterstützt von Merano Winefestival und ARSAC, die Regionale Agentur für die Entwicklung der Landwirtschaft in Kalabrien.